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Alt 18.06.2007, 19:09
#101
Nadirah Jin Zaykah
Reisender
 
Registriert seit: 11 Jul 2005
Beiträge: 628
Sie hatte gerade die Festung der Yildaner verlassen und Nadirah raste mit ihrer Wüstenstute am Sumpf entlang, die feuchtwarme Luft mit ihrem Gesicht teilend. Sie machte sich fast ebenso flach wie ihre Stute im Lauf, doch ihre Gedanken waren bei Yael. Der letzte Abend bevor es dem Zufall überlassen bleiben sollte ob man sich sah, der letzte Abend bevor sie wieder Grenzen hochziehen würde die er längst gestürmt hatte. Im Grunde fühlte sie sich als Frau missverstanden, er begann sie als alltägliches zu betrachten und sie selbst hatte stets ein schlechtes Gewissen wenn sie sich um ihre Ziele kümmerte.

Ja ihre Ziele, haben sie nicht immer im Kontrast zu der Männerwelt gestanden. Habe sie nicht jede bisherige Liebschaft zum scheitern gebracht. Er respektierte ihre Ziele und den Willen zu gewinnen und ließ sie gewähren, doch ähnlich wie eine Katze die mit einer toten Maus spielte verlor sie das Interesse. Das Gefühl blieb, doch das Interesse schwand. Ähnlich wie damals bei Travin wenngleich sie sich von diesem gänzlich weggelebt hatte irgendwie. Nein bei Yael war es anders. Er war eintönig geworden und sie hatte dies noch nie bei ihm erlebt.

"Ich muss meine eigenen Wege wiederfinden..." hatte er am letzten Abend gesagt, was sie in ihrer Annahme bestätigte. Nicht sie war die Schuldige!
~Mit allen Sinnen jin Zaykah~
Doch, sie war schuldig. Sie hatte stets die gemeinsame Einsamkeit gescheut seit sie aus dieser Laterne gewichen war, nein eher noch, seit ihrer Krankheit. Doch es war alles begründet, begehrte es in ihr auf, als sie endlich das Mondtor erreicht hatte. Langsam setzte sie sich auf und direkt verlangsamte sich Sharaja, sie blickte fast durch das blaue Schimmern des Tores durch. Gab es überhaupt Schuldige? Erneut lehnte sie sich vor, nicht einmal ihre Beine berührten das Tier wirklich, doch sie preschte weiter. Der Atem der Wüstenstute ging pumpend, die feinen Adern traten mehr als deutlich durch das klatschnasse Fell und immer wieder kam ein energisches Schnauben das drohte ins Wiehern überzugehen.

Nein es gab keine Schuldigen und doch waren sie beide Schuld wenn sie ehrlich war, doch die Wahrheit wollte sie nicht hören. Nein sie war viel zu verletzt, der Tatsache wegen, das er sie nicht gleich, sofort auf der Stelle bestürmt hatte, das er erst reden musste, das er ihre Andeutungen nicht sah, das er erwartete sie würde den ersten Schritt machen. Wieder überschattete der Hochmut ihr Gemüt, ungewollt, sie wollte nicht spotten, und doch flogen die Gedanken und Gefühle so dahin als würden sie auf der zierlichen Stute reiten. Sie hätte drauf verzichten können, es wäre ihr nicht schlechter gegangen als voher. Ja es hätte sich nur nichts geändert, annehmen tat sie eh nicht und er hatte seine Gelegenheit nicht genutzt. Bei den Göttern sie war nicht zum reden zu ihm gekommen... "Die Sache ist mir wichtig Nadirah... darum dachte ich..." Seit wann hat Leidenschaft Gedanken, er war zügellos, ohne Frage... nur bei ihr selbst, wenn sie sich nackt an ihn schmiegte legte er sich Fesseln an und lobte ihren Körper nur mit Worten.

Zornig als auch resignierend kreischte sie kurz auf, sie hatte schon wieder begonnen ihm für alles und nichts die Schuld zu geben. Sie fühlte sich gedemütigt und schuldig und es passte nicht zusammen. Sie war es die ihn dazu gebracht hatte so zu handeln wie er handelte. Sie hatte ihn stets mit Worten angegriffen und doch nicht an sich rangelassen. Sie hatte jeden freien Moment seit ihrer Genesung in ihre Ziele gesteckt und sie war es die ihn hat teilnahmslos dran teilnehmen lassen. Erneut setzte Nadirah sich auf Sharaja auf, um eine langsamere Gangart in Minoc anzuschlagen. Sie trabte leicht durch die Gassen, ihre Haltung kerzengerade und von gelassener Anmut, als sei sie eins mit dem Tier, doch ihr Blick ging starr gerade aus, ihren Unterkiefer fest an den Oberen gedrückt knirschte sie hin und wieder mit den Zähnen wärend sie mit sich selbst von vorne rang.
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Alt 24.06.2007, 12:51
#102
Nadirah Jin Zaykah
Reisender
 
Registriert seit: 11 Jul 2005
Beiträge: 628
Die Lage spitze sich im Lager zu. Sie war müde wie alle anderen und dennoch sie konnten sich Müdigkeit nicht leisten. Noch immer trafen sie Sieda's Tränen tief in ihrem Inneren. Ihr bitterliches Schluchzen als sie wiederkam, nachdem sie Ciama weggebracht hatten. Sie spürte die Nervösität der Frauen und auch sie wurde mürbe durch dieses Warten. Die letzten zwei Nächte waren ereignislos, doch was würde passieren wenn diese Tiere kamen wärend sie schliefen?! Immer früher lösten sich die ersten in der Morgendämmerung um zu schlafen und auch ihren Nerven zerrte es, zumal noch soviel zu erledigen war. Sie war missgelaunt, sie hatte in ihrer Müdigkeit viel zu viel auf dem Hauptquartier geredet, sicher sie achtete den Vogt, doch vergass sie im Grunde nie wer er war. Er war kein Freund dem alles erzählen konnte, er war Oberst und Vogt, dessen Aufgabe es war, das die Gesetzte Britains geachtet wurden. Wie oft hatte sie gegen die meisten Befehle schon agiert. Wie oft hatte sie in all den Winkeln dieser Welt Schlupflöcher gesucht. "Auf einem Bankfach in der Schlangenbucht!" Sie ärgerte sich über sich selbst. Es waren lächerliche Fehler, Fehler die sie selbst nicht machen durfte. Sie konnte sich nicht vorstellen, das er nicht davon wusste, das sie des öfteren mal dort war. Dennoch, es aus ihrem eigenen Mund zu hören war eine Art der Respektlosigkeit. Bei jemand anderem wäre es was anderes gewesen, doch er war auf Dauer gesehen einer der bestinformiertesten Männer, ihm auf die Nase zu binden das man gewisse Schlupflöcher suchte war nicht nur für einen selbst gefährlich.

Nadirah kaute auf einem Stück Karotte rum, ihre Augen fielen immer wieder zu, die Schlafphasen wurden immer kürze und dazu setzte des Nachts eine Unruhe ein die ihr gänzlich unbekannt war. Immer wieder wenn sie das Fleisch sah, welches Sieda zubereiten wollte überkam sie ein lustvoller Schauer. Ihr Mund, ihre Zunge, ihre Zähne sehnten sich danach in dieses saftige Fleisch zu beissen, die blutige Feuchtigkeit in den Mundhöhlen zu spüren und das sehnige Gefühl, wenn die Fasern sich gegen ein trennen wehrten. Sie hatte damals von Djala gehört, das schwangere Frauen einige seltsame Gelüste entwickelten, doch dann eher in einer Phase wenn die Schwangerschaft schon fortgeschritten ist. Manche würden sogar nach "Erde" buddeln um sie gierig zu verschlingen oder halt rohes Fleisch. Doch sie konnte nicht mal selbst sagen ob sie angenommen hatte und selbst, wo sollte es hinführen. Sie befanden sich in einer verteufelten Situation. Es konnte gut passieren das sie auch dieses Kind sollte es so sein, verlieren würde, vielleicht sogar ihr eigenes Leben.

Ihre Gedanken wurden langsamer, sie erzählte Narayh gerade von all dem Ursprung und spürte das Ziehen in ihrem Inneren als sie zu dem halbvollen Mond blickte. Yaels Wolfsgeheul klang in ihren Ohren und sie hatte die absonderliche Lust es ihm gleich zu tun, doch sie war ein Mensch! Es ist eine Sache ob man sich mit sinnlichen Schnurren wie eine Katze gebärdete oder wie eine mondsüchtige wilde Töle den Mond anheulte, es war primitiv ohne jeglichen Hintergrund!

"Wie die Wilden aus dem Süden?" Allein diese Frage zeigte ihr das sie zuviel redete, allein diese Frage zeigte ihr das sie vergeblich nach Verständnis suchte, wie konnte sie es auch erwarten? Dieser Mann wusste nichts von ihren Traditionen, er wusste nichts über die Hintergründe, er kannte nicht eine einzige Ahnin, er kannte nicht die Vorgeschichte. In Narayh hatte sie eine aufmerksame und aufgeschlossene Zuhörerin gefunden - ja. Sie saugte das Wissen ein, sie sah an ihrem Gesicht, das sie das Leid spürte, das die wenigen Worten ihr das ganze Ausmaß der Geschichte erzählten. Erneut ergriff sie die Unruhe, das sehnende Gefühl zum Mond zu schauen. Sie suchte eine Schulter zum Anlehnen. Sie fühlte sich nicht Schwach, doch sie suchte einen Moment wo sie ausruhen konnte. Sie spürte all die Hoffnung, all den Glauben der Frauen. Sie hatte das energische Nicken von Narayh gesehen, sie hatte das berührte Gesicht von Nimrun gesehen. Sie wusste das sie auch Sieda berührt hatte, irgendwo tief in ihr, doch der Schmerz sich von ihrer Tochter zu trennen war zu groß und überschattet vieles. Zumal sie eine Person war, die ihre Gefühle stets gut für sich behalten konnte.

Nadirah schlief augenblicklich ein als sie endlich in ihren Fellen war. Sie fühlte sich schmutzig, und dachte noch daran ausgiebig zu baden ehe sie sich hinlegte, wenngleich sie nicht wirklich dreckig war, doch zu mehr als einer kurzen Wäsche vor der Wasserschale reichte es einfach nicht.
"Nadirah, höre mir zu! Wenn du jemals in eine Schlacht reitest bei der du annehmen musst du kehrst nicht zurück, was bei jeder Schlacht wohl so ist. Dann huldige den Vorabend! Feier, es könnte das letzte mal sein, das deine Freunde dein Lachen hören, es könnte das letzte mal sein das du Freude empfindest." Sie träumte von Shadi die ihr soviel erklärte. Shadi war gut zehn Jahre älter als sie, und noch heute stand sie in engen Kontakt so es diese Entfernung zuliess. "Wenn der Augenblick gekommen ist, an dem deine Seele deinen Körper verlässt, wirst du dein ganzes Leben sehen." "Woher willst du das wissen? Bist du schon einmal gestorben?" Sie hörte dicht an ihrem Ohr Shadis lachen. "Nein Nadirah, doch es gibt bei den Ril's eine Sahajhanan welche sich schon oft tief versenkte... doch höre was ich zu sagen habe... wenn dieser Augenblick kommt, und dein Leben an dir vorbeizieht, wird er sich an das letzte erinnern und wenn es was glückliches war, wird es ein hochgefühl und deine Seele löst sich voller Freude."

"Nadirah, wach auf!" Unwillig regte sie sich, irgendwo konnte sie Fayonnahs Stimme einordnen doch auf ihr lag diese bleiernde Müdigkeit die sie sogar daran hinderte sich umzudrehen. "Nadirah!" Sie spürte wie die Decke zurückgezogen wurde und wie Fayonnah's Gewicht auf ihr Lager sank. Erst als sie die sanften doch eindringlichen Schläge in ihrem Gesicht vernahm die sie wecken sollte, öffnete sie die Augen. "Komm... steh auf, ich habe ein starkes Getränk gemacht das euch auf den Beinen hält."
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Alt 11.07.2007, 23:54
#103
Nadirah Jin Zaykah
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„Bis bald ihr Zwei“ Nadirah hatte sich gerade von Avdin, der neuen Schmiedin und Caity verabschiedet und bewegte sich geradewegs zu Yaels Haus. Was sollte sie tun, sie war sich selbst darüber nicht im Klaren. Sie wusste nur, das es so nicht weiter gehen konnte. Sie brauchte einen Mann der ihr Halt boten konnte, einen der ihre Lage verstehen konnte und bereit war darauf Rücksicht zu nehmen und vor allem einen Mann der mitdachte. Es wurde einfach zuviel, sie zerbrach sich den Kopf schon genug wegen des Lagers und dem ganzen drum herum, da konnte sie kein Kopfzerbrechen wegen Yael’s Eskapaden noch auf sich nehmen. Sie war es ohnehin Leid, ständig dieser stechende Schmerz, wenn sie ihn mit anderen Frauen sah. „Du hast scheinbar ein Problem damit, mir zu vertrauen Nadirah!“ Wie recht er hatte, sie wollte ihm Vertrauen, doch er führte sein gedankenloses Leben ohne Rücksicht auf sie oder sonst wen, nicht mal mit Rücksicht auf sich selbst. „Er steht kurz vor einem bodenlosen Abgrund Nadirah!“ Mels Worte hätten ihre eigenen sein können. Sie sah das tiefe Schwarz vor ihm wenn sie ihm in die Augen blickte, doch er drehte dem ganzen den Rücken zu. Hielt sich für unantastbar, überlegen und vom Glück berührt, ihm würde schon nichts passieren, er hielt sich für clever – man konnte ihm schon nichts nachweisen, er hielt sich für gerissen – und doch hatte Mel Recht, bei einem Streit mit Peret würde er und sein Ruf den er genoss den kürzeren ziehen und er schien sich nicht im geringsten darüber bewusst zu sein, wie kurz. Nadirah wusste nicht inwieweit man ihn wegen ihr vielleicht gewähren ließ. „Es ist bereits viel verspielt worden, was Ihr euch erspielt habt.“ So oder so ähnlich waren die Worte gewesen damals, die direkt trafen. Hatte Yael sich daran beteiligt? Nadirah kochte und gleichzeitig spürte sie wie die Welle der Verzweiflung immer näher kroch. Nein es brachte nichts, sie musste ihm das Messer an die Kehle setzten. Ihr Name stand, ob sie wollte oder nicht für das Lager und Yael schnitzte ebenfalls damit rum. „Man kann dich nicht für etwas zur Verantwortung ziehen, was ich getan habe...“ Im Grunde war er nicht naiv, zumal er Caity vor gar nicht so langer Zeit das Gegenteil erzählt hatte. Diese Verbindung die noch bestand rutschte immer mehr unter einen unheiligen Stern und sie konnte es nicht aufhalten. Wie oft hatte sie versucht ihm ins Gewissen zu reden, wie oft hatte sie versucht ihn vom Abgrund zu ziehen und doch balancierte er auf der Kante – bis sie unter seinen Füssen weg brechen würde. Yael... warum verstand er nicht, warum verschloss er die Augen davor... Er tat alles um hinab zu stürzen und fand das alles sehr amüsant, doch in ihr nagte der Schmerz. „Lass uns Abstand davon nehmen, lass uns bitte darauf achten nicht mehr in Konflikt mit der Garde zu geraten Yael...“ und kaum später erfuhr sie das er im Kerker saß. Natürlich war es nicht seine Schuld, natürlich war er nur auf Gerechtigkeit bedacht gewesen und doch sah er nicht die Schlinge die sich immer um ihn zog, die immer weniger Fehler und Aufmüpfigkeiten verzieh. Ihre inneren Alarmglocken, läuteten grell auf und noch immer hatte sie sich nicht von ihm gelöst. Sie hätte sich längst von ihm lösen müssen, klar Stellung beziehen müssen, offen erklären müssen das sie sein Verhalten nicht als das ihre ansah, und doch wich sich nicht von seiner Seite. Es war alles so verknotet und verwirrt... „Bin ich nicht all die Zeit für dich im Dreck gekrochen...?“ Was sah er als Dreck an, nein es war sein Dreck in dem kroch. Er tat viel für sie, was aber nichts an dem ganzen durcheinander änderte, er stolzierte immer noch hocherhobenen Hauptes am Abgrund ohne auf den Boden zu achten.
Immer näher geriet sie vor die Entscheidung er oder die Frauen und sie wusste wie sie zu entscheiden hatte, wenngleich sie sich vor diesem Schmerz fürchtete. Sie hatte es von Anfang an gewusst und doch nicht wahrhaben wollen, wieso hatte sie sich dieser Illusion hingegeben es könnte ein Zusammensein in ihrer Situation geben, weil er ebenso ungebunden war und bleiben wollte? Nein er wollte sich an sie gebunden sehen, und doch zeigte er keine Rücksicht.
Seufzend trat sie durchs Unterholz, wenn sie ihm das jetzt alles gleich sagen würde, er würde es nicht mal verstehen. Er würde aufbegehren, er würde seinen Stolz waren wollen. Sie wusste das er das alles nicht mit Absicht tat, er war einfach so, aber so konnte es nicht weitergehen. Von den ganz persönlichen Problemen einmal abgesehen. Viel zulange war es her, das er sie begehrend ansah, und wieder war sie es in Schuld gewesen. Sicherlich, sie hatte kaum Zeit das war wahr und sie fand in der wenigen Zeit kaum einen Moment um abzuschalten, sich begehrlich zu zeigen. Nein sicher trug sie auch Schuld an der ganzen Situation, doch sabotierte sie nicht von außen. Sie war keine Verbrecherin, die stahl, erpresste oder in anderer Leute Häuser einstieg. Sie war kein Mensch der trotz des eigenen Wohles noch immer an sich dachte, sicher, sie umging hier und da einige Gesetzte, sie verkehrte hier und da noch immer mit ein paar dunklen Gestalten und sie würde jedem, in ihren Augen ehrlosen, auf der Stelle den Hals umdrehen wenn sie dazu die Möglichkeit bot und dennoch glaubte sie, bestimmte Grenzen einzuhalten. Auch sie hatte diesen Abgrund schon gesehen, doch sie hatte ihn erkannt und versuchte gerade sich und alle die ihr folgten davon weg zu lenken. Der einzige der blieb war Yael.
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Alt 27.08.2007, 17:15
#104
Nadirah Jin Zaykah
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Die Luft war frisch und klar an diesem Wintermorgen und es war eine Wohltat sie tief einzuatmen. Nachdenklich blickte Nadirah aus dem Lager Richtung Wald und ein kleines Lächeln spielte um ihren Mund. Ciama und Caity versuchten mehr Schlecht als Recht einen Schneemann zu bauen, doch leider scheiterte es immer wieder daran, das Ciama sehen wollte, ob er auch „Standfest“ war und ihm in Amazonenmanier in den „Bauch“ boxte. Und jedes Mal wenn er dann umfiel oder zerfiel gluckste sie auf, um Caity dann mit einem Unschuldsblick zu betrachten, welche jedes Mal ein wenig düsterer Schien – kein Wunder, an ihr blieb die Arbeit die Bälle zu rollen und hoch zu heben. Sie beobachtete die Mädchen weiter, wie sie schließlich aufgaben und Caity ihre kleine Schwester ein Stück mit nach hinten zog. „Schau mal, sooo geht das!“ Ein leises Zischen ertönte, knisternd wie kleine Zweige die im Feuer brechen und dann sah man auch schon eine kleine, fast winzige Explosion am Schneemann und der vermeintliche Kopf war nur noch ein Schneematschberg auf dem Bauch. „Nochmal!!!“ quietschte Ciama auf und freudig und auch mit gutmütigen Lächeln wiederholte Caity ihr kleines Schauspiel, nicht ohne ein wenig belehrend hinzuzufügen. „Du musst aber neben mir stehen bleiben hörst du? Das ist wichtig!“ Ciama nickte und so wiederholte Caity ein ums andere Mal den „Brennenden Schneemann“.
Schlussendlich hatte auch Ciama die Nase voll und stiefelte auf den Matschberg der einst ein Schneemann war und trat und boxte und hieb und kämpfte, nicht ohne das Kampfgeschrei zu vergessen, Caity beobachtete sie still ehe sie Nadirah entdeckte und auf sie zulief. Es dauerte eine Weile bis Ciama sich ausgetobt hatte und ein neuer Schneemann stand, oder besser, ein Schneekind mit Honigkuchenpferdchenstrahlen, das von einem Ohr zum anderen ging.

Zum Mittag hin schickte Nadirah die beiden Mädchen rein, wenngleich ihnen sicher nicht kalt war, beim Toben waren sie dennoch mittlerweile vollkommen durchnässt und Caity war zwar wieder gesund, doch brauchte man das Schicksal nicht herausfordern. Als die Mädchen lachend und albernd ins Zelt liefen, schweiften ihre Gedanken ab. Sie war glücklich – ja sie war wirklich glücklich. Erst am Vorabend waren sie zu viert durch die Höhlen gestreift und auch wenn sie es selbst nicht glaubte, kamen sie gemeinsam sehr gut voran. Sicher Avdin fehlte ein wenig Erfahrung noch, doch im laufe der Hatz, konnte man sehen wie sie aus ihren eindeutig schmerzhaften Fehlern lernte und Narayh war bei dieser Gruppe eine wirkliche Hilfe. Wenn es brenzlig wurde, stand sie wie ein Baum unerschütterlich da, sicherlich noch waren die Bewegungen recht zackig, doch Nadirah’s eigenen Bewegungsfolgen waren auch noch nicht bis zur Perfektion ausgereift, im Gegenteil, sie waren zwar flüssig, doch hier und dort, litt ihr Gleichgewicht, oder der Schwung war zuviel. Schlimm wurde es wenn sie daneben traf was durchaus noch passierte, doch sie konnte an diesem Tag nur Fortschritte sehen. Sie fühlte sich wohl, kurz streiften ihre Gedanken mit Bedauern Felia und Shivari und auch Calasume und Sahira, doch unerklärlicherweise konnte sie sich auf jene nicht wirklich konzentrieren.

Dies wird ein Großartiges Jahr, sie hatte viele Pläne, eine Falkenjagd, den Kriegerrat voran treiben, wenngleich sie dort noch immer auf Antworten wartete. Weder der Herzog noch Ales Bai hatten auf ihre Briefe reagiert, wie sollte man reagieren wenn der Herzog nicht antwortete, lag es daran das er viel zu tun hatte, hatte er den Brief überhaupt erhalten, hatte er schlicht und einfach keine Lust zu Antworten oder... hatte er es vergessen. Im Grunde war er ja auch nur ein Mensch, sollte man erneut schreiben, sollte man warten noch oder es einfach auf sich beruhen lassen. Sie hätte gerne den Vogt dazu befragt, doch seine ganze Ausstrahlung ihr Gegenüber ließen sie untätig. Einerseits verstand sie, das er in einem Streit seiner Frau den Rücken deckte, andererseits war sie mit Mel befreundet und sie beide brauchten es manchmal sich ein wenig radikal die Meinung zu sagen. Es war in Britain alles kompliziert geworden und es zeigte ihr einmal mehr, wo ihr Platz war. Hier im Lager, und diese im Grunde doch eigentlich kleinen Zwistigkeiten mit der hohen Gesellschaft oder wie man es nannte, in Britain zeigten ihr einmal mehr, das sie innerhalb der Grenzen Britains niemals wirklich frei waren. Ja sie hatten den Schutz der Garde, sollten irgendwelche Verrückten meinen, sie können das Lager angreifen, andererseits war es nicht so, das sie völlig hilflos waren. Nadirah vermochte es nicht wirklich auszudrücken was sie fühlte. Sie hatte leichte Furcht davor irgendwann ohne Unterstützung der Garde oder sonst was mitten in der Wildnis mit den Frauen auf sich gestellt zu sein, es war im Herzogtum bequem, sicher gab es die ein oder anderen Auseinandersetzungen, doch nichts was vergleichbar wäre mit der rauen Natur und diese Furcht beschämte sie. Ja es ekelte sie gar ein wenig, das sie sich in regelrechte Lethargie trieben ließ, doch was sollte man tun. Jetzt zu dieser Zeit konnte man ohnehin nichts tun und sie wollte dem Kriegerrat nahe sein solange er noch nicht auf eigenen Beinen stand. Sie wollte die Stütze sein bis er seinen festen Platz in der Gesellschaft hatte und seinen Dienst tat, um dann zurück zu treten und andere an ihren Platz zu lassen. Dieser Plan war niemals für sie selbst oder das Lager entstanden, es war etwas das für das Allgemeinwohl aller Krieger sein sollte, geführt und gelenkt von ebenen jenen und beaufsichtigt vom Adel. Sie selbst war kein Adel, sie stand nicht mal wirklich irgendeinem dieser Menschen nahe. Sicher den ein oder anderen mochte sie, doch gehörte sie keiner Kampfeinheit irgendwelcher Adeligen an. Sie war sie selbst, sie war zu keiner Loyalität verpflichtet wenngleich sie diese oft aus Anstand und Ehrgefühl niemals aus ihrem Verhalten verbannen würde, solange sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte.
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Alt 13.09.2007, 12:58
#105
Nadirah Jin Zaykah
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Sie lief unruhig in ihrem Zelt auf und ab, setzte sich immer wieder auf die Felle und betrachtete immer wieder den kleinen Zettel in ihrer Hand, der nun schon ganz zerknittert war und man kaum noch etwas erkennen konnte. Sie spürte wie wieder einmal in ihr die Hoffnung keimte, und dennoch glaubte sie es nicht, zumal noch überhaupt nichts sicher war, und wenn sie sich ihre nahe Vergangenheit ansah, gab es tausend Gründe für die jetzige Situation.

Es hatte alles im Frühjahr begonnen, letzten Jahres, als sie sich gerade von Ihrer Krankheit erholt hatte. Ein Jahr war es nun bald her und sie war voller Tatendrang gewesen, der sogleich gedämmt wurde, als man sie verschleppte um in diese schaurige Laterne zu sperren. Heißer, tiefer und gefährlicher spürte sie nun den Hass, der in ihr aufkeimt, wann immer sie an diesen Kampf gegen den Laternenmacher dachte, wann immer sie an dieses gewandelte Wesen dachte, das nach ihrem Sieg in den Innereien der Ratten verschwand. Und dieses Gefühl des Hasses keimte immer öfter wieder in ihr auf, doch anstelle des alten, verwitterten Alten mit grausig leerem Blick war nun eine andere Person getreten – in Nadirah’s Augen ein Verrückter.

Doch sie hatte die Albträume fast vergessen gehabt, bis dieser Irre sich ihr auftat. Als sie befreit wurde, hatte sie sich mit aller Macht in die Planung und Überlegung des Kriegerrates geworfen, sie hatte hin und her überlegt, wie man diesen Gedanken verbreiten konnte. Und bevor sie etwas unternehmen konnte, war das gesamte Lager von den Werwesen angegriffen gewesen. Immer wieder gab es Kämpfe und Konflikte, vom alltäglichen Leben abgesehen.

Die Nymphe die Bartos wieder freigab, als Nadirah ihm diesen, grausigen, wenngleich auch nicht bös gemeinten Streich gespielt hatte. Die Streitereien und Versöhnungen mit Yael, dann war da auch das zusammen wachsen mit Caity. Neue Aufnahmen und Frauen die gingen, neue Gesichter und neue Geschichten und zu allem, gab es etwas zu sagen. Sie konnte nicht behaupten, dass das letzte Jahr ereignislos gewesen wäre. Dann kam der frühe Winter, und sie hatte sich ein wenig zurück gezogen.

Sie hatte die Eindrücke der Geweihten Nephar’s auf sich wirken lassen, sie hatte sich wieder mit dem Kriegerrat befasst, und gar die erste Aufgabe die für jeden sichtbar werden würde, wenngleich sie spürte das ihre Welt eine gänzlich andere war als jene der anderen Ratsmitglieder. Sie war ein anderer Schlag Mensch hätte Djala ihr gesagt, wenn sie noch reden würde, doch das tat sie nicht mehr. Sie war auf sich alleine gestellt, sie musste ihre Entscheidungen alleine treffen.

Der Tod des Richters, dann war Yael untergetaucht – doch egal was man sich erzählte, das was sie hörte passte nicht in Yael’s vorgehen. Nein, sie wusste das er zur Sicherheit abgetaucht war, um sich aus dem Blickfeld der Menschen zu ziehen, die ihn wohl ob seiner Vergangenheit direkt beschuldigt hätten. Sie hatte ihn immer wieder nur sporadisch gesehen, und das letzte mal vor, ... ja vor ziemlich genau 9 Wochen. Und nun wartete sie bereits seit..., tja das war ihr Dilemma, sie hatte es zu Anfangs nicht bemerkt, und nun konnte sie nicht mal sagen, wie lange sie nun überfällig war.

„Es muss gewesen sein, kurz bevor dieser Irrer was von uns wollte.“ Murmelte sie leise und setzte sich erneut auf die Felle. Sie hatte kein Interesse an Moonglow, ihr war diese Insel so egal, wie nichts vergleichbares. Ihr war egal, ob diese Insel sich zum Tor der Welt entwickeln würde oder schlicht und ergreifend untergehen würde, wobei ihr persönlich letzteres ob der Magier deutlich lieber wäre, dennoch, sie zwang sich zu einer neutralen Haltung, schon alleine wegen Caity. Es schmerzt wenn wer fremdes über die Heimat schlecht redet, doch Caity würde wissen das ihre Heimat von Karex und seinen Leuten beschmutzt wurde.

Karex... erneut bildete sich der Knoten der Wut in ihrem Bauch. Sie hatte bislang stets einen Bogen um Magier gemacht und jetzt bildete sich der gestörteste von allen ein, er könne sich ihr aufdrängen? Im Normalfall würde sie ihn ignorieren, ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten um ihn irgendwo abzufangen und dann still und heimlich zu töten. Doch sie trug nicht nur die Verantwortung für ihr eigenes Leben., würde sie fehlschlagen, würden alle leiden. Warum zur Hölle hatte man ihn als Kind nicht ertränkt, wie man es mit kranken Neugeborenen nun mal tat? War es vielleicht noch nicht erkennbar gewesen?

Mit einem gar genervten Schulterzucken tat sie es ab, dieser Mann sollte längst in einer Kiste genagelt sein, als sich in ihre Angelegenheiten zu mischen, für Nadirah hatte er kein Recht auf sein Leben. Zu viele forderten eine Blutrache von ihm. Zu viele waren seine Opfer gewesen. Zu viel Angst und Schrecken hatte er verbreitet als das sie auch nur einen Moment zögern würde, ihn und seine Brut auf der Stelle zu töten, sollte sich ihr die Gelegenheit bieten.

Ohne Zweifel, sie fühlte sich von ihm bedroht, aber wohl auch der Tatsache, das er Magier war, unterstützte ihren ganz persönlichen Horror. Schwarze Magie, Gefühlskälte und Arroganz die einem normalen Menschen die Innereien verknoten ließen. Ebenfalls die Verbindung, das beide es wagten sich dem Lager zu nähern, wenngleich sie nicht sicher war ob es Karex gewesen war, im Grunde war es auch egal, wer auch immer es war, sie machte Karex für ihren Terror verantwortlich. Er war jener der sich grundlos über sie informierte, er war jener der ihre Kampffähigkeit kennen wollte und er war der allerletzte den es etwas anging.

„Bist du bereit unser aller Blut zu vergießen?“ Ja sie war es gewesen, doch eher in der Annahme das sie Kriegerinnen um sich hatte und keine Frauen die sich mit Pakten immer weiter binden wollten. Sie waren ausnahmslos alle dafür gewesen und sie war jene die Tag und Nacht überlegte, wie sie eben jenes Vorhaben möglichst geschickt in die Tat umsetzte für sie alle... ja für das Uns und nicht für ihr eigenes Leben. Ihr persönlich lag nichts daran, im Gegenteil.

„Du, ich bin nicht so gut in Redesachen...“ „Du musst auch nicht viel reden...“ Narayh war ihr still gefolgt, missgelaunt und brummig. Es ging sogar so weit, das der Vogt sie nachhause entsendet hatte, weil sie keine vollständige Begrüßung über die Lippen brachte. Sicher im Lager waren andere Sitten üblich...

Ein berstender Schmerz trat in ihren Kopf der sie reflexartig aufspringen ließ. Als hätten die Götter ihren Blitzkrieg unter ihre Schädeldecke verlegt und im nächsten Moment lag sie auch schon wieder auf den Fellen, spürte wie ihre Sinne waberten. Sie hatten mich losgeschickt, sie hatten erwartet, das ich mich zusammen reiße, gegen meinen eigenen Willen, und sie selbst brachten es nicht über ihren Stolz sich formvoll vorzustellen. Sie spürte wie das Gefühl der Ungerechtigkeit sich in ihrem Kopf ausbreitete. Doch zwang sie sich durch die Nase zu atmen, langsam, ihren Körper zur Ruhe zu zwingen.

Es dauerte eine Weile ehe sie sich erhob, erneut schwankte sie und ein Magenknurren erhob sich laut im Zelt. Wann hatte sie zu letzt gegessen? Fast spöttisch lächelte sie über sich selbst. Was war sie für eine Frau, die vergaß wann ihre Mondblutungen das letzte mal einsetzten, die vergaß wann sie das letzte mal gegessen hatte. Ersteres war ihr herzlich egal, irgendwo tief in ihr, neben der winzigkleinen Hoffnung, die sie vor sich selbst abstritt, sie könne schwanger sein, erhob sich eine weitere Hoffnung. War ihre Zeit um? Würde sie niemals mehr auf eine Hoffnung hoffen müssen, weil ihr Körper entgültig der Natur entsprechend, seine Aufgaben ablegte? Würde sie niemals wieder Mond für Mond daran erinnert werden, das sie ihre Pflicht gegenüber ihrem Lebenssinn nicht erfüllt hatte?

Sie war alt, nicht die älteste, sicherlich nicht, doch gab es kein festes Alter, vielleicht waren die Ahnen gnädig, und zeigten ihr ob ihrer kurzen Blütephase, das ihr Leben nicht dafür bestimmt war. Sie wusste, wenn es so war, dann wäre es noch mal ein harter Kloß den sie zu schlucken hatte, und auch Yael. Doch im Endeffekt würde es vieles erleichtern. Wäre sie, Nadirah Mutter, so würde Yael sie hassen, wenn es eine Tochter wäre und sie ihn wenn es ein Sohn wäre. Niemals könnte sie ihren Sohn wegschicken, um ihn dann doch Tag für Tag sehen zu können. Solch eine Trennung funktionierte nicht, jedes noch so kontrollierte Herz würde dabei brechen – dessen war sie sich sicher. Doch Yael würde niemals so nahe an seine Tochter kommen wie er es gern täte.

Sie war im Gemeinschaftszelt angekommen, ihr Magen rebellierte noch immer, doch allzu großen Appetit verspürte sie nicht, wenngleich ihr Körper bereits in ihrer Kleidung schwand. Sie hatte abgenommen... ... ...
Nadirah Jin Zaykah ist offline  
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Alt 13.09.2007, 15:01
#106
Nadirah Jin Zaykah
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Beiträge: 628
... ja sie hatte abgenommen, aber war es nicht verständlich? Hatte sie sich je einen Moment der Ruhe gegönnt? Nein, ihr fehlte im Augenblick auch nichts, wenn sie ehrlich zu sich war. So wie das Leben gerade verlief, lief es gut, bis darauf das sie sich mehr Zeit wünschte. Zeit, es wurde zu einem kostbaren Gut in ihren Augen.

Sie hatte Pläne, nicht für sich selbst unbedingt, doch sich teilweise einbeziehend. Der erste Plan der Anstand, war der Umzug ins Sommerlager. Ein neuer Ort, endlich, sie spürte wie der Boden auf dem sie Nacht für Nacht schlief sich mit der Energie der Frauen voll sog, und kaum mehr eigene Energie bot aus der sie schöpfen konnte. Bald wird es soweit sein, dachte sie. Doch gleichzeitig, fehlte die Zeit für den Kriegerrat.

Ein Rat für Krieger, ein Rat der einen Weg für jene junge ehrgeizige Recken ob Männlich oder Weiblich bot, der nicht direkt in die Heiligkeit oder in das Verderben führte. Ein Weg auf dem man entweder hervortrat oder ihn weiter ging, je nach eigenem Ermessen und Anstrebung des einzelnen. Ein Rat der Worte wie Ehre und Ritterlichkeit wieder mehr Sinn verlieh, ohne das man gleich den vollwertigen Weg eines Ritters ging. Ein Weg der Ziele bot. Ein Weg der Rechtschaffenheit im Herzen voraus setzte. Ein Weg auf dem es einerlei war, wie Gottgläubig man war, sondern der die wichtigen Aspekte im Charakter der Menschen verankerte. Sicher, es waren allesamt edle Schwerpunkte im Grunde, die vor sämtlichen gesellschaftsfähigen Glaubensrichtungen ihren Bestand behielten, doch sollte nicht der Glaube die Grundlage bilden, sondern die eigene Selbstüberzeugung, Charakterstärke und Weltanschauung.

Ein Krieger, war doch in erster Linie ein Mensch der sich zur Waffe berufen fühlt. Es war kein Mensch der seinen Gottglauben unbedingt an erste Stelle setzte, sondern eher seine Fähigkeiten mit der Waffe, die über sein Leben oder seinen Tod entschieden. Wer seinen Gottglauben höher setzte als diese erdigen, weltlichen und fürs schlichte Leben notwendigen Ansichten, der ging doch meist zu Templern, oder in die Garde oder strebte eben seinen eigenen Idealen nach. Ein Mensch dem das Kämpfen nicht liegt, dem es von jeher nicht gegeben war für sein Leben handfest zu reagieren, war keiner der sich Krieger nennen wollte im Grunde, und jene die nur nach der Klinge griffen um ihren verdorbenen Lebensziel zu folgen, taten es nicht ob ihrer Passion zur Klinge sondern um sich Völlerei und Wolllust zu finanzieren und sich in der dortigen Gesellschaft zu behaupten. Es waren Schlächter, ohne Gewissen, Prügelknaben ohne Ziele und Söldner ohne eine eigenen Meinung sondern mit stets jener ausgestattet die von ihren Auftraggebern mitbezahlt wurde. Schwache Personen, wenn man es neutral betrachtete.

Sie suchte einen Weg wie junge Leute ihren eigenen Weg, ihre eigenen Ziele fanden, eine Möglichkeit sie vor den Extremen zu bewahren ohne sie vor sich hindümpeln zu lassen, auf das sie sich von alleine in das ein oder andere Kopfüber stürzten. Hätte es diesen Rat damals gegeben, wäre Bartos dann jener der er nun ist? Was wäre mit dem jungen Sedan, würde der kleine Larthay noch immer nach einem Lehrmeister suchen? Sicher sie alle haben ihre eigene Lebensgeschichte, und sie wollte auch keinen roten Faden bieten an dem man sich um Biegen und Brechen festhalten musste, dieser rote Faden der sich durch die Gedanken all jener passionierten Krieger ziehen sollte, sollte ein wahrnehmbarer Schatten sein, an welchem sich Licht und Dunkel brachen, um selbst zu erkennen was Richtig und Falsch war, um sich selbst in Frage zu stellen ob man auf dieser oder der anderen Seite stand. Der einem jeden den Weg zu dem eigentlichen Lebenssinnziel erleichtern sollte.

Sicher es würde immer die sogenannten „Guten“ geben, doch was würden sie tun, was würden zum Beispiel die Templer tun wenn die gesamte Menschheit sich in Gottesfürchtigkeit und Ehre übereifert? Ihr Ziel wäre erreicht, ebenso wie wenn die andere Seite vorherrschen würde. Wenn Leute wie Karex es schaffen würden ihre schwarze Aura auf das gesamte Land zu legen, würde die Menschheit samt ihnen selbst nicht lange existieren. Und immer wieder gab es junge Menschen die sich zu früh für die eine oder andere Seite entschlossen – oder noch schlimmer, für gar keine. Und meist war es ein Teil der dunklen Seite der sie versinken ließ. Strahlend hell waren ihre Sterne aufgegangen und wie Kometen fiel stets ihr Licht erlöschend vom Himmel.

Doch wie sollte sie dies alles vermitteln? Wie sollte sie sagen was ihr Herz in unaussprechlichen Worten, ihr mitteilte. Wie sollte sie die anderen Ratler darauf einigen. Und vor allem, wie sollte sie es der großen Masse vermitteln... ... sie hatte beschlossen sich durch Taten zu verständigen, doch dieses Unterfangen zeichnete sich als riesig ab. Der Weg der vor ihnen lag, vor ihr und den anderen Ratlern, war voll mit Steinen. Steine die andere Wege von dem eigentlichen Ziel fernhielt. Und so musste sie sich um Heiler und Schausteller, um Schmiede und Händler, um Kämpfer und Gastwirte kümmern, so musste sie waghalsiges Leisten um großartiges zu ernten.

Kurz schloss Nadirah die Augen und blickte in den Karotteneintopf vor ihr. Diese Mahlzeit schien im Augenblick ein viel größeres Gewicht auf ihr abzulegen als, all Voraussichtungen in der nahen Zukunft. Es bangte ihr nicht vor der Arbeit, im Gegenteil, sie freute sich darauf ihren Beitrag dazu zu leisten, sich selbst im Spiegel zu sehen um zu sagen, ich habe alles gegeben. Auf genau dieses Gefühl ob es sie nun heben oder erdrücken würde, wartete sie. Dennoch waren diese Ziele eher selbstlos. Sobald dieser Rat funktionierte, wollte sie, so es Interessenten gab oder der Adel sich gegen sie aussprach ihren Platz anderen überlassen.

Sie konnte nicht zwei verantwortungsvolle Plätze einnehmen, glaubte sie. Und vor allem, sie spürte wie sie bei all ihren Plänen, für zwei Personen viel zu wenig Zeit hatte. Caity und Yael. Wäre sie jemals gezwungen ein “normales” Leben zu führen, dann wären diese beiden Personen „ihre“ Familie wohl. Ihre Ziehtochter und ihr Geliebter. Doch wie sollte sie dies alles vereinen? Ihrer Ansichten überkreuzten sich an diesem Punkt. Einerseits, setzte sie das Allgemeinwohl, und damit ihre Pflichten als Gründerin des Lagers als auch als Ratlerin über ihre eigenen Bedürfnisse, doch dadurch vernachlässigte sie Menschen die ihr persönlich wichtig waren. Und nur weil sie eine tiefe persönliche Bindung zu eben jenen beiden Menschen hatte, darf es nicht heißen, das sie eben jene vernachlässigen darf, weil diese beiden Menschen für ihr eigenes Wohlergehen beitrugen. Nein im Grunde musste sie sich völlig ausschalten. Im Grunde musste sie Caity und Yael mit aller Zeit gegenübertreten die es gab, weil sie diese beiden Menschen eben persönlich treffen und verletzten würde, wenn sie ihr Engagement übertreiben würde.

Ihr Eintopf war nun mehr ein Brei, Karotten mit dem Holzlöffel zu einer pampigen Masse zerdrückt und noch immer ließ sie ihren Gedanken freien Lauf, wenngleich das Essen nicht gerade weniger wurde, sondern eher aufquellte.
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Alt 28.09.2007, 10:50
#107
Nadirah Jin Zaykah
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Nun war es wohl sicher, sie spürte wie ihr Körper sich veränderte. Ein Grund mehr weshalb sie sich in letzter Zeit stets in Saris und örtliche Kleider begab. Sie lag vor sich hin dösend auf den Tigerfellen in ihrem Zelt. Müdigkeit war das Einzige was allgegenwärtig war. All das Gerede ums Essen war nebensächlich. Fleisch mied sie zwar zur Zeit, wenngleich sie immer gerne davon aß, doch wenn sie von Gelüsten sprechen konnten, dann wünschte sie sich Gemüse. Sieda’s Karotteneintopf, Kartoffeln in Salz gekocht, Mais und Kohl. Nadirah’s Augenlider flackerten kurz begleitet von einem Lächeln. „Das Kleine wird schon wissen was es braucht...!“ Klang Sieda’s Stimme wie ein Echo in ihren Ohren. Vermutlich war es aber schlicht und ergreifend nur der Wunsch nach Abwechslung und Grün, nach einem eisigen Winter.

Nadirah war müde und versuchte ihre Gemütslage festzustellen. Angeblich sollten Stimmungsschwankungen mit zur Schwangerschaft gehören, doch zweifelte sie noch daran. Sicherlich, sie spürte wie sie selbst empfindlicher wurde, doch war sie der Meinung sie würde sich zusammenreißen können.
Der heutige Tag hätte durchaus anders ausgehen können. Er hatte viele Alternativen für die Endung geboten, begonnen bei Travin.

Sie war in den Tala gehuscht auf der Suche nach Sieda, als sie fast in Felia hineingelaufen wäre. Doch Travin’s Anblick ließ sie erstarren. Nicht sein Gesicht oder Äußeres, nein die Tatsache das er auf einmal dort, nach all den Jahren im Tala saß. Ein Teil von ihr wollte gehen, zurück zu den Frauen, doch ein anderer rief sie zur Vernunft. Sie hatten doch eigentlich alles geklärt. „So eine Zähmerin ist im Grunde eine gute Partie... wenn die Frau davon rennt, bleibt immer noch das Schaf!“ Er hatte schon immer eine Spur Zynismus für sich beansprucht und unter anderen Umständen hätte sie vermutlich geschmunzelt. Doch in diesem Moment fühlte sie sich nicht gut. Ja sie war davon gelaufen, hatte ihn stehen und sitzen lassen, um ihre Träume und Ziele zu verwirklichen.

Als sie ihn damals verlassen hatte, hatte sie vermutlich zum letzten Mal etwas aus reinem Egoismus getan. Doch sie bereute nicht wirklich, ihr tat es leid, das es so geendet hatte und der Teil in ihr, der ihm gehörte, wenn auch nur im Geheimen, wünschte sich an seine Seite, dennoch waren die heutigen Tatsachen gewichtiger. An diesem Abend im Tala, fühlte sie sich in die Vergangenheit versetzt. Bis Caity kam hatte sie ihre Pflichten fast vergessen.

Und dann prallte die Vergangenheit auf die Gegenwart, in Fenisthal. Schicksalhaft konnte man fast sagen, hatte doch alles in Fenisthal begonnen, ausnahmslos alles. Sie sah Sieda neben Angelina, Kyren kam gleich auf sie zu und von diesem Moment an wusste sie, das der Abend zu kurz sein würde, doch wie viel zu kurz – das ahnte sie nicht.

Sie setzte sich erst noch zu Felia und Travin, doch da sah sie auch schon eine hochgewachsene Frau in einem Tempo durch die Gassen galoppieren, das der Ärger schon vorgeplant war. Zweifelsohne, würde nur eine der Ihrigen so reiten, und zweifelsohne war diese hochgewachsene Person Narayh. Sie rief ihr zu, doch offenbar zog sie Ärger an, wie das Meer die Fische. Langsam trat sie auf Kyren und Narayh zu. Sie wollte keinen Ärger und Kyren schien ernsthaft verärgert zu sein, was sie selbst kaum besser machte als sie im ins Wort fiel. Sanft hatte sie nach Narayh’s Zügeln gegriffen, eher um sich vor dem schnaubenden Tier zu schützen, als das Tier zu führen. „Verzeih Kyren, sie gehört zu uns...!“ Sie hatte gehofft Kyren damit besänftigen zu können, als sie Sieda aus den Augenwinkeln wahr nahm. Irgendwo war auch Caity und dann durchzuckte ihre Hand ein heißer Schmerz und sie sah Narayhs Tier nur noch den Rasen mit den donnernden Hufen umgraben. Verständnislos blickte sie jener nach und hielt ihre Hand. Irgendwas hatte sie in diesem Tumult verpasst, irgendwas war an ihr vorbei gezogen und in ihrer Hand brannten Feuer, die Zügel hatten sich heiß durch ihre Handfläche gerissen als Narayh das Pferd gewendet hatte und jenes in seinem Temperament den Kopf hoch warf.

Belassen wir es dabei, dachte Nadirah für sich, Narayh wird ihr schon früh genug noch sagen, was da vorgefallen war. Vermutlich war jene selbst angespannt und gereizt gewesen, aufgrund der vergangenen Vorkommnisse. Sie drehte sich seufzend ab, wollte sich wieder setzten, doch ihr Platz war besetzt.
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Alt 28.09.2007, 11:19
#108
Nadirah Jin Zaykah
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„Sire Shalmaire...?“ Sie hatte in einer vielleicht ungünstigen Gelegenheit das Wort ergriffen, doch sie war zu überrumpelt. Er würde Britannia verlassen, sagte man ihr und er nahm hier in Fenisthal Abschied. Sie blickte in das reife stattliche Gesicht und war sich erneut sicher, das sie diesen Mann mochte. Er war natürlich, erdig und ausgeglichen – und allem voran war er kein „Jungspund“ wie es im Vergleich zu ihm Yael wohl noch wäre. Viel zu gerne hätte sie diesen Mann näher kennen gelernt, doch hatte sich nie die Gelegenheit ergeben. Sie war näher getreten, unweigerlich spürte sie wie das leichte Spiel in das sie eingestiegen war, nein das sie begonnen hatte, die Fäden tanzen lies. Es war unkompliziert und amüsant mit ihm zu reden und er war ein Mann den sie zu wenig kannte, um seine kleinen Marotten zu kennen und zu gut kannte, um ihm hohen Respekt entgegen zu führen.

Ritter Borgoise Shalmaire war einer jener Männer die mit dem Alter eine unwiderstehliche Anziehungskraft bekamen. Einer jener Männer denen man mit Respekt und Achtung begegnen konnte ohne seine menschliche Seite zu vergessen. Ein Mann mit Charme und durchaus auch mit Witz. Zumindest wirkte er so auf sie und sie hätte stundenlang mit ihm Reden können. Doch meinte sie in seinen Augen auch etwas Wehmütiges zu sehen.

Nachdenklich blickte sie ihm nach und trat zu Sieda. Einen Moment Ruhe, einen Moment Stille. Ihre Augen huschten durchs Dunkel auf der Suche nach Felia und Travin. Sie nahm aus den Augenwinkeln immer wieder diesen Mann wahr. Lexaras von Clairith, der neue Ritter zu Minoc. Möglich das es mit dem Fortgehen des alten Ritters zu tun hatte, möglich auch das sie ihn im halbdunkel kaum erkennen konnte, doch viel Sympathie schaffte sie nicht für jenen zu erübrigen.

„Ich glaube die Jhanan wollte mit uns sprechen...“ hörte sie Sieda flüstern. Nadirah nickte nur, vielleicht würde sie an diesem Abend ja doch noch Zeit finden. Kurz blickte sie in Yael’s Gesicht und lächelte. Kurz mischte sich Irritation in ihre Gedanken. Sie wusste nicht recht wie sie ihn nehmen sollte, geschweige denn ihm zum jetzigen Zeitpunkt sagen, dass sie schwanger sei.

Im Grunde ging es ihn doch gar nichts an, ob er nun der Vater ist, oder jemand anders. Das wäre nur wichtig falls ein Sohn in ihrem Leib heranwachsen würde. Sie wusste zweifellos wer der Vater ist, doch verspürte sie nicht die geringste Lust über diese Person als „Vater ihres Ungeborenen“ zu reden, nein im Grunde wollte sie kein einziges Wort über diese Schwangerschaft verlieren. Sie wollte es genießen und nicht von allen Seiten mit Ratschlägen, Meinungen und Glückwünschen beredet werden.

Sanft ruhte ihre Hand auf ihrem Leib, ihre Brüste hatten sich in den letzten Wochen gefüllt und schmerzten bei jeder ruckartigen Bewegung. Nach den ersten zwei Monaten hatte sie auch wieder zugelegt, und wenngleich sie noch immer als schlank gelten würde, man ihr in den weiten heimischen Kleidern die Schwellung ihres Bauches noch nicht ansah, so hatten ihre Rundungen an Fülle gewonnen. Ihre in letzter Zeit eher harten Gesichtszüge wurden von Tag zu Tag sanfter und glichen kaum noch jenen der „Kriegerin“. Ihre Augen funkelten sanft und verloren immer häufiger das angriffslustige Glitzern.

Im gesamten schien sie Ausgeglichener und Ruhiger, wobei dies oft nur täuschte. Tief in sich gesunken lag sie nun auf den Fellen in ihrem Zelt, erinnerte sich an das Gespräch mit der Jhanan, an das Feuerwerk und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Sie hatte an diesem Abend rot getragen, doch nicht etwa um Lorica zu ehren, nein sie hatte unwillkürlich Rot getragen, der alten Lehren wegen. Diese Farbe hatte für sie eine ganz andere Bedeutung als für jene hiesigen Loricaner. Rot – Rot war die Farbe des Lebens, - das Blut in den Adern war von satten Rot, - die Lippen der jungen Mädchens waren rot und ein Neugeborenes, frisch aus dem Leib der Mutter war ebenso rot.

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Alt 04.10.2007, 01:43
#109
Yael Calesse
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Der Schnaps zog Schlieren an der Seite des kleinen Glases. Glasklar, kalt und scharf war das Zeug, das er da gebrannt hatte. Ein Versuch einen Brand aus verschiedenen Früchten zu mischen, für den Verkauf eher ungeeignet weil er lange noch nicht ausgereift war, aber hier, heute, in der Stille und der Einsamkeit seiner bescheidenen Hütte, da war es genau recht. Yael achtete darauf weder zu schnell, noch zu viel zu trinken, denn er wollte einen halbwegs klaren Kopf bewahren. Doch der Schnaps half dabei sich zu beruhigen und gewährte ihm gerade so viel weiche Watte hinter der Stirne, dass ihn die Wahrheit nicht allzu hart treffen sollte. Hoffentlich...

Yael goß sich nach, nippte jedoch nur und warf sich ein Stück Käse und eine Traube in den Mund, um die Schärfe ein wenig zu vertreiben. Kauend lehnte er sich im Stuhl zurück und zog sich die Augenklappe vom Schädel.
Schon seit geraumer Weile versuchte er sich daran zu erinnern, was gestern eigentlich passiert war. Er wusste natürlich dass Nadirah geredet hatte. Es ging wieder einmal darum, dass er doch zu seinen Wurzeln zurückfinden sollte, sich seiner Natur erinnern sollte und gefälligst seinen faulen Arsch heben sollte, um an Ruhm und Ansehen zu gewinnen, damit nicht jeder schlecht über ihn reden konnte. Er seufzte tief. Es war unfassbar wie oft und ausführlich Frauen über Dinge reden konnten, wenn diese Dinge nur möglichst negativ waren und am besten ihren eigenen Mann betrafen. Und nach einem solchen Redeschwall verlangten sie auch noch, dass man sich an jedes ihrer Worte erinnerte!

Yael gelang es ohnehin nicht immer, sich an alles zu erinnern. Das galt im besonderen Maße für die Gelegenheiten, in denen Nadirah zornig war und ihn anschrie, was - wie er sich eingestehen musste - eigentlich beinahe die Norm war. Er grinste. Sie stritten zweifellos nicht selten. Das konnte man einfach nicht ausschließen wenn zwei Menschen aufeinander trafen, die so temperamentvoll und leidenschaftlich waren. Stur nicht zu vergessen...
Er blinzelte mehrmals um sich zu konzentrieren und richtet sich etwas weiter auf.

Sie hatte so verzweifelt ausgesehen. Nicht wie sonst, wenn sie über dieses Thema sprachen und aus ihren Augen Flammen sprühten. Hinter Yael's Stirne erschien das Bild Nadirah's, die in ihrem safrangelben Kleid neben ihm saß und nichts von der unerschütterlichen Selbstsicherheit zeigte, die er an ihr so sehr begehrte.
Wie er denn für ein Kind sorgen wollte, wenn dereinst eine alte Flamme vor seiner Türe stand, mit einem Balg im Arm, hatte sie ihn gefragt. Die Frage allein war Yael sonderbar vorgekommen.
Ihm war schon immer klar gewesen, dass seine unzähligen Eskapaden in den unzähligen Dörfern und Städten mehr als eine unerwünschte Schwangerschaft zur Schuld trugen. Er dachte natürlich nicht gerne daran, aber er hatte sein Blut ohne Zweifel schon mehrfach weitergegeben. Im Innersten seines Herzens bedauerte er das. Natürlich war ihm nicht daran gelegen den Mädchen Ärger aufzuhalsen oder ihnen Schmerz zuzufügen. Und er war jedes Mal so bedacht und behutsam gewegen, wie es einem Mann inmitten der Lust eben möglich war. Aber er machte sich keine falschen Vorstellungen. Irgendwo da draussen liefen kleine Ableger mit zimtbraunen Augen herum. Er hoffte nur, dass sie ihm vergaben...

Yael schüttelte den Kopf.
"Verflucht!", brummte er leise in das Zwielicht seines Hauses, das nur vom goldenen Flackern des kleinen Ofenfeuers erhellt wurde. "Reiss dich zusammen", mahnte er sich und versuchte sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Yael hatte sich ihr gegenüber gesetzt. Und als er aus dem bauchigen Krug Wein trank, sagte sie es. Auf die Frage hin ob sie denn vor hätte ihn zu verlassen, wenn er einfach so weitermachte wie bisher, erwiderte sie ganz leise: "Nein, Yael... Nur meine Tochter wird dann nach den alten Bräuchen aufwachen"
Er hatte eine ganze Weile gebraucht, bis er verstanden hatte, was sie damit eigentlich sagen wollte. Zuerst hatte er an Caity gedacht, doch als sie nichts sagte und ihn nicht einmal ansehen konnte, durchfuhr es ihn wie ein Blitz. Die weiten Kleider, das gesunde, rosige Aussehen, die kleine Speckschicht dort, wo zuletzt nichts als stählener Muskel lag.

Sie war schwanger!
Der Grund dafür, dass sie ihn wieder antrieb sich am Riemen zu reissen, seine Wurzeln zu finden und seine alten Pfade zu beschreiten war nicht bloß eine Laune oder Konsequenz, nachdem sie ihn nun eine ganze Weile in Ruhe gelassen hatte. Nein, es waren schlicht und ergreifend die tiefsten Triebe einer Frau.
Einer Frau die Leben in sich trug und alles dafür tun würde, dass es ihrem Kind einst gut gehen würde.
Nadirah trug sein Kind im Leib.

Selbst jetzt, am darauffolgenden Tag stellten sich ihm alle Haare auf bei dem Gedanken dass er Vater werden würde. Es war ein großer Unterschied, ob man glaubte dass man irgendwo Abkömmlinge gezeugt hatte, oder ob man es wirklich wusste. Und man nicht einfach weiterziehen würde.
Nein, er würde hier bleiben, würde seinen Nachkommen sehen und berühren können. So sehr ihn der Gedanke entsetzte, irgendwie freute er sich auch über die Nachricht.
Es war kein Geheimnis dass er sich gut mit Nadirah verstand und gern an ihrer Seite war. Auch war er sich bewusst, dass sie eine kluge, anständige Frau war, die gut für ihr Kind sorgen würde, egal was passierte.
Solange es ein Mädchen war...

Ein Schnauben kam Yael über die Lippen und als er diesmal zum Glas griff, leerte er es mit einem gesunden Schluck. Er hasste diesen Gedanken!
Nicht nur dass Nadirah schon jetzt, wo sie kaum einen Bauch bekommen hatte, von 'ihrer Tochter' sprach, nein, er wusste über ihre Bräuche bescheid. Würde sie einen Sohn gebähren, dann sahen die Traditionen vor, dass er, der Vater, sich um diesen zu kümmern habe. "Er würde mich nur flüchtig kennen", hatte Nadirah gesagt.
Yael fletschte die Zähne. Was für erbärmliche Idioten hatten sich solche Bräuche überlegt?! Eigentlich hatte er ja viel Verständnis und großen Respekt für all das, wofür Nadirah stritt, aber das ging entschieden zu weit.
Ein Mädchen würde in die Gemeinschaft aufgenommen und Yael konnte froh sein, wenn ihm gewährt würde, sein eigen Fleisch und Blut zu besuchen, wann er es wollte. Oder besser, wann 'sie' es wollten.
Und ein Junge würde von der Mutter getrennt und bei ihm bleiben. Nicht dass er sich davor scheute ein Kind großzuziehen, aber er fand den Gedanken schrecklich einen Säugling von der Brust der Mutter zu reissen, bloß damit die keine Liebe für den Bengel entwickelte und ihr der Abschied dereinst nicht zu schwer fiele.

Die Weiber konnten sagen was sie wollten, Yael wusste dass Nadirah dieses Kind schon jetzt liebte! Er konnte es sehen, er konnte es fühlen, in jedem ihrer Worte, in jeder ihrer Gesten. Sie liebte es und würde es lieben, gleich ob es ein Junge oder ein Mädchen war. Sie sprach bloß von einem Mädchen weil alles in ihr darum betete, dass sie ihr einziges Kind nicht fortgeben musste.
Wieder füllte er das Glas.
Nadirah wusste, was ihm seine Sippe bedeutete. Sie wusste, dass er alles auf sich nehmen würde und alles tun würde, um an dieses Kind zu gelangen, würde sie ihm einst verwehren, es zu sehen.
Und doch, trotz elender Traditionen und alledem, hatte sie letztendlich recht.
Sein Kind sollte zu ihm aufblicken. Ihn als Vorbild und Vater sehen, nicht als müßigen, übel gelaunten Kerl, der jeden zweiten Säufer der Insel mit Schnaps belieferte. Aufgeben würde er die Brennerei wohl nicht, schließlich brachte sie gutes Gold.
Aber wie Nadirah es sagte: "Ich will meiner Tochter irgendwann erzählen können, dass ihr Vater ein angesehener, stolzer Barde ist"

Die Wahrheit war, Yael wusste nicht ob er das wieder sein konnte. Ja, er war es gewesen, zweifellos. Und er wusste dass in ihm mehr steckte, als in den Stümpern, die hin und wieder auf der Insel auftauchten und nach erfolglosem Aufspiel wieder verschwanden.
Aber er sah sich in einem dichten, dunklen Wald, in dem er seine alten Pfade schlicht verloren hatte. Und ohne die Hilfe, die Nähe und die Inspiration, die er in seiner Schwester fand, würde es schwer für ihn werden. Früher waren sie immer beieinander gewesen, hatten gemeinsam geschrieben und gedichtet.

Er seufzte.
Früher waren die Tage voller Musik gewesen. Und wohin er kam, da begleitete sie ihn, in seinen Ohren, in seinen Gedanken, in seinem Herzen. Und nun schien es, dass er sich seiner alten Qualitäten erinnern musste, ganz gleich wie. Nun hing nicht mehr nur das Wohlwollen Nadirah's davon ab, das er - wie er ganz genau wusste - mit anderen Qualitäten rasch wieder erlangen konnte, nein, es hing das Wohl und die Zukunft seiner Sippe, seines Kindes, davon ab.

Yael schob den feuchten Korken zurück in die farblose Flasche und stellte sie beiseite. Genug getrunken, sagte er sich und gab dem Glas einen Stoß, der es quer über den Tisch rutschen ließ.
Er schlüpfte in seine alten, weichen Lederstiefel und zog sich nur sein Wams über. Nachdem er sich die Augenklappe über die leere Höhle gelegt hatte, griff er nach seiner Laute. Er hielt sie ins Licht und prüfte Saite für Saite. Das rötliche, polierte Kirschholz unter seinen Fingern fühlte sich beinahe warm an, fast lebendig. Hier war nicht der rechte Ort um zu spielen!
Tief durchatmend hängte Yael sich den Riemen der Laute über die rechte Schulter und öffnete die Türe seiner Hütte.
Von Osten her drangen bereits die ersten Sonnenstrahlen durch den Nebel und kündigten den neuen Tag an. Ohne es zu merkten schlich sich ein Lächeln auf Yaels Lippen.
"Dann auf zu alten, neuen Wegen", murmelte er leise vor sich hin, trat aus der Türe und warf sie achtlos hinter sich ins Schloss.
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Geändert von Yael Calesse (04.10.2007 um 01:57 Uhr).
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Alt 22.11.2007, 11:03
#110
Nadirah Jin Zaykah
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Sie hatte gespürt wie sich ihr Innerstes mit einem Mal dehnte, wie etwas aus ihr hinaus wollte. "Pressen Nadirah!" Sie hörte von weither Narsiedas Stimme, spürte Narayhs starken Griff und liess sich auf den Kampf ihres Körpers ein, sie presste, sie dachte an nichts anderes, und es war ein seltsames, unerklärliches Gefühl als sie ihr Kind spürte wie es den Weg zu dieser Welt fand. Was blieb war tiefe Leere und doch sprudelten all diese Gefühle des Glückes in ihrem Körper hoch. Sie hatte es geschafft, sie war müde, sie wollte nur noch schlafen... und doch blieb sie wach. "Lebt es? Gibs mir!" Ihre Stimme klang flehend, sie kniete noch immer, war unfähig sich zu bewegen, sie spürte wie sich ihr Leib erneut zusammen krampfte. Doch sie sah zwischen all den Haaren die in ihrem Gesicht klebten etwas winziges Rotes und es bewegte sich. Es gab laute von sich, rang nach Luft, es war ein Teil von ihr. Es war das was sie all die Monde in ihrem Leib trug, es war ihr Fleisch und Blut, es war ihr Kind. Sie hatte alles vergessen, all die Vorbereitungen, falls es ein Junge wird, sie wollte dieses winzige, blutverschmierte etwas in den Armen halten, sofort ohne zu warten.

Die Nachgeburt bahnte sich ihren Weg, "Eine Amme wirst du nicht brauchen liebes." Sie konnte nicht klar denken, wusste nicht was Siedas Worte zu bedeuten hatten, sie hatte gebetet und gehofft das es ein Mädchen wurde, doch in diesem Moment, war es ihr völlig egal. Es war ein Teil von ihr, und sie spürte diese kalte Welt zwischen sich selbst und diesem Kind, das sonst warm und geborgen immer in ihr war. Sieda drückte ihr das kleine warme, feuchte etwas in den Arm, man konnte nicht wirklich sagen das es schön war, doch es war ihr Kind, und auf unerklärliche Weise fand sie es tatsächlich hübsch anzusehen. Sie konnte den Blick nicht von dem kleinen Mädchen lassen, das man ihr in die Arme legte und das widerstrebende Schreie von sich gab. Ihre Fingerspitzen tasteten sanft jeden einzelnen Zeh ab und innerlich zählte sie, immer wieder, war alles wie es sein sollte?

Langsam, unendlich langsam senkte sich die Sicherheit über sie, das sie dieses kleine Wesen nicht wieder hergeben müsste und Erleichterung machte sich breit. Eine Erleichterung die ihr Körper forderte - doch eins gab es noch zu tun. Ihr Blick glitt hoch zu Caity und ein sanftes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. "Caity komm her!... Hör gut zu mein Schatz, ... dies hier ist deine Schwester... Jaelle jin Nadirah daru'l Calesse al Britannia... sprich für sie und stell sie vor..." Die Welle der Müdigkeit überrannte sie, und sie wusste nicht wie lange sie dieses kleine Kind noch sicher halten konnte. Man kann nicht sagen das es ihr einerlei war, doch sie gab sich der Müdigkeit hin, mit dem tiefen, beruhigenden Wissen, das sie nicht alleine war, das jede Anwesende sich dieses Bündels annehmen würde als sei es ihr eigenes Kind. Sie spürte das egal was passieren würde, dieses Kind in Sicherheit war.

Sie hörte nocheinmal die Schreie, als Narayh ihr beim Waschen half, sie hörte Yael und lächeln umspielte ihre Lippen, wie gerne wäre sie nun hell wach gewesen, wie gerne wäre sie nun bei all ihren Kräfte gewesen, um ihre Tochter ebenso zu feiern. Doch es ging nicht, und sie konnte sich im Grunde damit auch abfinden. Als sie aus dem Zuber stieg fühlte sie sich noch immer keinen Deut besser, nur sauber. Sie hatte das seltsame Gefühl, als wäre ihr Inneres nach Außen gekehrt, als würde es keine Unterleib geben, sondern nur Haut an der ihre Beine hingen. Sie hatte das Gefühl etwas verloren und zugleich etwas viel größeres gewonnen zu haben. Mühseelig streifte sie den Stoff über, die Haut ihres Bauches fiel faltig, wie die einer alten Frau, es fühlte sich seltsam an und doch waren ihre Gedanken bei ihren Töchtern. Als sie Jaelle auf Caitys Arm sah, kam es ihr vor als würde ihr Herz explodieren.

"Wo sind meine Töchter?" Narayh hatte sie auf die Felle gelegt und sie zog das Oberfell über ihre Beine. Ihr Körper bedankte sich, lies sich kaum noch bewegen, doch innerlich war sie aufgewühlt und unruhig. Es überraschte sie selbst, wie glücklich eine Mutter sein konnte, wenn sie in das Gesicht ihres Kindes schauen konnte. Es war ein neues Gesicht, eins das sie noch nicht lange kannte, und doch liebte sie diese Gesicht jetzt schon abgöttisch - sie wäre, wenn nötig, sofort gestorben um dieses Gesicht zu erhalten. Tränen bahnten sich ihren Weg über die Wange als sie das leise schmatzende Geräusch hörte, als sie Jaelle stillte und Caity sich an ihre freie Seite kuschelte. So wie sie drei jetzt waren, war es ein enger Verbund. Enger als sie sich hätte vorstellen können.

Sie spürte Yaels Hand auf ihrem Haar, was konnte sie sagen? Was sie fühlte war unbeschreiblich. Einzig der Hunger den sie verspürte erinnerte sie an die Welt wie sie war. Yael, ihr Blick glitt über sein Gesicht, er war nun Vater und er konnte es selbst scheinbar kaum fassen.

Erst zum Abend des neuen Tages ließ sie sich langsam in den Schlaf fallen, alleine mit ihren beiden Töchtern beieinader gekuschelt.
Nadirah Jin Zaykah ist offline  
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Alt 28.01.2008, 08:56
#111
Nadirah Jin Zaykah
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Nadirah sass in ihrem Zelt, es hatte sich ein angenehmer Alltag eingepegelt. Vormittags bis Nachmittags war sie grundsätzlich im Lager, kümmerte sich um Schreibkram, sortierte Rüstungen, briet hin und wieder etwas Fleisch und räumte die Kisten auf. Ihre Tochter war zu diesen Zeiten immer bei ihr, sass und krabbelte schon in ihrer Nähe und ließ keine Möglichkeit aus, etwas ins Wasser zu werfen. "Wim Wim" Sie begann mit den ersten Worten und ihren ersten eigenen handfesten Entdeckungen, ebenso begann das Zahnen schon und Jaelles Weinen trieb sie des öfteren zur Verzweiflung. Sicherlich, sie setzte sich dann mit ihrer Tochter hin, wiegte sie auf dem Arm und gab ihr ein kleines sauber und abgekochtes Holzstück zum kauen, doch an manchen Tagen durchbrach das Weinen ihre Fassade der Selbstbeherrschung und Ruhe. Dieses Weinen rüttelte ihr Innerstes auf, doch noch schlimmer als das war die traurige Erkenntnis das sie gegen die Schmerzen ihrer Tochter nichts machen konnte. Fay erklärte sie könne mit Sicherheit den Kaustock in betäubender Brühe kochen, doch die Nebenwirkungen hielte sie für solch natürlichen Vorgang wie das Zahnen zu hoch. "Mach dir keine Gedanken Nadirah, sie bekommt Zähne mehr nicht..." Seufzend ließ sie diesen Satz immer wieder über sich ergehen. "Du hast es doch auch bei Ciama erlebt, das geht vorrüber wenn die Zähne erstmal durchgebrochen sind!" Nadirah erinnerte sich vage an die Tortur durch die Ciama sie damals alle getrieben hatte und in ihren Erinnerungen schien der Vergleich der beiden Mädchen kaum einen Unterschied zu machen.

Wenn dann zum Nachmittag Caity oder eine der Frauen dazu kam legte sie sich meist für ein oder zwei Stündchen mit ihrer Tochter hin und schlief, um Jaelle dann meist in Amarahs oder Caitys Obhut zu lassen und die Wache oder Jagd anzutreten. Sie hörte oft das Jaelle zum frühen Abend dann nochmal wach wurde und auch hin und wieder nach ihr fragte. Einerseits erfüllte es sie mit Glück, das ihre kleine Tochter ihre Abwesenheit wahr nahm, andererseits, wie an jenem Nachmittag, bedauerte sie es nicht selbst ihre Tochter ins Bett zu bringen.
Jaelle hatte sich neben sie gesetzt und spielte mit der Katzenpuppe die sie wohl von Ciama abgeluchst hatte und suchte Körperkontakt. Nadirah hatte sie sich zwischen die Beine gesetzt wärend sie ihr die Locken vorsichtig kämmte. Es war geradezu interessant, nein sie war gar neugierig wie ihre Tochter auf "fremde" Situationen reagierte. Solange sie hier im Lager war, schien sie sich sicher zu fühlen, sie kannte ihre Grenzen, im Gemeinschaftszelt waren es die Felle, in ihrem eigenen Zelt die dünnen Vorhänge die das Feuer absteckten und in ihrem Bereich schien sie zu walten und schalten wie es ihr passte und wehe man störte sie. Gerade die Tischplatten im Gemeinschaftszelt hatten es ihr angetan und die rohe Anhäufung an Felle, sie verbuddelte sich oft regelrecht darin und brabbelte dann leise vor sich her. Nadirah hatte schon allzu viele Sachen aus den Fellen wieder ausgraben müssen, wie Steine, Stofffetzen, Federn und gar einen einen Zunderklumpen der ihr am meisten Sorgen machte.

Die einsamen Momente mit ihrer Tochter, waren wohl die schönste, so wie jetzt, wenn sie mit ihr baden war, der kleine Körper frisch duftete und sanft im Feuerschein glänzte. Meistens war Jaelle nach dem baden immer sehr still und anschmiegsam, wenngleich es oft damit zu tun hatte wie abgelenkt Nadirah oder sie selbst war. Sie liebkoste und küsste Jaelle sanft und es war einfach das überwältigstende Gefühl, wenn diese kleinen Arme sich daraufhin um ihren Hals schlungen und Jaelle dabei die ersten Stehversuche machte. Es überraschte sie ohnehin, wie schnell das alles passierte, sicher Jaelle schien mit dem Stehen oder Laufen noch keine Eile zu haben und probierte es nur dann wirklich, wenn sie an etwas dran wollte oder sie die Mädchen draussen laufen sah und mit wollte, dennoch kam es ihr noch gar nicht so lange her vor, das sie das Würmchen aus ihren Leib gepresst hatte. Die Nachwirkungen der Schwangerschaft hatten zwar längst nachgelassen und Jaelles Wachstum täuschte oft über die Zeit hinweg, doch es war nun gut mehr als ein halbes Jahr erst vergangen.

Nadirah hatte Jaelle ein Hemdchen übergezogen, es wurde warm und sie hatte sich nach dem Baden mit ihr vors Zelt gesetzt um dort die Sättel und Zaumzeuge durchzusehen, zu fetten und zu säubern, sie hatte bewusst die Windel weggelassen und ließ die Kleine toben. Hin und wieder näherte sich Komprekko wenngleich sie Nadirah selbst oft mistrauischer beobachtete als Jaelle, der Wurm schien es der Wölfin angetan zu haben, doch war sie vor der Mutter auf der Hut, die des öfteren mal laut wurde, wenn Jaelle zu nah an die scheue Wölfin kam und ihr gar mal im Fell zog. Sicher bislang hatte die Wölfin das geduldig ertragen, sah Jaelle vielleicht auch als Welpen, dennoch war das fletschende Wolfsgebiss für Nadirah zu erschreckend als das sie es zu nah an ihrer Tochter sehen wollte. Sie nahm es Komprekko nicht übel, sie handelte wie eine Wölfin mit Jungtieren handelte, für sie war das Fletschen eine Zurechtweisung vielleicht, doch Jaelle war kein Wolfswelpen, und Komprekkos Zähne waren hell, groß und furchteinflössend. Hin und wieder tat ihr die Wölfin leid, die meisten ließen sie in Ruhe, und meist suchte sie auch das weite wenn zuviel los war im Lager, selbst nach fast einem Jahr folgte sie Freki nicht in Narsiedas Zelt, eher gesellte sie sich zu Roc der ein ähnlich einsames Dasein fristete, doch der Wölfin sah man an das ihr ein Rudel fehlte, ein Rudel ihres gleichen.
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Alt 04.02.2008, 23:33
#112
Nadirah Jin Zaykah
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Sie wachte unruhig auf, ihr fiel das Atmen schwer, nicht das sie verletzt gewesen wäre oder sie körperliche Wunden schmerzten. Nein es war etwas unantastbares was sich wie ein Eisenring um ihren Brustkorb legte und ihr die Luft abschnürte. Ihr Blick glitt ins Dunkel, ihre Ohren horchten auf die drei Personen die schlafend neben ihr lagen, zwei davon ihre beiden Töchter, ihr Mund öffnete sich ein wenig um mehr Luft in die zugeschnürten Lungen zu bekommen, ihre Nasenflügel begannen zu beben als sich erneut Tränen in ihren Bernsteinaugen sammelten.

Sie wusste das ihr ganzer Körper bebte und sie versuchte zur Ruhe zu kommen. Lass die Kinder davon nichts mitbekommen, dachte sie und ihr Innerstes sperrte sich dagegen sich überhaupt nur ein Stück zu öffnen. Zulang hatte sie nun den Mantel der Unantastbarkeit, der Unverwundbarkeit, Unverwüstbarkeit und der Stärke getragen, so das es ihr mitlerweile schwer fiel ihn abzulegen. Soviele Kämpfe hatte sie in ihrem Inneren schon gegen ihre eigenen Schwächen ausgetragen, so das es kaum jemand mitbekam, immer wieder hatte sie sich gegen die Erschöpfung gestemmt und sich noch einen Schritt weiter gezwungen und wenn sie sinnbildlich auf den Knien kroch, mühte sie sich dennoch immer noch einen Schritt weiter, die Sinne angespannt und auf ihr gesamtes Umfeld konzentriert.

Nadirahs Atem ging wieder ruhiger als sie sich lautlos erhob und aus dem Haus verschwand. Sie sog die Luft tief in Ihre Lungen als sie endlich vor der Tür stand.
Freiheit!
Die Wände waren auf sie zugekrochen und für einen Augenblick hatte sie sich wie ein Tier in der Falle gefühlt, das sich qualvoll noch versucht das Bein in der Falle abzubeissen um den Häschern zu entkommen.
Luft!
Ihr Füsse lenkten sie zu ihrer Stute die leise schnaubend und ebenso unruhig an der Tränke stand. Es war nur ihr Schatten der sich auf den Rücken schwang und einen Weg ins Nirgendwo einschlug, denn ihr Geist war zerstreut, weit weg und weigerte sich, sich zu sammeln.

Sharaja stoppte vor Travins Haus wie so oft und senkte den Kopf um zu grasen. Ihr Blick huschte über die prächtige Villa und nochmals versuchte sie tief einzuatmen. Ihre Schritte führten sie in die Wüste tief hinein an der Pyramide vorbei zu ihrer Oase. Sie sank an der Palme zu Boden und starrte leer in das Wasser. Alles was sie immer beseelt hatte war fort, ihre Ideale fortgeschwemmt, gebrochen. Irgendetwas Höheres, Unbekanntes, Ungeahntes hatte ihre Ideale für Null und Nichtig erklärt.

"Du bist das Herz, die Seele dieses Lagers du kannst nicht gehen!" Echoten die Stimmen in ihrem Kopf. Sie wusste es genauso gut, doch ihr Herz war gebrochen, ihre Seele weit fort, wie konnte sie etwas sein, was sie selbst in diesem Augenblick nicht besaß. Sie spürte nur die bittere Enttäuschung, wie Gallegeschmack auf der Zunge. Sie hatte es ihr versprochen und Nadirah hatte ihr geglaubt, geglaubt das alle Erklärungen warum weshalb wieso überzeugend waren. Sie war sich stets sicher gewesen das Narsieda sie verstanden hatte, verstanden hatte das es für alle ein großes Opfer bedeutete und doch war sie Nadirah im Grunde die einzige die für "immer" darauf verzichten würde. Haltlos in der Nacht auf die Dunkelheit zu warten, haltlos dem Geschehenen entgegen zu blicken, den einzigen Halt in den Schwestern zu finden die allesamt gleichgestellt waren und keine mehr oder weniger als die andere. Sie war diejenige die seit anfang an dabei war und ihr Opfer verstehen konnte. Sicher Lia war es auch, doch war es für sie kein allzugroßes Opfer auf etwas zu verzichten das sie nicht kannte und wogegen sie sich sträubte es kennen zu lernen. Sieda jedoch... Nadirah schluckte, sie fühlte sich verraten, verleumdet. Sie wusste es so genau... ihre Tränen flossen nun und ihr Körper sank unter all der Last noch weiter in sich, ihre Schultern hingen hinab. Ihr Blick lag leer auf dem Wasser und selbst die Tränen versiegten wieder. Sie fühlte sich wieder in unsichtbare Fesseln gebunden, war alles wofür sie je stand, Ehre, Gleichheit und Fürsorge an allen vorbei gezogen? Die Kriegerin die von Seelenkämpfern sprach, wollte den schlafenden Feind wecken, vielleicht hat sie das auch, vielleicht würde Karex bald für das Übertreten auf Moonglow dem Lager einen Besuch abstatten. Erneut kämpfte sie gegen die ohnmächtige Erschütterung an. Eine Kriegerin zum Schutze lag nun mit gebrochener Rippe im Heilerhaus, auf eine Spekulation hin, Avdin hatte ihr nur halbe Wahrheiten erzählt, wärend Karex längst vor den Zelten stehen konnte und Sieda... Nadirah schloss erneut die Augen. Sie dachten alle an sich selbst und in dem Moment als sie es sich einmal gönnte zum Schutz ihrer Töchter, stellte man sich ihr in den Weg. Nach all dem hatte Narayh es gewagt sie auch noch zu schlagen. Sie hatte nichts verstanden - rein gar nichts... hatte sie wirklich erwartet sie, Nadirah würde eine so offensichtlich Schwächere aus dem Weg prügeln? In welche Richtung waren die Gedanken aller nur gegangen. Nun stand sie da, hatte die Ruinen verlassen und hatte nichtmal mehr diese. Nein, wie ein Donnern ging es durch ihren Kopf. Aufgeben darfst du nicht! Erneut drangen Tränen durch ihre geschlossenen Augen, doch jetzt, endlich durfte sie es... sie durfte Schwäche zeigen und sie überkam sie in einer Flut aus Tränen. Sie lag nunmehr im Sand, im Schatten der Palme nahe des Wassers und weinte. Sie weinte um all das was sie verlassen hatte um all das was sie geopfter hatte für Nichts.

Sie war leer, schwach und gebrochen. Noch weiter konnte sie nicht gehen, ihr Kopf donnerte als wenn eine Herde Pferde durchraste als sie so da lag. Sand klebte an ihren tränennaßen Wangen und sie fand keinen Weg sich zu sammeln.

"Weine jin Zaykah, weine die Steine von deiner Seele weg auf das sie wieder frei von schlechten und bösen Gefühlen wird!" Sie erinnerte sich nur Djala's Worte, denn auch ihre Stimme hörte sie nun seit Jahren nicht mehr. Es dämmerte bereits wieder ehe sie sich aufraffte und zurück zur Villa an der Wüste schlich. Sie musste eine neue Bleibe finden, sie hatte zwei Töchter um die sie sich nun kümmern musste. Vielleicht ging nicht an jeder ihr Ideal von Gleichheit und Fürsorge vorbei. Sie hatte das Schicksal des Lagers nun in die Hände jener gelegt, die dort lebten. Die Gemeinschaft würde entscheiden, sie selbst konnte Sieda nicht richten, sie konnte Sieda nicht verbannen oder entscheiden was nun gut war. Sie wusste sehr wohl das beide mit der Verbannung gerechnet hatten, sie hatten eine Lawine los getreten und vielleicht sogar gehofft aus der Schusslinie getreten zu werden durch Verbannung, Nadirah wäre jene gewesen die erklärt hätte was geschehen war, sie wäre wieder jene gewesen die andere fortgeschickt hätte, sie wäre jene gewesen die alle zusammen halten sollte, doch es ging nicht. Schläge von Außen konnte sie abschirmen, aber Verrat von innen brach sie. Sie hatte beide in die Verantwortung gezogen durch ihr gehen, sie würden sich nun selbst stellen müssen und zwar der Gemeinschaft, sie würden jene sein müssen die erklären müssen warum sie gegangen war, wie es dazu kommen konnte. Sie wusste das die anderen danach fragen würden und sie ahnte auch das Lia außer der Wahrheit nichts glauben würde.

Es war spät als sie wieder heimkehrte und Jaelle forderte auch gleich ihre Aufmerksamkeit. "Leg dich hin, ruh dich aus!" Yaels Worte fanden ihren Weg zu ihrem Ohr und sie legte sich auf die Felle. Jaelle an ihre Seite nehmend. Sie hörte noch wie Caity und Yael drüben aßen, als sie erneut in Schlaf fiel.
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Alt 05.02.2008, 01:02
#113
Narayh Sveid
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Ein angenehm kühler Wind pfiff vom Meer heran und durchwehte das blonde Haar der hochgewachsenen Nordländerin - über ihr erstreckte sich ein überblauer Himmel und alles litt sichtlich unter der Hitze. Auch sie. War sie doch nicht für solcherlei Temperaturen gemacht oder sie gewohnt, denn Narayh war aufgewachsen zwischen immerweißen Gletschern, inmitten von langen Wintern und Menschen, die so wie das Land stets nur kurz und intensiv ihre Gefühle, einen Sommer, zeigten. Stämme die gleich des ewigen Eises das sie umgab jahrhundertelange Blutfehden pflegten, in ihren Hass nicht nachlassend und die immer das rächten, was man ihnen antat.
Narayh Sveid verstand den Typ Mensch, den eine Südländerin repräsentierte, einfach nicht. So sehr sie es auch versuchte, es würde immer etwas vollkommen anderes sein, als sie selbst.

Langsam blich die fortwährende Sonneneinstrahlung ihr sowieso schon sehr blondes Haar noch mehr aus und wärmte sie langsam auf, vertrieb ein wenig den Schmerz der in der Kriegerin ruhte. Die Erschöpfung und die immerkreisenden Gedanken, das Gefühl das für sie schon wieder eine Schwester gestorben war. Verblichen und gegangen, verbrannt in Enttäuschung und glühenden Zorn. Und inmitten von all den, stieg langsam eine Erinnerung in ihr auf:

Es war einer jener langen und immens kalten Winter, welche die Jäger dazu zwangen sehr weit zu reisen um noch Fleisch für den Stamm zu beschaffen. Der Schnee lag meterhoch und alle einigermaßen ausgebildeten Jäger/innen wurden in Gruppen eingeteit um Nahrung zu besorgen, denn zudem war der Winter sehr früh über alle hereingebrochen.
Auch Narayh war eine von jenen gewesen, die ausgeschickt worden waren. Lange Tage waren sie unterwegs gewesen bis ein feindlicher Stamm ihren Weg kreuzte. Viel Blut fand seinen Weg in den Schnee und fast alle des Jägertrupps ließen ihr Leben - selbst Nara war schwer verletzt worden und überlebte nur mit einiger Mühe den Transport ins Lager.

Wochenlang siechte sie dahin, nur ihre Zwillingsschwester war immerwährend an ihrer Seite - beinahe wäre Rayh zu den Ahnen übergegangen, wären da nicht jene Worte ihres Zwillings gewesen die immernoch in ihr widerhallten "Meine Schwester, die du die zweite Hälfte meiner Seele bist, einst von mir getrennt und in einen anderen Körper hineingeboren. Während das Schwert dein Schicksal immer sein wird, das vergängliche Kriegshandwerk, hat man mich den unvergänglichen Ahnen zugewandt. So sind wir nur zusammen ein Ganzes. Können nur gemeinsam bestehen, da wir uns in allen ergänzen was wir sind. Wenn du jetzt von mir gehst werde ich für lange Zeit in ein Extrem verfallen und davon verzerrt werden. Bleib bei mir, so wie du es mir einst geschworen hast und ich dir - das wir zusammen sterben werden."
Und so blieb sie bei ihrer Zwillingsschwester, bis jene starb und eine Lücke hinterlassen hatte, die niemand jemals zu füllen vermocht hatte.

Doch eine hatte es fast vermocht - ihre Schwertschwester, die Narayh stets in jeden Kampf den Rücken freigehalten hatte, so wie sie es ebenfalls versucht hatte. Ihre einzige wirkliche Lehrmeisterin. Ihre Schwester im Geiste. Nadirah jin Zaykah. Natürlich waren ihr auch die anderen sehr nahe und Sieda hatte eine besondere Position inne, die niemals jemand vor ihr bei Narayh erlangt hatte.
Jin Zaykah jedoch war mehr gewesen als eine bloße Schwester, sie war jene gewesen die stets mit ihr im Herzen der Schlacht stand ohne sich je bewusst zu sein, das sehr, sehr lange niemand mehr neben der einst Verbannten gestanden hatte um für sie zu kämpfen.
Doch Jin Zaykah hatte ihre Ehre verwirkt, als sie jene schutzlos zurückließ die ihrer doch so bedurften, nur um ihre eigenen Verletzungen zu lecken und ihren Stolz auszuleben, eine ihrer Predigen und moralischen Wirkungen zu erzielen. Hatte sie verwirkt als sie die Ehre eines Tods im Kampfe gegen einen starken Gegner nicht anerkannte und ihre Tat feige nannte. Sie hatte Narayh's Vertrauen verwirkt als sie nicht einmal versucht hatte sie zu verstehen. Jin Zaykah hatte ihren Status als Schwester vernichtet als sie nicht einmal erkannt hatte, das Rayh noch nie für einen anderen Menschen als sich hatte sorgen müssen und somit meistens nicht dazu in der Lage war die Folgen ihrer Handlungen abzuschätzen. Das es früher für sie garnicht nötig gewesen war, auf sich zu achten da sie ihr eigenes Leben als wertlos empfand.
Doch vor allen anderen Dingen, hatte sie ihre Ehre an jenen Tag verloren, unwiederruflich.

Laut rief sie in die Meerluft hinein:
"Eines Tages Jin Zaykah, werden wir uns wiederbegegnen und dann werde ich stark genug sein, dir zu zeigen was es bedeutet eine Nordländerin gegen sich zu haben. Den von Winter zu Winter vergessen wir nicht, was man uns angetan hat und unsere Rache wird stets blutreich sein."
Wütend und lang schrie sie gegen den Wind an, zog ihr Schwert und fegte damit Grassoden ins Meer. Sie brüllte so lange, bis sie bewußtos vor Schmerzen hinterüberkippte nur um dann weiterzuschreien. Erst nach einiger Zeit verstummte ihr Aufbegehren und sie blickte hoffnungslos, traurig aufs Meer hinaus. Nadirah war gestorben, nun existierte einzig und allein noch Jin Zayhkah für sie.
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Geändert von Narayh Sveid (05.02.2008 um 01:03 Uhr).
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Alt 05.02.2008, 02:41
#114
Narsieda Diolas
Reisender
 
Registriert seit: 29 Aug 2003
Beiträge: 226
Nachdenklich las Narsieda immer wieder diese eine Zeile, die ihre Schwester, ihre Liebste Freundin ihr hat zukommen lassen. Sie war in eine Zwickmühle geraten und ohne jenen Denkanstoß wäre sie wohl nie darauf gekommen, was da eigentlich passiert ist. Sie hatte den Halt verloren und ja, sie hatte sowohl die Regeln als auch ihr Wort gegenüber Nadirah gebrochen. Allein aus der Schriftführung erkannte sie, dass es Nadirah nicht gut gehen konnte. Und dann war da noch Narayh. Langsam blickte sie auf zu Narayhs Schlafstätte. Langsam hatte sie das Gefühl jene Nordländerin kannte das Wort "Vergebung" nicht. Sie sprach von Ehre. Ist es nicht das ehrenvollste, einen Streit beizulegen, ohne sich zu prügeln?

Sie band die Haare an diesem Morgen zu einem strengen Pferdeschwanz. Mehrere Bänder formten ihre sonst lockig fallenden Haare zu einem taudicken Strang, der den Rest der Haare eng an die Kopfhaut drückte. Sie prüfte die Sehne des Bogens und ging schliesslich Wortlos aus dem Lager in Richtung der Wüste. Sie wollte jene, zur Routine gewordene Runde beenden, bevor die Sonne zu hoch stand.

Zum späten Vormittag kam sie erst wieder. In der trockenen Hitze der Wüste kam ihr die Idee, wie man denn durch jene Dürre kommen kann. Nicht, dass sie das nicht gewohnt war, mit wenig Wasser auskommen zu müssen, doch hatte es auch noch anders gebaute im Lager. Im Vorbeigehen rief sie der turtelnden Avdin zu, dass sie doch, so sie Zeit dazu fände, zwei Fässer besorgen sollte. Frisches Wasser würde hoffentlich die Stimmung ein wenig heben, so kurz bevor sie den Anderen Rede und Antwort stehen würde.

Wieder in ihrem Zelt wischte sie sich mit einem feuchten Schwamm den Staub aus dem Gesicht als Narayh langsam erwachte. Sieda liess sich zunächst nichts anmerken. Die gebrochene Rippe musste ziemlich schmerzen und bei jeder Bewegung auf die Lunge drücken. Rayh's Schnaufen, obwohl sie sich sonst nie irgendeine Wunde anmerken liess, sprachen deutliche Worte. "Hast du nachgedacht?" Sieda drehte sich nicht einmal um für diese Worte. Rayh's Worte waren die selben wie schon die Tage davor. Unverständnis, Dickköpfigkeit und Trotz verpackt in wenige Sätze. Sieda nahm es hin, wie sie immer Dinge hinnahm, die sie nicht zu ändern vermochte. Und die Ahnen und Geister und Götter wussten: Sie hatte es versucht. Nett, eindringlich, mit Scherz, auf jede erdenkliche Art versuchte sie Rayh zum Nachdenken zu bewegen.

Doch dieses Weib, so gross sie auch war, war störrischer als jedes Dromedar. Es dämmerte Sieda so nach und nach, dass es nicht klug war sich auf mehr einzulassen. 'Vielleicht wenn Ciama älter ist..' ging es ihr durch den Kopf '..aber wie alt bin ich dann??'. Einige Worte der Fürsorge sollten Narayh noch erreichen, bevor sie auf einen Stab gestützt ächzend das Zelt verliess. 'Wie gut dass ich dir mein Herz noch nicht geschenkt habe Rayh.' nur ein Seufzer entfuhr ihr bevor sie sich mit einem traurigen Lächeln Ciama zuwandte.
Narsieda Diolas ist offline  
Geändert von Narsieda Diolas (05.02.2008 um 02:47 Uhr). Grund: Rechtschreibung / Grammatik mal wieder
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Alt 05.02.2008, 17:47
#115
Caitlynn jin Nadirah
Reisender
 
Registriert seit: 26 Dec 2007
Beiträge: 38
Caity drehte sich auf den Fellen hin und her. Sie war unruhig, rastlos. Die Situation wollte ihr immer noch nicht in den Kopf. Sie waren nicht mehr im Lager und Nadirah war traurig, oder wütend, oder beides. So genau wusste sie selbst das nicht. Aber sie wollte ihr helfen, sie aufmuntern, sie lachen sehen. Nur wie? Wenn sie sich selbst durch andere ablenken musste.

Das schlimmste an allem war, sie waren ihr egal. Nicht Nadirah und Jaelle. Aber die anderen Frauen. Jene Frauen gegenüber denen sie einen Schwur geleistet hatte. Ihre Schwestern. Doch wusste sie ebenso nicht ob ihre Schwestern es interessierte, dass sie zusammen mit Nadirah fort war. Aber sie wurde wie Jaelle behandelt. Wie ein kleines unmündiges Kind das keine eigenen Entscheidungen fällen konnte. Aber sie war ebenfalls eine Frau, ein vollwertiges Mitglied des Stammes. Zugleich war sie aber auch etwas, dass diese Frauen nicht verstanden. Oder nicht verstehen wollten. Sie war Magierin, Arkane. Jedes Mal wenn sie ihre Schwestern über „Hexer“ sprechen hörte, tat ihr das weh. Wenn sie ihr doch nur zuhören würden. Wenn sie nur zeigen könnte was Magie alles zu schaffen vermochte. Schaffen, Heilen, Schützen und Bewahren. Dagegen sind die Waffen die sie nutzen viel gefährlicher und verheerender. Aber sie weigerten sich zu verstehen, oder wenigstens zuzuhören. Der Gedanke machte Caitlynn wütend.
Egal, gleichgültig…
Wie sehr sie auch in ihren Gefühlen wühlte. Da war nichts. Sie waren ihr gleichgültig. Die Einzige an die sie immerzu denken musste war ihre kleine Schwester Ciama. Sie fragte sich wie es der Kleinen ging. Sicherlich nicht gerade gut.

Das Mädchen kletterte aus dem Fell hervor und ging leise nach draußen. Sie sog die Luft tief in die Lungen. Aber hier draußen kam es ihr noch wärmer vor als drinnen im Haus. Sie hasste diese Wärme. Dank der Dürre war nicht schwer abzusehen, dass wieder eine Hungersnot kommen würde.
Sie ging einige Schritte vom Haus weg bis zu dem Feld hin und musterte die verdorrten Pflanzen.
Alles vergeht irgendwann.

Der laue Wind wehte ihr die lockigen Haare in das Gesicht. Ihr Körper war warm und aufgeheizt von der Hitze des Tages. Nur das Wasser in ihren Augen war zu Eis erstarrt.
Vielleicht werden die Saharess auch vergehen. Mir ist es gleichgültig.
Nur für meine Mutter werde ich kämpfen.
Caitlynn jin Nadirah ist offline  
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Alt 05.02.2008, 21:49
#116
Narayh Sveid
Reisender
 
Registriert seit: 22 Jun 2007
Beiträge: 17
Ihre Rippe brannte wie Feuer und löste kreisförmige Schmerzwellen aus, die in ihren gesamten Oberkörper widerhallten - ihr war als atmete sie Säure ein die sich dann langsam und quälend verteilte. Die Nordländerin ballte die Hand zur Faust und schlug kraftvoll auf das Holz der Kiste ein, wo sofort einige Holzsplitter wegbrachen und knurrte tief. Sie hätte gestern nicht soviel laufen sollen und schreien - doch nun war es zu spät, und das nicht nur in Bezug auf ihre Rippen.
Immernoch loderte die Wut in ihr und der Hass auf Jin Zaykah, darum das sie für Narayh nun nicht mehr existieren konnte. Rayh nahm sich vor irgendwann symbolisch einen Grabstein für die alte Nadirah setzen zu lassen, so makaber es auch war - vielleicht half das ein wenig. Gegen ein bisschen Gold ließ sich jede Totengräberin dazu kriegen, einen Sarg zu beerdigen in welchen nur ein Katana liegt.

In einer allmählich wirkenden Bewegung stemmte Narayh Sveid sich hoch und lehnt sich gegen die Kiste um etwas besser Luft zu kriegen. Irgendwo hinten im Zelt hantierte gerade Sieda herum und sprach mit Amarah. Auch dies schmerzte ihr und das vielmehr als jene andere Stelle ihres Körpers und es gab keinen Weg jenes Weh ein bisschen zu erleichtern. Von Tag zu Tag schwankte Sieda in ihren Launen und ihrer Einstellung, bohrend waren die Fragen und fordernd der Ton, immer wieder zückte sie eine Predigt und hämmernde Worte hervor. Ohne das sie verstand das Nara, so sehr sie sich auch bemühte jenes für Sieda zu tun, einfach noch nicht vergeben konnte. Manchmal merkte der Blondschopf nur allzu deutlich, das jene andere ihr keine Gefühle entgegenbrachte sondern wirklich nur Stärke gesucht hatte. Das waren die Augenblicke in denen das Atmen ihr besonders schwerfiel und die Last auf ihren Brustkorb unertragbar schien.

Stumm verfolgte sie die Unterhaltung der beiden ohne sich bemerkbar zu machen. "Unerbitterlich ist das Schicksal," grübelte die Kriegerin, "das mich zweimal dasselbe ereilt ohne das ich es verhindern kann." Es war vollkommen klar das die anderen Frauen des Lagers in wenigen Tagen ein Urteil über sie fällen würden. Und das, wo immer Gleichheit und Schwesterlichkeit propagiert wurde, sogar in den Schwur verankert war den sie alle ausgesprochen hatten. "Nein, sie sind alle wortbrüchig und Lügnerinnen, sie heuchelten mir vor ich wäre eine der ihren ohne es je so zu meinen. Manche sind gleicher, mehr Schwester und geliebter. Jin Zaykah wurden ihre Taten vergeben obwohl sie gleichschwer wogen. Und mir? Nein ich kann hier nicht bleiben, der Schwur wurde gebrochen und ich bin wieder die Verbannte. Und jene definieren sich ihre Ehre selbst und verteidigen sie allein." - so rang die Saharess stumm mit sich, eine Hand auf den Brustkorb gepresst. Es fiel nicht leicht, sich das alles einzugestehen - hatte sie ihre Fehler doch schon bei Sieda's Worten vor einigen Tagen mehr als genau gesehen und erkannt.

Und so erhob sich Narayh Sveid als Amarah das Zelt verließ und teilte ihre Gedanken mit der Frau, die ihr solche Schmerzen bereitete. Bargon wartete auch scho auf sie vor den Zelt um die Nordländerin in eine ungewisse Zukunft zu geleiten. Abermals verließ sie voller Schmerzen die Menschen die sie liebte, voller Enttäuschung und Verbitterung. Von nun an würde sie Frauen genausowenig Vertrauen entgegenbringen wie Männern. Schonwieder hatte sie einige Narben davongetragen, wenn auch unsichtbare. Sie war wieder die Verbannte, die für andere keine Ehre besaß und sich alles erkämpfen musste. Wieder jene Frau, die keinen Wert für ihr eigenes Leben sah ausser das sie den Kampf fortführen würde der in allen steckte.

Jeder Schritt ohne ihre Schwestern von nun an würde schmerzen und jeder Atemzug bei welchen sie an Sieda dachte würde qualvoll sein. Sie brauchte Einsamkeit, Schnee und die ewige Kälte des Nordens um sich wieder darauf zu besinnen, das in ihren Adern ebenfalls Eis floß. Und Eis konnte durch solcherlei Dinge nicht verletzt werden - man musste ziemlich viel Kraft aufwenden um es zu spalten oder zu formen. Sie war wie Eis, wie ein sehr tiefer und langandauernder Winter. Und im Herzen dieses Winters würde sie die Erinnerung an Sieda, Jin Zaykah und ihre ehemaligen Schwestern einfrieren.
Narayh Sveid ist offline  
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Alt 11.03.2008, 14:40
#117
Nadirah Jin Zaykah
Reisender
 
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Sie hatte lange wach gesessen, jetzt wo sie ihr Zelt wieder bezogen hatte. Viel hatte sich geändert und gewandelt. Narayh war fort, wenngleich sie die große Kriegerin noch ein oder zweimal gesehen hatte in der Stadt und auch Aeilyn war gegangen. War es wirklich so, das die Frauen des Nordens es nicht zu verstehen mochten, was in der Hitze des Südens gegossen war? Nadirahs Blick fiel auf Aeilyns ehemaliges Lager, dem Lager in dem nun eine andere schlief, denn soviele wie auch gegangen ware, es waren neue gekommen. Nora, eine junge Schützin die sich mehr im Wald rumtrieb, durchaus hatte sie etwas von Aeilyns Kühlheit, wenngleich sie wesentlich geselliger war. Sie war sich nicht sicher ob Nora für das Lager von Dauer war, zu sehr sah sie vielleicht unbewusst ihren Weg vor sich. Dann war da noch Emarea, die junge Schwester von Nezara. Sicher sie hätte auch Nezara aufgenommen, doch war sie nach den ersten Gesprächen ganz froh das es Emarea war die den Weg ins Lager gefunden hatte. Sie schien bodenständiger, selbstständiger und weniger auf den Kampf der Reize als mit dem Schwert zu zielen. Emarea, eine Loricanerin. Nadirah wusste nicht wie sehr der Glaube in Emarea verankert war, wieviel sie von den Lehren annahm die man hier im Norden vermittelte, doch irgendetwas ließ sie wie ein junges Pferd scheuen, sonst wäre sie wohl nicht hier. Kurz schweiften Nadirahs Gedanken zu dem Tag als sie das Zelt einräumte und sie mit Emarea sprach. Sie würde sehr deutliche Worte für Emarea finden müssen, falls sie dem Weg folgen wollte, nochmal würde sie nicht das Risiko eingehen das sie vor gar nicht so langer Zeit eingegangen war. Emarea, eine Kriegerin. Emarea brachte viele Eigenschaften mit, welche sie verwundert und ebenso erfreut aufhorchen liess und alltägliche Demut vereint mit Stolz war eine Sache, wenngleich es vielleicht auch an ihrer Verfassung lag. Sie wusste noch nicht genau warum Emarea die Loricaner verlassen hatte und sich den Amazonen angeschlossen hatte, doch das etwas vorfiel wo die junge Kriegerin nicht mehr hinter stehen konnte war klar. Sie hatte Bartos als auch Darok in letzter Zeit eher skeptisch betrachtet, wie sie abkühlten an Menschlichkeit im Bestreben ihrer Göttin immer gleicher zu werden, dies konnte niemals der richtige Weg sein, dessen war sich Nadirah sicher, vielleicht war es das was Emareas Inneres aufgewühlt hatte, ihre Urinstinkte weckte ohne das sie sich klar ausgedrückt hatten. Sie würde sehen müssen, wie es fortfuhr.

Nadirah hatte sich eine Schale Tee zubereitet und wieder fiel ihr Blick auf Aeilyn's ehemaliges Lager, dem Lager in dem nun eine andere schlief. Eine Frau die ihre Gedanken fesselte und sie tiefer berührte als Nadirah es lieb war. Sie sagt ihr Name sei Maray, sie sagt sie kommt aus dem Süden und sie sagt sie wolle kämpfen. Aber dies war es nicht, sie sah jene Nadirah in Maray die sie vor langer Zeit verloren hatte, jene die sie manchmal schmerzhaft vermisste. Maray lachte viel und oft und strahlte mit diesem Lachen mehr Dankbarkeit aus, als manch ein Bettler mit einer Verbeugung für ein paar Münzen. Nadirah zuckte kurz zusammen als die junge Frau sich regte. Sie war damals im selben Alter gewesen vor fast zehn Jahren und es war fast unheimlich wie Maray die gleichen Orte und verschlungenen Pfade fand wie Nadirah selbst. Die junge Frau zog sie geradezu magisch an, wenngleich sie sich stets Mühe gab sie nicht zu sehr zu bedrängen. Nein, sie würde Maray ihren eigenen Weg gehen lassen und zusehen, wie sie es bisher tat, zusehen wo ihr Weg hätte hinführen können. Sicher hin und wieder sah sie Maray an und sah ihre Nachfolgerin, sah eine Führerin an den Waffen und auf den schattigen Pfaden des inneren Weges, doch sie erinnerte sich zu gut, welche Opfer sie selbst dafür zahlen musste, immer wieder und diese Entscheidung würde sie der jungen Frau nicht abnehmen können, im Grunde hatte sie sogar Angst sie vor diese Wahl zu stellen irgendwann. Wenn Maray diesem Weg folgen würde, mit den Opfern, würde sie Nadirah eines Tages dafür hassen? Möglich, sie hasste sich selbst für ihr eigenes Opfer. Irgendwann auf diesem Weg hatte sie das junge Mädchen verloren das sie einst war und war zur Unantastbaren geworden, zu jener der keine Fehler passieren durften, zu jener die keine Schwächen zeigen durfte, zu jener an der Sieda beinahe zerbrochen war. Nadirah schloss ihre Augen. Sie hatte vor langer Zeit dieses Schicksal angenommen und auch ihre Flucht aus dem Lager hatte daran nichts mehr ändern können. Maray war ihr Spiegel in die Vergangenheit ohne das jenes junge Mädchen das wusste. Vermutlich war es albern, ausser ihr sah niemand die Ähnlichkeiten, vielleicht war es auch nur ein Schrecken den das Schicksal ihr in den Weg gelegt hatte, eine Irrung auf ihrem Weg. Im Grunde war sie zu jener geworden die sie damals sein wollte, doch hatte sie damals nicht geahnt, was ihrer Selbst dabei auf der Strecke blieb. Maray hatte sie sogar an Travin erinnert, als sie ihr von ihrer ersten Nacht auf dieser Insel erzählte. Schatten lagen über Nadirahs Gesicht, war Maray ihr Schicksal? War jene junge Frau ihr Richtschwert? Ihr Blick glitt rüber zu der Schlafenden, sie war jung, unverbraucht und sanft. Noch immer lag ein Schimmer der Unschuld auf ihr und eben diese Unschuld machte ihr Angst. Sie spürte regelrecht wie die Fäden neue Knoten knüpften, doch wie das für sie endete, davon hatte sie keinen Schimmer.
Nadirah Jin Zaykah ist offline  
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Alt 18.03.2008, 11:06
#118
Nadirah Jin Zaykah
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„Schließ deine Augen, und versuch dich zu sehen, hier wie du auf der Ebene stehst.“ Emarea nickte nur. „Und nun erhebe deinen Blick, wie ein Vogel der empor fliegt, siehe die Steppen der Nordmark, blick weiter in die Städte... siehe die Menschen wie sie ihrem Tagesgeschäft nachgehen, sich auf dem Marktplatz tummeln...“ Emarea’s Blick entspannte sich ein wenig, doch das war nicht unbedingt Nadirah’s Ziel. „Und nun blick zurück zu dir, wie du als einzelne mit mir hier auf der Ebene stehst.“ Ihr Ziel war es Emarea begreiflich zu machen, das sie nur ein kleiner Teil eines ganzen war und das die Einstellung Schwächere zum Tode zu schicken, weil sie es nicht würdig seien, gefährlich war. Emarea begriff Nadirah konnte es an ihrem Gesicht sehen, sie wußte nicht was die junge Frau bislang erlebt hatte, nur einer Sache war sie sich ziemlich sicher, Emarea hatte sich bislang alleine durchkämpfen müssen, keine Zeit zur Ruhe zu finden, keine Zeit um inneren Frieden zu finden und keine Zeit die wahre Stärke zu erkennen. Ihre eigene Einstellung wich nicht sehr von Emareas, nur hatte sie einen, in Nadirah’s Augen bedeutenden Unterschied: Sie ließ den Menschen die Möglichkeit zu entfalten und zu wachsen, solange sie sich nicht unehrenhaft gebardeten.
„Wenn er schwächer ist, schicke ich einen weiteren Diener an die Tafel der Göttin!“ waren ihre Worte gewesen und Nadirah überlegte für einen Moment, was Lorica mit sovielen Dienern sollte und was die aus den Seelen der Loricaner werden würde, wenn sie die letzten seien und sich gegenseitig im ewigen Kampf um Stärke niedermetzelten. Einer würde in einem Kampf immer der Schwächere sein, wenn nicht gar beide. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, das dies das Ziel der Kriegsgöttin war, vor allem nicht wenn sie an ihre Überlegung dachte, das die Götter die Menschen auf Erden für ihre Machtposition brauchten, doch dieses Thema war zu verwirrend für die Saharess als das sie sich diesen Gedanken weiter hingab, es war etwas für mußige Stunden, wenn nichts zu tun war und sie Zeit und Sicherheit hatte sich in derart komplexe Gedanken fallen zu lassen.

Emarea zeigte Bereitschaft, große Bereitschaft, ihre Seele schien geradezu ausgehungert zu sein, nach einer Gemeinschaft in der sie all jenes bekam was für einen Menschen im Grunde wichtig war. Halt, Fürsorge, Geborgenheit, Gesellschaft und Anerkennung. Emareas Bereitschaft löste in Nadirah auch gleichzeitig etwas aus, die Bereitschaft endlich das Wissen klar und deutlich weiter zu geben, über das sie soviele Jahre nun nachgedacht hatte.

„Die Kultur der Amazonen baut sich nach wichtigen Regelungen auf, Emarea!“ hatte sie gesagt, und war davon überzeugt das es richtig war. „Das Urwesen einer Frau ist Sanft und Beschützend, doch eine Frau die den Weg der Klinge wählt begibt sich auf eine Gradwanderung, die am Anfang noch wie ein breiter Weg aussieht. Doch je mehr Feinde und Gegner sie niederstreckt, je mehr Elend, Leid und Schmerz sie sieht, desto schmaler wird jener Weg. Ihre Urinstinkte bäumen sich auf und jede Frau versucht sich anders gegen jenen Seelenunfrieden zu wehren. Viele verschließen sich vor ihren Urinstinkten, viele versuchen jenen Teil von sich den sie als Schwach betrachten auszumerzen und... oder geben sich nur in einsamen Stunden einer Trauer um jenen Teil hin.“ Ähnlich ging es ihr jetzt auch, sie selbst hatte sich zurück gezogen, wagte noch nicht wieder sich fallen zu lassen, wagte noch nicht wieder Schwäche zu zeigen, doch von all jenem sollte jene kleine Schwester neben ihr noch nichts mitbekommen. „Nutze die Gemeinschaft, erkenne den Status einer Sahajint an, welche das Wesen der Frau noch ausgeprägt in sich bergen, die eine weniger, die andere mehr. Lass dich von ihnen umsorgen, lass dich fallen, nimm ihren Frieden in dich auf und erkenne, das sie deinen Schutz benötigen. Sie geben dir den Teil Mensch wieder den man in Schlachten verliert, wenn man zusieht wie durch die eigene Klinge ein Gegner stirbt. Doch gegen äussere Angriffe sind sie meist nicht gefeit.“ Kurz schloss Nadirah die Augen. Ja die Sahajint waren jene Bewahrerinnenen der inneren Stärke, jene die den Saharess ihr Dasein boten, jene die Kinder schutzlos auf die Saharess angewiesen waren und zugleich wie Mütter die Wunden des Herzens schlossen.

Sie betrachtete die junge Kriegerin neben sich. Töten nur weil eine Religion ohne weltlichen Grund es forderte hielt sie für Wahnsinn. Waren sich die Menschen denn nicht bewusst, das mit jedem Tode und jedem Mord ein Stück ihrer selbst mit dem Opfer mit geht?
Dieses Land hier, die Menschen hier schienen das anders zu sehen, und mehr als einmal zweifelte Nadirah an den alten Lehren über Leben und Tod die sie von Djala und später von Shadi erfahren hatte und doch kehrte sie immer wieder zu jenen Lehren zurück, immer dann wenn sie fürchtete sich selbst zu verlieren.

„Du kämpfst wie eine Löwin...“ hatte Emarea gesagt, doch Nadirah fühlte sich keineswegs wie eine Löwin, sie war gespalten und sie fühlte, wie sich wieder Leere in ihr ausbreitete die darauf wartete gefüllt zu werden, doch sie wusste nicht wie – noch nicht.
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Alt 30.07.2008, 08:19
#119
Nadirah Jin Zaykah
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Etwas missmutig vielleicht schritt sie durchs Lager, immer der selbe Aufbau, immer der selbe Wind, immer der selbe Anblick. Es war grotesk wie das Bild des Lebens das gleiche blieb und sich das Leben selbst stetig wandelte. Es schien ihr wie eine Täuschung immer das selbe zu sehen, eine lächerliche Täuschung die vielleicht darüber hinweg täuschen sollte, das alles aus dem Lot geraten war.
Nadirah lehnte an dem Baum, in dessen Wipfeln die Falken ihren Horst gebaut hatten und blickt gen Norden übers Meer. Nein aus dem Lot war eigentlich nichts gerate, zumindest nicht für die Gemeinschaft. Für sie etwas ja, doch wie oft schon stand sie vor Trümmern die sie tagelang betrauert hatte, um dann die Augen zu öffenen und festzustellen, dass es im Grunde keine Trümmer waren.
Nachdenklich versuchte sie die Fäden einen nach dem anderen wieder aufzunehmen die ihr aus den Händen geglitten waren. Die Herde war ob der Kälte eingegangen, doch sie hatten bereits das Tierzelt aufgebaut, die Planen gewachst und zur Weide gestellt, so das die Tiere, wann immer sie Schutz bedurften ins Zelt konnten oder auf der Weite frei laufen. Es war keine schöne Situation gewesen, all jene Kadaver von Tieren zu verbrennen, die einem wichtig und wertvoll geworden waren, doch sie hatten nun neue Tiere, die einen auf unschuldige und unvoreingenommene Art wieder neu zum Lächeln brachten.

Die Kälte und Dunkelheit griff immer noch mit eisigen Krallen nach allen, doch langsam begann man sich an den Gestank und die Dunkelheit zu gewöhnen. Es war nicht so das es einem egal wurde, nein im Gegenteil, einen jeden den sie kannte wünschte sich die Sonne, wieder frischen Wind und Farben. Doch es brachte auch nichts auf jene Dunkelheit zu schimpfen, vergehen würde sie davon nicht.

Ob alledem hatte sie eine kurze aber knappe Bilanz gezogen. Narsieda war mit Ciama im Süden und so bald wäre mit ihr kaum zu rechnen. Nimrun war es ebenfalls und auch vor einigen Tagen hatte Emarea ohne ein Wort an sie ihre Sachen gepackt. Sie hatte ihr vertraut und gehofft, doch im Grunde war es abzusehen, als sie von jener Reise wiederkam. Zusehr war sie jener fanatischen Glaubensweise wieder anheimgefallen, als das sie in jener Gemeinschaft Ruhe finden würde. Nadirah strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und stumm wünschte sie Emarea die nötige Weisheit und Weitsichtigkeit, um nicht wie ihre hochgeachtete Mentorin dahin zu siechen. Sie ließ los, ließ alle ziehen die fort wollten, wenngleich es ihr bei Caity schwer fiel. Auch Caity suchte ihren Weg nun alleine, sicher auch bei ihr war es im Grunde eine Frage der Zeit bis sie zu jenem Ort zurückkehrte den sie in ihrem Herzen immer ihre Heimat nannte, doch sie spürte ihre Zerrissenheit, ihre Tochter hatte ihr versucht ihren Kummer zu erklären, wenngleich sie nicht alles begriffen hatte. Nichts desto Trotz wusste sie nicht wie sie helfen konnte und ob sie es überhaupt sollte. Caity war nun eine junge Frau, sie würde alleine viele Dinge lösen müssen und sie würde nicht immer da sein können, um ihr zur Seite zu stehen. Dies war wohl das schwierigste was jemals für Nadirah zu entscheiden war. Sie wollte ihre Tochter ziehen lassen, sie erwachsen werden lassen, sie auf eigenen Beinen stehen lassen, so das sie sich aus dem Schatten des Kindseins befreien konnte. Doch sie wollte ihr ebenso helfen, doch wo sollte sie Hilfe anbieten, wo sollte sie es lassen, wo sollte sie ihr noch versuchen unter die Arme zu greifen, wo sollte sie Caity ihre eigenen Erfahrungen machen lassen. Wo sollte sie sich noch in ihr Leben einmischen und wo sollte sie sich raushalten. Die Grenzen waren so unglaublich verschwommen, sie fand keine klare Linie an die sie sich halten konnte und vor allem aber, fürchtete sie sich Caity durch ihr Fehlverhalten zu verlieren. Alles konnte Fehlverhalten bedeuten, nichts tun, ebenso wie zu viel tun. Seufzend ließ Nadirah ihre Schultern hängen. „Du erwartest von mir immer das ich dir alles sage, was mich beschäftigt, aber selber sagst du nie was!“ Caity hatte recht gehabt mit ihrer Aussage, sie hatte selten ihrer Tochter gesagt was sie beschäftigte, selten sie zu Rate gezogen, selbst als sie die Riten hinter sich hatte. Es war nichtmal durchweg unbewusst passiert, nein oft hatte sie es vermieden um Caity nicht mit all jenen Gedanken und selbsternannten Problemen zu belasten, doch hatte ihre Tochter ihr nicht jetzt ganz deutlich gesagt, das sie es als Zurückweisung verstand?! Ja das hatte sie und sie hatte Recht. Sie galt als Erwachsen, sie hatte genauso ein Recht über ihren Kummer zu erfahren, wie Nadirah über Caitys wissen wollte. Die Frage war nur, wie sie nun an Caity heran treten sollte.

Nachdenklich schweifte ihr Blick durch das große Lager, es war zu groß geworden, die Frauen waren auseinander gerückt. Zwar war noch immer jener Gemeinschaftssinn vorhanden, doch war er eher zu einem Schatten der ersten Jahre geworden. Zelte standen leer, die Weiden waren kleiner geworden, die Stimmen im Lager waren leise geworden. Was wurde überhaupt noch gebraucht, sicher das Gemeinschaftszelt, ebenso das Handwerkszelt, wo jedoch verstärkt wohl auch Rüstzeug aufbewahrt werden konnte, das Badezelt und ein Tierzelt wie es jene Zeiten zeigten. Doch ansonsten brauchten sie wahrhaftig nicht mehr viel. Zwei oder drei Zelte würden genügen zum wohnen. Seufzend wendete sie sich erneut zum Ufer, sie hatte sich bereits umgesehen, doch blieb fraglich ob jener Umzug die Frauen wieder zusammen trieb. Es würde deutlich weniger Platz geben, vor allem aber auch, weil sie nicht mehr erhoffte viele neue Gesichter dazu zubekommen. Die letzten waren oft nur kurz geblieben, oder bald gegangen. Hatte sie das Vertrauen in den Sinn des ganzen verloren, begann sie gerade sich selbst zu verraten? Vielleicht ein wenig ja und dennoch, viele Jahre könnte sie es nicht so halten, jedesmal in eine Frau zu vertrauen, die dann doch wieder ging. Vielleicht musste sie gar das ganze mit Abstand betrachten, ähnlich wie sie nun nur noch beobachten konnte wie Caity ihren Weg ging. Zusehen, und auf neue Situationen reagierend. Warum sollte sie auch neue Frauen suchen. Sie waren stark, hatten relativ wenig Feinde, sie hatten mit ihrer Umgebung ein stilles Übereinkommen getroffen, ließ man sie in Ruhe, liessen sie die anderen Frieden. Maray kam ihr in den Sinn, jene junge Frau mit den blauen Augen und der Haut des Südens. Ob auch sie gehen würde, sie mochte die Frau, wenngleich sie immer versucht hatte sich auf Distanz zu halten, hatte sie einen Bund zu Maray geschlossen, der zumindest so stark war, dass sie es tief bedauern und betrauern würde wenn sie ging. Ebenso wie sie es nun bei Emarea tat. Was machte sie nur falsch, wo fehlte sie, fehlte sie überhaupt, oder waren es jene Umstände mit denen die wenigsten zurecht kamen, war es weil die meisten nicht wussten, wie sie jene Freiheit anzusehen hatten? Oft war ihr der Gedanke gekommen, ob auch eine Nordländerin so demütig unter einem Mann leben konnte, wie viele Südländerinnen es zumindest einige Jahre, die meisten jedoch ihr Leben lang taten. Und dennoch, Lia fand sich immer mehr in die Gemeinschaft ein, gut sie war ihr Leben lang immer allein gewesen, so das ihr selbst heute die Gemeinschaft zu viel wurde, aber auch Avdin und Amarah taten es. Konnte es wirklich nur Kummer und Leid sein, der Frauen jene Lebensweise eröffnete? Sie wusste vage von den Vergangenheiten jeder einzelnen, von der einen mehr, der anderen weniger. Sie wusste nicht wo sie ansetzten sollte, was war es genau, ließ diese Gemeinschaft am Ende doch zu wenig Freiraum? Ja, aber auch nein. Warum konnten Amarah und Avdin damit leben, warum Fay und Lia, aber jene die gingen nicht, was war es was ihnen fehlte oder zuviel war?
Seufzend zog Nadirah den Mantel wieder enger um sich, es war bitterkalt, die Erde hatte sich durch die fehlende Sonne abgekühlt, der Winter tat sein übriges und sie wollte sich keine Gedanken darüber machen ob ein Frühling kommen würde.
„Jeden Abend wird die Sonne untergehen, um am nächsten Tag aufzugehen, nach jeder Regenzeit folgt eine Trockenzeit, jeder wird geboren um eines Tages zu sterben, dies sind die Gesetzte des Lebens an jenen sich niemals was ändert.“
Das es in jenem Land hier zumindest zwei Gezeiten mehr gab, hatte Nadirah rasch gelernt, und dennoch fügte es sich in die Gesetzte der Welt, bis die Sonne nicht mehr aufging. Ging sie tatsächlich nicht mehr auf oder war sie nur... sichtbar. Ob auch die Wüste der Südlanden in Dunkelheit lag? Ihre Gedanken schweiften zu Narsieda und Ciama, sie versuchte sich Ciama auf einem Pferd durch die Wüste reitend vorzustellen.

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Alt 01.09.2008, 19:41
#120
Nadirah Jin Zaykah
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Sie hatte sich verändert und langsam nahm sie jene Veränderung ihrer Selbst an. Langsam, ganz langsam begann sie sich damit abzufinden.
Völlig andere Dinge beschäftigten nun ihren Alltag, sicher noch immer konnte sie dann und wann abschalten, ein Schatten jenes jungen Mädchens sein, das sie einmal war, mit Eigenschaften die sie an sich selbst gemocht hatte, doch all jenes was sie in den vergangenen Jahren erlebt hatte, hatte sie unweigerlich geprägt, ihr unweigerlich etwas der Unschuld und Unbeschwertheit geraubt. Sie hatte sich damals für den Weg entschieden, sich hinter alle anderen zu stellen, sie konnte nicht sagen, ob sich die Probleme der Vergangenheit mit jener Entscheidung nun gelöst hatten oder früher oder später wieder auftauchen würden, sie resignierte ob jener Gedanken.

Nadirah saß am Ufer der kleinen Halbinsel, es war nicht weit vom Lager und doch fand selten bis nie jemand dort hin. Sie hörte die Wellen an der Küste brechen, von weither das giftige Schnaufen eins der größten Tiere die sie kannte, der Wind brauste an jenem Ort meist stark. Ihr Blick lag auf der Meeresbucht, die durch das Waldelfenreich und die Nordmark beschrieben wurde. Das Wasser war schwarz, tiefschwarz und nicht viel Gutes deutete darauf hin das sich daran bald etwas ändern würde und der Welt zumindest den Anschein an Gedankenlosigkeit zurück brachte. Sie hatte den jungen Paladin nur einmal mitgenommen auf jene Halbinsel, jener junger Paladin der immer wieder ihre Gedanken streifte. Er war jung, durchaus, jünger als sie. Er war entschlossen, vielleicht noch ein wenig, ob des jungen Alters, doch konnte jene Entschlossenheit mit den Jahren durchaus gefährlich werden, wenn er im Namen seines Glaubens die ersten Gefechte bestritten hatte. Sorgen schienen an ihm abzuprallen, wie dünne Jagdpfeile an Panzerschildern. Er hatte seinen Glauben, der ihn so festigte, der ihn so unerschütterlich wirken ließ. Ein Glaube dem sie nicht abgeneigt war, ein Glaube der vieles ja fast gar alles wiederspiegelte wofür sie stand und lebte und doch hielt sie fest an all den alten Traditionen, drehte jenen Gedanken wie ein Puzzelteil in ihrem Kopf. Die meisten Frauen waren angetan das eine Person aufgetaucht war, die alles was sie noch hatten oder sich neu erarbeitet hatten, nun ebenso verteidigte fast. Und doch, war er nun angeklagt von den Yildanern. Von eben jenen, die sie selbst damals aufnahmen, von jenen die sie als Nächste betrachtete. Sie hatte es kommen sehen, diesen Glanz in seinen Augen wenn er von Nephar sprach. Es hatte Nadirah nie gekümmert, ob die Yildaner sie als Göttin betrachteten oder nicht, ihre Gepflogenheiten um jenen Glauben waren ihr zwar fremd und sie schienen so überhaupt nicht zu jener Nephar zu passen an welche sie glaubte, es war alles zu friedlich, zu harmonisierend, von den Eigenschaften des Krieges, der Durchsetzung und des Kampfes spürte man drüben in Fenisthal wenig, aber sie hatte es nie als Tragödie betrachtet. Diese Frau hatte Großes geleistet und das sie dafür geehrt wurde, fand sie nur rechtens.
Sie pflanzten Bäume, sie feierten, einen Beweis für eine Gottheit fand zwar auch sie nicht, wenngleich sie die Geschichte kannte, doch sah sie auch keine Gefahr in diesem Glauben. Sie hatte sich gar zwischen jene Fronten gestellt, gesagt was sie dachte.
Nachdenklich fragte sie sich wie es zu so einem argen Vorfall kommen konnte, das der junge Paladin angeklagt wurde. Sie zweifelte nicht einen Moment an seiner Ehrlichkeit und doch, sprach er von einer Person die sie als Freund betrachtete.
An jenem Punkt begannen ihre Gedanken sich im Kreis zu drehen, und Nadirah lehnte sich zurück, den Blick gen Himmel gehoben. Noch immer spürte sie nichts in ihrem kleinen Finger und ihrem Ringfinger, unter Schmerzen konnte sie den Arm und damit auch die Finger bewegen, doch das Gefühl blieb aus. Sie hatte sich mit einer Nadel in den Ringfinger gestochen, sah wie ihr Blut dunkelrot hervor quoll, doch sie hatte nicht mal mit der Wimper gezuckt.
War es die Strafe dafür das sie selbst keinen Sinn in all dem fand? Sie war mitgezogen, weil man sie bat, und doch hatte sie unter einem fremden Banner gekämpft. Sie war mit gezogen, weil man behauptete ihre Hilfe zu benötigen, doch das dem nicht so war, davon konnte sie sich selbst überzeugen. Ihre linke Schulter war noch immer schwarz, das Blut trocknete unter ihrer Haut und drückte auf den Muskel und die Sehnen. Krieg, die ganze Nacht über hatten die Gesichter und Augen ihrer Opfer sie verfolgt, all jene Bilder vor denen sie ihr Inneres in der Schlacht selbst verschlossen hatte, waren ihr gefolgt.

Sie hatte sich verändert und langsam nahm sie jene Veränderung ihrer Selbst an. Langsam, ganz langsam begann sie sich damit abufinden.
Sie suchte nicht mehr in sich selbst nach Antworten, sie suchte nicht mehr sich selbst zu verstehen, sie suchte nicht mehr nach Überzeugung, ob sie es war. Nein, sie hatte sich gefunden. Noch zögernd, doch langsam nahm sie jene Erkenntnis an, sie hatte gefunden wonach sie immer gesucht hatte. Sie betrachtete ihr Handeln nur noch von einem fernen Punkt, maß ab ob die Entscheidungen die sie traf gut oder nichtig waren.

Langsam war sie aufgestanden, und ließ den Wind ihr Haar erfassen. Sie würde nur noch vor jenen zur Rechenschaft gezogen werden, welche über die ewigen Feuer durch ihre Klinge gingen. Tief atmete sie durch. Es waren nicht wenige. Leise knackte das Unterholz unter ihren Stiefeln, als sie auf den Weg war, jenen Platz erneut einzunehmen, auf den sie all die Jahre zugearbietet hatte.
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Alt 04.09.2008, 04:55
#121
Nadirah Jin Zaykah
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Leise prasselten die Feuerschalen. Jaelle schlief ruhig und leise blähten sich die Zeltwände im seichten Wind. Nadirah hatte die Augen aufgeschlagen, als sei sie aus einem tiefen Traum erwacht. Erst später, als müsse sie sich erst sicher sein, dass sie wach war, strich ihre Hand über ihren Bauch. Nochmals schloss sie die Augen und die Bilder der Nacht am Lavafall traten vor ihre Augen. Sie versuchte sich zu erinnern wie seine Hände sich anfühlten, es war eine ganz eigene Erfahrung gewesen. Sie konnte nicht behaupten das sie ihn liebte, zumindest nicht so wie sie es bei Yael empfand. Und doch war da etwas, das ihr unter die Haut ging. Die Art und Weise wie er sie berührte, wie er sie ansah. Er hatte es gesagt, doch viel mehr sah sie es ihm an, dass auch er jene Liebe nicht empfand. Und doch, war es genau jener Blick, an welche sie sich entsann. Wie wenige Männer gab es noch, welche die Kriegerin in ihr völlig ausblenden konnten, welche sie nur als Frau betrachten konnten? Welche nichts anderes in ihr sahen als das was sie seit ihrer Geburt war und was erwachte als sie die Schwellen übertrat. Sie entsann sich an keinen mehr. Yael sah in ihr die Mutter seiner Kinder, eine Frau die er hoch setzte, so hoch, das er sich gar mit anderen vergnügte, ein weiterer sah kaum die Kostbarkeit in jenem Geschenk, und der einzig andere dem sie sich vielleicht für eine Weile angenähert hätte, war dem gegenüber verschlossen.
Sie rief sich die Berührung seiner Umarmung ins Gedächnis, er war jung, jünger als sie. Er war bereit für jede Frau zu sterben so ihr Unrecht angetan wäre, und doch schränkte er sich bei jener Demut in keinster Weise ein als Mann.
Das auch er dieses Prickeln der Leidenschaft empfand, wusste sie, sehr genau sogar, seit jenem Abend an der vesperianischen Küste vor dem Krieg. Als sie sacht über seinen Schleier strich und er sie nicht aufhielt. Sie konnte sein Verlangen und Begehren riechen, wenngleich sie sich darüber klar war, das es nur für jenen Augenblick galt. Still und leise atmete sie tief ein. Jene körperliche Nähe auf die sie solange verzichtet hatte zog sie in einen Wirbel. Sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Körpers nach immer mehr Berührungen. Sie wünschte sich in jenen frühen und dunklen Morgenstunden neben einem, neben irgendeinem Mann einzuschlafen und zu erwachen, nur um nicht allein zu sein. Um die Einsamkeit die so selbstverständlich geworden war, dass sie selbst erschrak Einhalt zu gebieten. Nadirah rollte sich unter ihren Fellen zusammen, nein jetzt in diesem Augenblick, in dem sie nur für sich war, wo alle anderen schliefen oder sie ruhte, wollte sie nicht rational und vernünftig denken. Sie wollte sich ihrem Wunschdenken hingeben, wie ungerecht es auch war.
Ungerecht, war dies das richtige Wort? Ja war es, denn sie würde niemals von ihrem Weg ablassen oder ihre Ziele für einen Mann aufgeben. Und diese Ziele beanspruchten zuviel Platz als das sich auch nur irgendeinem Mann noch gerecht werden konnte. In ihrem Leben war kein Platz für die Liebe zu einem Mann, doch hieß es nicht, das sie es nicht dennoch fühlte. Bedauern und Wut überkamen sie, als sich Yael in ihre Gedanken mischte. Sie liebte ihn noch immer, doch die Wut und all die Enttäuschung die sie empfand, hinderten sie auch nur an ihn denken zu wollen. Sie wollte nicht mehr wissen wann er aufgehört hatte sie nur als Frau und nicht als Kriegerin, Djhara, Saharess oder Mutter zu sehen. Sie wollte nicht mehr wissen warum er sich jene anderen genommen hatte, als sie sich ihm mit sanften Hinweisen anbot. Nein, zum ersten Mal war sie bereit ihre gespürte Rache bis zum Ende durch zu ziehen. Sie hatte es ihm sogar haarklein gesagt, hatte ihm gesagt, das sie sich einen anderen suchen würde, wenngleich sie damals noch keine Wahl getroffen hatte. Sie hatte ihm gesagt sie wünsche sich erneut ein Kind gar, doch nicht von ihm. Und es erschütterte sie, das der Schmerz in seinem Blick ihr Genugtuung bereitete, doch sie schwand, viel zu schnell als das sie es bei jenen Worten nur beruhen ließ.
Es kochte und tobte in ihr, und von der einstigen Ruhe nach dem Aufwachen war nur noch das prasseln der Kohlebecken und das leise blähen der Zeltwände im seichten Wind geblieben. Sie hatte Yael viel zu nah an sich ran gelassen, näher als sie eigentlich je wollte. Ihre Brauen zogen sich an der Nase herab und sie versuchte sich zur Ruhe zu zwingen. "Lerne daraus!" sagte sie sich immer wieder in Gedanken und erneut tauchte Salacha'ins Gesicht vor ihrem inneren Auge auf. War er tatsächlich der Wink seiner Göttin? Einerseits gesehen war es so simpel und einfach, einfach nur die Nähe mit ihm zu teilen, zum anderen jedoch auch wieder nicht. Er war noch immer etwas anderes als nur ein Mann und sie war auch noch etwas anderes als eine Frau, selbst wenn sie es sich gerade eben noch anders wünschte, war es so und sie wusste, das jenes Vertrauen was sich aufzubauen begann schnell ins Wanken geraten konnte. Vertrauen, etwas das sie in der Regel nicht leichtfertig verschenkte und doch hatte er jenes Vertrauen aus ihr heraus gesogen, wie man Kokussmilch mit einem Bambusrohr trinken konnte. Sie entsann sich wieder an seine Lippen, an jenes Gesicht das sich sonst verschleiert hielt, an das Gefühl seiner Haare, doch vor allem entsann sie sich an die Stärke die er ausstrahlte.
Vieles war seither passiert, vieles was im Grunde eher unangenehm war und doch zeigte es ihr, dass er einer der ganz ganz wenigen Personen war, die nicht lange fackelten.

Sie hörte wie draußen sich die Wachen ablösten und ihre Gedanken schweiften weiter zu jenem Tag als er angeschlagen zum Lager fand. Es war weniger seine körperliche Verfassung als die innere Aufruhr die man ihm mehr als deutlich ansah. Sie leitete ihn fort, es war der Moment gekommen, an dem sie all jenes was er ihr gegeben hatte zurück geben konnte. Er schien Dankbar sich fallen lassen zu können, ruhen zu können ohne die lastende Einsamkeit die auch auf seinen Schultern lag. Still fing sie ihn auf und es war nicht Paladin von dem sie sich verabschiedet hatte. Nein es war ein Freund, ein guter Freund. Sie hatten lange still noch neben einander gelegen und für einen Moment alle Sorgen ausgeblendet, zumindest ihr erging es so, und sie hoffte das sie ihm ebenso einen kurzen Frieden schenken konnte, denn mehr würde sie nicht geben können. All jenes hatte erneut in ihr das Leben geweckt und ihr Bewusst gemacht, dass all die Zeit verstrichen war, in der sich ihr Körper nach Nähe gesehnt hatte. "Erkenne das Feld" hatte Ebin einst mal gesagt und wieder versuchte sie jenes Feld zu erkennen auf dem sie stand. Allein oder nicht allein, sie sah sich, sie strauchelte nicht, sie hatte einen festen Stand und sie ließ sich auch nicht mitreißen. Sie sah all die Schemenhaftne gestalten die an ihr vorflogen, nur zwei drei wenige Personen die ebenso sicher Standen wie sie. Zu jenen zählte auch Salacha'in Ayrif und er stand ihr Nahe, wenngleich auf einer gewissen Distanz. Sie gedachte diese Distanz auch in keinem Fall zu unterbrechen. Er würde auch weiterhin Paladin Ayrif sein, so andere Ohren zugegen waren, unantastbar solange fremde Augen zusahen. Nur für jene seltenen Momenten, aus denen sie schon immer ihre Kraft gezogen hatte, in denen alle ihrer Alteregos ruhten, nur dann würde ein Du an die jeweils anderen Ohren dringen.

Noch einmal drehte sie sich um, um erneut in einen unruhigen Schlaf zu finden. Sie hatten einander getroffen, sie hatten einander kennengelernt und doch, war da soviel mehr zu erfahren. Eins stand fest, er löste keine Erschütterung in ihren Grundfesten aus, und sie würde sich auch keinem Treiben anschließen. Weiterhin diszipliniert auf ihre Wünsche solange verzichten bis sich Gelegenheiten boten. Auch ihm würde sie sich nicht jederzeit einfach so hingeben, obwohl, oder vielleicht gerade weil sie noch immer in jenen unruhigen Nächten seinen Atem und sein Raunen vernahm und jedesmal aufs neue den Drang verspürte es zu mehren.
Nadirah Jin Zaykah ist offline  
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Alt 11.09.2008, 14:09
#122
Nadirah Jin Zaykah
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Sie fühlte sich gut und wohl, all jene erwünschten Veränderungen waren eingetreten und noch mehr. Caity stand immer mehr auf eigenen Beinen und sie vermutete sie verdächtig häufig bei jenem Zhen. Aus wohlhabender Familie, ähnliche Erfahrungen wie sie und doch war es gewohnt eher auf Sitzkissen als auf einem Thron zu sitzen, es machte ihn fast symphatisch. Leider hielt die Dunkelheit an, ebenso blieb der Appetit anhalten und der Geschmack wie weggeblasen. Es waren kleine Übel im Vergleich zu jenem was sie so schwer belastet hatte. Ähnlich war jener Umstand zu Maray, sie wusste das jene junge Frau mehr Gefühle für jenen Mann übrig hatte der nun zufrieden und entblösst neben ihr lag. Doch jener Gefühle war es zuviel, zuviele als das er sie würde erwiedern können. Seufzend schweifte ihr Blick gen Himmel, die Liebe war zum Teil ein wirklich grausames Spiel, nicht nur das sie auf sich oft warten ließ und nicht ein jeder mit diesem sanften Glanz umhüllt war, der einen interessant für sich machte, nein es brachte auch nichts als Kummer, wenn jene Gefühle nicht erwiedert wurden und noch mehr Kummer wenn jene Gefühle erwiedert wurden und einen die Realität einholte, wenn der Alltag sich wie dumpfe Wolken über jenes Glänzen legte und man nur noch versucht das Glänzen zu erkennen.
Wohl gerade ob Maray wollte Nadirah nicht einmal jene Freundschaft enthüllen die viel prägender war als das Liebesspiel mit ihm. Noch immer behandelten sie einander mit hoher Achtung und Respektbezollung so andere anwesend waren, war es falsch?
Nein, ihre Liebschaften hatten kein Thema im Lager zu sein und sie wollte nicht den Anlass für noch mehr verletzte Gefühle geben. Wenn sie es tatsächlich einmal herausfinden sollte, dann war es etwas das außerhalb des Lagers ausgetragen werden musste. Nadirah fühlte sich auch nicht im geringsten schuldig. Der Kummer wäre gekommen ob mit oder ohne ihrem Handeln, da ihre Gefühle niemals auf Erwiederung gestossen wären. Zumal sie wie ein Steppenfeuer herein gebrochen waren ohne die Zeit zu bekommen alle Facetten kennen zu lernen. Geduld war etwas, das er sich wohl schwer angeeignet hatte. Sicher er war geduldig auf die ein oder ander Weise, doch sie spürte das Feuer in ihm das ihn weiter trieb und das hoch loderte, wenn es ihn aufhielt. Es blieb die Frage wann er sich selbst verbrennen würde, oder andere sich an jenen Flammen verbrennen würden.
Noch einmal schmiegte sie sich an ihn und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Noch etwas Nähe, dann würde sie aufstehen um zu ihrem Leben zurück zu kehren, um zu ihren Liebsten zu gehen. Er wirkte friedlich und ruhevoll und sie selbst fühlte sich ausgeglichener denn je. Ihre Finger glitten sanft über seinen Körper. Im Grunde war es eine Schande das eben jener junge Mann sich verhüllte, doch er hatte Entscheidungen getroffen und war bereit sie auszuleben.
Sie fühlte sich in jenem stillen Moment stark genug für alles, selbst jenen Hunger zu überstehen der alle plagte. Noch einmal schloss sie die Augen und so tief seinen Duft ein. Die Erinnerung wie sie sich unter ihm geräkelt hatte erregte sie erneut und doch, sie ließ ihn ruhen, lenkte ihre Gedanken zu etwas ganz anderem.
Ameela, Maray hatte jene junge Frau mit ins Lager gebracht, jene junge Frau die kaum sich selbst über den Weg traute. Sie hoffte das sie in Maray einen guten Anschluss fand, sie fragte sich nachdenklich ob Maray ihr jenen bot. Denn ohne es zu ahnen, hatte sie einen weiteren Schritt getan, einen weiteren Schritt der jetzt danach verlangte ausgegangen zu werden. Würde sie sich sträuben wie viele es vor ihr taten, oder würde sie sich jenem Zukünftigen hingeben.
Maray hatte sehr sanfte Veranlagungen die es ihr einerseits leicht machten, doch andererseits es schwerer machten. Lia war ihr genaues Gegenteil sozusagen, für Lia lag wohl die größte Herausforderung darin, sanft zu sein und alle Vorsicht einmal ausser Acht zu lassen. Wie würde Ameela sein, wenn sie zu ihrem Selbstbewusstsein fand. Sie spürte wie formbar jene junge Frau war und doch zögerte sie, nein, sie wollte Ameela nicht mehr zeigen als den Weg zum Selbstbewusstsein. Sie würde sie nicht formen wollen, das musste auch jene junge Frau alleine rausfinden.
Nadirah spürte wie ihre Gedanken sie immer weiter zum Lager zogen, es wurde Zeit. Zeit jenen Mann zu verlassen um ihn erneut als guten Freund wieder anzutreffen. Vorsichtig löste sie sich von ihm, wenngleich es ihn offenbar weckte als sie sich anzog. Noch einmal kniete sie sich neben ihn und beugte sich vor. Sein Blinzeln verriet wie er gegen das Wachwerden oder die Müdigkeit kämpfte. "Ich gehe nun." Hatte sie ihm noch leise zugeraunt und einen sanften Kuss auf seine Wange gesetzt. Ehe sie gesagtes auch zügig umsetzte. Sie selbst mochte es lieber zu erwachen ohne das drängende Gefühl im Nacken zu haben, das jemand darauf wartete, vielleicht wußte er es zu schätzen, vielleicht war ihm auch eher nach dem Gegenteil. Sie würde es heute nicht erfahren und es störte sie auch nicht. In jenem Moment als sie aufgestanden war, hatte sich langsam wieder jene Welt gebildet in der sie nur Freunde waren, in der er ein Paladin und sie eine Dhjara war. Eine ungleiche Kombination, bei der wohl keiner Kompromisse einging die vom Weg fortlenkten.
Als sie zum Lager kam traf sie Lia an. Sie saß wachend am Eingang und ihr Blick sagte deutlich, das sie an ihr etwas feststellte, das nicht von der Jagd rührte. Sie nickte nur stumm, für jenen Augenblick als sie an Lia vorbei schritt kam sie sich vor wie ein junges Mädchen, das nun an ihrer Aufseherin vorbei musste, doch kaum das sie Lia passiert hatte, bildete sich jenes amüsierte Lächeln. Sie wusste der einzige Grund weshalb Lia jene Momente in Nadirahs Leben missbilligen würden, wären die Konsequnzen einer Schwangerschaft, denn dann würde sie wieder für lange Zeit nicht in der Lage sein, mit dem Schwert so effektiv zu sein, ohne das Leben in sich und das eigene, von Fremden ganz zu schweigen, zu schützen. Sie mochte Lia für ihre pragmatische Denkweise und kurz kam ihr das Bild einer hochschwangeren Aralia vor Augen. Sie lachte laut auf, ja wenn hier eine alles immer glasklar trennen konnte dann würde es Lia sein. Sie würde wie eine Wölfin zurück zum Rudel kehren und jenen Wolf aus ihren Gedanken verbannen, da er sie wohl zu sehr ablenkte. Doch fraglich blieb ob sie jemals auf jenen Wolf treffen würde.
Nadirah Jin Zaykah ist offline  
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Alt 19.03.2009, 16:22
#123
Nadirah Jin Zaykah
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Seufzend lehnte sie sich zurück an das Holz und klappte die Lederne Mappe zu. Nochmals hatte sie Ihre Gedanken niedergeschrieben. Eine Art die sie sich gern angewöhnen würde, doch letztendlich zu faul und beschäftigt war, um dem ganzen in gewünschter Regelmässigkeit nachzukommen. Zudem zog es unangenehm in ihrem Oberarm. Sie hatte getan wie Fayonnah es vorschrieb, den Arm gewaschen und dann neu bandagiert, doch zum einen stank der Sud erbärmlich, wenn sie ihn morgens abwusch und zum anderen verspürte sie kaum Besserung. Selbst das Schreiben wurde ihr nach kurzer Zeit unangenehm, nicht daran zu denken was es bedeutete, wenn sie nach ihrem Schwert griff.

Nadirah schloss die Augen und hörte auf das Lachen von Jaelle die draußen spielte, möglich das Ciama bei ihr war, doch ahnte sie eher, dass das ältere Mädchen in der Umgebung des Wald umherstreunte. Mit einem Lächeln auf den Lippen hoffte sie leise das Jaelle nicht wieder auf die Gedanken kam, Grassuppe mit Wurmnudeln zu kochen oder Käfer zu vertilgen. Es würde leichter wohl sein, wenn beide Mädchen Schutz in Häusern finden könnten, doch fraglich blieb, ob es sie davon abhielt, rumzustreunen.

Der Gedanke zu siedeln hatte sich zu einem festen Ziel in ihrem Kopf gebildet, sie hatte die Für's und Wieder's abgewegt und zum Zeitpunkt des Entschlusses zugebissen. Es gab wohl nichts irdisches mehr, was sie von diesem Ziel abbringen würde, egal was kommen mochte. Immer detailierter zeigte sich ihr Ziel vor ihrem inneren Auge, immer präziser wurde der Weg dahin. Das Einzige das ihr Sorgen machte dabei war ihre kleine Tochter und die Erziehung dazu, sie zweifelte an sich, ob sie dort einen Weg finden würde Ihre Tochter hart genug zu erziehen. Sie war noch ein kleines Mädchen sicherlich, gerade vier Jahre alt, doch wann würde der Zeitpunkt kommen, um sie auf die Welt dort draußen vorzubereiten?
Jaelle war bislang beschützt aufgewachsen hier im Lager. Sie wußte zwar was Metallklirren und Schwerterziehen bedeutete, doch nicht welch Schrecken das ganze mit sich brachte. Nein, Jaelle, Ciama, Amarah und auch Fayonnah waren bislang mehr oder minder unberührt geblieben von all dem was sich in der Welt zutrug. Würde genauso ein Schutz auch in einer Siedlung existieren? Sicher dort konnte man sich in seine Häuser zurück ziehen, doch Häuser konnten auch einstürzen.

Ihr Lächeln verzog sich, die Lippen pressten sich zu einem schmalen Strich zusammen. Sie hatte nie gesehen wie ein Haus eingestürzt war. Hier nicht und auch nicht im Süden, wenn man ihrer Bedenken auf die Schliche kam, lachte man sie meist aus.
Nocheinmal versucht sie sich zu entspannen und rieb über ihren Oberarm. Es würde wohl mehr bringen alle, die mitzogen einmal zusammen zu rufen. Dann würde das ganze ein deutlicheres Bild abgeben und bis dahin konnte sie sich überlegen, wie sie bis zum Umzug vorgehen würde.
Nadirah Jin Zaykah ist offline  
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