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Alt 05.02.2023, 14:40
Das göttliche Gleichgewicht - Buch
#15
Saire Gal'ithiel
Reisender
 
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Von Gut und Böse und dem Gleichgewicht

Oft wird darüber gesprochen das Gleichgewicht zu wahren im Namen der Silbernen. Gut und Böse im Einklang zu halten und Neutralität zu wahren. Doch wie soll dies möglich sein, wenn der dunkelste der Götter, der Blender, die Blutseuche unser größter Feind ist, der sich an Tycuaheles Schöpfung verging und die Wiedergänger in all ihren Gestalten, samt der Dämonen und ihren Jüngern gegen das natürliche Gleichgewicht agieren?
Um diese Frage zu klären, bedarf es einer klareren und reineren Betrachtungsweise des Gleichgewichts.
Wer auf die reine Melodie Tycuaheles lausche, dem wird in den Wäldern am Rande der Welt, den Gipfeln die in die Wolken und zum Sternenzelt reichen, den Tälern tief unterm Meeresspiegel und auch auf den wildesten Meeren deutlich, das alles Leben, das auf dieser Welt existiert von einer eigenen Melodie erfüllt ist. Und möge man in der Lage sein, diese Melodien miteinander allesamt zu verbinden, so habe man eine Ahnung von der Schöpfungsmelodie. Hier müssen wir unser Traktat aus dem Jahre 1324-1326, durch neue Erkenntnisse jedoch aufbessern. Wie wir im Traktat „Die Schöpfungsmelodie“ festhielten, gingen wir davon aus, dass die Melodie über bereits Geschaffenes erhoben wurde. Doch mehr und mehr kommen wir zu der Überzeugung, dass die Melodie mit der Schöpfung erklingt. Die Melodie ist die Seele jeden kleinsten Individuums und jeder natürlichen Quelle. So vermögen wir mit der Melodie unsere Seele auszudrücken. Es ist die Sprache unserer Seele mit der wir uns an Tycuahele wenden, mit der wir Sie wahrnehmen und in der sie uns oftmals warnte. Wir können sie überall vernehme, wenn wir gewillt sind ihr zu lauschen und vermögen den inneren Frieden wahrzunehmen, der ihr innewohnt. Wenn wir unsere persönliche Melodie als unsere Seele wahrnehmen, so ist es nur schlussfolgernd, dass die Schöpfungsmelodie die göttliche Seele Tycuaheles ist, die bei ihrer Erweckung anfing zu klingen, in Allem und Jedem. Da die Melodie nicht nur auf Individuen, sondern gänzlich auf diese irdische Welt mit ihrer Flora und Fauna wahrnehmbar ist, betrachten wir Tycuahele mehr und mehr als Seele dieser Welt. Wenngleich die Lindhil mit dem Götterglauben nichts anfangen können, so vernehmen auch sie diese Heiligkeit in der Natur und ihre Bindung zu dieser ist ebenso stark, wie die Bindung der Edhil zur reinsten Göttin.
Beide sind Eins. Tycuahele als Seele dieser Welt zu betrachten, zeigt das dass Gleichgewicht also rein wie die Göttin selbst ist. Dunkel und hell, wild und sanft. Friedlich und doch kriegerisch, sollte dieses reine Gleichgewicht bedroht sein. In diesem Gleichgewicht liegen Gut und Böse, doch Böse ist nicht gleich als Böse zu verstehen. Wir haben in unserer kulturellen Entwicklung und im Zusammensein anderer Rassen verstanden, dass es gefällige Eigenschaften gibt und weniger gefällige. Gerade bei den Edain ist die Barmherzigkeit ausgeprägt und Unbarmherzigkeit wird oft als böse betrachtet, wenngleich die Welt mit ihrer Natur an sich Unbarmherzig ist. Das Töten gilt als Böse, auch wenn man damit sein Lohn und Brot verdingt. Die Edain machen einen Unterschied zwischen dem Töten von Tieren und den freien Völkern, doch sind Tiere als auch die freien Völker im Angesicht der Seele dieser Welt eins. So gibt es in diesem göttlichen Gleichgewicht durchaus die dunklen, erschreckenden und auch für manch Einen, unbarmherzigen und beängstigenden Seiten. Jene Waagschale die nicht für den Erhalt von Leben steht, sonder Leben fordert, um zu überleben. Dies verstehen wir als die dunkle Seite, die es im Einklang mit der lichten Seite zu halten gilt. Denn wenngleich die lebenserhaltende Seite zunächst stets Freude bringt, so kann eine Überpopulation verheerenden Schaden in diese Welt und ihr Gleichgewicht tragen, ganz gleich von welcher Gattung man aus geht.
Das Finstere jedoch, das von der Blutseuche und den Dienern dämonischer Sphären verkörpert wird, hast nichts mit dem Gleichgewicht zu tun, dass wir zu wahren verpflichtet sind. Es kann als eine fremde Macht betrachtet werden, die über das Gleichgewicht zu kommen versucht, um es zu schänden. So mögen wir zukünftig zwischen der „natürlichen Dunkelheit“ und der „fremden Bosheit“ unterscheiden.
Wir warnen erneut, wie schon im Traktat über den Götterglauben davor, sich von der fremden Bosheit blenden zu lassen und sie als Teil des Gefüges zu betrachten. Sie versucht einen zu verführen, über den Pfad der natürlichen Dunkelheit und jene die darauf wandeln, mehr und mehr vom Gleichgewicht zu trennen. Doch verbleiben wir bei der Ansicht, dass, sollte die „fremde Bosheit“ je Überhand nehmen, es zu einem Kollaps kommt, der nichts als Tyrannei und – oder Anarchie mit sich bringt, in der die Abkömmlinge der freien Völker weder Tyrannen, noch Anarchisten sind, sondern leidlich nur jene, die all das auf ihren Schultern tragen, bis auch das letzte Lebenslicht erloschen ist oder jene Gegner der fremden Bosheit erneut formiert haben, um Widerstand zu leisten.
Wie schon zu erahnen ist, ist auch nicht Gut gleich Gut für das Gleichgewicht. Von Gut ist zu sprechen, wenn dem Gleichgewicht die Fürsorge anbei kommt, erhalten oder ausgeglichen zu werden. Interessanterweise sind es weder die Glaronisten, noch die Adorianer und noch weniger die seltenen Ludianer, die dem Gleichgewicht diese Fürsorge versagen, sondern jene fanatische Libanisten, die die Kälte bis in ihre Knochen dringen lassen, um kein Leben anzugreifen und Reue bei einem Feuer im Kamin verspüren.
Das Leben ist ein wandelnder wachsender Prozess, dass ein Anfang und ein Ende hat. Es bewegt sich im Fluss der Zeit und gerade in stürmischen Zeiten zeigen sich Verluste und Opfer. Gewiss ist es, in einem Zeitalter in dem das Gleichgewicht kaum noch Bedeutung findet, Wälder und Tiere aussterben kein Umstand der Begrenzung finden muss. Doch wäre es ein Irrglaube die Adorianer und Glaronisten als Fanatiker zu betrachten, die der natürlichen Dunkelheit entgegen stehen. Sie haben sich formiert als Gegner gegen das fremde Böse und verdienen gerade im Zeitalter der befreiten Blutseuche, die Unterstützung der Kinder Tycuaheles. Sind sie es doch die uns gegen die Schänder zur Seite stehen und nicht etwa die fanatischen Libanisten. Auch dies ist ein Umstand der im letzten Jahrhundert neu überdacht werden musste. Denn haftete den Glaronisten oft und heute noch immer der Ruf der Fanatiker an, so haben sie im letzten Jahrhundert von ihrer Fanatischen Glaubenslinie die sie „den Alten Weg“ nennen, mehrheitlich abgelassen. Und selbst der alte Weg hat das Gleichgewicht nicht gefährdet, sondern sich als häretisch dargestellt in der Verleumdung anderer Götter, die im besten Falle zu Hilfsgeistern deklariert wurden. In Anbetracht der Entwicklungen des letzten Jahrhunderts sind wir jedoch gewillt eine gewisse Nachsicht zu üben. Denn aus ihrem Blickwinkel auf das Pantheon der Götter war es ihnen nicht möglich, das göttliche Gleichgewicht der Silbernen zu erkennen. Sie waren formiert gegen die fremde Bosheit, geboren in den Kriegen zwischen Licht und Finsternis. Sie hatten ihre Aufgabe und sie haben jene erfüllt und schließlich abgelassen vom Zwangsmissionieren blasphemischer Gedanken gegen andere Gottheiten. Die Seele dieser Welt hat auch in diesem Zusammenhang eingegriffen und diesen Fanatischen Glauben ausgeglichen. Umso schwieriger sei es nun jenen Nachfahren der „neuen Linie“ und den Nachfahren der einstigen Adorianern gemacht, sich heute gegen die fremde Bosheit zu formieren. Die Welle der Lichtes, wie wir es heute nennen wollen, ist dabei abzuebben, wenngleich noch die ein oder anderen Hoffnungsträger an die Küsten unserer Welt gespült werden oder uns über all die Zeit erhalten blieben und mal stärker und mal schwächer eingreifen. In den letzten Jahren zeigte sich, dass die Ebbe eine gefährliche Gleichgültigkeit für das Gleichgewicht frei gelegt hat und damit auf den einstigen Fanatismus antwortete. Wo vor Sieben oder Acht Jahrzehnten der Fokus des allgemeinen Gedankengutes noch auf der Gemeinschaft lag und das Bestreben eben jene im Dienste an ihren Gott des Lichtes zu stärken, streben die Edain heute weit auseinander und entfremden sich untereinander noch weiter voneinander. Wir sind aber gewiss das diese Leere und Kälte, die diese Antwort hinterlässt, durch die ansteigende Flut des Lebens wieder mit Wärme und Nähe begegnet wird, sofern der fremden Bosheit bis zur nächsten Flut Widerstand geboten werden kann. Es sei daher in diesem Zeitalter unsere Aufgabe, jene zu Unterstützen die mit uns Seite an Seite gegen die Geschöpfe Sekals und die Dämonen stehen und auf jene ein Auge zu haben, die auf dem Pfad der natürlichen Dunkelheit wandeln, auf dass sie nicht vom Gleichgewicht getrennt werden.
Und wie wir heute unsere Gedanken aus den Jahren 1324-1326 korrigierten, so ist jeder Augenblick im ewigen Kreislauf und Gleichgewicht neu zu bewerten und neu zu bedenken. Nichts bleibt unverändert, was einst Zustimmung erhielt bedarf morgen vielleicht einer Mäßigung und was einst Ablehnung erfuhr bedarf heute vielleicht Unterstützung.

1338 im Tempel zu Cerinor
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