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Alt 06.06.2001, 14:38
Die schwarze Seele
#1
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Es war ein unangenehmer Morgen. Der kalte Taureif hing an den Gräsern unter meinen Füßen und der Boden war so aufgeweicht, dass er mehr einer zähflüssigen braunen Masse glich als begehbarem Feld. So wie das Wetter war auch die Stimmung unter uns Kriegern. Lustlos streifte ich mir die verschwitzte Nachtbekleidung ab. Sie wäre nicht nötig gewesen, schlafen konnte ich ohnehin nicht. Die ganze Nacht hatte ich kein Auge zugetan. Die Angst vor der bevorstehenden Schlacht machte es unmöglich an Schlaf zu denken. Ein Schluck Wasser und ein halber Laib Brot sorgten dafür dass ich dennoch wach wurde. Beim Essen ging langsam die Sonne auf. Sie tauchte das Feld zu meinen Füßen ein unheilvolles dunkles Orange. Der Gedanke an die Kreaturen die bald dort auflaufen würden lies mich erschaudern.

Der Befehl kam von ganz oben, wir sollten uns auf den Weg machen und uns einer Horde Untoter, die sich unaufhaltsam den Weg zu unserer Haupstadt bahnte, in den Weg stellen. Sie waren noch etwa 3 Tagesmärsche von unserem Lager entfernt. Ein Blick zu meinen Kameraden machte mir klar, dass ich mit meiner Furcht nicht alleine war. War es die gnadenlose Übermacht der Bestien oder die Unsicherheit unter uns die nächsten Tage nicht zu erleben ? Nie mehr unsere zurückgebliebenen Frauen und Kinder in die Arme schliessen zu können ? Nie mehr die Stadttore unserer Heimat durchqueren zu können ? Nie mehr... ich weiß es auch nicht. Nur eines war sicher: viele von uns würden ihr Leben im Dienste der Gerechtigkeit lassen.

Unser Hauptmann besprach mit uns die Taktik. Unsere Paladine sollten die erste Schlachtreihe bilden. Kavallerie sollte sich versetzt hinter ihnen aufstellen und in die Feindmassen stürmen. Meine Schützeneinheit sollte sich direkt vor unserem Lager an der Spitze des Hügels aufstellen und soviele Untote zur Strecke bringen wie nur irgend möglich.
Ein Blick ins Gesicht unseres Hauptmanns aber, sagte mehr als Schlachtpläne und Strategien. Es war unmisverständlich, dass er selber nicht an einen möglichen Sieg glaubte...

Der Tag verlief ansonsten ruhig, wir tranken ein wenig, trainierten und gingen Kampfzüge durch. Die Moral unter uns war wirklich mehr als mies, Gerüchte über erste Deserteure wurden laut, einige meiner Kameraden hielten dem Druck wohl nicht stand.
Kurz nach Sonnenuntergang war es an der Zeit mein Lager zu beziehen. Es war die erste Nacht seit langem in der ich schlafen konnte. Nicht etwa weil ich ruhiger war, sondern viel mehr aus purer Müdigkeit. Kurz vor dem Einschlafen warf ich noch einen letzten Blick auf meine alte Ringrüstung - sie war alt, alt und zerkratzt. Aber dennoch gelang es ihr bisher irgendwie mich vor dem Tode zu bewahren.

Ich wurde sehr unsanft geweckt. Schreie durchdrangen unser gesamtes Lager, ich hörte aneinanderprallende Klingen, die Signaltrompeten, sie gaben das Kampfsignal ! Was zur Hölle war los ? Der Kampf sollte erst morgen stattfinden, das konnte alles nicht sein, ich musste träumen, es gab keine andere Erklärung. Ein Blick aus meinem Zelt holte mich aber schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Untoten, sie hatten uns im Schlaf überfallen. Überall Tote, meine Kameraden die nicht einmal ihre Waffe ziehen konnten und abgeschlachtet worden. Ein Gewaltmarsch von Zombies, Ghulen, Skeletten und Kreaturen für die ich keine Worte finde zum sie zu umschreiben, war dabei unser gesamtes Lager auszulöschen. Zelte brannten, Skelette mit Schwerten und Äxten im Kampf mit unseren Paladinen. Einige hatten Zeit ihre Rüstung anzulegen, andere kämpften nur mit Schwert, Schild und ihrem Nachtgewand. Ich musste ihnen helfen, schlüpfte hastig in meine Ringhose, legte das Hemd um, stülpte mir die Handschuhe über. Eine Hand fuhr zum Kocher mit Bolzen, die andere zu meiner Armbrust. Hastig legte ich einen Bolzen ein, entsicherte meine Waffe. Kaum wollte ich mich in den Kampf stürzen, wurde die Zeltplane von einer riesigen Axt zerrissen. Geschockt fiel ich in den Dreck, eine knöcherne Fratze grinste mir entgegen, bereit meinem Leben ein Ende zu setzen. Ich schloss die Augen, wissend dass alles vorbei sei. Doch statt von der Axt in Stücke gerissen zu werden, hörte ich nur ein lautes Scheppern. Ich öffnete meine Augen, sah wie einige Knochen um mich herum verteilt waren und einen unserer Paladine, der mir seine Hand entgegen hielt. Er half mir auf und gab den Befehl zu kämpfen. Kämpfen bis zum Tod. Ich nahm seine Hand und er zog mich hastig auf meine Beine zurück. Kaum stand ich ihm gegenüber, sah ich wie ein Skelett hinter ihm zum Schlag ausholte. Noch bevor ich "Achtung" brüllen konnte, drehte er sich blitzschnell um und zerschmetterte den Untoten mit seinem Schild. Er zog wieder sein Schwert und bahnte sich den Weg in Richtung unserer Kameraden. Ich griff meine Armbrust aus dem Schlamm und lief hinter ihm her.

Unaufhaltsam stapfte er in Richtung der Untoten Masse, Zombies die sich ihm in den Weg stellen spaltete er ohne sie auch nur anzusehen. Ich hatte Mühen ihm zu folgen, obwohl er eine schwere Plattenrüstung trug, konnte er sich erstaunlich geschickt bewegen.

Unsere Reihen lichteten sich immer mehr. Wir konnten der Übermacht nicht mehr lange standhalten. Die Monster würden erst uns und dann unsere Heimat mit wehrlosen Bürgern überrennen. Bilder von brennenden Häusern, toten Menschen und weinenden Frauen und Kindern zuckten wie Blitze durch meinen Kopf und wir können nichts dagegen tun...

Mir wurde langsam klar welches Ziel der Paladin hatte, er wollte ins Zentrum des Gefechtes, den Anführer der Bestien ausschalten. Es wäre unsere einzige Hoffnung diese grausame Schlacht noch für uns entscheiden zu können.

Bolzen um Bolzen jagte ich in die Monstren die sich um den Anführer schaarten. Es war eine enorm große Gestalt, eingehüllt in schwarze Gewänder mit einem knorrigen Stab in der Hand, scheinbar ein Magier der der Masse Befehle gab. Seine leuchtenden gelben Augen durchbrachen die Nacht wie brennende Geschosse. Ich stand wie erstarrt da als sein Blick auf uns fiel. Für einen Augenblick verschwanden seine Augen in der Nacht, ich hoffte dass er uns ignorieren würde. Doch wie sehr hatte ich mich getäuscht. Seine Augen loderten in einem grausigen blutrot auf, als neben ihm zwei Feuersäulen aus dem Boden stachen. Genau wie ich blieb der Paladin stehen, er hob seinen Schild als wenn er wüsste was passieren würde, ich konnte es dagegen nur erahnen. Ich setzte zu einem kurzen Sprint an und konnte mich gerade noch hinter den Krieger werfen, als uns ein flammender Strahl entgegen geschossen kam. Es war unglaublich heiß, und obwohl er noch größere Schmerzen in seiner Rüstung haben musste als ich, hielt er sein Schild standfest dem Inferno entgegen. Ich konnte seinen Atem hören, leises Stöhnen und seinen rasenden Puls. Ich betete innerlich zu Gott dass diese Schmerzen endlich ein Ende hätten. Ich hätte beinahe den Lebenswillen verloren, als plötzlich das grelle Licht um uns verschwand. Der Paladin saß immernoch hinter seinem Schild. Seine Rüstung glühte, Blut und Schlamm darauf kochten und qualmten. Dieser Mann war wirklich unmenschlich. Er stand, wenn auch zitternd, auf und griff sein Schwert. Er streckte es gen Himmel und stieß er einen schallenden Kampfschrei aus... Stille. Absolute Stille. Ich vernahm nur seinen schweren quälenden Atem. Alle Kampfhandlungen wurden unterbrochen. Alle sahen wie gebannt zu ihm. Sowohl Untote als auch unsere Leute. Auch der Anführer, er konnte es offenbar nicht glauben, dass man so einen Angriff überstehen könne. Wenn wir soetwas überleben würden, dann können wir auch diese Schlacht siegreich zuende führen, das war alles was ich in diesem Moment dachte. Genauso ging es wohl den anderen. Alle ignorierten ihre Gegner, setzten zu einem Sturmlauf gegen den Anführer an. Ich kniete mich hin, legte an und feuerte ein Geschoss nach dem anderen auf den Magier ab, jeder Handgriff beim Nachladen saß. Mit einer unglaublichen Moral drangen auch die Nahkämpfer auf den Feind ein, der bei jedem Treffer erzitterte und bestialische Schreie ausstiess. Unzählige unserer Leute sah ich fallen, sie konnten von den Untoten von hinten niedergeschlagen werden, doch keiner dachte daran vom Ziel abzulassen. Wie Berserker schlugen die Krieger zu, sie schienen im Blutrausch zu sein. Ich versuchte ihnen so gut es ging den Rücken frei zu halten, aber das war bald nicht mehr nötig. Mit einer Feuersäule die aus seiner Brust brach, hauchte der Magier sein Leben aus. Eine Welle von magischer Kraft schoss rings aus seinem Körper die alle untoten Kreaturen um uns explodieren und zu Staub zerfallen lies.

Wir hatten es geschafft, der Feind war geschlagen. Frenetischer Jubel brach unter uns aus. Helme flogen durch die Luft, Waffen und Schilde fielen in den Dreck, Soldaten umarmten sich vor Freude. Der Paladin der mir und wohl auch dem ganzen Land das Leben rettete blieb dagegen wortlos stehen. Er steckte sein Schwert weg, schnallte das Schild auf seinen Rücken und nahm seinen Helm ruhig ab. Sein Gesicht war mit Blut überströmt, Augenbrauen aufgeplatzt, Haare versengt, tiefe Wunden von der Nase bis zum Ohr. Doch er verzog keine Mine. Stattdessn lief er auf mich zu, legte seine Hand auf meine Schulter. "Gute Arbeit", mit diesen Wort ging er in Richtung unseres Lagers. Ich rief ihm nach, wie sein Name sei. Da drehte er sich um, schaute mir in die Augen, "Mein Name ist Mahed-K'ha, Sohn des Hakar-K'er... erfahre ich auch euren?" Ich nannte ihm meinen Namen, Crohav. Er nickte nur, drehte sich um und ging.

Die feiernden Soldaten zogen ab, ich stand allein auf dem Schlachtfeld. Mein Blick schweifte über die Kadaver meiner gefallenen Brüder. Sie ließen ihr Leben um unser Land zu beschützen. Betrübt über die vielen Verluste auf unserer Seite, aber auch gleichzeitig erfreut den Sieg davon getragen zu haben, zog auch ich zurück in unser verwüstetes Lager. Ich half Verwundete auf Bahren zu legen und zu versorgen, nach etwa fünf Stunden konnten wir die Heimreise antreten und verkünden, dass der Feind geschlagen ist.

Auf der Reise in die Heimat unterhielt ich mich noch lange mit Mahed, der, wie ich erfuhr, auf der Suche nach einem bösen Magier ist, der ihm in einer Schlacht entkam. Mein Angebot ihn zu begleiten nahm er erfreut an. Ich weiß nicht wie unsere Zukunft aussehen wird, ich weiß nur, dass wir niemals aufgeben werden.
 
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