10.06.2006, 16:10 |
|
|||
Reisender
Registriert seit: 30 May 2005
Beiträge: 83
|
... Es gab vor langer Zeit einmal ein junges Rabenmädchen, es hatte niemanden mehr, war ganz allein ohne Eltern, ohne Familie, ohne Freunde. Über die vielen einsamen Jahren, verlernte sie ein Rabe zu sein.
Es waren Jahre vergangen, als sie einen anderen Raben in ihrem Wald entdeckte. Sie war neugierig und flog zögerlich immer näher, doch war ihre Furcht vor dem Neuem und Fremden sehr gross. Sie war mittlerweile zu einer jungen Rabendame herangewachsen und der fremde Rabe wollte sie gern kennenlernen, ihr nahe sein. Es mögen einige Tage vergangen sein, bis die einsame Rabendame ihn neben sich auf dem gleichen Ast duldete. Ja, sie genoss sogar auf seltsamer Art die Zeit mit dem fremden Raben. Viele Erinnerungen stürmten auf die junge Rabendame ein, als der fremde Rabe ihr zärtlich das Gefieder putzte. Sie erinnerte sich an schmerzliches und schönes. In der nächsten Zeit lernte sie vieles, was sie über die Jahre vergessen hatte. Die beiden flogen mal hier hin, mal dort hin. Eines Tages flogen sie sogar viel weiter als sonst und trafen auf eine riesige Ansammlung von Raben. Es war laut und beängstigend, doch sie blieb dicht bei dem anderen Raben. Noch immer war sie viel zu wild, zu scheu und misstrauisch, nur ihm gestattete sie in ihrer Nähe. So kam der Augenblick, dass sie wieder in ihren Wald zurückfliegen wollte, doch der andere Rabe wollte, dass sie beide bei den anderen blieben. Panik schnürrte ihr die Kehle zu - nein, das konnte sie nicht! So flog sie tief traurig allein zurück in den Wald, dort kannte sie jeden Ast, jedes Blatt, dort war sie zu Hause. Der andere Rabe kam sie noch einmal besuchen und kehrte danach nie wieder. Aus der einsamen Rabendame wurde ein noch trauriger Rabe, die sich nach Nähe sehnte und sie noch stärker fürchtete als je zu vor. Hin und wieder flog die Rabendame zu den grossen Schwärmenansammlungen, um sie zu beobachten, ihnen nah zu sein, wenn auch nur aus Sichtweite. Eines Tage landete nahe bei ihr eine Eule, sie lernten sich langsam kennen und über die Jahre wurden die beiden Damen Freunde. Doch in all der Zeit, welche die beiden hin und wieder etwas Zeit miteinander verbrachten, war die Rabendame immer darauf bedacht Abstand zu wahren und stets zum Abflug bereit zu sein. Nach jedem Besuch bei der Eule flog sie abends stets in ihre Einsamkeit zurück und hoffte eines Tages nicht mehr den Wunsch zu haben mit der Eule ein wenig Zeit zu verbringen und die anderen Raben zu beobachten. Ihr Wunsch wurde immer stärker nach der Zeit, als sie dies alles nicht kannte und hatte. Sie wollte für immer allein in ihrem Wald herumfliegen. Sie war hin und her gerissen nach etwas was sie verlernt hatte und nun greifbar nahe war und doch für sie unerreichbar... Konnte er sie jetzt verstehen, nachdem sie diese Geschichte erzählt hatte? Sie blickte ihn ungläubig und abwartend an. Traurigkeit lag in seinem Blick, als er sie ansah. Sie mochte sein weisses Haar mit den Glöckchen und sie mochte ihn. Doch ängstigte sie auch sein Gesuch nach ihrer Nähe. Die Geschichte war nur ein kleiner Teil, was sie ausmachte. *** Nadirah, die in ihrer Geschichte die Form der Eule bekommen hatte, kehrte zu ihnen zurück. Doch was war das? Sie hatte ihr Schwert gezogen und sprach beim langsamen näherkommen wieder in seltsamer Bildersprache. Aralias Nackenhaare stellten sich alamierend auf, als Nadirahs Schwert ihr zu nah kam. Rasch stand sie von dem Stuhl auf und zog ihr Schwert. Ungläubigkeit und Wut wechselten sich in ihren Augen ab. Sie hatte Isfrael ihr Wort gegeben, ihn zu beschützen. Was ging nur in Nadirah vor?! Warum bedrohte sie nun ihre Freundin und Isfrael? Doch zum Nachdenken war keine Zeit... Etwas zerbrach in Aralia. Hatten sie nicht oft Seite an Seite gekämpft, sich auf den anderen in voller Gänze vertraut? Nadirah war die einzige gewesen, der Aralia ihren Rücken jederzeit ungeschützt zuwenden konnte, doch das würde sie niemals mehr tun. "Du solltest ihr nachgehen!" Meinte Isfrael eindringlich, nachdem Nadirah weggerannt war. "Nein!" War ihre knappe, aber deutliche Antwort. Ihre Gedanken rasten, nur langsam beruhigte sie sich wieder, während er auf sie einredete, ihr versprach, das sich alles aufklären wird, er mit Nadirah sprechen würde. Er konnte gern mit ihr reden, doch für Aralia waren die Gründe für Nadirahs tun nebensächlich, da ihr Vertrauen zerstört war, ja womöglich sogar ihre Freundschaft. "Verflucht! Jetzt muss ich mit meinem Zelt umziehen. Nadirah hatte durch einen Trick herausbekommen, wo ich lebe." Durch sein eindringliches Bitten, damit zu warten und weil es schon so spät war; erklärte sie sich damit einverstanden, dieses Vorhaben noch etwas hinauszuschieben. *** Kurz bevor sie sich von ihm verabschiedete, wurde ihr mit einem Schlag bewusst, das Isfrael sich über Aralia lustig machte, ob absichtlich oder nicht, war ihr noch nicht klar. Er hatte sie gebeten ihm Schutz zu geben, über ihn zu wachen und sie wollte es für ihn tun. Doch sein schmunzeln, seine Stimme machte sie stutzig. Er bedarf überhaupt keinen Schutz, er kann sich sicher sehr gut selbst schützen. "Du brauchst mich eigentlich gar nicht, stimmt es?" Spricht sie ernst. "Natürlich brauche ich dich!" Geht dabei etwas näher auf sie zu. "Du kannst sicherlich auf dich ganz gut allein acht geben." "Das glaubst auch nur du... Vielleicht, kann ich körperlich auf mich achtgeben. Aber wer beschützt meine Seele, mein Herz?" "Deine Seele, dein Herz? War es das was ich vorhin beschützt habe?" Blickt ihn aus ungläubigen Augen fragend an. "Ja hast du und das hast du verdammt gut gemacht!" Lange blickte sie ihn nachdenklich an. "Wie kann ich so etwas beschützen?" "In dem du bei mir bist, mich mit deiner Nähe beschützt, indem du einfach für mich da bist." "Ich weiss nicht, ob ich das kann..." Schüttelt leicht den Kopf. "Doch ich glaube, dass du das kannst... Ich glaube, das ist es was manche Liebe nennen." Spricht er immer leiser werdend und lächelt sie an. "Manche?" "Ich zum Beispiel!" |
|||
|