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Alt 02.07.2019, 15:15
#29
Jonah Decram
Reisender
 
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29. im Ador des Jahres 1329

Dies Buch, betrachte ich es nun in der Retrospektive oder wenn es je einem anderen, mir hoffentlich wohlgesinnten Menschen in die Hände fällt, mag die einzige Spur sein, die ich in meinem nun bereits fortgeschrittenen Leben in diesen Landen lasse. Ein Gedanke, der mir immer kommt, wenn ich wieder in meinem bescheidenem Heim in Britain dieses Werk zur Hand greife.

Freilich, ist es nichts schlechtes, dass meine Fußspuren in Schrift und Wort doch vor allem in Leder gebunden, etwas ergeben, das man real greifen kann. Aber nach Jahrzehnten der Suche und der Reise und mit einem solchen Startpunkt des Lebens, wie ich ihn hatte, erscheint es mir auch überraschend, gar enttäuschend.

Ich habe viel von der Welt gesehen und immer wieder hier und dort etwas Einsatz in das Spiel hier in Britain geworfen, mein Gewinn lag immer woanders, in Fearlan oder Maleth. Und nun, wo kein Mensch mehr unseren Namen kennt, ich nicht weiß wo Victoria, mein Vater oder die Yil'Dan abgekommen sind, wird mir die Kurzlebigkeit in diesem Reich mehr als bewusst. Wie hat es jemand wie Bolwen Govaine geschafft, seinen Fußabdruck so tief in den Morast dieser Stadt zu setzen. Hingabe? Liebe zu seinem Land? Ambitionen?

Ich bin vor einigen Tagen zurück in die Stadt gekommen, mal wieder und bei der ersten Vermutung nur kurz, auch weil alles sehr ruhig schien. Die Ruhe hielt mich nie lange hier.
Doch erreichten mich hier höchst verstörende Geschichten. Die Hochzeit des Kronprinzen stand an, so sagte man mir, soweit auch wenig interessant, muss sich dieses Reich doch sicher irgendwie von einem Anwärter auf den nächsten übertragen lassen und bestenfalls innerhalb dieses hohen Hauses, das zumindest einen Stammhalter hat. DOch dass ausgerechnet die Heimat, meine Heimat nun die Erde geben sollte, auf der ein fruchtbarer Samen des Prinzen zu fallen habe, ist wohl eine Neuigkeit, die nicht so ganz ohne Auswirkung auf mich vorüberziehen konnte.

Ein Bündnis zwischen Maleth und Fearlan, den nichts anderes konnte das bedeuten, würde mich entweder massiv auf meinen Reisen einschränken, würde es doch die Unterschiede zwischen unseren Völker nur betonen und mich noch mehr in mein Dasein zwischen zwei Welten werfen. Oder aber, es würde mir Möglichkeit geben die doppelte Herkunft auf welche Weise auch immer zu nutzen, nicht mehr im öffentlichen Dienste freilich, aber vielleicht durch meine Kenntnis der Heimat einer künftigen Königin.

Wie häufig, stürzt aber ein bornierter Charakter oft die Pläne von Diplomaten und Gelehrten, sitzt dieser Mensch doch nur stark genug im Zentrum aller Kabale.
Und so auch hier. Der Prinz, so hört man, habe die Verlobung nicht angetreten und seine Braut nicht direkt am Altar stehen lassen, zumindest aber auf dem Altar seiner eigenen Gelüste und Ambitionen geopfert. Etwas, das ich nur zu gut zu verstehen vermag, aber ich habe wenigstens meistens die Auswirkungen für eine größere Gruppe Menschen bedacht, ehe ich meiner persönlichen Motive Rechnung getragen habe... so hoffe ich es doch in der Aufstellung meines Lebens.
Kurzum - Idiotie! Ich kenne mein Volk gut genug um zu wissen, was Ehre für eine Rolle in jeder weiteren Taktik und Strategie spielt. Und wenn die Gerüchte nun wahr sind, gibt es bisher wenig was dagegen sprechen könnte, liegt etwas in der Luft, das Vaters Nase vermutlich mit gewisser Befriedigung aufnehmen würde. Krieg...

Ich glaube es tut mir gut, zuweilen noch in meiner zweiten Heimat die Fühler auszustrecken, die mittlerweile Britain ist. Vielleicht bleibe ich einige Tage, höre mich um, taste und probe um zu sehen, ob nicht bald Maleth mein Vermögen, Gut und auch dieses Buch aufzunehmen hat. Exil, sicherlich ein hartes Wort. Doch Krieg ist es auch, Verdacht umso mehr und Verrat schließlich das Wort, das keiner mit mir mehr in Verbindung bringen sollte.
Jonah Decram ist offline  
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