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Alt 30.11.2019, 17:50
Sag niemals nie.
#49
Kyra Linajah Glariel
Reisender
 
Registriert seit: 10 Sep 2003
Beiträge: 358

Ja. Ich weiß. Sag jetzt nichts.

All die Jahre war Ruhe. Lebte mein Leben. Ging hin und wieder in die
Stadt um Vorräte zu kaufen, oder Herrn Karnis im Bären einen Besuch
abstatten. Besuchte alte "Freunde", nahe der Wüste oder am Berg. Hier
und da einen Späher, der sich zu weit hinaus gewagt hat.

Bis zu dem Zeitpunkt, als mein inneres Gleichgewicht und mein
Verständnis für einige Dinge erschüttert wurde.

Das Erste mal, wörtlich, als halb Khaz'dur in die Luft gesprengt wurde.
Ich weiß bis heute nicht warum und wieso. Geschweige denn wodurch.
Der Berg wurde belagert. Und völlig unabhängig durch meinen Eid an
Smigosch, sah ich es als selbstverständlich an, den Khazads in der
Schlacht beizustehen. Der Kampf war kurz, aber hart. Sogar ein Drache
war daran beteiligt. Zuerst sah ich ihm am Himmel kreisen. Friedlich. Als
würde er neugierig zusehen, was dort unten geschieht. Die Sonne
brachten seine goldenen Schuppen zum strahlen. Es war erhaben,
faszinierend und bedrohlich zugleich. Danach hatte ich ihn aus den
Augen verloren. Schliesslich gab es wichtigeres zu tun, als Drachen
anzuhimmeln.

Irgendwann sah ich ihn am Boden. Und zu meinem Entsetzen stürtze
sich alles auf ihn, nur um ihn endlich zu besiegen. Auch darüber weiß ich
bis heute nicht, warum und wieso. Beteiligt habe ich mich nicht daran. In
meinen Augen sah ich keinen wirklichen Grund dieses zu tun. Keine
Feuerbälle, keine Angriffe, nichts konnte ich beobachten. Jedenfalls
stimmte mich das alles mehr als nachdenklich. Und als ich von weitem
Bolwen in der Menge erblickte, war es so, als würde eine Vase einen
Sprung bekommen. In der Regel weiß er was er tut oder zu tun ist. Aber
diesmal?

Das zweite Mal, und diesmal entgültig, war der Tag, als Bolwen eines
Abends bei mir vor der Tür stand. Was, zu meinem Bedauern, nicht sehr
oft geschieht. Er brachte mir ein paar Flaschen Bier mit. Gebraut aus
meisterlicher Hand der Khazads. Seit Smigosch weitergezogen ist, habe
ich leider keine Möglichkeit mehr, an dieses köstliche Gebräu
heranzukommen. Sie sind für mich mehr Wert, als jeder Rotwein.

Bolwen kam direkt zur Sprache. Bat mich um meine Hilfe. Was noch
seltener vorkommt. Ich stellte mich auf alles ein, ging im Kopf jeden
Gegner durch, hatte geistig jeden nur denkbaren Ort vor Augen. Doch
was er mir erzählte, ging weit über das, was ich bisher gesehen, erlebt
und erfahren hatte.

Ein goldener Jungdrache ist über dem Schlossgelände in Briain
abgestürzt. Kleiner und zierlicher, wie man sie sonst kennt. Und vor
allem sanftmütig, was noch sonderbarer ist. Aber bei weitem nicht das
einzig Sonderbare war.

Sirinwe ist ihr Name, ein Drachenweibchen, hatte sich den Flügel
gebrochen als sie auf das Pflaster aufschlug. Sie soll sich mit letzter
Kraft auf ein Stück Wiese geschleppt haben. Und als sie da so saß,
schossen plötzlich Gräser, Farne und Blumen aus dem Boden. Bolwen
sagte, sie sei in einem jämmerlichen Zustand gewesen. Völlig erschöpft
und abgemagert.

Mühsam konnte sie etwas von einem weiteren Drachen erzählen.
Emurien, welcher, wie ich später herausgefunden habe, entweder ihr
Bruder, oder ihr Gefährte ist. Wobei ich letzteres vermute. Beide gehören
einer seltenen Drachenart an, und seien wohl die letzten ihrer Art.

Mir schossen natürlich unmengen an Fragen durch den Kopf, doch
Bolwen verwies mich an Frau bouVinda, die sie wohl gepflegt und
umsorgt hat.
Sirinwe jedenfalls, ist nach ihrer Genesung wieder aufgestiegen um ihren
Gefährten zu suchen.

Den Rest des Abends, erzählte er mir von einigen Überlegungen, auf die
ich aber später zurückkommen werde.

So ging ich also ein paar Tage später mal wieder in die Stadt, traf mich
mit besagter Frau und forderte sie in meinem Wissbegier förmlich auf,
mir alles haarklein zu erzählen.

Im groben erfuhr ich das, was Bolwen mir schon sagte. Jedoch erwähnte
sie auch, wie sie sich um den Drachen gekümmert hatte.
Wie sie die gebrochene Schwinge geschient hat. Ihr Gute-Nacht-Märchen
aus dem Drachenfeenland erzählt und ihren Kopf gestreichelt hat der in
ihrem Schoß lag. Sogar eine Daunendecke mit Gingseng Duft soll sie ihr
gemacht haben.
Und das einzige was das Drachenweibchen an Nahrung akzeptierte,
waren Erdbeeren. Eine versteckte Andeutung an Libanu? Einer Göttin,
die nicht selbst zwischen Gut und Böse unterscheiden kann?

Ich finde es wirklich sehr rührend, wie sich Frau bouVinda um sie
gekümmert hat. Seit ich das erste Mal hier auf der Insel von Drachen
erfahren habe, sog ich förmlich alles über sie auf, was ich nur erfahren
konnte. Vom Bündnis der Ersten, aus Erzählungen von Bolwen, Büchern,
Gerde und Getratsche auf den Strassen.

Aber das hier, passt irgendwie nicht wirklich zusammen. Es ist alles so
unwirklich. Oder ist es nur Ungewohnt, weil es neu ist?

K.


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