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Alt 10.10.2024, 13:38
Logbuch einer gestrandeten Seefahrerin.
#1
Isabelle Levend
Spieler, Mensch
 
Registriert seit: 18 Dec 2017
Beiträge: 12
Logbuch Eintrag - 01
-01. Lundin im Jahr 1340-

Es sind nun über zwei Wochen vergangen, seit ich in Aldfur im zerstörten Hafen an Land ging – nach drei langen Jahren auf See. Doch was mich dort erwartete, war nicht der vertraute Ort, der mich einst als Hehlerin in seine Arme geschlossen hatte. Stattdessen begegnete mir ein alter Mann, der mir sagte, dass Aldfur gefallen sei. Die einstige Heimat, das Zentrum meines Lebens, war ausgelöscht, und nun sollte Britain diese Rolle übernehmen. Die Menschen waren entweder tot oder geflohen, und so stand ich da – heimatlos, ohne einen Ort, an den ich zurückkehren konnte.

Widerwillig nahm ich den Weg nach Britain auf mich, suchte das Portal, das mich dorthin bringen sollte, und nun bin ich hier. Meine Männer brachten meine Habseligkeiten, die ich nicht auf der Leviathan lassen wollte, in den Hafen von Britain. Und was tat ich, als ich ankam? Ich kaufte mir ein Haus. Ein festes Haus, mit Wänden und einem Dach – wie fremd sich das anfühlt. Der Boden unter meinen Füßen ist zu stabil, das Dach über meinem Kopf zu trocken und warm. Nichts an diesem Leben erinnert mich an das, was ich kannte. Doch was blieb mir anderes übrig? Es wäre zu gefährlich gewesen, bei meiner Crew zu bleiben, sie weiterhin bei unseren Raubzügen und Abenteuern zu begleiten. Ich musste meine zweite rechte Hand zum Kapitän der vier Dreimaster ernennen, denn ohne Führung sollten die Schiffe nicht in See stechen.

Und so verbringe ich nun meine Abende hier an Land. Ein solcher Abend erinnerte mich stark an die alten Tage mit Einar und den Jungs, doch diesmal war alles anders. Statt meiner alten Gefährten saß ich in einer Taverne mit einer Bognerin – einer eigenwilligen Frau – und einem Mann namens Korad Vandrak, Leutnant der Garde von Britain. Natürlich war die erste ernsthafte Bekanntschaft, die ich in dieser neuen Stadt machte, ausgerechnet ein Gardist. Es war, als hätte das Schicksal einen schalen Witz mit mir vor. Doch dieser Korad… Er verwirrt mich. Da ist etwas an ihm, das mich zugleich abstößt und anzieht. Vielleicht ist es seine Rechtschaffenheit, diese unerschütterliche Moral, die mich herausfordert. Oder ist es seine Zurückhaltung, die mich umso mehr reizt? Wie eine verbotene Frucht, die ich nicht kosten sollte und doch nicht aus dem Blick lassen kann.

Nachdem das Spiel "Beim Klabautermann" vorüber war – ich hatte meine Strafe dafür erlitten, dass ich in meiner Erzählung von Einars Tod so versunken war, dass ich meine Flasche in einem Zug leerte – bot Korad an, mich nach Hause zu begleiten. Zuerst dachte ich, er tue es aus Pflichtgefühl, aber da war mehr. Seine Augen sprachen Bände, auch wenn seine Worte vorsichtig gewählt waren. Ob es Sorge war oder Neugier, ich weiß es nicht, aber er bestand darauf, mich bis zu meiner Tür zu bringen. Vielleicht dachte er, ich wäre zu unberechenbar, um allein durch die Straßen zu wandern – oder vielleicht hatte er wirklich Angst um mich, auch wenn er es sich selbst nicht eingestehen wollte. So stand er da, mit seiner aufrechten Haltung, seinem unerschütterlichen Blick, und brachte mich durcheinander wie schon lange niemand mehr. Etwas in seiner Nähe brachte mein Blut in Wallung, und doch wusste ich, dass ich mich ihm nicht hingeben durfte. Nicht ihm. Nicht einem Mann wie ihm.

Es war ein angenehmer Abend, vielleicht zu angenehm. Ich fühle mich immer noch wie ein Fisch auf dem Trockenen, unfähig, diese neue Welt an Land wirklich zu begreifen. Aber irgendwann werde ich wohl müssen. Das Meer kann ich nicht ewig rufen hören, während ich hier verharre. Doch eines weiß ich genau: Ich darf nicht zu viel von meiner Vergangenheit preisgeben. Es wäre töricht, mich zu öffnen, besonders vor jemandem wie Korad. Denn sollte mein Ende jemals kommen, dann will ich es auf See finden – nicht hier, an einem Galgen oder unter der Peitsche.

Ich lese meine Worte erneut und kann kaum glauben, was ich hier festhalte. Was geschieht nur mit mir? Korad hat etwas an sich, das mich aus dem Gleichgewicht bringt, mich auf eine Art schwächt, die mir nicht gefällt. Es ist, als würde er die Mauern, die ich so lange um mich errichtet habe, zum Wanken bringen, und das darf ich nicht zulassen. Ich muss wachsam sein, darf mich nicht in ihm verlieren. Wenn ich so weitermache, werde ich am Ende noch Kleider tragen und meine Locken bändigen wie eine dieser sanften Landfrauen, denen ich nie ähneln wollte. Möbel… ich bestelle ja bereits Möbel! Und wenn der Schreiner heute Abend Zeit hat, werde ich wohl auch das widerstandslos hinnehmen müssen.

Zusatz zum Logbucheintrag 01: Sollte jemals jemand diese Zeilen lesen, so möge er dieses Logbuch in seiner Gänze verbrennen. Denn was hier geschrieben steht, sollte niemals jemand erfahren.
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Alt 11.10.2024, 19:57
#2
Isabelle Levend
Spieler, Mensch
 
Registriert seit: 18 Dec 2017
Beiträge: 12
Logbuch Eintrag - 02
-02. Lundin im Jahr 1340-

Der Tag begann voller Vorfreude. Ich war bei Tarkos Maron, dem Schreiner, und habe endlich meine Möbel bestellt. Birnenholz! Es fühlte sich so richtig an, das Holz selbst auszuwählen, und ich konnte es kaum erwarten, mein neues Zuhause damit zu füllen. Als ich später am Abend Korad in der Burg besuchte, erzählte ich ihm mit Begeisterung davon. Sein Lächeln spiegelte meine Freude wider, und ich fühlte mich für einen Moment wirklich glücklich.

Nachdem wir erst draußen am Feuer saßen, sind wir hochgegangen, da Korad meinen Erfolg mit mir feiern wollte. Doch anstatt mich zu setzen, wanderte ich neugierig durch die Räume der Burg. Ich suchte nach Inspirationen für mein eigenes Heim, wollte wissen, wie ich es einrichten könnte. Schließlich landeten wir im Waschraum. Dort fiel mein Blick auf das große, verstaubte Badebecken. Es war schon lange nicht mehr benutzt worden, und spontan schlug ich vor, es zu reinigen. Ganz beiläufig fragte ich Korad, ob wir vielleicht zusammen baden wollten. Für mich war das nichts Besonderes, doch er schien plötzlich nervös.

Um die Situation aufzulockern, scherzte ich, dass er sich vielleicht nach der Nähe einer Frau sehnte. Doch als er näher trat und seine Hand auf meinen Arm legte, änderte sich alles. Sein Atem streifte meinen Hals, und in dem Moment durchfuhr mich ein Schauer. Mein Herz begann, wie wild zu pochen, und ich genoss es in dem Moment einfach viel zu sehr. Es fühlte sich so verboten an, und eigentlich sollte mir das absolut egal sein – aber nein – Panik stieg in mir auf, unerwartet und überwältigend. „Korad, halt“, flüsterte ich dann, meine Stimme zitterte. Er ließ sofort los, doch ich fühlte mich benommen und verwirrt. Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und verließ den Raum.

Ich stand am Fenster im Wohnraum und starrte in die Dunkelheit hinaus. Plötzlich überkam mich ein intensiver Drang, zum Meer zu gehen. Es war, als würde mir hier die Luft zum Atmen fehlen. „Korad,“ fragte ich, „in welche Richtung liegt das Meer?“ Er sah mich überrascht an und zögerte. „Such es dir aus, eigentlich in allen Richtungen... Nordwesten, Nordosten, aber der Weg führt durch den Wald, und es ist mitten in der Nacht. Willst du wirklich jetzt gehen?“ Seine Besorgnis war spürbar.

„Ich muss sie sehen, die See“, sagte ich mit brüchiger Stimme, als die Tränen über mein Gesicht liefen. Tränen? Bei mir? Vor jemand anderem? Die Panik wurde immer stärker in mir, und ich konnte es nicht kontrollieren. Korad fragte, ob er mich hinbringen solle, und ich erwiderte nur: „Im Wald finde ich mich schwer zurecht. All die Orientierungspunkte, die ich auf See nutze, sind im Wald verdeckt.“ Korad sah mich schweigend an, ehe er sagte: „Ich werde dich hinbringen.“ Ich nickte dankbar, obwohl ich mich tief in mir verloren fühlte. Als wir durch den Wald gingen, verstärkte sich dieses Gefühl. Die Dunkelheit und die Bäume um uns herum machten alles schlimmer. Es fühlte sich an, als wäre ich gefangen – als hätte ich den Teil von mir verloren, der einst frei war.

Als wir an der Küste angekommen waren, konnte ich endlich wieder atmen. Die frische Luft klärte meine Gedanken, und ich versuchte zu erklären, was los ist. „Ich habe ein Haus, Korad. Ich habe Möbel bestellt... Möbel!“ Die Worte fühlten sich fremd an, als würde ich über jemanden sprechen, den ich nicht kenne. „Das ist nicht, wer ich bin.“ Korad deutete an, dass ich dann vielleicht wieder in See stechen sollte, und erst da versuchte ich, ihm zu erklären, dass das nicht mehr möglich ist.

Er lauschte mir und legte sich dann ins leicht feuchte Gras. Zögernd legte ich mich neben ihn, und unsere Gespräche wurden tiefgründiger. Kurz darauf legte ich meinen Kopf auf seine starke Brust. Eigentlich nichts Besonderes – das habe ich mit Einar und Frederik auch oft getan, wenn kein Wind in den Segeln war. Wir sahen uns dann die Sterne an, planten den nächsten Überfall oder sprachen über die letzte Beute. Aber bei Korad fühlte es sich anders an. So geborgen, so unfassbar angenehm und doch so verboten. Als sein Arm sich um mich legte, ertappte ich mich dabei, wie ich unbewusst mit meinen Fingern die Falten seines Hemdes nachzeichnete. Meine rechte Hand fuhr die Sternenbilder ab, als ob ich versuchte, meine Gedanken zu beruhigen und mich abzulenken.

Als seine Hand dann auch noch begann, mit meinen Haaren zu spielen, senkte ich meinen sternendeutenden Finger wieder. Wir redeten darüber, wie wir uns fühlen, wenn wir bei einander sind, und uns war beiden bewusst, dass wir in einer schwierigen Situation steckten. Wir kannten uns kaum, und doch schienen wir beide dasselbe zu empfinden. Wir fühlten uns geborgen. Viel zu geborgen und sicher beieinander.

Bevor wir etwas Dummes taten, erhob ich mich. Ich spürte noch, wie seine Hände mich nur widerwillig losließen, und doch erhob er sich kurz nach mir. Er bestand darauf, mich nach Hause zu begleiten.

Vor meiner Haustür angekommen, konnte ich nicht anders. Ich gab ihm einen Kuss auf den Mundwinkel. Es hatte mich überkommen, und es fühlte sich richtig an, als wäre es etwas, das mein altes Ich getan hätte. Doch als ich die Tür schloss und sie zwischen uns wie ein Hindernis war, spürte ich, wie die beklemmende Leere zurückkehrte. Ich fühle mich verdammt noch mal einsam, wenn er nicht da ist. Keine Ahnung, ob er das verstehen würde, wenn ich ihm das erzähle – ich verstehe es ja selbst kaum. Aber ich muss mich an mein neues Leben gewöhnen. Denn das ist nun mein Zuhause und diese Menschen sind diejenigen, die mich umgeben. Ich hoffe nur, dass ich es nicht verpatze.
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Geändert von Isabelle Levend (11.10.2024 um 19:59 Uhr).
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