|
Spieler, Mensch
Registriert seit: 09 Mar 2021
Beiträge: 156
|
Eine tiefe, traurig anmutende Note misch sich mit dem rhythmischen Prasseln eines Kaminfeuers, hallt in dem so totenstillen Raum nach. Erst als sie vollständig verstummt durchbricht eine weitere die meditative Stille ohne sich auf die Szenerie disruptiv auszuwirken. Im Gegenteil die Abfolge aus tiefen Tönen trägt zur Atmosphäre bei, schafft eine Szene der Verlorenheit, der Nachdenklichkeit, der stillen Trauer, Zwiespalts und angespannter Rast. Ein elfischer Beobachter könnte all dies im Lied der Welt erkennen, doch dem menschlichen Auge offenbart sich nur ein mittelalter Mann der mit geradem Rücken in einen Polstersessel gesunken ist, eine Harfe auf dem Oberschenkel abgestützt, die schlanken Finger die gelegentlich kraftlos über eine Saite streichen.
Auf dem flachen Tisch vor dem Magier, denn diese Bezeichnung ist nur recht für einen der gleichermaßen den Saiten der Harfe die Fäden des arkanen Gewebes anzuschlagen weiß um seinem Willen Form zu geben, dort trocknet die Tinte auf den Seiten eines voluminösen Buches. Worte niedergeschrieben wenn auch nur zu dem einzigen Zweck sich ihnen zu stellen wenn die geübte Hand wie von selbst die Gedanken zu Papier bringt.
Zehn Jahre. Zehn Jahre, so lang und zugleich vorüber in einem Liedschlag. Ein freier Mann nannte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben. Obschon in jenen grauen Tagen die bereits seinerzeit so vertraute Verbindung mit dem Gewebe von dem Gefühl üppigen Brokats unter meinen Fingerspitzen schwand als würde man nach Nebel tasten, so sah ich das als Zeichen der Ketten die ich abgestreift hatte. Ich spüre noch immer das Brennen eiskalten Gischts im Gesicht, das sanfte Schaukeln des Schiffes, in meinen Ohren tost noch immer die Briese die kaum die Segel blähte, die Planken knarren ihr stetiges Lied, das dumpfe Schlagen der Wellen gegen den verkrusteten Bug, meine Augen blicken noch immer den grauen Himmel, die Sonne jenseits des Schleiers zwischen den Welten so bleich wie Knochen in der Ödnis Maleths. Was gäbe ich darum dieses Gefühl wieder zu haben. Noch einmal zu glauben mir könnte die Welt nichts mehr entgegen setzen.
War es die Sehnsucht nach jenem Gefühl das mich zum Spielball im Zwist von Göttern und Dämonen werden ließ? Mitleid mit einem Volk das mir so fremd ist wie die Liebe einer Mutter? Das selbe Mitleid das mich zögern ließ als ich vor den Resten dieses besessenen Mannes stand, mich davon abhielt den Zorn der Elemente gegen die gequälte Gestalt zu entfesseln die noch über den Tod hinaus versklavt war? Oder ließ die Sorge mich zaudern? Mitansehen zu müssen wie selbst die mächtigsten Zauber derer ich fähig bin wirkungslos abgleiten an einem Wesens dessen Kraft die meine übersteigt als würde sich ein Sandkorn mit einem Gebirge messen wollen? Trieb mich der Hunger nach Wissen und Erkenntnis von denen es in diesem Unterfangen kaum zu gewinnen gab? Oder wie ich mir selbst stets sagte war mein Ziel die Göttinnen auf unserer Seite zu wissen wenn die Zeit kommt sich dem Erstgeborenen zu stellen? Narretei, um mich gesprochenen Wortes zu bedienen.
Und doch. Und doch kann ich nicht die Hände in den Schoß legen, die Dinge sehenden Auges geschehen lassen wie die Schafe welche ihr Potential brach liegen lassen, tagein tagaus dem Trott nachgehen ohne Ziel oder Begierde, lediglich auf den Tag warten an dem der Namenlose sie in sein Reich zerrt.
Ist es Zufall das ich diese Gedanken hege just in den Tagen die nicht nur ihm geweiht sind? Nein, wenn meine Gedanken über die Magie und ihren Ursprung richtig sind erleben wir jetzt die Auswirkung dessen was passiert wenn die Menschheit unbewusst ihre Kraft fokussiert. Es ist die Zeit des Namenlosen Gottes, die Zeit des Todes, was wäre passender als das sich die Welten überlagern das Reich des Todes die unsere überlagert? Dadurch erklärt sich auch weshalb wir die wir Magier nennen uns so vom Gewebe abgeschnitten fühlen, wo es vielleicht noch Großmagiern und Erzmagiern möglich ist Zauber zu wirken. Immerhin ist nicht bekannt das Magier auch außerhalb unserer Sphäre Macht besitzen. Das Gewebe existiert nur in unserer Sphäre so der allgemeingängige Glaube. Es bedarf schon beachtlicher Kräfte sich über diese dem Mensch selbst geschaffene Beschränkung hinwegzusetzen. Einen Teil von mir amüsiert die Vorstellung der Welt das Wissen um Götter, Dämonen und Magie zu nehmen. Die Welt würde zu Eisen werden. Ironischerweise würde ich sie genauso grau und kühl empfinden ohne diesen Zauber.
Was aber nicht zeitgleich bedeuten muss das ich das Tun von Göttern und Dämonen so hinnehmen werde. Es bedarf dafür zu erlernen auch auf andere Sphären Einfluss auszuüben, sich über die Grenzen der herkömmlichen Magie, oder zumindest dessen was allgemein als Magie bezeichnet wird, hinaus zu entwickeln. Ich befürchte allerdings das dafür die Lebensspanne eines Elfen nötig sein wird. Sei es darum der Weg liegt vor mir, es gilt einen Schritt nach dem anderen zu nehmen. Meine Zauber mögen zu schwach sein um gegen den Willen dieser Wesen zu bestehen doch eine körperliche Manifestation ist etwas anderes, immerhin ein Wolf ist ein Wolf, in der Vorstellung der Völker weitaus realer als ein Pfeil bestehend aus reinem Feuer der aus eines anderen Hand schießt. Alleine das gibt Beschwörungen wie auch Verwandlungen mehr Macht, gilt es doch nicht alleine den Willen des Zauberwirkenden zu überwinden um den Angriff abzutun wie eine einzelne Schneeflocke. Mir scheint früher oder später wird es nötig werden mich mit den alten Wächtern zu befassen, obwohl sie diese Bezeichnung nicht mehr verdienen nun wo sie sich zurück gezogen haben, immer mehr ihrer Brut von ihrer Wacht abfallen, von Instinkt getrieben werden und sich auf andere Werte besinnen, nicht ungleich wilden Stämmen der Menschen. Wieder einmal wird mir der Wert von Wissen, Verstehen, Motivation, nicht zuletzt Hingabe bewusst. Was aus mir geworden wäre hätte ich mich in Yew zurückgezogen.
Wie Sterne am Firmament das ich blick' von meinem Heim, Seelen, Leben, blass, kraftlos, sieh da leuchten nur wenig' fesseln des Auges Blick. Kümmert der Staub unter Füßen, der vertrocknet Grashalm am Wegesrand, die Welle träg am Horizont schwappt?
|