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Alt 19.08.2022, 11:07
Biographie der Mila Vandorez
#1
Mila Vandorez
Reisender
 
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Kapitel 1 – Die Wiege

Melduren war eine große Stadt, an den Südküsten Faerlans und wurde von seinen Bewohnern oft liebevoll „Die goldene Perle“ genannt. Viele wagten sich schon an der Deutung dieses Kosenamens, doch keiner wusste mehr, wer Melduren als Erstes so nannte und warum. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass über die Jahre viele diesen Kosenamen mit ihrer eigenen Bedeutung übernommen haben, denn Melduren war nicht nur groß, sondern auch eine reiche Stadt. Dies war nicht immer so, es begann langsam, vermutlich Anfang des 10 Jahrhunderts als die Dürre die Bauern an die Küsten trieben. Melduren war die meiste Zeit des Jahres einer heißen Sonne ausgesetzt die von der frischen Meeresbriese gezähmt wurde. Die Winter kamen spät, meist erst mit den grauen Tagen und doch hielten sie sich bis zum Frühjahr dann. Von der Küste aus griffen Grünflächen wie Finger ins Landesinnere, doch je mehr man sich dem Landesinneren zuwandte, je mehr trocknete das Land aus. Ein Vogel hätte wohl ein goldenes ausgetrocknetes Land betrachtet mit vereinzelten kleinen Gestrüppen, Sträuchern oder auch mal eine standhafte Baumgruppe, doch ansonsten war Melduren kahl wie eine Perle. Bald schon wurden aus den meisten Bauern Händler, welche ihre Jagderzeugnisse und ihre Ernte an die Schiffe verkauften, die aus Maleth anlegten oder von Faerlan aus in den Süden zogen und ein letztes Mal Proviant löschten. Schiffe aus Maleth kamen alsbald mit eigenen Händlern und boten die Früchte des tiefen Südens an, sowie Gewürze und Öle. Einheimische Händler kamen um jene zu kaufen und so wuchs Melduren im 12. Jahrhundert zu einer reichen Handelsstadt, dass der Tradition eines „Bauernrates“ folgten. Natürlich waren es heute kaum noch Bauern die im Rat saßen, doch wenngleich sich Melduren von einem freien Fleckchen Erde, von Bauern einst besiedelt weiter entwickelt hatte zu einem Dorf, einer Stadt und schließlich einer großen und reichen Handelsstadt, so wurde an der Staatsform nie etwas geändert und blieb eine Demokratie. Auch die Bildung wurde noch immer in die Vertrauensvollen Hände der Gemeinschaft gelegt für jedermann. Ab dem 3. Lebensjahr kamen die Kinder in Gruppen zusammen um von einem Erwachsenen zu lernen. Sei es durch Geschichten über die Heimat, im Handwerk, gar auch bei körperlichen Ertüchtigungen, die erst später zu Waffenübungen wurden, zum Reiten, aber auch zur Geistesschulung. Die Lehren der 13 wurden unter Aufsicht bekannt gegeben, und je nach Interesse, Berufung oder Begabung folgte eine Belehrung und Lehre im Namen der 11. In meiner Erinnerung war Melduren immer laut und bunt und voller Gerüche und Geschichten. Viele verschiedene Menschen tummelten sich auf den Straßen, in den Atrien und überall sonst. Ich lernte wie all meine Freunde auch zu unterscheiden, wer Einheimischer war und wer Fremd, wem man schon mal eine Münze aus der Tasche quatschen konnte für Zuckerware oder wem man besser nicht zu nah kam. Es gab viele südländische Händler zum Teil mit festen Geschäften in Melduren, doch galten sie bei uns immer als Ausländer. Erst nach der dritten Generation schien ein ungeschriebenes Gesetzt jemanden zum Einheimischen zu machen und auch hier sieht man das man selbst in den Traditionen am einfachen Bauerngeist fest hielt und unnötig lange zauderte und bockte, doch trotz all dem muss ich sagen, dass Melduren für jeden Geist auch gleichzeitig ein Segen ist. Durch die kollektive Bildung und integrierten Arbeiten von Unmündigen haben wir alle mehr oder weniger die gleichen Möglichkeiten bekommen. Wir wurden früh in unseren Taleten oder Berufungen unterstützt und mussten auch als Kinder alle die gleiche Feldarbeit leisten die mit zur Grundversorgung beitrug, wer sich bei den körperlichen Arbeiten drückte hatte meist schnell keine Freunde mehr. Manchmal, eigentlich sogar recht oft schwänzten wir alle den Unterricht, das war dann unsere freie Zeit, wo wir durch die Straßen zogen, lauter Unsinn mit den Fremden machten und raus vor die Stadt zogen um in den Wiesen zu spielen. In diesen Erinnerungen schwelgend, muss ich sagen dass ich eine ausgesprochen schöne Kindheit hatte. Kompliziert wurde es erst später, als ich zur Frau wurde und beweisen musste, dass mich das nicht schwächer macht. Als mir meine Freundinnen anfingen auf die Nerven zu gehen, weil sie mehr und mehr nur noch über Jungs sprachen. Weil sie sich ausmalten zu heiraten und Mütter zu werden. Ich hab mir sowas nie ausgemalt, um ehrlich zu sein, habe ich mir mehr Gedanken darüber gemacht, warum ich nie diesen Drang verspürte Mutter zu werden oder zu heiraten, als dass ich mir ausmalte wie es sein könnte. Ich hatte schlicht kein Interesse daran. Frühere Trennungen zwischen Mädchen und Jungs, etwa als die Jungs anfingen den Mädchen die Röcke zu heben kamen bei mir gar nicht erst auf. Ich trug schon immer die Hosen meiner Brüder auf und fragte auch nie nach einem Kleid. Ich besaß zwar einen Gehrock den mir meine Mutter manchmal zum Kleid gürtelte, wenn wir pilgerten, doch soweit ich mich entsinnen kann, besaß ich nie ein Kleid. Mir ging es nur darum stärker und zäher zu sein, keinen Unterschied zwischen mir und meinen Brüdern aufzuweisen, ich wollte das selbe wie sie. Ich wollte stark sein, ich dachte zwar nicht darüber nach warum es mir so wichtig war, aber ich war Entschlossen – solange schon, wie meine Erinnerungen zurück reichen. Ich wollte immer eine Kriegerin werden, Anfangs in einer strahlenden Rüstung – Mutig, Stark und Beliebt und gefeiert natürlich. Es war ein Mädchentraum dem ich entschlossen entgegen arbeitete und lange Zeit nicht hinterfragte. Ich hatte schon eine vage Vorstellung von meiner Zukunft damals mit 14 Jahren. Meine Waffenzeit begann, eine Art Frohndienst für jeden 14 Jährigen bestand entweder in der Ausbildung an einer Waffe, in einem Handwerk, eine klerische Ausbildung sofern in Melduren möglich, oder außerhalb oder auch eine solide Grundausbildung in der Magie. Es gab Zweige wie Sand am Meer, ob im Handel, der Kunst, sogar im Münzwesen und Verwaltungszweig, ich hatte mich für die Ausbildung in der Stadtwache entschieden, wie Garus und Kromos, meine zweitältester Bruder Titus war bereits ein ausgelernter Schmiedegeselle bei meiner Mutter und Czesare war unentschlossen noch zwischen Kriegsdienst und Jagdrotte. Es gab nicht viele Mädchen im Kriegsdienst, die meisten schlossen sich, wenn sie als wild galten der Jagdrotte an, in meiner Einheit waren wir zu Zweit dafür gab es in vielen Einheiten gar keine Mädchen.

Jedes Jahr zur Tag und Nachtgleiche gab es drei Tage lang ein Fest, wo die ganze Stadt geschmückt wurde mit Weintreben, bunten Fahnen, Tannenzweigen, Misteln und Zapfen und allerlei Stoffen. Es gab Märkte, Handwerkerwettbewerbe, Kunstausstellungen, Turniere, Pferderennen, Fuchsjagdten, Tanz und Ausschank wo immer man mit Weinreben schmückte. In jeder Gasse war dann Trubel. Zu den Turnieren trat man in Rotten an. Jeder Kommandant gründete eine Rotte und wählte aus jedem Jahrgang einen aus. In dem Jahr als ich Begann und ein Frischling war, hoffte ich sehr darauf von gewählt zu werden. Sie war die einzige Kommandantin, ein oft siegreiche Adorianerin die nur Weiber in ihre Rotte wählte, doch sie wählte mich nicht, sie wählte eine Andere aus, ich wurde gar nicht aus gewählt. Ich war dazu verdammt gewesen das Turnier vom Rand aus zu beobachten und tat dies auch nur, weil ich Kromos Ehre erweisen wollte und sehen wollte wie Garus sich schlägt. An diesem Tag zerschlug mein Mädchentraum, mir wurde klar, dass ich weder gefeiert, noch beliebt sein musste, um eine großartige Kämpferin zu sein. Ich wollte nur einfach hervorragend sein, so gut dass ich eines Tages mal Arla herausfordern konnte, die fast hätte meine Mutter sein können und somit über doppelt soviel Erfahrungen an den Waffen aufwarten konnte als ich an Lebensjahren zu diesem Zeitpunkt. Doch war ich schon immer recht Ehrgeizig gewesen. Demut ist eine Tugend mit der ich noch heute hadere, doch dazu komme ich noch. Ich war ehrgeizig, ehrgeizig und entschlossen. Ich kämpfte bald unter dem besten Kämpfern meiner Einheit und dies erfüllte mich großen Stolz. Mein Vater hatte mir oft erklärt, dass ich erst mit dem Alter und der Erfahrung das Quentchen Kraft überbrücken kann, dass die Frau vom Manne trennt und dank meiner Brüder war ich jederzeit bereit gewesen diese Erfahrungen immer wieder auf die Probe zu stellen.

Als ich 15 wurde, trat das Mädchen, dass im Jahr zuvor noch in Arlas Rotte kämpfte aus dem Kriegsdienst in den Wirtschaftsdienst und lernte einen Hof zu verwalten. Sie hatte sie verliebt und es war gegenseitige Liebe. Beide wollten später heiraten, er erbte einen Hof als Sohn, hatte sich selbst aber für den Kriegsdienst entschieden. Dass sie ihren Weg für ihn aufgab war mir unverständlich, mir kam keine einzige Situation in den Sinn, die mich auf diesen Gedanken brächte. Doch werde ich nicht vergessen wie sehr mich das bewegt hatte. Manche Dinge lerne ich sehr langsam und sich jemand anderem Unterzuordnen, weil man an diesen Jemand glaubt gehört zu einer sehr späten Lektion die ich lernte als ich mein 3. Jahrzehnt überschritt. Es ist eine Lektion die sehr lange bei mir reifen musste. In diesem Jahr baute ich reichlich an Masse auf, trieb mich fast ebenso viel mit den Jungs rum wie die anderen Mädchen, doch für sie war ich immer eine von ihnen. Sie sprachen über die anderen Mädchen vor mir, was sie gern mit ihnen tuen wollten. Welche Qualitäten sie an den Mädchen bevorzugten. Eine Litanei die bis heute kein Ende fand und selten konnte ich behaupten, dass ich auch nur mehr als eine Qualität besaß, während andere Mädchen volle 10 Qualitäten erreichten. 10 von 10 sagten sie immer. Ich war maximal eine Zwei. Ehrlichkeit war die Qualität die ich immer besaß und ihnen meist wichtig war, und für manche besaß ich ein hübsches Gesicht zumindest wenn ich lachte, doch auch das ist lange her. Es war ein seltsames Jahr. Wenn mein Mondblutung einsetzte geriet ich in Wut und Zorn, wenn sie mich damit triezten, in den anderen Wochen war ich meist froh eine Eins zu sein. Im Spätsommer diesen Jahres hatte ich mich so oft geprügelt und geschlagen, dass ich nur noch selten geärgert wurde mit meiner Zwei. Es kann auch daran liegen, dass sich mir jemand angenähert hatte, den ich gut fand. Borus hieß er, war zwei Jahre älter als ich und er bewunderte mich. Er hatte eine Vorliebe für kriegerische Frauen, das heizte seinen Ehrgeiz an wie Garus immer sagte. Zwischen Borus und mir passierte aber nicht viel. Er kannte meine Brüder Garus und Kromos und behandelte mich mit viel Respekt. Mit ihm lernte ich meinen Körper auch anders wahr zu nehmen, was mir zwar zu jenem Zeitpunkt keinesfalls geheuer war und ich es ablehnte, doch seine Wünsche machten mich zumindest etwas neugierig. Bevor jedoch diese Neugier ausuferte kam der Angriff der Invasoren.
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