Thema: Weiche Herzen
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Alt 30.12.2020, 07:39
Weiche Herzen
#1
Mila Vandorez
Reisender
 
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Britain 1334

Die grauen Tage sind um und ich bin frei von jeder Verpflichtung, außer jener mich am Leben zu erhalten. Mich erreichte eine Nachricht von seiner Wohlgeboren von Ferran dieser Tage, dass er mir meine Sachen nachsenden ließ. Im Grunde eine wirklich feine Geste, wenn mein Krempel jetzt nicht auf dem Meeresgrund liegen würde. Ritter Randolph war wirklich ein guter Mann, stets bereit die Klinge zu ziehen und aufzustehen und für seine Tugenden einzutreten. Bedauerlich, dass er nun aufs Alter warten muss, um dahin zu siechen. Er hätte wirklich den Tod auf dem Schlachtfeld verdient gehabt, aber so wie es heute aussieht, wird er wohl nie wieder auf ein Pferd steigen.

Ich habe mir das Land und die Leute angesehen. Bin durch ganz Britannia geritten in den letzten Herbsttagen, war in Falkenstein, Aldfur, Yew, Cove und Minoc. Es ist ein seltsames Gefühl, die alten Wege, nach so vielen Jahren wieder zu beschreiten. Viele Erinnerungen von damals holen mich ein. Wie idealistisch ich war.

Handelshaus
Bei den Leuten wundert es mich aber auch nicht. Bis auf den Grafen und vielleicht einem Schützen traf ich nur Weiber mit weichen Herzen. Sie hatten wieder zum Freiwilligenheer gerufen in Britannia, etwa kurz vor meiner Ankunft. Wie ich später erfuhr, wurde es erneut gegen Yew geführt.
Im Handelshaus erfuhr ich davon, eine Bognerin, die wohl auch was mit Falkenstein zu tun hatte, wie ich später hörte, kam mit dem Aushang zur Heeraushebung nicht zurecht. Keiner wüsste, um was es ginge. Ich habe bis heute dafür wenig Verständnis, wer sich solch einem Heer anschließt, tut was man ihm sagt. Aber sie ist auch eine Handwerkerin, es ist verständlich, dass diese sich mehr Sorgen machen. Liegt ja auch irgendwie in ihrer Berufung alles zu hinterfragen, im Handwerk kann ich mir schon vorstellen, dass es richtig und wichtig ist, aber auf dem Schlachtfeld hat diese Manier nichts zu suchen. Sie war die Erste. Irgendwas gefiel ihr an meiner Einstellung und Ansicht nicht und statt die Zähne aufzumachen, zickte sie rum wie ein rossige Stute. Auf meine Anfrage, ob sie Ärger wolle, blieb sie dann stumm, war mir recht so. Es liegt keine Ehre darin, einen Handwerker in die Schranken zu weisen. Hab sie noch ein paar mal dann in der goldenen Ente gesehen und ich hatte fast den Vorfall vergessen, bis zu dem Tag als ich mit einer Gruppe in die Feuerhöhlen zog.

Marktplatz/Feuerhöhlen
Bei allen Göttern, mir fehlen die Worte, das passiert zwar häufiger, aber so was verrücktes hatte ich auch noch nicht erlebt.
Ein junges Mädchen wollte jagen. Sie ist wohl Magierin, die können auch in jungen Jahren recht gewandt sein, das habe ich mehr als einmal erlebt. Sie hatte zwar Bedenken, dass ich sie mit dem lahmen Lux über den Haufen reiten könnte, als ob ich nichts besseres zu tun hätte. Sie stand am Marktplatz, da wo sie die Bänke aufgestellt hatten, da saß ein Handwerkerzwerg rum und ein weiterer Kauz. Schwarzbärfellrüstung, rotes Kopftuch. Bron ist sein Name wie ich später erfuhr. Ein eitler Pfau vor den Göttern. Ich weiß nicht was sein Problem war, doch fing er sofort an, mich dämlich anzumachen. Vielleicht kommt er mit starken Weibern nicht zurecht und es hilft ihm, diese unterzubuttern. Er sollte nur aufpassen, dass er bei dieser Manier nicht mal an die Falsche gerät. Vor fünfzehn Jahren hätte ich ihm wohl ebenso aus heiterem Himmel, wie er mich versuchte zu provozieren, eine in die Kauleiste gezimmert – in Falkenstein. In Britain geht man ja gesittet mit einander um. Er quasselte was davon, dass er nicht lange Zeit hätte und ich hätte auch nicht gedacht das er mit kommt, aber er kam mit. Ein guter Magier ohne Frage. Er kann einiges, wenn er nur sein Maul hält. Ebenso holte das Mädchen noch eine Schützin. Lydia heißt sie, sie ist eine ziemlich fähige Schützin vom Talent her. Wir zogen in die Feuerhöhlen, ich zog vorne Weg und gab mein Bestes alles was uns entgegen kam, in Kämpfe zu verwickeln, das gelang mir nicht immer, aber ich war auch die einzige Kriegerin. Irgendwann, hörte ich wie meine Gefährten davon sprachen, dass sie nichts mehr auf ihrer Beuteplane tragen können und ich ärgere mich bis heute, dass ich mal nett sein wollte, aber seinen Teil beizutragen, gehört ja auch irgendwie zu einer Gruppe dazu.
Bei dem Wurm wurde es interessant, das Mädchen hat ein Schlangenwesen beschworen, das meine Aufgabe übernahm. War mir ganz Recht, denn gegen den Wurm konnte ich in einer Gruppe nichts tun, gegen solche Biester brauch man Ruhe und Bewegungsfreiraum als Krieger. Bei den fliegenden Feueraugen kippte die Stimmung dann. Ich weiß nicht warum sie solch ein Theater um diese Gegner gemacht haben. Sie hatten durchaus verstanden, dass ihre Explosionen tödlich sind, schien mir, zumindest wollten sie immer, dass ich davor wegrenne. Offenbar waren sie wirklich der Meinung, sie können mich besser einschätzen, als ich mich selbst – welch überheblicher Anfängerfehler, ich bin mir heute sicher, dass dieser Fehler es auch war, der sie dann von den Beinen zog.
Als wir zurück in den Kessel gelangten und die Drei den zweiten Wurm erlegt hatten, begannen Lydia und ich aufzuräumen. Sie hatte eins dieser Feueraugen im Schlepptau. Vergeblich versuchte ich mich dazwischen zu drängeln. Lydia blieb immer wieder stehen, was es mir unmöglich machte, mich dazwischen zu schieben. Ich konnte das Wesen nur von hinten angreifen. Ich weiß nicht, warum sie stehen blieb, vermutlich wollte sie es nicht zu den anderen locken, vielleicht ist sie auch über den Berg an Opfern gestolpert. Das Ergebnis wäre dennoch gewesen, dass die Explosion sie von den Beinen gerissen hätte oder das Feuerauge sie verglüht hätte. Dieser Bron stand in der Nähe, gesehen habe ich ihn nicht, als das Auge durch meinen Schlag explodierte riss es auch ihn von den Beinen. Doch was hätte ich tun sollen – zusehen? Ein Krieger kämpft an der Front, ein Krieger ist es gewohnt zu kämpfen. Sie kannten alle die Gefahr dieser Biester, warum blieben sie stehen, warum zogen sie sich nicht zurück in Deckung? Ich hatte mir wenig Gedanken drum gemacht, ihre Fertigkeiten zeigten an, dass sie genug Erfahrung hatten und gerade in solchen Situationen macht jeder einmal Fehler, da muss man kein Drama drum machen, wenn alle überleben. Als sie sich zurückzogen zur Erholung, konnte ich mir ein Grinsen zu Bron kaum verkneifen, ich hatte ihn nicht mal gesehen und mit Absicht sollte man niemals seine Gefährten in Gefahr bringen. Dennoch, sein Anblick und seine ehemalige Überheblichkeit waren wirklich eine Menge wert. Um Lydia tat es mir da noch leid, als ein weiteres Feuerauge aufkreuzte. Natürlich zog ich mein Schild hoch und meine Waffe, versuchte es in den Kampf mit mir zu ziehen. Doch das Zaubermädchen war wohl interessanter und sie ging nicht genug auf Abstand, war auch schwer dort. Wo hätte sie in gesollt, wir hatten in einem kleinen Durchgang Schutz für Bron und Lydia gesucht. Südlich von uns, waren Feinde, nördlich sammelten sich neue Feinde und östlich hörte ich auch Kampfeslärm. Leider, zog es auch sie von den Füssen, als das Feuerauge explodierte. Doch auch hier, wäre es kaum von alleine fortgezogen. Es war eine unschöne Situation und zum Glück kehrten wir dann auch zurück nach Britain. Es war ansehnlich was zusammen kam. Mehr als ich einige Tage zuvor alleine aus der Höhle schleppte. Ich hatte Lydias Tasche in die Finger bekommen, als sie von der Explosion in den Berg der Opfer geschleudert wurde und ihren Kram mit auf die Plane geworfen. Ich hatte ihr alles soweit zurück gegeben und dachte eigentlich sie hätte gut 30 große Münzen zuvor dabei gehabt, doch sie sprach nur von 6 großen Münzen. Bis hier hin, dachte ich wirklich, dass es einfach nur ein nicht optimaler Kampfausflug war, was natürlich ist, wenn man mit Fremden zieht, doch was sich dann ereignete, nennt man wohl sittsam. Lydia betonte wie schade es war, dass kein Leder oder keine Schuppen dabei waren und diese Betonung klang fast so, als wollte sie mir vorwerfen, dass ich etwas unterschlage. Bron behauptet es wäre meine Schuld gewesen, dass die Explosionen sie alle von den Beinen riss, ja ich kämpfte gegen diese Feuerwesen, doch muss man einfach sagen, dass meine Gefährten sehr unaufmerksam waren, wenn sie diesem Kampf nicht aus dem Weg gingen. Soll er heulen wie ein kleines Mädchen, wenn es das ist was er tun will.
Und schlussendlich wollten sie mir erklären, dass ein ungeladener Rosenquarz 850 große Münzen wert sei. Im Grunde muss ich sagen, kann ich froh sein, dass es sie von den Beinen gerissen hatte, wäre es mir passiert, hätten sie mich bei soviel Feindlichkeit wohl einfach liegen gelassen, aber in Britain nennt man das sittsam. Ich denke sie haben erkannt, dass sie mich ganz schön unterschätzt hatten und statt das einfach stehen zu lassen, wurde ich sinnbildlich angespuckt auf hinterhältige Art und Weise. Interessanterweise, war es ausgerechnet das Zaubermädchen, das sich einen gewissen Respekt von mir verdient hatte. Sie war diejenige die diesen Stein für 850 große Münzen auslöste, ich weiß nur nicht, ob sie wirklich der Ansicht ist, dass sie ihn für 850 große Münzen verkauft bekommt, oder einfach die Ehre von Bron erhalten wollte. Ich weiß nun was ich von ihnen zu halten habe – weiche Herzen.
Bron kommt auch nur schwer darüber hinweg, jedes mal wenn ich ihn sehe, versucht er mich zu provozieren, angetrieben noch von seinem Busenfreund dem Khazad. Ein feiger Hund dieser Bron, bewegt sich immer schön an der Grenze, wie ein Fahnenflüchtiger, der sich damit raus redet, gepisst zu haben, wenn er erwischt würde, ein unwürdiger Wurm, der das Wort Ehre nur aus den Büchern kennt.

Die goldene Ente
Das hat sich auch in der Ente gezeigt. Die goldene Ente, Yen heißt die Schankmaid. Ich weiß nicht recht was ich von ihr halten soll, aber sie scheint mir auf langer Flur die einzige normale Bürgerin zu sein, die geradeaus denken kann. Die sieht wer vor ihr steht und das einfach akzeptiert, ohne rum zu heulen. Sie nennt das ganze Gehabe der anderen sittsam, sie ist Schankmaid, sie wird es besser wissen als ich, auch wenn ich darunter etwas anderes verstehe. Mein lieber Bruder, wenn du das hier liest, kehre in die goldene Ente und trink auf mich! Es ist ein gutes Lokal, der Khazad tanzte auf dem Thresen, es gibt oft Leute die eine Lokalrunde geben.
Das sollte ich auch mal machen, gehört sich nur so! Das Schankweib ist vernünftig, die Gäste kann man sich selten aussuchen. Außerdem hört man da so allerhand.

Der Graf
Bolwen von Britain traf ich im Winter, kurz vor den grauen Tagen. Wir unterhielten uns kurz und er stellte mir eine Gefolgschaft bei ihm in Aussicht, samt einen Abend Saufen in der goldenen Ente. Im Grunde ist es ein gutes Angebot, er ist ein guter Mann. Vielleicht nehme ich das Angebot wirklich an, jedoch habe ich Bedenken, dass ich dann auf sein Weib aufpassen muss. Er hat neu geheiratet, sein Weib hab ich ebenso kennengelernt in der Ente. Ein richtiges Weib eben, wie man es sich an der Seite eines Grafen vorstellt, nur eben auch sehr redselig. So redselig, dass sie mir ständig ins Wort schneidet, aber so sind die Handwerker. Immer müssen sie reden und sich selbst zum Besten geben. Sie hatte mir da was über diese Falkensteiner Bognerin erzählt und verstand irgendwie auch nicht, dass mich das Ganze nicht mehr interessierte.
Wäre das Pack nur nicht so „sittsam“, ich würde sofort um eine Audienz bitten, um ihm einen Jahreseid zu leisten. So bin ich mir unsicher, ob ich überhaupt lange bleiben will.

Domenik
Nach allem was ich bereits hier erlebte, kann ich wieder gut verstehen, warum Falkenstein heute steht. Zurück nach Falkenstein zu ziehen, ist im Augenblick aber keine große Option. Die McGinnis machen sich rar und wenn nicht, ist da noch immer Jerome. Jerome war ein Trottel vor den Göttern, aber es sind viele Jahre ins Land gezogen, seit ich ihn das letzte mal sah, vielleicht ist er ja groß geworden. Und dann ist da noch Domenik.
Er ist ein guter Mann, ich weiß du magst ihn nicht Garus, du denkst er hat ein weiches Herz und ja in Bezug auf mich stimmte das vielleicht auch. Er ist ein Schatten aus der Vergangenheit, dem ich nicht unbedingt über den Weg laufen will, aber wenn ich bleibe, wird das wohl irgendwann passieren. Es heißt, man soll sein Innenleben mit Gefühlen schmücken und sie als Geschenk denen darbieten, die einem Nahe stehen, aber ich sehe mich nicht in einem Bund der Liebe. Der körperlichen vielleicht, aber nichts was einer Ehe ähnlich käme. Zuviel ist passiert, wie du weißt, ich werde das Blut Vandorez nicht weitergeben, diese Aufgabe mitsamt dem Namen überlasse ich dir. Ich bin kein Weib, dass schmust und kichert, das weißt du genauso gut wie ich, für mich zählt nur „die Herausforderung“, zu hart ist mein Herz für dieser Art Firlefanz. Ich hoffe, seine Schwärmerei für mich hat ebenso nachgelassen, wie die meine für ihn, er hätte es nicht verdient, dass ich ihn weibisch und gemein verletzte nur damit das Feuer stirbt, zumal das auch nicht meine Art eigentlich ist. Ich mag ihn wirklich, ich weiß, dass hast du nie verstanden, ich ja auch nicht, aber ich mag ihn. Und nur weil ich keine enge Bindung eingehen will, heißt das ja nicht, dass er mir egal ist. Er stand an unserer Seite, als wir die Mondkrieger jagten, er stand immer an unserer Seite, wenn es Probleme gab, er verstand die Ideale die wir verfolgten, er ist einer von den Guten Garus und ich bin die Feige die sich vor dieser Situation drückt und davon läuft, mich solltest du verachten, wenn der Name Domenik fällt.
Wir werden sehen, was die Zeit bringt.

Offene Türen
Das ist also die Situation in der ich mich befinde. Ich könnte mich zurück aufs Festland zurück ziehen zu diesem arroganten, pingeligen Baron mit seinen schmalzigen Worten, der mich als Hauptmann in seinem Gefolge will oder in die Gefolgschaft des Grafen treten. Ebenso könnte ich wohl zurück nach Falkenstein, wenn ich es wollte, das Pack hier treibt mich etwas dort hin. Ich spiele auch mit dem Gedanken eine eigene Übungshalle zu eröffnen. Es stehen viele Türen offen und zur Zeit versuche ich mir meinen Weg zu legen, dem ich dann zielstrebig folge, was ja oftmals auch in die Hose geht. Yen sprach einen Kriegerorden an, den ich gründen könnte, doch wissen nur die Götter, wann ich hier aufrechte Krieger treffe und ob dieses Land bereit dazu wäre. Die meisten hier pissen sich ein, wenn man nur nach Krieger aussieht. Sie hätten allesamt Krieger wie Darok Vandrak, Ritter Zaryn von Algado oder Bargon Ferilan kennenlernen müssen, dann könnten sie wohl mit so was umgehen. Aber hier herrscht seit langem wohl Frieden, die Herzen hier sind weich wie Butter.
Mila Vandorez ist offline  
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