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Alt 29.06.2011, 21:46
Katzenaugen im Geäst
#1
Vraethyn
Reisender
 
Registriert seit: 16 Jun 2011
Beiträge: 4
Vraethyns grüne Hände strichen sinnierend über das Gras. Ihre langen Finger bewegten sich immer wieder im selben langsamen Rhythmus durch die einzelnen Halme, die in dieser Sala so voller Leben waren. Ein paar Monate dürfte sie jetzt hier weilen – ein paar Monate… für ein Elfenleben nichts. Für Vraethyn jedoch eine ganze Welt.
Sie hatte alles verloren. Ihre Sala wurde von den Menschen ausgerottet, die Bäume haben von keiner Überlebenden außer ihr berichtet. Sie wollte fliehen, fort von diesem Ort an dem so viele Erinnerungen wie Raubtiere lauerten – sie aufzufressen drohten. Ein Elfenherz vergisst nie, wenn es einmal Schmerz empfunden hat. Es würde noch Jahrzehnte dauern bis sie den Verlust endlich überwinden wird, wenn nicht gar ein Jahrhundert oder zwei.
Sie dachte an die Flüsse, die fröhlich ihr Lied plätscherten und die nie wieder für sie singen würden. Sie dachte an die Winde, die ihr ständig Geschichten ins Ohr flüsterten.
Sie dachte an das Gelächter der Elfenkinder, das wie das Klingeln von Feen in den Ohren aller Lindhel kitzelte.
Und sie dachte an ihre geliebten Brüder und Schwestern, die in den Flammen untergegangen sind.
Sie wurden ausgerottet… von den rachsüchtigen Menschen. Menschen, die nie genug bekommen, die das Gleichgewicht der Natur nicht achten und Tiere des Tötens wegen töten. Sie töten die Tiere, nicht etwa weil sie die Felle brauchen, sondern weil sie töten wollen und „haben“ wollen.
Vraethyn unterdrückte die Hassgefühle, die in ihr wieder versuchten aufzulodern. Sie unterdrückte diese unendliche Sehnsucht und die Trauer um das Verscheiden ihrer Familie.
Ein Jahr lang ist sie durch die Länder gestreift, hat sämtliche Wälder durchsucht und die Bäume nach anderen Waldelfen befragt. Die meisten gaben ihr keine Auskunft, sei es weil sie nicht konnten oder es nicht wollten. Doch ein Baum hatte ihr den Rat gegeben, sich nach Süden zu wenden und dort zu suchen.
Ein Jahr lang wurde sie vom Peitschen ihrer Hoffnung durch die Wälder getrieben. Sie ging Tag und Nacht und machte nur selten Rast. Die Sehnsucht zerrte an ihr, riss sie immer wieder fort von ihrem Ruhen und gedachte nicht damit aufzuhören, bis sie endlich die Schwelle der Sala überschritt.
Dort stand er. Liandrel war der erste Waldelf, den sie kennenlernte. Neugierig beschnupperten sie sich beide und sein Duft ließ Vraethyn vor Freude aufzittern. Liandrel war ein weiterer Druide, doch um ein Vielfaches weiter in der Wälderkunde als sie, wie sie später feststellen musste. Seine Melodie erzählte von Freiheit, von Wissen und klang nach der Wildnis in ihrer reinsten Form. Er liebte die Wälder, das hörte und spürte sie ganz deutlich. Wenn sie bei ihm war, war das Gefühl, was sie einst hatte, sehr nah: zu Hause zu sein.
Dann war dort noch Nethig, seine Schwester. Liandrel und sie kannten sich von Kindesbeinen an und ein Blick reichte, um zu verstehen, dass sie sehr vertraut miteinander umgingen. Vraethyn selbst hatte jedoch das Gefühl, Nethig würde sie meiden oder zumindest Distanz bewahren. Gründe dafür wusste sie nicht, denn sie selbst mochte Nethig eigentlich sehr. Ihre Melodie war ganz anders als die von Liandrel. Sie hatte sehr viel Harmonie in sich und sang von starker Zuneigung und Wärme, gleichzeitig auch von kindlicher Neugierde und … dieser ganz speziellen Aufgewecktheit, die nur derartig junge Elfen wie sie inne trugen.
Daneben lernte sie noch Ethiel kennen, das Männchen, welches zu Nethig gehörte und Ilyumae, eine ebenfalls liebreizende Elfe.
Im Großen und Ganzen war es gänzlich anders als ihre alte Sala… sie hatte das Gefühl, dass viele dieser Elfen nicht vollkommen die Gemeinschaft lebten, sondern viel mehr auf sich schauten. Es herrschte nicht dieses Gefühl von einer unzerstörbaren Gemeinschaft, von unzerbrechlichem Zusammenhalt. Sie wusste nicht genau, weshalb sie dieses Gefühl hegte, war es doch nur eine Eingebung, ein erster Eindruck. Vielleicht lag es aber auch nur an der Ungewohntheit, schließlich hatte sie sich ihr Leben lang an andere Elfen gewöhnt. Immerhin ist es kein Geheimnis, dass Waldelfen das Bekannte lieben. Vielleicht spielte ihre Angst, wieder alles zu verlieren, ihr auch nur ein paar Streiche. Was nun tatsächlich der Wahrheit entsprach, würde einzig und allein die Zeit zeigen.
Vraethyn ist offline  
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Alt 04.07.2011, 16:12
#2
Vraethyn
Reisender
 
Registriert seit: 16 Jun 2011
Beiträge: 4
Vraethyns Gedanken kreisten umher und ihr Geist war unfähig zu ruhen. Das flimmernde Pochen des kleinen Lindwurmherzens hatte sich in ihr Ohr gebrannt und schlug dort weiter leise vor sich hin. Eigentlich wollte sie Abstand von dem Ei gewinnen, wollte dieses Pochen, welches immer wieder auf ihr Hirn eindreschte und ihr Kopfschmerzen verursachte, aus ihrem Kopf verbannen, um zu vergessen – doch dieses mulmige Gefühl, was sie wie einen Schatten mit sich trug und sich ständig im Hintergrund abzeichnete, war nicht zu ignorieren.
Also ging sie wieder zum Lagerfeuer als Liandrel sich zum Ruhen hinlegte und lehnte sich an jenes Ei, welches mutterseelenallein dort ruhte. Ständig flüsterte sie dem Kind Worte zu, versuchte es zu wärmen und sprach ihm gut zu. „Es wird alles gut, mein Kleines, du wirst wieder zu Mutter und Vater kommen. Es wird alles gut, du bist jetzt sicher. Wir kümmern uns darum. Wir kümmern uns um dich. Ich verstehe deine Sehnsucht, mein Kleines, ich verstehe deinen Kummer. Du wirst wieder glücklich, das verspreche ich dir.“
Sie versuchte dem Kind dort gut zuzusprechen, wo sie es gebraucht hätte. Ein Lindwurmei zu stehlen... wie abgestumpft muss man sein, um solch eine Tat zu begehen? Wie kalt muss man sein, um einem Kind die Familie weg zu nehmen und...
Was war überhaupt der Grund dafür?
Die gebrannte Elfin erinnerte sich nur zu gut an ihre Familie, an die Sala in der sie vom kleinen Welpen zur Waldelfe heranwuchs. Es schien fast, als könne sie sich selbst dadurch trösten, indem sie sich um dieses kleine Ei kümmerte. Ihm ist etwas ähnliches passiert und es vermisst seine Eltern, sodass es schwach ist vor lauter Traurigkeit. Vielleicht war es naiv zu glauben, sie könne dem Kleinen helfen, doch wenn man niemanden hat ... ist es dann nicht wenigstens ein kleiner Trost, nicht ganz alleine zu sein?
Dass Menschen zu so etwas in der Lage sind, war ihr bewusst. Aber... Stadtelfen? Jene, welche dieselben Wurzeln haben wie sie selbst? Wie konnte so etwas möglich sein?
Was ist mit den Völkern geschehen? Ist der Respekt vor Leben denn gänzlich abhanden gekommen?
Zuerst droht Munar einem ihrer Brüder mit dem Tod, dann spricht die Vertreterin der Stadtelfen von Krieg zwischen Wald – und Stadtelfen und nun soll Sathrion mit den Menschen ein Lindwurmei gestohlen haben? Ist ihnen denn gar nichts mehr heilig?
Was Vraethyn nicht im Geringsten verstehen konnte, waren Liandrels Worte: „Darok hat mehr Herz gezeigt als Sathrion.“
Gewiss, Sathrion war ein sehr verhaltener Elf und der erste Blick zeigte, dass seine Vernunft oberste Priorität hat. Er hat sich in aller Aufrichtigkeit bei den Lindhel für Munars Verhalten entschuldigt. Sie selbst war dadurch so gerührt, dass sie Sathrion in der Sala stets willkommen hieß für seine Freundschaft. Doch wenn das wirklich stimmte...
Sie schüttelte den Kopf. Liandrel weiß bestimmt mehr darüber als er gestern gesagt hat. Irgendwie musste doch ein Missverständnis vorliegen!
Dieser Gestank, der an dem Ei hing, roch schrecklich. Es musste unbedingt gereinigt werden. So würden es die Lindwurmeltern nicht mehr annehmen. Würde der Geruch von Verwesung und Mensch in die feine Nase eines Lindwurms dringen, könnte er das Ei zerstampfen oder andere Dinge mit ihm machen.
Das Gespräch mit Liandrel ist dringend notwendig, bevor sie ein weiteres Wort mit Sathrion spricht. Zuerst will sie wissen, wie Liandrel Sathrion als Freund einschätzt und wie er sich zu dieser Situation äußert.
Sie wurde nicht müde, das Ei zu wärmen und zu versuchen, ihm ihre Nähe zu geben, stetig weiter lauschend, ob der Schlag des kleinen Herzens wider Erwarten an Stabilität gewinnen würde. So saß sie da, Stunde um Stunde, wartend, gleichsam einer Mutter, die darauf hofft, dass ihr krankes Kind genest.
Vraethyn ist offline  
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