Ein Schreiben für Lyssa

[Hallvard Ragnar]

*Ein Botenjunge reitet auf einem Pony an die Hütte von Lyssa heran und mustert einen Moment lang die Umgebung. Als er sich sicher ist sein Ziel erreicht zu haben, steigt er von seinem Gaul und hinterlässt das Schreiben am Haus. Das Pergament wirkt schlicht, etwas vergilbt und zeigt einige kleinere Einrisse am Rand. Die Schrift entstammt einer ihr vertrauten, ungeübten Hand und ist durch einen angespitzen Kohlestift aufgebracht.*

Den Ahnen zum Gruß meine buntbemalte Lieblingstavernenbesitzerin,

ich habe im Moment ziemlich viel auf der Eisinsel oder im Süden zu tun und kann daher nicht rum kommen um mich bei dir zurückzumelden. Will ich mit dem Schrieb hier nachholen. Den Einsatz vor einigen Tagen habe ich recht gut überstanden. Wir konnten noch soviele dieser gepanzerten Ameisenviecher schlachten, es kamen immer wieder neue nach. Der Süden brennt wie eh und je. Langweilig wirds also nicht. Da die Festungen immer noch in der Hand unserer Feinde sind, muss tagtäglich ein waches Auge drauf geworfen werden, dass sie sich nicht nach Norden ins Herzogtum schleichen. Bin daher oft unten und halt zusammen mit meinem kurzen Kommandanten Ausschau. Manchmal wagen sie sich heraus und wir können sie erschlagen. Sie tragen hübsche, rote Panzer auf ihren Leibern. Ich schätze die Farbe würde dir gefallen. Bei Zeiten kann ich dir ja mal einen zeigen.
Ich hoffe du hast die letzten Tage nicht füßebaumelnd auf deiner Theke gesessen und auf deine Tür gestarrt, um auf mein Klopfen zu warten. Das sähe dir zwar nicht ähnlich, aber trotzdem ein nettes Bild in meinem Kopf.
Ich wollte dich noch wissen lassen, dass die Krähe an einem Abend wieder überfallen wurde. Diesmal wurde aber nichts zerstört. Der Räuber kam mit ner Armbrust bewaffnet herein und hinterließ lediglich leere Goldbeutel und meinen angekratzten Stolz. Der Bursche schien so motiviert durch seinen Erfolg, dass er doch direkt zum Schmied Lordal gereist ist, um da die selbe Masche durchzuziehen. Dort traf er aber auf den Baron von Britain und eine Übermacht an Kunden. Ich kam erst später dazu, da ich meine Waffen und Rüstungen richten lassen wollte. Der Bursche starb durch das Schwert einer Gardistin und wirkte danach recht kopflos. Als ich ihm die Maske von seinem Schädel zog, erkannte ich ein vertrautes Gesicht wieder. Erinnerst du dich an den Burschen von der Freibeuterbande, dem du eine Weile schöne Augen gemacht hast und der bei dir Schulden hatte? Er war es, der mir meine Stiefel vollblutete. Falls du ihn gut leiden konntest und er dir ab und an über deine einsamen Nächte hinweghelfen konnte, so tut mir dein Verlust leid. Erwarte aber nicht sonderlich viel Mitleid von mir. Ich werde die Sache versuchen bei der Garde zu klären und das gestohlene Gold unserer Gäste zurückholen wenns geht. Die Krähe wird dadurch allerdings keinen Rufschaden davon tragen. Die Aktion des kleinen Piraten in der Schmiede Lordal lässt uns ziemlich verblassen. Es wird kein Hahn mehr danach krähen, wenn die Sache ersteinmal bei den Blauröcken in den Büchern steht und als geklärt gilt.
Derzeit ist die Krähe selten offen, obwohl wir wieder fast ohne Konkurrenz in Britain wären. Vielleicht findest du ja mal die Zeit und Lust sie zu öffnen. Für einen Met hätte ich sicher wieder mal Zeit. Außerdem wolltest du doch einmal ein Turnier mit diesem Brettspiel ansetzen. Denk mal drüber nach. So ein kleines Ereignis wäre jetzt vielleicht genau das Richtige und die Zeit dir dabei zu helfen würde ich mir nehmen.
Du weißt ja, wo mich eine Antwort erreicht. Schreib auf deinen Schrieb aber oben meinen Namen drauf. Du weißt ja, dass ich von Zeit zu Zeit nicht allein in meinem Turm bin.

Hallvard