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Alt 29.11.2020, 17:38
#8
Yenefer Adrastea
Spieler, Mensch
 
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In den letzten Wochen hatte ihre Arbeit einen Rattenschwanz bekommen. Zusätzlich zu ihren Aufgaben in der Taverne, bei Herrn Bram und diversen Bestellungen war die Erntezeit angebrochen und so gab es auf ihrem neuen Hof mehr als viel zu tun. Kohl, Korn und Karotten mussten vom Feld und entsprechend eingelagert werden. Beeren wurden gepflückt und eingelegt für den Winter. Zu all dem kam auch noch die Vorbereitung für das Einweihungsessen von Leutnant Govaine. In diesen Wochen konnte sie ab und an kaum noch sagen wo ihr der Kopf stand.

Eines Abends waren dann seine Ganden und Ana im Anker um ihr die Bezahlung für das Hochzeitsessen zu bringen. Bei dieser Gelegenheit, sprach Yen ihn darauf an wie es im Winter mit dem Anker weiter gehen könnte. Sie hatte die Idee geäußert lederne Vorhänge anzubringen und Kohlepfannen aufzustellen um ein wenig wärme im Inneren zu erzeugen, doch wurde schnell klar, dass es zu gefährlich wäre. Die Brandgefahr für das Gebäude war schlichtweg zu groß. So versprach er ihr, sich ebenfalls Gedanken zu machen und sich ob dieser Problematik alsbald zu melden.

Derweil hatte ein Anschlag am Marktbrett ihre Aufmerksamkeit erregt. In Sneholm war eine Hungersnot ausgebrochen und der herzogliche Hof suchte nach überschüssigen Ernteerzeugnissen um sie nach Faerlan zu übersenden und so die Not zu mildern. Yen entschloss sich bald dabei zu helfen, denn ihr Überschuss an Korn und anderen Gaben, war in diesem Jahr enorm. Ganz im Gegensatz zum letzten Jahr, als sie noch mit ihrem Stand auf dem Marktplatz nur das nötigste zum Leben verdienen konnte. In diesem Winter würde es ihr und ihren Gästen gut gehen, dachte sie still bei sich.

Schon einen Tag nachdem der Graf im Anker war, erhielt sie eine Nachricht, in welcher sie von ihm um ein Gespräch gebeten wurde. Als sie diesem zusagte und einen Tag später in der Residenz erschien, wurde von Wort zu Wort klarer, was er sich Vorstellte. Mit Dankbarkeit und Vorfreude nahm sie sein Angebot an, die „goldene Ente“ im Herzen der Stadt zu übernehmen und sie zu altem Glanz zurück zu führen. Ihr war klar, dass dies noch mehr Arbeit bedeuten würde, doch eben so ein langjähriges Auskommen für sie selbst. Schon kurz nach diesem Gespräch machte sie sich auf den Weg um die Einrichtungspläne zu entwerfen.

Dann war der Abend der Hauseinweihung gekommen. Sie ging davon aus, dass sie, wie zuvor beim Probeessen für die Hochzeit seines Vaters, die Gäste bewirten würde. 5 Personen waren angekündigt, also packte sie alles Vorbereitete in einen großen Korb, den sie sich in die Armbeuge hängte und machte sich auf den Weg ins Villenviertel. Wie üblich war sie eine Weile vor der erwarteten Ankunft der Gäste vor Ort und wurde nach einer kleinen Wartezeit ins Haus gelassen. Die ersten Speisen platzierte sie sogleich auf den Tellern und deckte sie mit wärmenden Hauben ab. Als Yannick fragte ob er ihr noch zur Hand gehen könne, bat sie ihn den Wein zur Vorspeise zu öffnen, damit dieser noch etwas würde atmen können.

Es war ein wenig seltsam mit ihm allein in der Küche seines Hauses zu hantieren, hatten sie sich doch zuvor lediglich ein paar Mal ohne Beisein anderer Leute getroffen. Trotz allem fühlte sie sich dort wohl. Es war leicht alles was sie brauchte in der Küche zu finden und sie genoss es seine Gegenwart zu spüren. Nach den Vorbereitungen in seinem Haus begann was Warten auf die Gäste. Um die Zeit bis zu deren Ankunft zu überbrücken unterhielten sie sich ein wenig. Doch auf Yen wirkte das Gespräch schleppend und die Worte waren belanglos auf Alltägliches gerichtet. Sie zeigte ihm den Plan für die Ente und eröffnete ihm, dass sein Vater ihr erlaubt hatte jene als Pächterin zu übernehmen.
Die Zeit des Wartens wurde länger und länger. Als die Suppe drohte langsam kalt zu werden entschloss er sich nicht länger zu warten und um nicht allein am Tisch zu sitzen, bat er Yen ihm Gesellschaft zu leisten und das Mahl mit ihm einzunehmen. Er schenkte beiden etwas Wein ein und zu ihrer Verwirrung, half er ihr sogar dabei, am Tisch platz zu nehmen. Es war ein seltsames Gefühl so zuvorkommend behandelt zu werden, war sie es doch gewohnt, anderen zu Diensten zu sein.
Wärend des Essens wurde eher wenig gesprochen. Hin und wieder wechselten sie den ein und anderen Blick. Die ganze Situation war seltsam anmutend. Warum war seine Familie nicht gekommen? Hatte er es vielleicht gar so geplant sie allein für sich zu haben? Waren Einladungen unter gegangen? Sie wusste es nicht. Sie konnte sich auch noch keinen Reim darauf machen, was dies alles bezwecken sollte oder würde. Zwischen den einzelnen Gängen trug sie die Teller zur Spüle herüber um danach den neuen Gang aufzutischen. Sie arbeitete dabei konzentriert und mit viel Hingabe und Gefühl. Sie freute sich darüber, dass es Yan zu schmecken schien, was sie daran fest machte, dass kein Krümel auf seinem Teller übrigblieb.

Nach dem essen, räumte sie alles ab und spülte die Teller und das Besteck, trocknete es ab und räumte es wieder an seinen Platz im Küchenregal. Dann trank sie den letzten Schluck vom Roten und bedauerte innerlich, dass nun wohl schon die Zeit gekommen war Abschied zu nehmen.
Yen beugte sich zu ihrem Korb und nahm Mantel, Umhang und Kopftuch heraus um alles anzulegen. Die Abende und Nächte waren bereits sehr kalt. Er stand noch am Tisch und der Durchgang war schmal. Da er keine Anstalten machte ihr mehr Raum zu geben um zur Tür zu kommen, drückte sie sich, ihn dabei streifend, vorbei. Als sie etwa auf seiner Höhe war, fragte er sie, was er denn für ihre Mühen bezahlen solle.
Jetzt oder nie, war ihr einziger Gedanke und gab ihm die frechste Antwort, die ihr je über die Lippen gekommen war. Überrascht und herausgefordert zugleich, machte er einen Schritt auf sie zu und fragte, ob sie denn denken würde, dass er Angst vor dieser Art Bezahlung haben könnte. „Nein Angst sicher nicht. Aber gewiss etwas Neugierde“ antwortete sie.

Als sie schlussendlich das Haus verließ, bemerkte sie wie er ihr noch eine Weile nachsah und als sie durch das Gartentor ging begann sie leise und glücklich zu summen.
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