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Alt 04.07.2013, 22:38
der Weg ist das Ziel...
#1
Icen Deliar
Reisender
 
Registriert seit: 04 Jul 2013
Beiträge: 57
Seit sie sich auf dem Stuhl in ihrer kleinen Kammer nieder gelassen hatte, zogen sich die Momente zäh dahin. Sie schaute abwechselnd zu dem Buch auf dem Tisch vor sich und zum geöffneten Fenster durch welches man in die Nacht hinaus und über die Dächer der anderen Häuser sehen konnte. Das Zirpen von Grillen zu ihr ins Zimmer herein und war diesem Augenblick ein so stetiger Begleiter, dass sie das Geräusch beinahe nicht mehr bewusst wahrnahm. Schließlich fiel ihr Blick wieder auf das Buch zurück, daneben das Tintenfass und die Feder und nach einem letzten vertieften Atemzug, neigte sie sich etwas mehr über den Tisch, ergriff die Feder und begann zu schreiben...

Dieses Buch handelt über mein Leben in Britain...
Vielleicht geht es sogar darüber hinaus oder...weit zurück.
Ich erhielt es bei meinem Eintreffen an diesem Ort und nahm es mit erhobenen Brauen entgegen. Es lag danach unberührt in meiner Truhe und ich glaubte es höchstens einmal als Brennmaterial zu verwenden.
Doch nun sitze ich hier mit Feder und Tinte, denn die Ereignisse der letzten Tage haben mich doch sehr bewegt.
Ich fürchte, es gehört dazu noch etwas über mich persönlich zu schreiben...mein Leben begann schließlich nicht erst mit dem Durchqueren dieser Stadttore...

Geboren wurde ich in einem kleinen Dorf in Finnland, als fünftes von acht Kindern und einziges Mädchen. Unsere Mutter starb nach der Geburt des letzten Kindes. Doch wir erzählten unserem jüngsten Bruder immer, dass sie an einer Lungenentzündung gestorben sei noch ehe er selbst sein erstes Wort habe sprechen können. Nie hat sich jemand von uns verplappert und selbst im Zorn aufeinander hat nie jemand daran gedacht das Geheimnis auszusprechen und ihm damit das Herz zu brechen.
Unser Vater, ein Jäger, war ein kräftiger und sehr gutmütiger Mann. Eine raue Schale mit einem weichem Kern, wenn man es so sagen will und er ist immer sehr geduldig mit uns umgegangen. ich denke, ich kann behaupten, dass ich eine schöne Kindheit hatte. Mir wurde vieles beigebracht und meine Brüder sorgten neben dem Schutz ihrer einzigen Schwester auch dafür, dass sie in gewissen Dingen abgehärtet wurde. Sicher traf ich dadurch oft nicht die Vorstellungen, welche andere Menschen von einem Mädchen hatten.
Ich habe dieses Leben genossen bis zu dem Tag, an dem unser jüngster Bruder verschwand. Zuvor hatte es sich ereignet, dass unser Vater auf der Jagd verletzt wurde. Ein Keiler hatte ihm den gesamten, linken Oberschenkel aufgerissen und die Wunde heilte sehr schlecht. In den ersten Tagen bekam er immer wieder Fieber und die Wunde war entzündet.
Bereits in den Tagen davor war unser besagter Bruder immer stiller geworden. Saß da und starrte umher...ging fort und kam erst sehr spät am Abend oder manchmal sogar erst am darauf folgenden Tag zurück.
Bis er gar nicht mehr wieder kam.
Die darauf folgende, verzweifelte Suche und die Tatsache, dass uns unser Vater wegen seines Zustandes nicht unterstützten konnte, grämte diesen sehr. Das jede Suche über Tage hinaus schließlich erfolglos blieb, war wohl die Ursache dafür, dass Vater sich völlig verlor und aufgab. Wir begruben ihn neben unserer Mutter...

Von da an veränderte sich alles. Unser Zusammenhalt und das Vertrauen zueinander blieb noch immer bestehen, doch ein jeder von uns schien auf seine Weise geprägt von dem was geschehen war.
Auch wenn uns die Gedanken, sich voneinander zu lösen, jedem ein merkwürdig zerrendes Gefühl bescherte, wussten wir doch, dass es unvermeidlich sein wird. Jeder von uns würde seinen eigenen Weg anstreben. So geschah es auch nach und nach.
Obwohl mir allein bei dem Gedanken das Herz schmerzte, entschied ich mich dafür das Dorf zu verlassen.
Die ersten Schritte, die mich von diesem Ort weg führten, kamen mir merkwürdig schwer vor und ich spielte sogar mit dem Gedanken wieder umzukehren. Dort zu bleiben, wo ich aufgewachsen war. Einen Ort, der mir Sicherheit gibt, weil er mir vertraut ist...
Aber vielleicht hätte ich dann nie wieder die Chance ergriffen. Vielleicht würde ich dann nie wieder so weit kommen wie diese wenigen Kilometer hinaus aus diesem Dorf. So wurden meine nächsten Schritte, die mich weiter und weiter weg führten beinahe wie eine Flucht vor der Möglichkeit, dass mir der vertraute Ort am Ende zu einem Gefängnis wird.
Denn nichts auf der Welt war und ist schlimmer für mich, als eingesperrt zu sein...

Der erste Teil meiner Reise war kaum der Rede wert...
Von meinem Vater und meinen Brüdern hatte ich gelernt soweit für mich zu sorgen, dass ich zurecht kam und wenn mein Weg mich durch Dörfer führte, fand ich meistens kleinere Aufgaben mit denen ich mir etwas Geld verdienen konnte. Sicher hört es sich für viele einfach an doch das war es auf keinen Fall immer. Dass das Leben nicht einfach ist, war für mich keine Überraschung und das wird auch jeder andere selbst wissen.

Schon zu dieser Zeit hielt es mich nirgendwo lange.
Seit ich unser Dorf verlassen hatte, schien es mir, als wolle ich nirgends mehr bleiben. Aus Angst, etwas könnte mich dort fesseln.

Auf meinem Weg lernte ich vieles.
Vor allem aber lernte ich andere Menschen kennen...
Einer davon war Aiden. Er war ein junger Mann mit dunklem Haar welches ihm stets zu allen Seiten seines Kopfes ab stand. Sein Herz war wild und ebenso freiheitsliebend wie meines. Ständig brachte er sich in irgendwelche brenzligen Situationen, was ich bereits am ersten Abend feststellte, als ich die Tür zu einem Gasthaus öffnete und er mir mehr oder minder entgegen geworfen wurde.
Wir landeten beide auf der schmutzigen Straße.
Ich trat ihn von mir herunter und er sprang auf, klopfte sich oberflächlich den Schmutz ab und maulte so etwas wie: ,,Steh mir nicht im Weg du blöder Kerl!" Mir blieb zunächst der Mund offen stehen und als er seinen Irrtum bemerkte, half er mir rasch auf. Er sah an mir entlang, doch anstatt einer Entschuldigung hörte ich nur wie er sagte:
,,Ist doch kein Wunder, dass man sich täuscht. Du bist so flach, bei dir kann man Vorn und Hinten nicht unterscheiden..."
Dieser Drecksack...
Aber zur Entschädigung lud er mich doch noch ein, in einer Taverne zu speisen...in einer anderen versteht sich. So lernte ich Aiden Faeralan kennen. Eigentlich wollten wir unsere Wege nur ein kleines Stück miteinander teilen. Doch ohne, dass wir es offiziell besprochen hatten, blieben wir von da an Reisegefährten.

Aiden war von der Sorte Überlebenskünstler.
Er hatte nichts wirklich gelernt und konnte trotzdem beinahe alles.
Außerdem war er unglaublich wagemutig und neugierig, was uns immer wieder in Situationen brachte, aus denen wir nur knapp mit einem blauen Auge davon kamen. ich brachte ihm das Spuren lesen bei so wie er mir Bogenschießen. Bald begannen wir damit, Handelskarawanen durch Wald- und Berglandschaften zu führen oder vermisste und gesuchte Personen ausfindig zu machen. Letzteres erinnerte mich immer wieder an meinen vermissten, kleinen Bruder...
Da es Aiden ebenso wenig lange an einem Ort hielt wie mich, setzten wir unseren Weg nach gewisser Zeit immer weiter fort.
Dabei lernten wir vieles kennen und erlebten Dinge, die ich hier nicht detailliert erzählen möchte, denn ich schreibe nun ohnehin schon länger in diesem Buch als ich es eigentlich vor hatte.

Jetzt komme ich auch endlich zu dieser Stadt. Britain.
Hin und wieder trennten sich Aiden und ich voneinander um unsere Wege ein Stück allein fortzusetzen und dann wieder irgendwo zusammen zu finden.
Diese tage allein waren uns, glaube ich, beiden sehr wichtig. ich habe über Aidens Vergangenheit nie viel erfahren. Doch die Spuren auf seinem Körper und die Momente in denen er merkwürdig trübselig war, sprachen davon, dass sie nicht leicht gewesen sein konnte.
Immer dann, wenn wir an den vereinbarten Orten wieder aufeinander trafen, schien er wie...neu geboren und nicht zu brechen.

Nun sollte Britain ein solcher Ort des "wieder Zusammentreffens" werden...nun bin ich hier, doch Aiden lässt auf sich warten...
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Alt 05.07.2013, 11:47
#2
Icen Deliar
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Für mich war diese Stadt, wie jede andere, bedeutungslos.
Doch das lange Warten auf meinen Begleiter verschaffte mir natürlich die Möglichkeit,
hier einiges aus der Nähe kennen zulernen. Ich schnappte Gerüchte auf, wie es sie in
jeder anderen Stadt gibt. Manche von ihnen bestätigten sich mir durch Zufall und bisher
konnte ich mich auch gut zurückhalten, der Neugier und dem Forschungsdrang womit mich Aiden angesteckt hatte, nachzugeben...

Was mir Sorgen macht ist, dass ich hier einigen interessanten Menschen begegnet bin.
Darunter sind auch ein paar, die mir gefährlich sympathisch sind...
Vor allem aber habe ich den Eindruck erhalten, dass Britain die Stadt der Magier und Hexer ist.
Noch nie zuvor sind mir so viele von diesen Magiebegabten Menschen begegnet wie hier!
Jene, die mir zuvor auf meiner Reiser über den Weg gelaufen waren, redeten eindrucksvoll über sich und entpuppten sich darauf hin oft nur als Betrüger oder große Redner.
Doch hier habe ich die Magie beobachten, erleben und spüren können...
Menschen die zu, für mich vorher, unfassbarem in der Lage sind.
Die Dinge können, welche für mich beinahe ängstigend sind.

Besonders die Begegnung mit dem letzten Beschwörer wird mir wohl auf ewig gut in Erinnerung bleiben. Ein junger Mann, welcher bereits mit seinem Auftreten den Eindruck auf mich machte, als müsse ich ihm Respekt zollen, obwohl er die Ruhe selbst zu sein schien.
Gemeinsam betraten wir die Gewölbe unter dem Friedhof. Dorthin hatte es mich oft verschlagen um den Kampf mit dem Bogen zu verfeinern. Doch nach diesem Erlebnis bin ich von mir noch weniger überzeugt als zuvor.
Jener Mann beschwor einen riesigen Bären, welcher für ihn alle Kreaturen die ihm im Weg standen nahezu auseinander nahm. Ich hatte zuvor schon Begegnungen mit solchen Beschwörern dort unten gehabt und ähnliches beobachten können.
Doch diesmal erschien mir hinter den Hieben und dem Gebrüll des Bären so viel Brutalität, dass es mich...einfach einschüchterte wärend der Beschwörer des Bären selbst nahezu gelangweilt schien...
Ich schaffte es kaum eines der Kreaturen zu erledigen ehe schon dieses riesige, haarige Vieh dabei war es vor meiner Nase zu zerfetzen und ehe ich mich versah, ging der Bär auf mich los.
Ein riesiges Ungetüm, bestehend aus Muskeln, Zähnen und Klauen. Es streckte mich nieder und tatsächlich war ich für einen...längeren Moment ausgeschaltet.
Ich kam mir so schrecklich unnütz vor und als könne ich gar nichts.
Alles, was ich vorher im Kampf immer angewandt hatte, kam mir plötzlich albern vor und mich plagten Zweifel. Dieses Erlebnis war die reinste Erniedrigung für mich und gleichzeitig kam es mir...faszinierend vor, dass es Menschen gab, die in der Lage waren so etwas zu vollbringen.

Am selben Abend noch traf ich in der Taverne zum lachenden Tala auf eine der Personen, die mir begannen ans Herz zu wachsen. Kyra war in meinen Augen ein sehr hübsches Mädchen. Sie wirkte auf mich bisher immer irgendwie zart und gleichzeitig merkte ich in ihr Stärke und eine Härte, die man ihr gewiss nicht zutrauen würde. An diesem Abend aber mache sie auf mich einen verstörten Eindruck. Ihr Anblick und die Art und Weise wie sie versuchte meinem Blick auszuweichen...Ich konnte es nicht unterdrücken, ihr etwas Trost spenden zu wollen.
Mir war klar, dass ich damit gegen eine Regel verstieß, die ich mir selbst setzte.
Binde dich nicht an Menschen auf deinem Weg, denn sie könnten zu deinen Fesseln werden.
Aiden war damals für mich eine Ausnahme und ich spürte ja jetzt, wo mich das hinführte.
Doch sie tat mir so leid und gleichzeitig hasste ich den Gedanken daran, dass irgendetwas das Lächeln dieses Mädchens trüben konnte.
Nachdem ich Kyra verliess, starrte ich noch lange schlaflos an die Decke meines Zimmers.
Ich fand es so falsch von mir, sie schon zurück zu lassen...obwohl sie zu dem Zeitpunkt noch einen Freund an ihrer Seite hatte. Trotzdem kam es mir nicht richtig vor und obwohl ich ihr versprach, für sie da zu sein, schämte ich mich nicht mehr getan zu haben. Gleichzeitig grämte es mich, dass ich so viel zugelassen hab...

Etwa eine Nacht darauf geschah etwas, was ich selbst nicht wirklich verstehen konnte.
Ich liebte es schon immer die Nacht für Spaziergänge zu nutzen.
Die Luft, die Geräusche....alles erschien mir dann immer sehr viel angenehmer.
Wahrscheinlich wird sich das nun etwas ändern. Ich vermag nicht zu beschreiben, was genau passiert war, doch...ich hatte eine Begegnung die mich in Zukunft vorsichtiger sein lässt.
Es war so seltsam, das Gefühl zu haben...man könne sich nicht bewegen, man hätte sich kaum unter Kontrolle. Selbst das bloße Zerren an meinen Armen, hat mich so viel an Konzentration gekostet, dass mir alles andere ausweglos vorkam...
Wie hilflos und schwach ich war. Dieses Gefühl zu erkennen, wie zerbrechlich ich eigentlich bin.
Wenn ich die Augen schließe, kann ich seinen Atem immer noch spüren und der Gedanke daran lässt mich erschaudern.
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Alt 06.07.2013, 11:32
#3
Icen Deliar
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Gedankenverloren tasten ihre Finger über ihre Halskette, fahren sie langsam nach.
Dabei ist ihr Blick wieder auf das Buch vor sich gerichtet und sie denkt über die richtigen Worte nach, die all jenes was sie dachte und fühlte am besten beschreiben konnten.


Es wird mir nicht gelingen, das was in mir vorgeht, in Worten auszudrücken.
Ich kann einzig treffend sagen, dass es ein einziges hin und her reißen in mir ist.
Feststehend ist, dass ich Aiden finden muss. Langsam mache ich mir doch ein wenig Sorgen um den Kerl. Denn so ein Irrwisch wie er auch sein mag, es passt einfach nicht zu ihm, so lange nichts von sich hören zu lassen. Ob da nun ein Mädchen mit im Spiel ist oder nicht.
Ich muss nach ihm suchen, den Weg, der ihn hätte hier her führen sollen aufnehmen und ihm entgegen gehen. Wahrscheinlich wäre er mir hier, nach dem was geschehen ist, zudem noch eine große Hilfe und...um ehrlich zu sein freue ich mich darauf sein blödes Grinsen zu sehen und ihn reden zu hören, als wäre jedes Problem auf der Welt gelöst wenn man sich nur mal richtig in die Hände spuckt.
Ich kann mir vorstellen, dass seine Art auch Kyra etwas optimistischer vorraus blicken lassen könnte. Irgendwie hat er einfach ein Talent für so etwas...

Kurz schließt sie die Augen und atmet vertieft durch, ehe sie weiter schreibt.

Es war mir schwerer gefallen, als ich dachte, Kyra zu sagen dass ich für ein paar Tage weg sein werde. Doch vielleicht deckt sich die Zeit mir der, in welcher sie ebenso bei Freunden verbringen wird. Und dann...?
Darüber wollte ich nicht näher nachdenken. Doch natürlich fragte sie mich, ob ich wieder kommen würde. Ach...allein, dass ich bei der Antwort zögerte, zeigt mir, dass ich mich schon mit allem hier angesteckt habe. Dann meine Antwort...nachdem ich sie aussprach, konnte ich es selbst nicht glauben dies gesagt zu haben und ich weiß nicht warum es mich einerseits so erleichtert und andererseits anfühlt, als würde sich etwas langsam um meinen Hals legen und immer enger werden.

Sie hält inne und ihre Hand zuckt in Richtung der Kette. Doch wieder gleiten nur ihre Fingerspitzen darüber...

Ich hoffe ein wenig, dass Aiden stark genug sein wird mich wach zu rütteln und mich mit sich zu nehmen..sei es verschnürrt über seiner Schulter. Denn so langsam habe ich das Gefühl ich werde das aus eigener Kraft kaum noch schaffen.

Nun legte sie die Feder bei Seite und streckte sich mit erhobenen Armen über dem Kopf, bog ihren Rücken durch ehe sie das Schreibzeug wieder aufnahm. Dabei wurde ihr Gesicht ernst...

Die Spuren von dem, was mit zugestoßen ist, lassen mich nicht aus ihren Klauen.
Eigentlich...gab es gar keine Spuren. Die Haut war glatt und unverletzt, als ich die Stelle untersuchte...immer und immer wieder. Doch wenn mich die verwischten Erinnerungen daran heimsuchen, ergreift mich eine tiefe Abneigung gegen mich selbst. Immer wieder, wenn ich des Morgens aus meinem Schlaf erwache habe ich erneut mit meinen Fingernägeln über meinen Hals gekratzt, als wolle ich voller Überzeugung etwas unter meiner Haut entfernen.
Es mag Zufall sein, doch noch einige Tage zuvor war mir ein Zwergenschmied begegnet.
Nachdem ich mich bei ihm beklagte, dass meine Pfeile bei den Skeletten unter dem Friedhof nicht anschlagen, meinte er mir Silberspitzen verkaufen zu können welche jeder solcher Kreaturen den Gar aus machen. Ich habe ihm damals einige dieser Pfeilspitzen aus Silber abgekauft, doch der Bogner hier war zu unfähig dafür sie zu verwenden.
Vielleicht finde ich jemanden, der mir dabei helfen kann.
Egal wie sehr meine Finger manchmal zu zittern beginnen unter dem Druck der Konzentration. Einer von diesen Pfeilen würde treffen...
Doch wäre ich in der Lage dazu, zu schießen...würde diese Kreatur erneut vor mir stehen?
Diese ungeheure Schnelligkeit...diese Augen...ein Schauder....
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Geändert von Icen Deliar (06.07.2013 um 11:35 Uhr).
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Alt 09.07.2013, 12:35
#4
Icen Deliar
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Selbst nach dem durchqueren der Stadttore von Britain mitten in der Nacht, fühlte sie sich weiterhin wie betäubt. Ihre Schritte schienen sie einfach aus Gewohnheit zu tragen, ohne, dass sie diese bewusst führte. Die Geräusche, alles um sie herum schienen nur dumpf zu ihr vor zu dringen. Wenn ihr Menschen begegneten, trat sie wortlos an diesen vorbei als wären es lediglich Geister oder Irritationen. Völlige Nebensächlichkeiten im Vergleich zu dem Chaos der Gedanken in ihrem Kopf. Alles an ihr funktionierte wie mechanisch, als hätte sich ihr Bewusstsein zurück gezogen und gleichzeitig wirkte sie zum zerbersten gespannt. Nach dem Erreichen des Talas, nahm sie mit wenigen Worten den Schlüssel des Zimmers im Wechsel für zu vielen Münzen entgegen. Trotz ihres wie fremdgesteuerten Verhaltens waren ihre Schritte, die Stufen hinauf leise. Es gelang ihr nicht gleich, das Schloss der Tür zu entriegeln, doch sie versuchte es stoisch weiter, bis sie sich öffnete. Icen trat in das dunkle Zimmer, ließ die Tür hinter sich zufallen und dachte sogar daran abzuschließen. Danach entledigte sie sich von Bogen, Köcher und ihrer Tasche. Ihr Umhang sowie die Stiefel wurden an genau der Stelle zurück gelassen, wo sie von ihrem Körper fanden. Sie ließ sich einfach ins Bett fallen, blieb liegen und starrte in Richtung des Fensters. Irgendwann fielen ihre Augen zu und ihr Bewusstsein sackte völlig zurück.

Mehrmals in dieser Nacht erwachte sie Ruckartig, riss sich aus den tiefen ihrer Träume und starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit des Zimmers. Ihr Herz raste jedes Mal, hämmerte gegen ihre Brust wie ein panisches Kind…ihre Finger waren in die Laken des Bettes gekrallt, als wolle sie sich vor einen tiefen Sturz retten…ihre Gesicht immer feucht von salzigen Tränen. Das Keuchen von ihren Lippen war das einzige Geräusch, welches den Raum erfüllte. Doch immer wieder zog es sie in den Schlaf zurück, als wäre er ein Fluch.

Als sie beim letzten Mal aufwachte, wurde sie diesmal vom Gesang eines Vogels geweckt, der den Morgen ankündigte. Tatsächlich fand ihr Blick zuerst zum Fenster und sie konnte das seichte Dämmerlicht erkennen. Ihr Körper kam ihr schwer vor, sie fühlte sich als habe sie alles, was sie in den letzten Tagen durchgemacht hatte, in dieser einzigen Nacht von wenigen Stunden…wieder und wieder erlebt. Doch kaum ein klarer Gedanke erinnerte sie an ihre vergangenen Träume…nur einzig ein Satz hatte sich in ihren Geist gebrannt als wurde er nahe an ihrem Ohr geflüstert, immer wieder…


,,Es ist niemand mehr da…“
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Geändert von Icen Deliar (09.07.2013 um 12:37 Uhr).
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Alt 10.07.2013, 16:56
#5
Icen Deliar
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Nach dem Auftauchen des Gardisten brauchte es einen Moment bis Icen begriff, wie knapp sie den Fängen dieses Ungeheuers entkommen war. Diesmal war sie wehrhafter gewesen als zu dem Zeitpunkt, als sie das erste Mal auf dieses Wesen traf. Doch es hatte nichts genützt, vielleicht nur etwas Zeit geschunden und so war der Gardist gerade im richtigen Augenblick gekommen. Ohne, dass es ihr bewusst war, hatte sie angefangen zu rennen und hielt erst an, als sie die Türen des Talas erreichte. In ihrem Zimmer angekommen, verriegelte sie eilig die Tür, obwohl sie nach dem, was sie heute gesehen hatte daran zweifelte, dass dieses Wesen davon aufgehalten werden konnte. Auch das Fenster wurde geschlossen. Von dort bewegte sie sich rückwärts, bis ihr Rücken gegen die Wand stieß. An dieser ließ sie sich langsam zu Boden sinken und blieb in der Ecke neben ihrem Bett hocken. Die Beine dicht an ihren Körper gezogen, tastete eine Hand nach dem Griff ihrer Stiefelmessers. Ihre Finger fassten ins leere und sie stieß einen zischenden Fluch aus. Zum Hauptmann sollte sie gehen um ihn davon zu erzählen, hatte der Gardist gesagt. Icen schüttelte den Kopf. Sie musste an ihre Freundin Kyra denken, wie es dieser nun ging und auch das Gespräch mit dem Herrn Ceres kam ihr in den Sinn. Es kam ihr aussichtslos vor. Icen würde schweigen. Dies konnte sie am besten. Mit beiden Armen umfing sie ihre Beine und lehnte die Stirn gegen ihre Knie. Leise atmete sie durch und schloss die Augen. Das Gefühl seiner Berührung kam ihr in den Sinn und auch erst jetzt spürte sie den Schmerz seines Schlages gegen ihre Wange...
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Alt 11.07.2013, 17:57
#6
Icen Deliar
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Etwas Unheilvolles schien über diesen ort zu liegen. Oder vielleicht sogar nur über sie selbst? Icen hatte das Ergebnis von der Suche nach Aiden noch gar nicht so recht verdaut, da da kam ihr das Gesicht ihrer neu gewonnen Freundin Kyra wie eine wahre Linderung vor. Auch wenn die Stimme oder das Lächeln Kyras hin und wieder von etwas traurigem umwoben wurde...und Icen wusste langsam mehr und mehr über die Gründe bescheid, hatte die junge Frau vor allen Dingen einfach etwas anziehendes und Icen fühlte sich stets wohl in ihrer Nähe. So war Kyras Entführung wie ein harter Schlag in Icens Magen, noch dazu machte sie sich schreckliche Vorwürfe und nicht nur dafür, dass sie während des Vorgangs so unnütz war. Dieser ganze Rauch...sie hatte kaum die Hand vor Augen sehen können...
Zwar fand sie Kyra zum Glück bei ihrer späteren Suche, doch das Mädchen schien in ihrer Seele gebrochen.

Als Icen an diesem Tag in den Tala zurück kehrte, schob man ihr eine Nachricht zu welche sie, ohne es wirklich zu registrieren, entgegen nahm und sich dann in ihr Zimmer begab.
Sie legte das Schriftstück neben ihr Buch, welches schon eine Weile unberührt geblieben war und begab sich selbst zu ihrem Bett. Nur einen Moment ausruhen...
Mit diesen Gedanken ließ sie sich nieder und schlief fast sofort ein.

Nach wenigen Stunden erwachte sie aus unruhigen Träumen. Nur Fetzen der Erinnerungen daran, blieben zurück und auch diese verwischten sich bald. Mit pochenden Kopfschmerzen und geschafften Blick schaute sie sich im Zimmer um. Der Schlaf war mit Ruhe nicht zu vergleichen gewesen. Icen fühlte sich noch verausgabter als vorher...dennoch setzte sie sich auf und ihr Blick fiel wieder auf die Nachricht...
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Geändert von Icen Deliar (11.07.2013 um 17:59 Uhr).
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Alt 13.07.2013, 22:13
#7
Icen Deliar
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Ihr Blick galt dem offenen Fenster und so der tiefen Nacht draußen.
Ruhe lag auf ihren Gesichtszügen, doch in ihren Gedanken spielte sich all das, was in den letzten Tagen hier passiert war nochmals ab. Manche von diesen Geschehnissen ging sie immer wieder aufs Neue durch, harrte an mancher Stelle und sinnierte darüber.
War das nun alles? Als hätte man ihr diese Frage gestellt, schüttelte Icen sacht den Kopf und ließ ihren Blick durch den Raum wandern. Noch immer herrschte eine Unruhe in ihr, besonders während des Schlafens. War das eine Warnung? Oder musste all die Aufregung der letzten Zeit erstmal abklingen? Ihr Augenmerk blieb auf ihrem Buch ruhen und sie wante
sich diesem zu, schlug es auf und tauchte die Feder ins Tintenfass.

Nun habe ich wieder die Möglichkeit, die Zeit etwas zu schreiben.
Es kostet mich etwas Überwindung dies zu tun aber es ist nunmal eine Tatsache, mit der ich mich abfinden muss. Aiden ist tot. Meine Suche nach ihm führte mich in die Stadt zurück von welcher wir mit getrennten Wegen aufbrechen wollten. Ich fragte nach ihm in Gaststuben und bei Leuten, mit denen wir mehr oder minder während unseres Aufenthalts zu tun hatten. Schließlich wurde mir von dem Schreiner mit besorgter Miene berichtet, dass Aiden, der Mann mit der großen Brandnarbe, nicht mehr lebte. Ich konnte das nicht glauben, er musste sich irren. Noch absurder an der Geschichte war, dass er meinte, man hätte Aiden hinrichten lassen. Die Sache erschien mir zu geschmacklos um darüber zu lachen. Wieso sollte man Aiden hinrichten? Ob meines abwehrenden Verhaltens wurde die Miene des Schreiners nur trauriger...nein, oh nein. Er musste sich irren.
Ich kehrte in unsere Gaststube ein. Die Wirtin machte große Augen als sie mich sah, wirkte beinahe ungläubig. Dann kam sie auf mich zu und nahm mich mit einem mal in den Arm. da wurde mir eigentlich schon klar, dass der Schreiner...kein Unrecht sprach doch ich wehrte mich dagegen. Ach nachdem mir die Wirtin die selbe geschichte erzählte, wollte ich es nicht glauben. Aiden sollte tot sein? Hingerichtet wegen Mordes an einer jungen Frau.
Ich schluckte und musste an das dunkelhaarige Mädchen denken, welches er hier in der Stadt immer wieder anhimmelte. Er wollte zwei Tage nach mir aufbrechen....dieser Idiot. Dieser Blödmann...Es brauchte eine Weile, bis ich mir dieser Sache wirklich bewusst wurde. Das es die Wahrheit war. Doch ich kann einfach nicht glauben, dass Aiden soetwas getan haben soll. Nein, das kann nicht stimmen. Und die Sache, dass er dann zu Unrecht getötet wurde, macht das Ganze nicht gerade einfacher...

Sie legte die Feder bei Seite und wischte sich mit sachtem Druck über ihre Augen. Danach glitt ihr Blick wieder hinüber zum Fenster und sie atmete vertieft durch.

Irgendwann entkleidete sich Icen. Sie warf sich ein anderes Hemd über und legte sich ins Bett. Lange starrte sie noch in Richtung des Fensters. Sie dachte über Kyra nach, über Malik, das Gespräch mit Darok. Auch Ryan fiel ihr wieder ein. Dessen Blick brannte sich in ihren Geist und war ihr letzter Gedanke ehe sie einschlief.
Icen Deliar ist offline  
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Alt 16.07.2013, 17:37
#8
Icen Deliar
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In ihrem Zimmer sitzend überflog Icen die zuletzt geschriebenen Zeilen, welche sie in ihr Buch geschrieben hatte. Mit ruhiger Miene ergriff sie dann die Feder, welche kurz in Tinte getaucht wurde.

Es tut gut, Kyra lächeln zu sehen und sie lachen zu hören.
Nach all dem, was passiert war wünsche ich ihr einfach nur das Beste und darum hoffe ich auch, dass sie eine Stelle als Jäger am Hof erlangt. Ich glaube, Kyra wäre dafür gut geeignet.
Denn sie ist talentiert und auch mutig.
Sie sagte, die kurze Zeit in der wir uns kennen, hätte uns zusammen geschweißt.
Das war ein Satz, welcher mir im ersten kleinen Moment ein wenig Angst machte.
Doch ich merkte, dass die Freude darüber viel größer war als meine Furcht, die ich vor so etwas immer hatte.

An einem Abend saßen wir im Tala mit einem merkwürdigen Mann zusammen.
Er nannte sich der "unglaubliche" Rondario und unterschied sich allein von seinen Gesten und Gebaren erheblich von allen anderen, die mir jemals über den Weg gelaufen waren.
Sein gesamtes Verhalten erschien mir zunächst nervenzerrend, erschlagend und skurril.
Die Geschichte die er dazu erzählte, wie er an diesen Ort gekommen war, einfach alles um ihn herum war...ja, unglaublich eben.
Trotzdem wirkt er auch sehr erfrischend und irgendwo geht doch eine gewisse Anziehungskraft von ihm aus. Ich bin gespannt ob er es schaffen wird, sein Vorhaben umzusetzen...

Die Spitze der Feder wurde mit einem Tuch behutsam abgewischt. Dann legte Icen sie neben das Tintenfass. Ihre Fingerspitzen glitten langsam über die Seiten des Buches. Sie drängte nicht mit Pusten damit, dass die Tinte trocknete, sondern wartete einfach ab bis dies von selbst geschah. Dabei las sie die Zeilen nochmals, stellte sich die Gesichter der Personen vor, welche sie darin beschrieb. Schließlich klappte sie es zu um sich kurz darauf zu erheben.
Das Fenster wurde weit geöffnet und mit geschlossenen Augen atmete sie tief die Nachtluft ein, ehe sie sich zurück zog. Jetzt wo sie dorthin blickte, schrie ihr Bett förmlich nach ihr. Icens Schlaf war in der letzten Zeit wirklich sehr unruhig gewesen. Doch trotz der Müdigkeit, welche sie nun zunehmend erfasste, war ihre Hoffnung darauf in dieser Nacht richtig zu schlafen recht begrenzt. Doch würde sie dem Schlaf nicht gänzlich entkommen können.
Mit einem zu großen, hellen Hemd bekleidet ließ sie sich in ihr Bett nieder. Leise atmete sie aus, das Fenster im Blick. Dann fielen ihr die Augen zu.



Der Schrei eines Käuzchens drang in ihr Bewusstsein. Es klang beinahe geisterhaft und von weit her. Ein darauf folgendes, hölzernes Knarren ließ sie schließlich gänzlich aus den Tiefen ihres leeren Schlafes erwachen. Icen schlug die Augen auf. Sie befand sich in einem dunklen Zimmer aus hölzernen Wänden und Dachgebälk. Nur schemenhaft konnte sie Möbel erkennen, eine Truhe…ein Webstuhl. Tief in ihrem Unterbewusstsein wurde ihr klar, dass es sich nicht um das Zimmer im Gasthaus handelte. Doch diese Tatsache war so winzig und wurde erstickt von der Düsternis um sie herum. Wieder ein Knarren, leise und unscheinbar. Doch war es das einzige Geräusch, welches diesen Moment ausfüllte. Langsam setzte sich Icen in ihrem Bett auf. Das lange, helle Haar fiel ihr in schwungvollen Wellen über die zarten Schultern, streichelte sanft ihre Haut. Es erschien ihr völlig normal, dass sie erst 14 war.
Ein Scharren lenkte ihren Blick durch den Raum, fand zum offen stehenden Fenster und jede Faser ihres Körpers spannte sich an. Durch das offene Fenster konnte man eindeutig die Nacht erkennen, sogar der Mond schien voll und groß. Sein trübes Licht umfing eine Silhouette, welche auf dem Fensterbrett des Mädchens hockte. Nicht größer als ein Kind, schmal und drahtig. Das Haar wild nach allen Seiten abstehend. Icen hielt den Atem an. Sie war sich nicht sicher ob das fremde Wesen in ihre Richtung blickte und sie wollte nicht auf sich aufmerksam machen. Das Wesen gab ein merkwürdig knarzendes Schnurren von sich. Es hielt etwas vor sich in der ausgestreckten Hand. Sie versuchte mehr zu erkennen, genauer hin zu sehen ohne sich zu rühren. Lange, schleimig glänzende Nacktschnecken wanden sich auf der Hand des Wesens. Dieses nahm eines davon mit dünnen Fingern auf und ließ es genüsslich in seinem Mund verschwinden. Icen schauderte es. Sie schob langsam die Arme um ihren Körper während sie das grausige Mahl beobachtete. Schließlich wagte sie es einen nackten Fuß unter der Decke hervor und zu Boden zu führen. Der andere folgte auf der selben Weise, ohne, dass ihr Blick von dem Geschöpf am Fenster abließ. Dieses schien von dem Mädchen gar keine Notiz zu nehmen. Mit dem Willen, jedes Geräusch zu vermeiden, erhob sich Icen vorsichtig und elend langsam aus ihrem Bett bis sie festen Stand auf dem Holzboden spürte. Ihre Hände tasteten nach hinten zur nahen Wand an welche sie sich bald mit dem Rücken drückte. Stück für Stück drängte sie sich daran entlang in Richtung der Tür. Sie atmete langsam durch den leicht geöffneten Mund um jedes noch so kleine Geräusch zu vermeiden, doch ihr Herz schlug so hart gegen ihre Rippen, dass sie befürchtete, man würde es hören. Als die Tür nicht mehr weit entfernt war, gelang es ihr die Kreatur am Fenster aus einem anderen Winkel zu betrachten. Das seichte Licht des Mondes umschrieb beinahe kindlich zarte Gesichtszüge und reflektierte sich in großen, mandelförmigen Augen. Welche direkt in Icens Richtung blickten! Ihr Herz blieb beinahe stehen.
Für einen Moment erschien es ihr so ruhig zu sein, dass die Stille beinahe ohrenbetäubend wirkte.
Dann konnte sie beobachten, wie sich die Lippen der Kreatur zu einem Grinsen verzogen, so dass die Mundwinkel übernatürlich weit in seine Wangen einschnitten.
,,Es ist niemand mehr da.“ Sagte es mit einer Stimme, deren Klang sich in Icens Brust bohrte.
Mit einem Mal löste sich ihr gelähmter Zustand. Sie rannte die letzten Schritte zur Tür und prallte beinahe gegen das Holz. Ein schrilles, nervenzerreißendes Lachen durchschnitt die Luft. Das Mädchen umfasste die Klinke und rüttelte voller Panik daran. Tief in ihrem Inneren wusste sie, wie oft sich diese Szene in ihr abgespielt hatte. Nacht für Nacht, hatte dieser Traum sie heimgesucht. Immer der Selbe.
Bis zur dieser Stelle. Die Tür sprang so plötzlich auf, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. Sogleich fasste sie sich und rannte aus dem Zimmer in vollkommene Dunkelheit. Es waren nur wenige Schritte, da prallte sie fast gegen einen anderen Körper. Arme schlossen sich um das Mädchen und sie drängte sich voller Angst gegen die andere Person. Ein Schluchzen entrann ihrer Kehle, dann hob sie ihren Blick und schaute in Ryans tiefblaue Augen.


Als Icen erwachte, lag sie in noch der selben Position in ihrem Bett, in welcher sie eingeschlafen war. Nur, dass sich ihre Finger so fest ins Laken krallten, dass ihre Knöchel weiß hervorstachen…
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Alt 20.07.2013, 08:08
#9
Icen Deliar
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Vorsichtig strich sie mit der Hand über den Verband ihres Armes. Der Heiler hatte gute Arbeit geleistet. Zwar war es nur eine oberflächliche Wunde, dennoch wollte sie dem Rat Kyras besser nachkommen. Ihr Blick trübte sich kurz, doch Icen verwarf den aufkommenden Gedanken wieder. Sie würde sich bald wieder mehr auf das, was sie tat konzentrieren können. Zur Abwechslung war ihr Schlaf einmal erholsam gewesen und vor allem lang. Traumlos. Aber das war beinahe das Beste daran. Nach dem Aufstehen hatte sie sich gefühlt, als habe sie während des Schlafens eine Hülle abgestreift und sie nun zurück gelassen. Als suche sie nach Bestätigung, fuhr ihr Blick zurück in Richtung des Bettes, doch blieb er vorher an dem Buch harren, welches auf ihrem Tisch lag. Icen schob sich vom Fenstersims und trat mit langsamen Schritten und nackten Füßen hinüber. Mit einer Hand zerrte sie dabei den Hemdärmel wieder zurecht. Sie ließ sich auf dem Stuhl vor dem Tisch nieder und schon während sie das Buch aufschlug überlegte sie, was sie alles hinein schreiben würde.

Noch nie zuvor habe ich so viele Niederlagen erlebt, wie in dieser Stadt.
Ich habe das Gefühl, dass mich das Schicksal seit meiner Ankunft hier, nach allen Möglichkeiten austestet. Nach der letzten Begegnung mit Ryan, sank die Überzeugung von meinen Fähigkeiten immer mehr. Wieder war es ein Bär und wieder konnte ich mit dem Bogen nicht viel ausrichten. Seine Worte dazu nahm ich zunächst nur hin. Ich war wütend auf mich selbst, versagt zu haben. Wieder einmal. Und das ausgerechnet auch wieder vor seinen Augen. Mein Gram darüber setzte mir mehr zu als die Kratzer und Schrammen an meinem Körper. Es fällt mir einfach nicht leicht über solche Fehlschläge hinweg zu kommen, schon gar nicht, wenn sie vor anderen passieren. Doch mir ist klar, dass ich mich viel zu sehr auf meinen Bogen verlasse. Er wird mir nicht in allen Situationen etwas nützen, dafür hatte ich mich eigentlich zusätzlich für einen Rapier entschieden. Aber scheinbar war dies ein Fehlgriff. Wer hätte das vorher wissen können?
Nach einem Gespräch mit Kyra werde ich es einmal mit einem Speer versuchen.
Ich bin dankbar dafür, dass sie mir anbot, mich an diese Waffe heran zu führen.

Schon vor diesem Vorfall kam es mir in den Sinn die Stadt wieder zu verlassen.
Kyra ging es sichtlich besser und sie machte ihren Weg. Von wegen, sie könne nicht auf sich aufpassen. Aber mit dem Beginn ihres neuen Lebens, begann es in mir zu zerren.
Zunächst versuchte ich es zu ignorieren, doch meine Wege in die Wälder hinaus wurden immer weiter und ich versuchte meine Rückkehr zur Stadt immer länger hinaus zu zögern. Die Sehnsucht nach Freiheit flammte in mir auf. Doch gleichzeitig zögerte ich, denn es würde nichts mehr so sein wie vorher. Ich würde Aiden nicht mehr an meiner Seite haben, niemand, der dieses Gefühl mit mir teilen würde.
Für eine gewisse Zeit war mein Gedanke an Flucht aber so stark, dass ich schon daran war mich langsam von Kyra zu verabschieden und nur wenig Später war ich so überzeugt, dass ich den Entschluss gefasst hatte zu gehen.
Aber dann passierte das unglaubliche...

Ich traf auf Rondario im Tala. Selbst dieser Mann war dabei, nach seiner mehr oder weniger unfreiwilligen Ankunft in dieser Stadt, recht schnell Fuß zu fassen. Zunächst erzählte er mir nur wieder etwas über sein Stück und mir wurde imemr bewusster wie ernst er es eigentlich damit meinte. Vor allem mich darin ein zu binden. Ich erinnerte mich an den Abend, den ich mit ihm im Theater verbracht habe und seine überschwenglich fröhliche Maske ein wenig gebröckelt war. Der Mann kam hier nahezu mit NICHTS an und trotzdem war nicht an seiner Begeisterung und Überzeugung zu rütteln. Das war bewundernswert.
Schließlich ließ ich mich überreden und sagte seinem Stück zu. Ich weiß nicht, ob ich das tat, weil ich ihn unterstützen möchte oder...weil ich vielleicht doch einen Grund suchte in der Stadt zu bleiben. Die Freude in seinem Gesicht tat mir gut und nach ein wenig hadern vertraute ich ihm meine Gedanken an. Zumindest einen Teil davon. Seine Reaktion darauf hätte ich nie erwartet. Er bot mir ein Zimmer in dem haus an, welches er zur Miete nahm. Ich könne dort unterkommen, fortgehen wann ich wollte und so lange ich wollte...aber vor allem durfte ich wieder kommen.
Als ich vorher umher reiste, hatte ich Aiden an meiner Seite aber für mich existierte kein Ort an den ich zurück kehren konnte um mich zu Hause zu fühlen. Dieser Gedanke hatte in mir immer die Vorstellung von Fesseln ausgelöst. Aber der Vorschlag Rondarios tat dies nicht.
Er wollte mir keinen Ort geben, an dem ich gefangen war sondern an dem ich sein konnte wenn mich der Wunsch nach Geborgenheit ergreift.
Es waren letzlich wohl diese Gefühle, die mich dazu brachten, sein Angebot an zu nehmen.
Mir entfuhr die Zusage relativ spontan und schon einen Moment später hätte ich mich an den Schultern packen und dafür schütteln können. Aber wieso sollte ich nicht auch einmal aus meiner eigentlichen Strömung schlagen? Damit sich etwas verändert muss man Veränderungen zulassen...
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Alt 31.07.2013, 11:35
#10
Icen Deliar
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Es mag über eine Stunde vergangen sein in der sich Icen kaum bewegt hatte, sah man von den ruhigen Atemzügen ab die gleichmäßig ihre Brust hoben und senkten. Die Ecke, in der sie ausharrte, war nicht zufällig gewählt. Hier war ihre Gestalt völlig vom seichten Licht des Mondes verschont und die Schatten umschmiegten sie, als gehöre sie zu ihnen. Sie lehnte sich nicht an die Wand, um ein verräterisches Schaben der Kleidung über dieser zu vermeiden.
In den letzten Jahren, die sie mit Aiden verbracht hatte, wurde ihr von diesem vieles beigebracht. Bei einigen Dingen konnte sie seine Beharrlichkeit darin, es lernen zu müssen, verstehen. Zu schleichen oder sich tarnen zu können...irgendwann war es ihr ins Blut übergegangen. Sie erinnerte sich, was für ein strenger und überzeugter Lehrer er sein konnte...und wie er sie ihre Niederlagen büßen ließ. Allerdings erinnerte sie sich auch daran, wie verzweifelt er war als sie auf die Drow stießen. Er hatte Icen überzeugen wollen, all das von ihm gelernte über den Haufen zu werfen und stattdessen genau darauf zu achten, wie diese dunklen Wesen beim Schleichen ihre Füße aufsetzen und abrollten...was eine völlig aussichtslose Sache war und eine sehr gefährliche noch dazu, wie sie sehr bald feststellen mussten. Wie oft hatte sein Ehrgeiz sie in solche und andere gefährliche Situationen gebracht? Trotzdem hatte sich Icen nie von ihm los gesagt. Schließlich teilte sie seine Faszination. Schnell versuchte sie, aus ihren Erinnerungen zu fliehen. Icen bewegte sich kaum merklich, als sie ihr Gewicht etwas verlagerte und wieder darauf achtete, dabei kein Geräusch zu verursachen.
Auch wenn der Mann, auf welchem ihr Blick unentwegt ruhte, ruhig und selig in seinem Bett schlief. Tatsächlich hatte sie, seit sie hier stand, ihr Augenpaar nicht einmal von ihm fortschweifen lassen. Anfangs hatte ihr Blick etwas lauerndes, doch mittlerweile war er nachdenklich geworden und fast sanft. Seit sie in Britain angekommen war, hatte Icen eher zaghaft begonnen Bekanntschaften zu knüpfen. Das hatte nicht an Schüchternheit gelegen, sondern war sehr wohl so bedacht. Doch Rondario war ohne Rücksicht auf Verluste nahezu in ihr Leben hinein gestoßen...so jetzt bin ich hier! Auch wenn sie ihm eine Menge Fingerspitzengefühl zugestehen musste. Manchmal war sich Icen nicht sicher, ob sie den Mann, der da vor ihr nichts ahnend schlief, mit einem Knüppel erschlagen oder...naja...irgendwas anderes nicht so brutales mit ihm tun sollte. Allgemein war die junge Frau über ihre eigenen Gefühle und Gedanken ziemlich verwirrt, vor allem darüber, dass sie sich damit so lange aufhielt. Icen schüttelte den Kopf über sich selbst. Doch allein, wenn sie über manche Situation mit Rondario nachdachte, meldete sich dieses merkwürdige Gefühl in der Bauchgegend und regte sie dazu an, weiter zu denken. Sie schloss die Augen und versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren.

Was die ganze Sache noch etwas schwieriger machte war, dass sich Rondario und Ryan nicht duldeten. Icen dachte an den Abend im Tala zurück, wo ihr Zusammentreffen beinahe eskaliert war...sie hatte Ryan noch nie so erlebt, geschweige denn ihm solch eine Reaktion jemals zugetraut. So langsam zeigte er ohnehin Seiten an sich, mit denen er sie erstaunte. Anfangs hatte sie ihn für ziemlich arrogant und etwas exzentrisch gehalten. Doch nach und nach schien es so, als würde er langsam 'auftauen'. Icen dachte an die etwas persönlicheren Gespräche zurück, als Ryan ihr offenbarte, warum er so allein war. Etwas zerrte bei diesem Gedanken in ihrer Brust und hüllte ihr Herz in merkwürdige Trübseligkeit. Sie musste an ihren kleinen Bruder denken, der jetzt in etwa genauso alt sein würde wie Ryan. Lange Zeit hatte Icen versucht die Erinnerung daran zu verdrängen, ihr keine Chance zu lassen hervorzubrechen. Doch der junge Mann machte das alles zu Nichte. Allein wie er nun zeigte, Icen zu vertrauen, wo er sich zu anderen eher distanziert verhielt sowie seine Gesten, mit denen er ihr seine Dankbarkeit ausdrücken möchte. Sie atmete tief durch und mit dem Gedanken an Ryan fiel ihr auf, diesem lange nicht mehr begegnet zu sein. Im nächsten Augenblick erinnerte sie sich, wie Rondario ihr davon erzählte, dass der begabte, kleine Bücherwurm vor wenigen Tagen vor der Tür stand und nach ihr gefragt hatte. Eigentlich keine ungewöhnliche Sache, wenn sich dabei nicht die Frage auftun würde, woher Ryan wusste wo Icen wohnte. Sicher hatte sie erwähnt, im selben Haus wie Rondario untergekommen zu sein aber hieß das, Ryan informierte sich unabhängig von Icen über ihren oder Rondarios Wohnsitz? Nachdenklich begann sie mit einer Haarlocke zu spielen. Es war nicht das Einzige, was Fragen über Ryan aufwarf. Icen waren gewisse Dinge an dem jungen Mann aufgefallen, die sie langsam nicht mehr leugnen konnte. Ebenso wenig, dass dies eine von seinen Eigenschaften war, die ihn interessant und irgendwie faszinierend machten. Auch, wenn etwas in ihr sie zur Vorsicht ermahnte. Es war ein unterschwelliges Gefühl der Warnung. Doch allein der Gedanke an Ryans Gesicht, die Art wie er sprach, sich bewegte und vor allem an seine Augen, ließen Icen dieses Gefühl zurück drängen und die Faszination siegen. Ja...Aiden hatte sie wirklich böse angesteckt....
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Alt 02.08.2013, 19:00
#11
Icen Deliar
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Die Tür des Hauses stellte zunächst Hoffnung und Sicherheit dar. Doch als Icen diese erreicht hatte und panisch versuchte sie zu öffnen, wurde sie zu einem zermürbenden Hindernis.
Halb gegen das Holz gelehnt versuchte sie mit zittrigen Fingern das Türschloss zu öffnen und versagte dabei mehrmals ehe es ihr endlich gelang, den Mechanismus so zu betätigen, dass das ersehnte Klicken zu hören war. Die Tür sprang auf und Icen stürzte mehr oder weniger ins Haus. Der Boden fing sie unsanft auf, doch ihr gelang es noch der Tür einen Tritt zu versetzen, so, dass sie hinter ihr zufiel. Dann wurde alles schwarz.

Ungewiss, wie viele Minuten verstrichen waren, zuckten ihre Lider ehe sich diese langsam hoben. Icens Augen wirkten trüb und das kürzlich vergangene Erlebnis kam ihr vor wie ein schlimmer Alptraum. Doch noch immer lag sie auf dem Boden und fühlte sich unsagbar kraftlos.
Langsam klarten sich ihre Augen, ihr Blick lag auf der Schlafzimmertür Rondarios. Bei dem Gedanken an ihn durchfuhr Icen ein Schreck und sie richtete sich in einem Schwung auf.
Keine gute Idee! Ein pochender Schwerz zerrte in ihrem Kopf, sie wurde von heftigen Schwindel ergriffen, welcher sie zwang, sich wieder hinzulegen. Leise keuchte sie und schloss die Augen im Versuch den Schwindel zu unterdrücken. Er konnte nicht da sein, sonst würde sie mit Sicherheit nicht mehr auf dem Boden liegen. Aber er durfte sie so auf keinen Fall finden.
Sie erinnerte sich an seine Bitte, auf sich zu achten. An sein sorgenvolles Gesicht. Ein Zischen entfuhr ihr und für einen Moment kam ihr das Gefühl ihn enttäuscht zu haben viel schrecklicher vor als ihr Zustand. Er durfte sie so nicht sehen! Icen atmete tief durch und versuchte sich zusammen zu reißen. Ihr Körper erzitterte, als sie sich herumdrehte um Hände und Füße unter sich zu bringen. Sie ließ eine weitere Welle an Schwindel an sich vorbei ziehen und schaffte es dann auf die Füße. Der Boden schien unter ihr zu kippen, doch Icen schaffte es, sich auf einen Punkt zu konzentrieren und nicht zu schwanken. Sie setzte sich über diese Illusion hinweg und trat vorwärts. Ein weiterer Schmerz ließ ihren Oberkörper sich etwas nach vorn beugen und eine Hand fand an ihre linke Seite, fast unterhalb der Rippen.
Seit dem letzten mal war es lang her...glaubte sie...doch nie zuvor war er mit solcher Brutalität vorgegangen. Sie verfluchte sich dafür, nicht weg gerannt zu sein. Wie konnte sie nur glauben, dass hinter dieser Kreatur mehr steckte, als ein wildes, blutrünstiges Tier? Nicht einmal wohl das. Icen konnte nicht beantworten, was sie davon ausgehen ließ, dass es anders war.
Letztlich hatte sie ihr Vorhaben gebrochen und sich zur Wehr gesetzt. Doch was hatte das gebracht? Nichts. Sie hatte es geschafft, ihn heftig zu verletzen. Doch die Erkenntnis, dass ihm das überhaupt nichts auszumachen schien, hatte Icen schockiert. Plötzlich war sie sich unendlich schwach und hilflos vorgekommen. Zudem hatte sie zum ersten mal das Gefühl gehabt nun sterben zu müssen...

Erleichtert lehnte sie sich gegen den Rahmen ihrer Zimmertür. Kurz verharrte sie so und kämpfte gegen das Gefühl an, zu Boden rutschen zu wollen um sich direkt hier nieder zu lassen.
Sie brauchte unbedingt Ruhe. Die Klinke wurde herunter gedrückt und sie trat ein, gleich darauf schloss sie die Tür hinter sich und Icen war ein weiteres Mal dankbar für dieses Rückzugsort.
Hier war es kühl, dunkel und still...genau das, womit sie sich jetzt gerne umhüllen wollte.
Kraftlos ließ sie sich auf ihrem Bett nieder, legte sich sofort hin und spürte die Anstrengung, welche für diesen kurzen Weg nötig war. Der Schmerz hämmerte weiter in ihrem Schädel. Doch irgendwie war sie froh, ihn wahrnehmen zu können. Icen war nicht tot. Nachdem sie gespürt hatte, wie man ihr das Leben langsam aussaugte war sie gegen ihren Erwartungen wieder erwacht...allein. Er hatte sie wieder am Leben gelassen. Nur weshalb?
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Alt 13.08.2013, 20:34
#12
Icen Deliar
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Icen saß auf dem durch gelegenen, kleinen Bett und starrte auf das einzige Fenster des Gästezimmers. Es war winzig, kaum ein Kind könnte sich hindurchzwängen. Doch der kühle Nachtwind reichte völlig aus um sie in ihrer durchnässten Kleidung frösteln zu lassen. Hier in Athmentien schien es nahezu jeden Tag zu regnen, was den Ruf der Stadt noch mehr unterhob. Bei ihrer ersten Durchreise war ihr Blick sofort auf das Gefängnis aufmerksam geworden für welches die Stadt bekannt war. Das Gebäude trohnte gut ersichtlich auf einem Hügel. Mauer um Mauer umgaben es. Dennoch drückte der Schatten dieser Einrichtung auf die Stadt, wirkte bedrohlich. Icen schüttelte den Kopf als versuche sie so, sich von dem Gedanken zu lösen. Sie war vor Tagen hier her aufgebrochen und hatte in den Ruhepausen kaum ein Auge zu getan, so sehr hinderte sie das mulmige Gefühl in ihr daran, Schlaf zu finden. Ihre Finger tasteten sich zu ihren Mieder, schoben sich darunter und zogen einen kleinen Zettel hervor. Man sah dem Papier an, dass es wohl hunderte male entfaltet worden war, nur um es wieder in seine kleine Form zurück zu knicken. Es wirkte abgegriffen und an den Faltstellen fast schon brüchig. Trotzdem schoben ihre Finger es ein weiteres mal auf und ihr Blick ruhte auf der Nachricht. Teresa hatte ihr das Briefchen wortlos zugeschoben und sich daraufhin sogleich von ihr abgewandt. Icen starrte auf die Worte. Es war ihr zu aller erst aufgefallen, dass es Aidens Handschrift war und der Ruck, der sie bei dieser Erkenntnis durchfuhr, hatte sie das Papier fast zerreißen lassen. Er hatte sich also in Britain aufgehalten. Wie heftig ihr Herz geschlagen hatte...so wie auch dieses mal, als sie den Brief wohl zum hundertsten mal öffnete und las. Es war typisch Aiden. Er schrieb etwas, womit nur sie etwas anfangen konnte. Allerdings hatte Icen an einem Punkt wirklich länger nachdenken müssen was gemeint war.

- ,,Du Hast etwas vergessen." Der Salamander führt die Feder zum Fuchs. Der Bär weiß den Weg. -

Icen befand sich mitlerweile im selben Gästezimmer, welches sie bei ihrer ersten Anreise mit Aiden hier genommen hatte. Im Gasthaus zum Fuchs. Zunächst hatte sie hier alles durchsucht, in der Hoffnung, irgendwo einen weiteren versteckten Hinweis zu finden.
Es waren Stunden vergangen, in welchen sie jede Ecke mindestens dreimal und mehr untersuchte, ehe sich Icen in den Schank der unteren Etage begab.
Dort traf sie auf den Bären und er hatte bereits auf sie gewartet...
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Alt 31.08.2013, 09:39
#13
Icen Deliar
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Der Atem entkam ihren Lippen sichtbar in Form von blassen Wölkchen die sich in der Dunkelheit der Nacht auflösten. Icen schaute ihnen nach und versuchte sich dabei auf die Geräusche ihrer Umgebung zu konzentrieren. Irgendwo, einige Schritte links von ihr, neigte sich ein Zweig unter der Last des Schnees und ließ diesen so zu Boden fallen. Langsam drehte sie den Kopf in Richtung des dumpfen Aufpralls und ließ ihren Blick umher wandern. Sie erkannte Schemen von Bäumen und Sträuchern, die sich in der Dunkelheit abzeichneten. Besonders hervorgehoben durch den weißen Schimmer des Schnees. Wonach suchst du, Icen? Auf was wartest du eigentlich? Sie atmete unter diesen Gedanken vertieft durch. Nein, auf wen wartest du? Seit sie hier stand drängten sich diese Fragen immer wieder auf und mit jedem Mal kam sie sich lächerlicher vor. Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht? Selbst wenn sie hier stand wie auf dem Servierteller, hegte sie keine großen Hoffnungen mehr, dass ihr Plan aufging. Bisher wurde sie von dem Erscheinen des Wesens immer überrascht und mit Sicherheit lag dahinter auch eine Absicht. Sie schüttelte den Kopf über sich und wandte sich ab um zu gehen. Nachdem, was beim letzten Mal geschehen war, würde ein jeder sie für völlig verrückt erklären dafür, dass sie hier nun wieder stand und wartete. Icen konnte selbst nicht erklären, woher dieser Entschluss rührte. Sie sollte froh sein, dass sie noch lebte. Es gelang ihr, den erst frisch gefallenen Schnee, nicht übermäßig unter ihren Füßen knarzen zu lassen. Selbst, während sie sich darauf nicht konzentrierte. Irgendwann war es ihr in Fleisch und Blut übergegangen sich in gewissen Situationen und Gegenden so leise wie möglich zu bewegen. Dort, wo der Wald an der Lichtung grenzte, blieb Icen stehen. Wind wirbelte Schnee auf, erfasste ihr Haar und bewegte den schweren Umhang. Die Kälte kroch unter ihre Kleidung, suchte sich den winzigsten Pfad um ihren Körper zum frösteln zu bringen. Icen nahm dies hin und schob sich mit den Fingerspitzen ein paar Strähnen aus dem Gesicht während sie ihre Schritte weiter fortsetzte.

Sie konnte bereits den ein, oder anderen Lichtschimmer in den umliegenden Häusern erkennen. Von irgendwo drängten sich die Geräusche mehrerer Schritte an ihr Ohr, begleitet von leisen metallischen Klirren. Sie brachte dies gleich mit der Garde in Verbindung und achtete nicht weiter darauf. Bald erkannte sie die Schemen des Hauses, welches ihr Heim Geworden war. Der Garten, das Haus und alles, was sich darin befand. Am Gartentor blieb sie stehen und ließ ihren Blick einfach auf der Tür des Hauses ruhen. Kein Licht brannte im Inneren. Rondario hatte von ihrem Wegschleichen wohl nichts bemerkt. Ein warmes, kribbelndes Gefühl wurde bei den Gedanken an ihm in ihrer Brust ausgelöst. Diesmal versuchte sie jedoch nicht ihre Gedanken woanders hin zu lenken um dieser Empfindung zu entkommen. Icen hatte sich dazu entschlossen es einfach geschehen zu lassen. Manchmal fragte sie sich, was wohl wäre, wenn ihr Vater noch leben würde. Sie aus einem anderen Grund das Dorf verlassen und nun hier wäre. Was würde er wohl von dem, wie sich ihr Leben entwickelt hatte, halten? Hin und wieder hatte er sie mit sorgenvollen Blicken bedacht, wenn sie sich wieder von dem rüden Verhalten ihrer Brüder hatte mitreißen lassen. Dennoch hatte sie sich dabei immer einen gewissen weiblichen Charme bewahrt. Ob er jemals damit gerechnet hätte, dass sie an jemanden wie Rondario gerät? Sicher nicht. Nicht einmal sie selbst hätte sich das jemals vorstellen können. Auch nicht, nachdem sie Rondario kennen gelernt hatte. Icen konnte sich auf den Hinweis ihrer Freundin erinnern: „Ich glaube, er hat ein Auge auf dich geworfen.“ Hatte Kyra mit einem Grinsen gesagt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Icen dies völlig unterschätzt. Tja, dann soll er doch sein zweites Auge noch hinter her schmeißen und blind gegen einen Baum laufen. Hatte sie sich gedacht. Aber nun? Ein leises Seufzen entkam ihren Lippen und sie öffnete das Gartentor um ihre Schritte zur Haustür zu führen. Manchmal kam es anders als man denkt. Das liebste sie so am Leben.
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Geändert von Icen Deliar (02.09.2013 um 16:32 Uhr).
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