08.06.2012, 18:07 |
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Reisender
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Titel: Garde und Gesellschaft
Autor: Xenaar Für Lahandria [NewPage] Wozu dienen eine Gerde und deren Gardisten? Lasst mich dem geneigten Leser diese Frage zu Anfang dieses Buches stellen. "Meist dazu, einem edlen Recken den Weg zu versperren und sich - natürlich einzeln hintereinander - umbringen zu lassen", wird man mir zu großen Teilen und ohne zu langes Nachdenken antworten. "Oder dazu, armen, unschuldigen Leuten auf ihren Nerven herumzutrampeln, ständig wirr durcheinander zu laufen und bei der Verfolgung eines Verbrechers spätestens an der zweiten Straßenecke völlig außer Puste aufzugeben. Natürlich dürfen weder der dumme, fette Feldwebel, der ständig krumme Geschäfte macht, noch der herrische Kommandant fehlen, der die Stadt mit eiserner Faust im Würgegriff hält und das öffentliche Leben langsam, aber sicher zu erdrosseln droht. Finstere Kerker lauern unter dem Wachhaus, vom Schreien und Stöhnen gequälter Insassen durchdrungen. Ketten klirren, schimmeliges Brot und fauliges Wasser werden als gesunde Ernährung der Gefangenen angesehen. Bis eben besagter Held erscheint und diesem unerträglichen Zustand ein Ende bereitet." Nun, die letzten Sätze treffen sicherlich auf die eine oder andere Garde zu. Allerdings auch auf so manchen König. Aber sollte jener sein ganzes Land in seinem Würgegriff halten, ist dies völlig legitime Tyrannis. Schließlich erwartet man so etwas von jemandem, der den lieben langen Tag nichts weiter zu tun hat, als zu überlegen, wie er seine Schatzkammer in einen Goldregen tauchen könne, der einen ausgewachsenen Drachen neidisch machte. Ein Kommandant einer Garde sollte sich diese Art von Despotie allerdings verkneifen, da es sonst durchaus vorkommen kann, dass sich Leute mit Dreschflegeln, Sensen und Heugabeln vor seinem Quartier versammeln. Und da dieses, im Gegensatz zu einem königlichen Palast, meist keinen geheimen Ausgang besitzt, könnte dies eine recht schmerzhafte Einführung in die verschiedenen Arten landwirtschaftlicher Gerätschaften bedeuten. Eine Garde sollte darauf bedacht sein, die ihrem Schutz anvertrauten Leute nicht zu sehr durch Überinterpretation der geltenden Gesetze gegen sich aufzubringen. Doch gleichzeitig muss sie vermeiden, zuviele Augen zuzudrücken, wenn es um die Einhaltung der von der Obrigkeit aufgestellten Spielregeln geht. Sonst könnten sich Zustände entwickeln, in denen es der Gesundheit eines Gardisten sehr zuträglich wäre, schon vor der ersten Ecke völlig außer Puste aufzugeben. Und dann benötigt man keine Garde mehr, um Ordnung zu schaffen, sondern ein ausgewachsenes Heer. So sollte eine Garde also einen gesunden Mittelweg finden, der einerseits genügend Freiheit gibt, dass Personen nicht für immer sofort im Kerker verschwinden, nur weil jemand vielleicht versehentlich zu wenig Wechselgeld herausgegeben hat oder sich jemandes Nachbar - die beiden konnten sich noch nie leiden - seinen Fuß verletzte, weil er ihn zufällig an der Stelle stehen hatte, an der die schweren Barren abgelegt wurden. Auf der anderen Seite hat eine Stadtgarde schnell durchzugreifen, um Straftaten - beziehungsweise die Versuche einer solcher - so schnell wie möglich verhindern oder ahnden zu können. Zum Beispiel Personen, welche Waffen an Orten umherschwingen, an denen sie es nicht sollten, sehr deutlich zu machen, dass dies schnelle und unangenehme Konsequenzen nach sich ziehe. "Ein langes, spitzes Schwert? Welches lange, spitze.. Oh, DIESES lange, spitze Schwert? Nun, ähm, das dient nur dazu, um Äpfel zu schälen. Und man kommt damit besser an die höher hängenden Früchte heran. Garwin hier hilft mir nur beim Pflücken, nicht wahr?" Wenn sich allerdings zwei Personen zum Beispiel über den Verlauf einer Grundstücksgrenze streiten, ist dies kein Fall für eine Garde, sondern für einen guten Advocatus. Zu einem Fall für die Garde wird es dann, wenn besagte Personen bei ihrem Streit beginnen, sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Schwierig wird es jedoch für eine Garde, wenn die hohe Obrigkeit oder auch die reiche Oberschicht - die das Recht sowieso eher als eine Ware wie Kohlen oder Kartoffeln betrachten (man bestellt es sich, wenn man es benötigt) - die bestehenden Gesetze für sich selbst oder ihnen nahestehende Persönlichkeiten beugen oder außer Kraft setzen (lassen). Denn dies wird der Garde den Ruf einbringen, nicht alle gleich zu behandeln. Dass dies nicht von ihr ausgeht, wird von den erbosten Bürgern nur selten beachett werden, da das, was die Garde tut, am ehesten sicht- und greifbar ist. Nicht, dass der einfache Bürger dies nicht von den Reichen und Mächtigen (oft fällt beides zusammen) erwartete (er wäre wohl eher enttäuscht, passierte dies nicht), doch die Leidtragenden sind die Gardisten, die sich gefallen lassen müssen, dass man sie bezichtigt, mit zweierlei Maß zu messen. Solcherlei Maß anzulegen fiele der Garde ja nicht schwer, so eben jene, dies von ihnen verlangen, nur gut genug bezahlten. Doch auch dies ist manchmal nicht der Fall. So beginnen Gardisten also, auf anderer Ebene mit zweierlei Maß zu messen: Wer es sich leisten kann, geht straffrei aus. Mit einer Garde verhält es sich in diesem Fall nicht anders als mit einem Kind: es ahmt seine "Eltern" nach. Wer sollte es ihr verdenken? Nun, die Stimme der Besitzlosen zählt in diesem Fall natürlich nicht. Bestechlichkeit wird als ein Problem vieler Stadtgarden angesehen, obwohl die meisten von ihnen behaupten, damit überhaupt kein Problem zu haben, solange die Summen nur angemessen groß seien. Schließlich hat eine Garde auch zum Teil nicht unerhebliche Ausgaben. Sold und Ausrüstung ihrer Mitglieder sind zu bestreiten, ab und zu muss ein im Übereifer des Dienstes "auf unerklärliche Weise" verwüstetes Haus wieder instandgesetzt werden und ähnliche Dinge. Die Herrscher, die solche Garden ins Leben rufen, vergessen nur allzu oft, dass sich deren Loyalität zu einem nicht unerheblichen Teil auf regelmäßige und angemessene Soldzahlungen gründet. Sollten diese nicht der Arbeit und den Aufwänden der Garde entsprechen, verlieren Werte wie Recht, Ordnung, und insbesondere eben Loyalität rasant an Boden. Denn eine Garde, deren Kasse mehr Löcher aufzuweisen hat, als das Gebiss eines Achtzigjährigen, wird alles daran setzen, diese Lücken zu füllen. Da von oben keine Hilfe zu erwarten ist, besorgt man sich den fehlenden Ausgleich eben von unten. Denn die Unterschicht ist der gemeinsame Feind von Garde und Oberschicht - sie nörgelt ständig herum, besitzt im Allgemeinen nichts (mehr), dass es sich zu holen lohnt (aber es ist erstaunlich, was Daumenschrauben für versteckte Summen offenbaren können) und geht einem überhaupt ständig auf die Nerven. Dementsprechend werden sich die Oberen der Gesellschaft auch nicht beschweren, denn dadurch nimmt die Garde ihnen einiges an Arbeit ab - und sie kommt nicht auf dumme Gedanken, da sie beschäftigt ist. Jedoch wie gesagt, auf Kosten des Glaubens an die, die der Garde eigentlich mit bestem Beispiel vorangehen sollten. Was ist zu tun, frage ich, um zu verhindern, dass eine Garde "außer Kontrolle" gerät? Ihr sollte bewusst sein, dass sie den geltenden Gesetzen verpflichtet ist. Zu beurteilen, ob diese "gut" oder "schlecht" (in Bezug auf moralische Vorstellungen und ähnliche unwichtige Dinge) sind, obliegt nicht der Garde - im Allgemeinen kennt jemand, der Gardist werden will, diese Gesetze zumindestens in ihren Grundsätzen und kann danach entscheiden, ob er sie vertreten möchte. Sollten die Gesetze eher despotischer Natur sein, wird die Oberschicht schon dafür sorgen, dass die Gardisten zumindestens ab und an angemessen entlohnt werden (und sei es durch die Erlaubnis, willkürlich gegen die Bevölkerung vorzugehen) - damit sie sich nicht auf die Seite der Unterdrückten stellen. Das Risiko ist sonst zu groß, neben der Einführung in die Landwirtschaft auch noch auf eher unangenehme Art in Waffenkunde eingewiesen zu werden. Doch auch "gute" Gesetze müssen nicht unbedingt eine "gute" Garde nach sich ziehen. Denn wenn diejenigen, die diese Gesetze gemacht haben, diesen (und denen, die sie schützen sollen) gleichgültig begegnen, wird das nicht unbedingt zur Stärkung dieser Lex beitragen. Die Garde wird, wie bereits an früherer Stelle angemerkt, oft das Verhalten der Gesetzgeber (von diesen hängt sie schließlich ab) kopieren und sich damit vielleicht mehr und mehr von den Gesetzen lösen, die vielleicht gut gemeint, aber schlecht umgesetzt wurden. Auch sollten Gesetze und Vorschriften nicht zu eng gefasst sein, da dies eine Beurteilung durch den "gesunden Verstand" (eine Einrichtung des Gehirns, die erstaunlicherweise bei vielen meist dann versagt, wenn sie dringend gebraucht wird) einschränkt oder gar unmöglich macht. Denn nichts bringt einer Garde Positiveres als (im Falle eines angemessenen geringfügigen Vergehens natürlich) zu sagen: "Gut, für diesmal ist's in Ordnung, aber merk's Dir!" So sollte eine Garde also, um zu meinem Ausgangspunkt zurückzuschwenken, unbedingt die Gesetze beachten, die sie vertritt und sie sollte sie gegen ausnahmslos jeden vertreten. Denn dies bringt auch die in Zugzwang, die diese Gesetze erschaffen haben, aber der Meinung sind, diese selbst nicht so genau nehmen zu müssen. Natürlich besteht dadurch das Risiko, dass die Führung der Garde als unbequem empfunden und abgemahnt oder gar ausgetauscht wird. Doch sollte dies kein Grund sein, die Oberen nicht darauf hinzuweisen, dass sie im Besonderen als Vorbild und Richtlinie für viele Einwohner eines Landes dienen. Eine Garde, die sich streng an die Gesetze hält, wird denen, die ihrem Wirkungskreis unterliegen, stets das Wissen geben, sich innerhalb des Spielraumes derselben sicher bewegen zu können. Zum Schluss sei dem Autor die Anmerkung erlaubt, dass diese Schrift nicht den Anspruch erhebt, allgemeingültige Wahrheiten zu verkünden. Es ist einzig eine Sammlung von Beobachtungen und Gedanken und soll lediglich zum Nachdenken und Diskutieren anregen. |
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