Ein Brief liegt in der Kiste vor Julies Haus...

[Lina Marial]

... er ist 2x gefaltet und außen steht in rel. hübscher Schreibschrift "Für Julie" drauf. Julie mag erkennen, wenn sie den Brief entfaltet - um die Worte zu lesen, dass Lina sich beim Schreiben viel Mühe gegeben hat - sauber geschrieben hat....

Liebe Julie,

ich habe nun ganze 16 Mal versucht, diesen Brief zu schreiben. Immer wieder habe ich das Papier zerdrückt und fort geworfen, weil mir der Inhalt nicht gefiel. Ich finde derzeit wenig Worte und habe doch viel zu viel zu sagen - all das ist seit Wochen unausgesprochen - und wird immer größer - ertränkt mich gefühlt.

Du weißt mehr von mir als viele andere Menschen - und doch weißt du so wenig. Es ist so unheimlich viel geschehen, von dem du nicht weißt....
Dies ist kein Vorwurf! Eher ein Dankeschön. Dafür, dass du mich so nimmst, wie ich bin? Wenn ich es selbst doch kaum vollbringe...? Wenn ich doch gar nicht weißt, ob du es noch immer tun würdest, wenn du von all dem wissen würdest?

Ich habe jedes Mal, wenn wir aufeinander getroffen sind... versucht, dir eine gute Freundin zu sein.... Ich hoffe, das hast du gemerkt. Denn eine wirklich lange Freundschaft hatte ich aufgrund so vieler Gegebenheiten nie gehabt. Deshalb schreibe ich dir auch diesen Brief - damit du dich nicht sorgen musst - und doch weißt, dass... es Lina nicht so gut geht?

Ich werde mich für einige Tage mit Nektar *hier verweilt die Feder ein Moment, ein kleiner Tintenfleck ist zu sehen*auf einen Ausritt begeben. Ich habe das Gefühl, mein Kopf würde platzen - ich muss vieles bedenken und bin im Denken doch gar nicht so gut?

Wisse, dass ich dich sehr in mein Herz geschlossen habe. Wenn ich wiederkomme, finden wir sicher etwas Zeit, um... zu sprechen?

Fühle dich umarmt,

Deine Lina

[Julie Melan]

Am nächsten Morgen findet Julie den Brief in ihrem Postkästchen. Schon beim Lesen der Zeilen verhärten sich ihre Gesichtszüge mehr und mehr und schließlich werden ihr die Knie so weich, dass sie sich auf die kleine Bank vor ihrem Haus sinken lassen muss. Ihre Eingeweide ziehen sich schmerzhaft zusammen, sodass sie sich für einen Moment den Bauch halten muss. Wieder hielt sie einen Brief von einem Menschen in der Hand, der ihr ans Herz gewachsen war und der sich nun nur mit schriftlichen Worten von ihr verabschiedete. Was war das nur für ein Fluch, den sie da mit sich herum trug? Was war sie für eine Närrin, dass sie doch immer wieder Hoffnung schöpfte und dachte, es würde sich alles zum Besseren wenden. Sie schloss die Augen, lehnte den Hinterkopf an die Hauswand und atmete tief durch.