02.10.2013, 08:34 |
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Spieler, Mensch
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Der Morgen graute gerade erst, als der Oberst mit ernster Miene im Schloss eintraf und sie um ein Gespräch unter vier Augen bat. Was dann geschah, konnte die Herzogin nicht mehr zusammenhängend resümieren: Ihr Leben sei in Gefahr, ein geplanter Giftanschlag und irgendwie steckte der Herzog dahinter. Ehe sie es sich versah, hatte man sie in eine Lumpenrobe gesteckt und in die tiefste Wildnis verfrachtet.
Sie befanden sich im Gebiet der Waldelfen und das Haus verdiente die Beschreibung "Haus" eigentlich nicht. Es war ein alter Tempel, mit vier Wänden zwar, aber ohne Tür und Dach. Die Wände und der Boden waren von Gras und Moos bewachsen und außer einer Schlafrolle war hier nichts zu finden, das irgendwie an Menschen in der Nähe erinnerte. Jener Mensch war im Übrigen der Waldläufer Demron Valka, der sich offensichtlich ebenso wenig sicher zu sein schien, was hier gerade geschah, wie Maer selbst. Der Oberst verabschiedete sich und plötzlich stand die Herzogin allein mit zwei Männern mitten im Wald. Nur der unschuldigen, beinahe kindlichen Neugier des Waldelfen Liandrel war es zu verdanken, dass sie keine Zeit fand, über die vergangenen Stunden nachzudenken. Stattdessen rang er ihr sogar das eine oder andere Lächeln ab. Als sie endlich wieder alleine war - der Elf war im Wald verschwunden, Waldläufer Valka hatte sich aus Anstand sein Lager vor der "Hütte" aufgeschlagen -, konnte Maer sich eine gewisse Wut doch nicht verkneifen. Keine Frage, dass der Yewer Wald im Frühling sehr schön war und dass die Waldelfen ein Auge auf sie und Demron haben würden. Aber verdammt. Miramel war wenigstens in eine richtige Jagdhütte gesteckt worden, nicht in den Busch. Ihr Lager bestand aus einem aus Ästen und Fellen zusammengebauten Bett. Die Äste hatte Valka gesucht, gemeinsam mit dem Elfen stiftete er auch ein paar Felle, denn nachts wurde es noch empfindlich kalt. Seufzend sah Maer an sich herunter. Abgesehen von der Lumpenrobe und einem Paar Gardestiefel hatte sie nur ihre hellen Seidenschuhe bei sich. Im Robenärmel steckte noch ihr Diadem, unter der Robe trug sie noch das rote Kleid aus Brokat, das sie morgens angezogen hatte. Wenn sie hier wieder herauskam, würde es ruiniert sein. Die ganze Nacht lag die Herzogin wach und starrte in den Sternenhimmel. Es war ihr unbegreiflich, was in den letzten Stunden geschehen war. Erst, als der Morgen schon graute und feuchter, kalter Tau sich auf alles legte, fand sie ein wenig Schlaf. Knistern und Knacken in den Wäldern, Tiere, die durch ihre Zuflucht spazierten und die trüben Gedanken rund um die vergangenen Ereignisse hatten sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Und die Sonne war noch nicht ganz über den Horizont gekrochen, als sie bereits wieder wach war. Zum Glück fand sie in der Nähe einen kleinen Bach, an dem sie sich säubern konnte - immer mit dem Gefühl, beobachtet zu werden. Als die Sonne dann etwas höher stand, holte sie einen Kohlestift und etwas Pergament hervor. Mehr hatte sie im eiligen Aufbruch nicht einpacken können. Sie schrieb zwei Briefe, die sie zusammenfaltete, sorgfältig verschloss und auf Valkas Lagerstätte legte. Ein Stein würde die Briefe beschweren, bis er die Zeit fand, sie irgendwie in die Stadt zu bringen. Maer selbst machte sich auf den Weg zur nur wenige Schritte entfernten Küste. Sie ließ sich nieder und blickte nach Osten, wo sich ihr geliebtes Herzogtum erstreckte. Was mochte dort gerade vorgehen? Der Brief, der an den Herzog übergeben werden sollte, war wegen des schlechten Stifts und des unebenen Bodens krakeliger, als man es von der Herzogin normalerweise erwartete. Er hatte folgenden Inhalt: Maer von Britannia grüßt ihren geliebten Ehemann Fredulf, Glaron zum Gruße Fredulf, dringende familiäre Angelegenheiten zwingen mich, augenblicklich nach Sneholm aufzubrechen. Mein Vater ist krank. Maer Auch der zweite Brief war nicht wesentlich länger, allerdings ging er nicht ins Herzogtum, sondern nach Faerlan an den Hof des Königs zu Händen der Königin. Maer von Britannia grüßt ihre geliebte Mutter, Königin Jilyana Glaron zum Gruße Euer Majestät Ich hoffe, mein Brief findet den Weg zeitig zu Euch. Dinge sind auf Britannia im Umbruch und ich kann gerade nicht abschätzen, wie sie sich entwickeln werden. Wie es aussieht, strecken die Schergen des Bösen ihre Hände bis nach Faerlan aus und ich bitte Euch daher inständig, meinen Sohn Jarvar niemandem zu übergeben, der als Beweis meines Einverständnisses nicht meinen Siegelring mit sich trägt. Bitte verzeiht die Kürze meines Briefes, ich werde Euch mehr erläutern, sobald ich die Möglichkeit dazu habe. Hochachtungsvoll, Maer, Herzogin von Britannia |
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