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Alt 23.01.2022, 17:52
Pferdegewieher
#1
Nessyma Fairlane
Reisender
 
Registriert seit: 18 Jan 2022
Beiträge: 123
Nessyma wurde am Morgen durch Pferdegewieher und Geräusch dumpfer Hufschläge geweckt. Pferd, Pferd... da war etwas. Ihre Pflichten!

Sie hatte bereits Arbeit und das nach nur wenigen Tagen nach Ihrer Ankunft in der Stadt. Ein Lächeln huschte Ihr über die Lippen. Was für eine "Arbeit". Das reinste Vergnügen für sie, die sie schon seit ihrer Kindheit nur mit Lämmern zu tun hatte. Junge Schafe waren toll, nur Unsinn im Kopf und verspielt. Aber erwachsene Schafe werden eine Herde recht langweiliger Tiere, die folgsam dem Hirten folgte und Angst vor dem Hund hatte. Und nun hatte sie ein Schlachtross zu versorgen. Ein richtiges, edles Schlachtross! In Windeseile rollte sie ihre Schlafmatte zusammen und begab sich in den Stall.

Lux schlug schon wieder mit dem Vorderhuf gegen die Boxentür, er hatte Hunger. Unter Ächzen und mit sichtlicher Mühe schleppte sie einen Ballen Heu aus der Voratskammer und öffnete vorsichtig die Tür zu seiner Box. "Guten Morgen mein Hübscher", sagte sie ganz leise mit ihrer sanften "Tierstimme", die sie ihnen gegenüber anschlug. Die Tonlage war etwas höher als ihre normale Stimme und ganz ruhig und regelmäßig, ohne nennenswerte Spitze und Tiefen.
"Nicht erschrecken, ich bins nur", teilte sie dem Pferd mit, als sie die Box betrat und das Heu in der Rauffe verteilte. Der Hengst schnaubte kurz zur Begrüßung, doch sein altes verhärmtes Gesicht wandte sich ihr nur kurz zu. Die Haut direkt über seinen Augen war tief eingefallen und der Blick des Pferdes trüb und teilnahmslos.
Dass dieses Tier schon viel Leid erlebt hatte, war mehr als offensichtlich, doch Nessyma wusste noch zu wenig, um ihm helfen zu können. Vorerst musste sie das Tier beobachten und lernen. Vor allen Dingen musste sie lernen seine explosionsartigen Ausbrüchen, die oft ganz unvermittelt kamen, vorzeitig zu erkennen und sich davor zu schützen.
Derzeit fraß er friedlich und sie nutzte die Gelegenheit, um den Stall zu säubern. Die Einstreu vom Vorabend war zertrampelt, warm und stachelig. Dank der Hornhaut an ihren bloßen Füßen spürte sie jedoch kaum mehr als ein Kitzeln an ihren Fußsohlen. Sorgsam und mit langsamen Bewegungen, um Lux nicht zu erschrecken, kehrte sie die Einstreu zu einem Haufen zusammen und trug dann Schaufel um Schaufel in die Misttonne. Die ungewohnte körperliche Arbeit verlieh ihren Wangen eine gesunde rosige Farbe und sie schwitze schon nach wenigen Minuten.

Als sie schon fast mit Ihrer Arbeit fertig war und sie schon unbedacht in der Box ein- und ausging, passierte es dann doch. Nessyma merkte noch aus dem Augenwinkel, dass er seine Ohren anlegte und in Luxs Augen plötzlich Feuer stand, als er auch schon auf sie zustürmte und stieg. Die Hufe wirbelten durch die Luft und sie riss instinktiv die Schaufel hoch, um sich vor den Schlägen zu schützen. Ein lautes zorniges Wiehern folgte und seine tellergroßen Hufe schlugen nur Zentimeter vor ihren Füßen in den Boden. Er drehte tänzelte zur Seite, der erhobene Schweif des Pferdes senkte sich und das Feuer in seinen Augen erlosch. Er war wieder weg. In sich zurück gezogen.
Nessyma stieß den angehaltenen Atem keuchend aus. Obwoh Ihre Knie zitterten, sagte sie so ruhig wie möglich, "Da bist Du ja gewesen, schön Dich zu sehen, Lux." Mit klopfendem Herzen frischte sie die Einstreu auf, füllte seinen Trinkwassereimer und begann ihn zu putzen. Leise sinnlose Worte in gleichmäßigem Singsang begleiteten ihre Tätigkeit, während sie ihn genau beobachtete. Doch da war nichts mehr, da war nur noch ein völlig in sich abgekapseltes Pferd, das gelegentlich mit dem Schweif schlug, um eine Fliege zu vertreiben.
Er ließ sich völlig problemlos anhalftern und so führte sie ihn mit langer Leine auf die Koppel, wo sie ihn noch lange beobachtete, während er fraß. Sie schwor sich, diesem Pferd zu helfen. Seine Seele wieder zu finden und sie dem Pferd zurück zu geben, egal wie lange es dauern würde. Sie hatte Zeit, Geduld und mit Libanús Hilfe würde sie es zurück ins Leben führen.
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