Spieler, Mensch
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Ich verspürte schon einige Tage lang den Drang, in die Katakomben des britainer Friedhofs hinabzusteigen. Die Untoten dort ruhen nie lange, sondern regen sich stets von Neuem, und es braucht wachsame Augen und ein sicheres Schwert, um sie in Schach zu halten. Fildaris und Isabelle schlossen sich mir an, was mich teils erfreute, teils sorgenvoll stimmte. Fildaris ist eine Handwerkerin, nicht für den Kampf gemacht (und das hab ich ihr schon oft gesagt), und Isabelle, so schneidig sie ist, weiß ich doch nicht, wie gut sie mit dem Schwert umgeht. Es war ein ungutes Gefühl, das mich begleitete, und es sollte sich nicht täuschen.
Kaum waren wir in die dunklen, kalten Gänge vorgedrungen, da ließ sich Fildaris von einem Anfall von Übermut treiben und stürzte voran, mitten hinein in eine Schar von Geisterkriegern und -schützen. Ehe ich’s versah, waren wir in einem hitzigen Kampf verwickelt, und ich musste mit ansehen, wie die beiden Frauen die ersten Blessuren einsteckten. Fildaris, das sah ich, war’s sichtlich unangenehm, als sie die Lage erkannte. Sie hat den Verstand, zu wissen, dass uns ihr Übermut leicht den Kopf hätte kosten können. Meinem Befehl zum Rückzug, kamen sie ohne Widerworte nach. Sie haben sich tapfer gehalten, doch ich schwor mir, das nächste Mal vorsichtiger zu sein, wen ich mit in solch finstere Gänge nehme.
Zurück in der Stadt kehrten wir im „Lachenden Tala“ ein, um den Tag zu beschließen und die Anspannung von uns zu schütteln. Bei Würfelspiel und Gelächter vergaßen wir für eine Zeit die Schrecken der Katakomben. Isabelle und ich foppten uns mit neckischen Worten, und ich spürte eine Leichtigkeit, die ich lang nicht mehr empfunden hatte. Als Fildaris schließlich das Würfelspiel verlor, war die Konsequenz daraus, das sie eine Aufgabe erfüllen musste, die wir ihr stellten. So schickten Isabelle und ich sie mit einem breiten Grinsen zur Ruh, und blieben zu zweit zurück.
So saßen wir dort bis in die frühen Morgenstunden, Seite an Seite, die Würfel in den Händen. Man würfelte eine Zahl für den Anderen und dieser sagte schließlich "Höher" oder "Tiefer". War der Wurf dann das Gegenteilige, musste man entweder trinken, oder etwas von sich preisgeben. Ein einfaches Spiel ward es bald nicht mehr, sondern ein Bekenntnis: Isabelle erzählte von der See und von den Stürmen, die sie geformt haben, wie Wellen das Ufer formen. Trotz ihres zarten Wuchses birgt sie eine Wildheit in sich, die ich wahrlich bewundere. Auch ich fand mich redend, mehr preisgebend, als ich es sonst gewohnt bin. Der Honigwein löste die Zungen, und bald war’s, als würden wir uns seit Ewigkeiten kennen.
Am Ende war ich es, der gewann, und Isabelle musste meine letzte Forderung erfüllen. Ich gebot ihr, einen Salamander zu streicheln, wohl wissend, dass sie diese Tiere verabscheut. Mit einem verzogenen Lächeln und sichtlichem Unwillen gehorchte sie, und wir lachten beide, als sie das Vieh schließlich mit einem Schaudern berührte. Es war ein seltener Moment der Unbeschwertheit, ein Tropfen süßer Honig im bitteren Becher, seit ich alleine nach Britain zurück gekehrt bin.
Als ich sie heimgeleitete und vor ihrer Tür stand, war da ein Moment, ein leiser Hauch, der mich innehalten ließ. Ein Teil von mir hätte sie gefragt, ob ich mit hineindürfe, doch ich widerstand. Die Ehre und der Anstand verlangten von mir Zurückhaltung. So nahm ich Abschied und ließ den 1. Lundin im Zwielicht eines neuen Morgens beginnen, ein Tag, geboren aus Wein, Würfel und geheimen Gedanken.
Ich weiß nicht, was Isabelle mir bedeutet – vielleicht ist sie nur eine Kameradin, vielleicht eine Gefährtin für einen Augenblick. Vielleicht ist es nur das Wissen, dass wir alle jemanden brauchen, mit dem wir die Bürden teilen können, die das Leben uns auferlegt, ob wir wollen oder nicht. 1. Lundin 1340
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