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Alt 08.12.2016, 10:56
#4
Stina Vandrak
Reisender
 
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Liebes Tagebuch,

jetzt ist schon wieder so viel passiert in letzter Zeit, dass ich gar nicht mehr nachkomme alles niederzuschreiben. Würde ich alles aufschreiben, was ich so erlebe, wäre das Buch vermutlich schon voll. Dann bräuchte ich ein Zweites. Dabei bin ich gerade mal 10 Mondumläufe hier im Herzogtum. So ereignisreich war mein Leben zu Hause in den Fjordlanden nicht. Da waren die Tagesabläufe geregelter und man bekam immer wieder die gleichen Leute zu Gesicht. Hier in Britannia ist es anders. Ganz anders.

Als Erstes will ich schreiben, dass mein bester Freund Korad vor ein paar Tagen Geburtstag hatte. 16 Jahre ist er nun alt. Schon fast ein erwachsener Mann. Aber eben nur fast. Ich hatte ihm versprochen, dass ich es für mich behalte, dass er Geburtstag hat. Aber irgendwie hab ich mich dann doch in der Bärenhöhle verplappert. Nun, was heißt verplappert – er saß da, ich kam rein und dann hab ich ihm überschwänglich gratuliert. Alle haben es mitbekommen. Das war so eigentlich nicht meine Absicht. Aber ist nun mal passiert. Ich glaube auch nicht, dass er es mir wirklich übel nimmt. Es war doch eine ganz schöne Feier. Peinlich wurde es erst, als Ana ihm Geburtstagslieder gesungen hat. Aber der Kuchen hat trotzdem gut geschmeckt. Und ich glaube, über mein Geschenk hat er sich auch gefreut.

Dann kam der Tag, wo wir auf unser großes Abenteuer gegangen sind. Ich war so aufgeregt, dass ich die ganze Nacht davor überhaupt nicht schlafen konnte. Ich war dann auch ganz pünktlich am Hauptquartier, wo wir uns alle treffen wollten. Zusammen waren wir eine richtig gute Truppe. Da waren Aislin und Varkon, Templar und Orbis und natürlich Valka. Auch Korads Vater war da. Erst hat man ihn wochenlang nicht gesehen und dann taucht er plötzlich auf. Die Leute sagen ja, dass er schon ein bisschen wirr im Kopf ist. Vielleicht verläuft er sich ja ständig irgendwo und irrt dann durch die Wälder und andere Städte und weiß nicht mehr wie er nach Hause kommt? Ich sollte mal mit Korad darüber reden. Vielleicht ist es besser, wenn man seinen Vater nicht mehr alleine rumlaufen lässt? Ich meine, der hat sogar vergessen sich zu rüsten und erst kurz vor unserem Zielort hat er sich dann umgezogen. Und das vor aller Leute! Plötzlich stand er in Unterhosen da! Ganz schön peinlich…

Aber sonst ist dieser Darok irgendwie ein guter Kerl. Am Anfang hatte ich ein bisschen Schiss vor ihm. Der ist ganz schön groß… und breit… und trägt so viele Waffen mit sich rum, als würde er immer und überall einen Hinterhalt erwarten. Aber inzwischen hab ich mich an ihn gewöhnt. Und… ich weiß nicht genau, ich glaub, der hat irgendwie einen Narren an mir gefressen. Der freut sich immer wie ein kleines Kind wenn er mich sieht. Nennt mich „hübsch“ und „meine Stina“. Der tut ja fast so, als wär ich seine Tochter! Aber das bin ich gar nicht. Ich bin Vladis‘ Tochter und auf meinen Papa sehr, sehr stolz.

Jedenfalls sind wir dann runter in den Süden gezogen und wurden beim Mondtor vor Trinsic erstmal aufgehalten. Plötzlich waren wir umzingelt von so komisch gewandeten Gestalten. Dann war da noch ein Wortführer. Der wollte tatsächlich, dass wir Wegegeld zahlen. Nach längerem Hin und Her hat er dann seine Münzen bekommen. Einen Kampf wollten wir nicht zu riskieren. Wir waren zwar von der Anzahl ungefähr gleich viele, aber Aislin und ich waren eben dabei. Hoffentlich war ich nicht nur ein Klotz am Bein.

Nach einem längeren Fußmarsch kamen wir dann in so ein Dorf. ‚Das Dorf der Fäulnis‘ hat Darok es genannt. Und so hat es dort auch gerochen. Ach, was sag ich. Es hat gestunken! Und das bestialisch. In diesem Dorf waren ganz schön viele Untote. Das war das erste Mal, dass ich solche Untoten von so nah gesehen habe. Die sind ganz schön hässlich. Stöhnen die ganze Zeit rum und schlurfen und hinken auf einen zu. Aber ich hab ja schon geschrieben, dass wir eine gute Truppe waren und so kamen wir recht zügig voran.

Valka wollte dann, dass wir Ausschau halten sollten nach Schriften und alten Büchern – irgendwas, was uns ein wenig Aufschluss über diesen Ort geben sollte. Das war gar nicht so leicht, denn um in den Ruinen alles untersuchen zu können, mussten wir immer erst wieder die Untoten erlegen, die ohne Zahl immer wieder herbei strömten. Ich glaube ja, dass man einen Untoten gar nicht wirklich töten kann. Ich meine, wie soll das gehen? Das Wesen ist ja schon tot! Man kann es höchstens betäuben, für einen Moment ausschalten – aber dann sollte man auch schon das Weite suchen. Verharrt man zu lange an einer Stelle kann man miterleben, wie sie sich wieder aufrappeln und einen erneut angreifen. Richtig gruselig.

Und ich glaube, das wurde mir auch zum Verhängnis. Wir hatten gerade einen Platz von Untoten gesäubert und sahen uns noch weiter um, als ich so ein komisches Geräusch hörte. So ein Rascheln oder Graben. Ich rief den anderen noch zu, ob sie das auch hörten, aber dann war es schon zu spät. Die Untoten kamen aus der Erde. Und einer hatte mich am Knöchel gepackt. Zum Glück konnte ich mich gerade noch so losreißen und habe schnell Schutz in der Ruine gesucht. Aber hier hab ich auch keinen Schutz gefunden. Denn da lauerte schon ein weiterer Untoter, der mich ganz schön angegangen ist. Plötzlich hatte ich ganz schön Angst. Zwischen dem ganzen Gerümpel was da rumlag, war ich eingekeilt und konnte nicht mehr weg und dieser Untote kam immer näher! Der war viel größer als ich und stank und bließ mir seinen fauligen Atem ins Gesicht. Es war schrecklich! Ich dachte schon, der würde mich jetzt fressen, als er plötzlich in sich zusammen sackte. Ein Pfeil ragte ihm aus dem Schädel. Ein Pfeil von Templar. Der kam gerade noch rechtzeitig. Danach stand ich ein bisschen neben mir. Valka und Darok schienen irgendwie besorgt, dabei hab ich denen gesagt, dass es mir gut ginge. Darok ist dann nicht mehr von meiner Seite gewichen. Das ärgert mich jetzt ein wenig. Ich brauch doch keinen Aufpasser! Oder doch?

Wenigstens haben wir dann noch ein altes Buch finden können und auch zwei Steinbücher konnte Valka abpausen. Ich bin mal gespannt, welches sich Geheimnis dahinter verbirgt! Aber um dieses Rätsel zu lösen, war ich an diesem Abend dann wirklich schon zu müde und geschafft. Und dann war die Nacht nicht wirklich erholsam. Ich hab ganz schön schlecht geträumt, bin schreiend aufgewacht. Wie ein kleines Kind hatte ich Albträume von den Untoten. Wie peinlich. Das hab ich nur Korad erzählt. Bei ihm weiß ich, dass er sich nicht drüber lustig macht. Dafür sind wir zu gute Freunde. Und dass er dann in der nächsten Nacht bei mir übernachtet hat, damit er mich wecken konnte, wenn ich schlecht träume, fand ich auch schön. Freunde machen das so!

Stina
im Rado 1322
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