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Alt 06.10.2022, 16:50
Der Segen der Göttinnen
#1
Stille der Nacht
 
Registriert seit: 02 Jan 2004
Beiträge: 66
Ein lautes Knallen rummste durch den nächtlichen, von tausenden von Kerzen erleuchteten Palast. Die erlesenen, aber spärlich eingerichteten Räumen mit ihren hohen Decken gaben den Misston knallend wieder. Und ein Misston war es tatsächlich, denn hier, wo die Götter sich gelegentlich für familiäres oder politisches Beisammensein trafen, waren solche Geräusche doch eher unüblich. Natürlich konnten auch Götter sich lautstark streiten - insbesondere wenn sich einer der Eigenwilligeren unter sie mischte - aber fürs Türenknallen war man dann doch zu gesittet.

Libanu seufzte. Sie war nur hergekommen, um sich ein wenig mit ihren Kindern und Anverwandten zu unterhalten und war am Ende bei ihrer Tochter Cunna hängengeblieben. Mit ihrem entschlossenen aber eher sanftmütigen Wesen war die Göttin des Herdfeuers ihrer Mutter wohl am ähnlichsten. Und Libanu genoss es, manchmal einfach schweigend neben ihrer Tochter zu sitzen, deren nie ruhende Hände immer irgendetwas strickten, malten oder buken.
Heute indes war die Muttergöttin ein wenig unkonzentriert und rastlos. Ohne es wirklich zu merken, fuhren ihre Finger immer wieder kleine Kreise in der Luft und ließen kleine Pflanzen sprießen. Moos, kleine Gräser, Gänseblümchen.
"Mutter.", kommentierte Cunna das gedankenlose Tun der Lebensgöttin, ehe sie ihren Kopf in die Richtung wandte, aus der das Knallen ertönt war. Ein weiteres erklang, doch keine der beiden Göttinnen schien dadurch erschreckt. Libanu ließ die Hand sinken und wandte sich ebenfalls zur Tür.
Nur wenige Augenblicke später kam Ludia hereingestürmt. Als einer der jüngeren Göttinnen mit einem fröhlichen, verspielten und manchmal sehr energischen Lebens war sie für ihre Rolle als Göttin des Glücks und der schönen Künste wie geschaffen. Aber traf das nicht auf alle Götter zu?

Heute indes wirkte Ludia weder glücklich noch verspielt sondern vielmehr im höchsten Maße unzufrieden. Mit einem Schnaufen ließ sie sich neben Cunna sinken, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Mutter und Schwester abwechselnd an, darauf wartend, dass man ihr das Wort erteilte.
"Mein Kind, was macht dich so rastlos und unzufrieden?", wandte Libanu sich an die jugendliche Göttin, deren Gesicht vor lauter Ärger auf sinnliche Art und Weise gerötet war - perfekt passend zu den etwas zerzausten Haaren die sich in ihrem Gesicht kringelten.
"Wie lange wollen wir diese Düsternis noch ertragen, die Tunkali über Britannia gebracht hat? Ich war gerade erst wieder dort, um in meinem Tempel nach dem Rechten zu sehen, aber wenn ich dorthin komme, verspüre ich so gar kein Bedürfnis mehr, irgendwem Glück zu schenken. Ich ärgere mich einfach nur". Es hätte nicht viel gefehlt, und Ludia hätte mit dem Fuß auf den Boden gestampft.
"Hm", machte ihre Mutter. "Ich verstehe dich. Keiner von uns hat wohl erwartet, dass Tunkali die Insel dieses mal so erfolgreich ins Ungleichgewicht bringt. Trotzdem glaube ich, dass die Menschen ihre Prüfung noch bestehen und die Dunkelelfen zurück in ihre Löcher drängen werden, wie sie es immer tun."
"Und die Elfen", warf Cunna ein wenig gedankenverloren ein. Sie war schon wieder mit ihrer Handarbeit beschäftigt, einer zauberhaften, kleinen Stickerei mit zarten Blüten.
"Ja, die Elfen natürlich auch", gab ihre Mutter nach.
"Und die Zwerge", setzte Cunna nach.
"Ja, selbstredend, die Zwerge."
"Und die Drachen."
"Die auch."
"Ach jetzt lasst mich doch mit diesem ganzen Gekröse in Ruhe. Die Menschen sind nun einmal am stärksten dort vertreten. Und das ist ja auch gar nicht Kern der Sache!", mischte Ludia sich erregt ein. "Mir ist egal, was Tunkali sich da wieder an Leid und Demut ausgedacht hat, ich habe keine Lust mehr, zu warten, bis sie damit fertig ist."
"Und was hast du vor, mein Kind?", wandte Libanu sich nun mit neugierigem Blick an das Göttermädchen.
"Tja", machte dieses ein wenig ratlos und für eine kurze Weile sahen sich die beiden Herrinnen schweigend an.
Schließlich war es Cunna, die die Stille durchbrach. "Schenken wir den Menschen etwas, das ihnen Gutes bringt", schlug sie ein wenig geistesabwesend vor.
"Und was? Noch eine Wunderwaffe, ein Zauberwesen oder irgendeine Fähigkeit?", hakte Ludia nach.
"Nein, ich dachte eher... erinnert ihr euch noch an den Feenbaum? Es ist sicher über hundert Jahre her, dass wir ihn nach Britannia gebracht haben, aber irgendwie hat sich niemand von uns darum gekümmert, ihn auch zu erwecken." Libanu tippte sich nachdenklich mit dem Finger an die Unterlippe. "Er ist mit vielen guten Fähigkeiten gesegnet und völlig frei von der Eigenschaft, Schaden zuzufügen. Wenn er erwacht, kann er die Menschen erfreuen und vieles mehr."
"Oh, der Feenbaum!", erwiderte Ludia nun mit sichtbarem Enthusiasmus. "Die kleinen, frechen, hilfsbereiten Feen! Sind sie noch dort?"
"Ich nehme an, sie schlafen und warten darauf, dass sie gebraucht werden", antwortete Libanu sanft.
"Aber erwecken müssen sie die Bewohner Britannias. Sonst funktioniert der Zauber des Baumes nicht", warf Cunna mit ihrer sanften Stimme ein.
"Und schützen sollten sie ihn", nickte Libanu bestätigend. "Es würde mich sehr traurig machen, wenn irgendjemand ihn missbrauchen oder sogar abholzen will."
"Wer will hier wen abholzen?", mischte sich eine neue Stimme ein. Eine weitere Göttin trat hinzu, mit hellem Haar und einer Gestalt so zart, dass sie wie die Verkörperung der Reinheit wirkte.
"Tycuahele", lächte Libanu und streckte der Göttin ihre Hand entgegen, um sie sanft zu drücken. "Ich wusste, dass deine Neugier geweckt wird, wenn jemand mit den Türen knallt."
In begeisterten Worten weihte Ludia die Hüterin der Elfen in den Gedankengang der Göttinnen ein.
"Es wäre ein unsägliches Verbrechen, ein solches Geschenk zu missbrauchen", erklärte Tycuahele mit Trauer in der Stimme. "Aber das wird euch hoffentlich kein Grund sein, es nicht zu tun? Es ist eine wunderbare Idee und alle Völker könnten durch dieses Geschenk gesegnet sein."
"Dann seid ihr also alle einverstanden?" Libanu sah die anderen Göttinnen fragend an und erhielt einstimmiges Nicken. "Gut, dann soll es so sein. Wir werden eine unserer Botinnen schicken. Sie soll denen, die sie trifft, die Aufgabe stellen, den Feenbaum zu erwecken. Möchte eine von euch das übernehmen?" Als sich nicht sofort jemand regte, schnippte die Göttin mit den Fingern. "Ach, ich weiß schon, wen wir nehmen."

Ohne ein Wort zu sagen, richtete Libanu den Blick auf eine leere Stelle, die im Kreis der Göttinnen bestand. Nur einen Augenblick später materialisierte sich dort die Gestalt einer irgendwie alterslosen Frau. Sie war in ihrem Erscheinungsbild ihrer Göttin nicht unähnlich, hatte aber eigene Gesichtszüge und eine andere Frisur.
"Mein Kind", richtete Libanu das Wort an ihre Sendbotin. "Hast du Lust, für eine Weile in deine Heimat zurückzukehren? Ich habe eine Aufgabe für dich."
"Herrin, ich würde sehr gerne sehen, wie Britannia sich seit meinem Weggang verändert hat. Welche Aufgabe hast du für mich?"
In kurzen Worten erklärte Libanu ihrer Botin, was sie vorhatte. Die anderen Göttinnen lauschten, zwei vor Aufregung kichernd, eine immer noch auf ihre Stickerei konzentriert, aber ebenfalls mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Ich verstehe, und werde mich umgehend darum kümmern", erwiderte die Botin und nur einen Augenblick später war die einst so gerühmte Heilerin verschwunden.

"Geben wir den Menschen trotzdem schon ein kleines Zeichen", erklärte Cunna. Mit einer sanften Geste ihrer Hand löste sich die hübsche Blüte aus der Stickerei und verschwand...
...nur um an einem unscheinbaren, alt aussehendem und irgendwie deplatziert wirkenden Baum mitten in Britannia wieder aufzutauchen.
Stille der Nacht ist offline  
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Alt 19.10.2022, 14:44
#2
Mila Vandorez
Reisender
 
Registriert seit: 25 Sep 2016
Beiträge: 500
Vandorez saß mit dem Besitzer des Lyndwurms in eben seiner Schenke und versuchte gerade ihrer wachsenden Ungeduld Herr zu werden. Sie hatte vierzehn Tage mit schwererem Fieber im Bett gelegen als sie zugeben wollte. Gerade zwei drei Tage war es her, dass Manuel der Heiler ihr erlaubte wieder auf die Beine zu kommen, sofern sie seine Aufgüsse weiterhin regelmässig trank und sich noch regelmässig im Heilerhaus blicken ließ für die Nachkontrollen. Ihre Stimme war noch heiser vom Husten der nun abklang, ihr Hals tat noch weh und nach einer kleineren Übungskampfrunde war sie erschöpfter als es ihr passte. Ihr Körper sandte ihr eindeutig die Signale es langsam anzugehen und sie war klug genug, darauf zu hören, auch wenn sich die wachsend Unruhe und Ungeduld durch ihren Geist und ihre Eingeweiden fraß.

Es war die Götterbotin Libanus die ihrem inneren Leid ein Ende bereitete. Vandorez glaubte einen Moment, das Fieber sei zurück gekehrt als das überirdische Wesen den Gang der Schenke entlang auf sie und Varkon zukam. All ihre Empfindungen, Gedanken und Gefühle setzten für einen Moment aus, um dann in ein reichlich unkontrolliertes Chaos zu ergehen. Sie hatte schon häufig von diesen Geschichten und Legenden gehört in diesem Land, dass die Götter ihre Boten sandten, gleich in welcher Gestalt, doch sie selbst war noch keinem dieser Wesenheiten je begegnet. Nicht so jedenfalls. Sie hatte sich vom Götterwirken stets fern gehalten, sich aus den Religionen rausgehalten. Sie konnte sich innerlich nie für einen einzigen Gott entscheiden, sie glaubte an das Panteon und natürlich hatte sie dort ihre Favoriten. Adoria und Glaron natürlich, in ihrem Bestreben die Menschheit zum Licht zuführen, gerade für sie als Kriegerin, war das immens wichtig. Aestifer hatte stets einen besonderen Platz in ihrem Herzen. Ihre Mutter hatte sie oft auf Pilgerreisen im Namen Aestifers mitgenommen, es gab in ihrer Kindheit sogar einen Aestiferschrein in der Schmiede ihrer Mutter. Doch ihr Leben hatte sie nah an die Pforten Libanus und dem Namenlosen getrieben. Beide Gottheiten hatten einen essentiellen Bestand in ihrer, sich langsam formenden Spiritualität. Leben und Tod waren für sie Grundpfeiler die für einen jeden hier auf Erden galten, ganz gleich wo man sich befand, ganz gleich zu welcher Zeit. Auf diesen beiden Aspekten hatte sich ihr Dasein aufgebaut. Leben und Tod. Sie fürchtete den Tod nicht und in all der Zeit sah sie nur den Weg, den Tod zu respektieren und zu achten. Sie wollte nicht unbedingt sterben oder Tod bringen, doch er gehörte dazu und der Namenlose ließ ihr keine Möglichkeit, dies zu leugnen.
Libanu hingegen war das Gegenstück. Sie glaubte fest an das Leben und konnte diesem dienen. Sie konnte mehr tun als es zu respektieren und zu achten, sie konnte sich für das Leben einsetzten. Für alles natürliche Leben. Nicht nur für ihr Leben oder das Leben der Menschen, sondern auch für das Leben der Tiere und der Natur. Noch heute pilgerte sie an einem Ort der für sie Leben bedeutet. Doch nie hatte sie gebetet, seit sie ihre Heimat verlassen hatte. Weder zu den Lichtgöttern, noch zum Namenlosen oder der Lebensspenderin. Sie scheute sich gar, Libanu zu nennen, wenn man sie fragte woran sie glaubte. Die meisten Menschen verbanden Libanu mehr mit Liebe als mit Leben, die Aspekte der Barmherzigkeit und des Mitgefühls, waren vielen wichtiger als das Leben, sofern sie nicht um neues Leben baten und flehten. Damit konnte sie wenig anfangen. Sie verstand zwar die Begrifflichkeiten und empfand selbstredend auch Barmherzigkeit und Mitgefühl im Rahmen ihres Daseins, doch ordnete sie diese ihrem Gerechtigkeitssinn unter. Dazu brachte sie für viele ihrer Feinde den Tod, sie war Kriegerin, stand auf den Schlachtfeldern der Menschheit oder in den Kämpfen gegen die versuchten Kreaturen, die dem natürlichen Leben widersprachen. Mit ihnen empfand sie keine Barmherzigkeit oder Mitgefühl. Sie war keine wirkliche Gläubige und hatte sich davor gesträubt sich mit dem Verständnis göttlicher Präsenz auseinander zu setzten.

Umso mehr traf sie jene göttliche Präsenz der Botin, als sie nun neben ihr stand. Es dauerte lange, bis sie einigermaßen glaubte was sie sah. Der Umstand das Varkon gar fast anfing zu plaudern, wenngleich verhaltener als sonst, trug nicht gerade dazu bei, ihr das Geschehene glaubhafter zu machen. Intuitiv und ohne darüber nachzudenken hatte sie sich vor das Wesen gekniet und ein Versprechen abgegeben. Sie hatte sich einer Aufgabe angenommen und ihr Weg führte sie zunächst nach Minoc. Sie hatte der alten Legende gelauscht und viel bedeutsamer war ihr, dass sie Halt bekam, ihre Emotionen waren ins Wanken geraten. Doch verweilen konnte sie nicht. Als sie zurück nach Britain reiste, tobte es erneut in ihr. Sie traf auf ihren alten Lehrmeister.
Vertrauen bedeutete ihr mehr als weltliche Missverständnisse oder unterschiedliche Ziele und Einstellungen. Und Vandorez vertraute sich ihm an. Dieses neuen Erfahrungen die sie an jenem Tag machte, überforderten sie und auch in diesem Gespräch konnte sie vage den Leitfaden erkennen, dem sie folgen würde. Sie fühlte sich überrannt und auch in ihrer Standfestigkeit angegriffen.

Die Nacht schlief sie, dank des Aufgusses gut durch, wenngleich wirre Träume sie einholten. Am nächsten Morgen erwartete sie eine Nachricht in der Kriegerhalle und sie kehrte an den Ort des Geschehens zurück. Ein langes Gespräch mit dem anderen "Auserwählten" fand statt. Und Varkon vermochte es schließlich, vermutlich ob der Zeit die er ihr gab, sie zur Ruhe zu bringen. Als sie schließlich heimkehrte, kleidete sie sich in ihre Pilgerkleidung und machte sich auf ihre Pilgerreise zu Fuss. Zum Abend würde sie zurück sein wollen, um ihren weltlichen Verpflichtungen nach zukommen. Das Ende dieses Gespräches hatte sie erneut aufgewühlt, doch vermochte es nicht so Durcheinander in sie zu bringen, wie die Götterbotin. Die Pilgerreise brachte sie schließlich zur Ruhe und stärkte das, was andere ihr bisher geraten hatte. Sie befolgte alle Ratschläge, die sie bis dahin erhalten hatte und zog ihren Kodex zur Hilfe für die nächsten Schritte die sie tat.
Mila Vandorez ist offline  
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