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Alt 02.04.2012, 09:02
Paulina die Schneiderin
#1
Paulina Thamaron
Reisender
 
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Beiträge: 209

14 Ronox (Herbst) 1307

Gedankenverloren saß die junge Frau im Schneidersitz auf ihrem Esstisch um in gemütlicher Sitzposition aus dem Fenster zu schauen.

Trotz Herbstregens hatte sie das eine Fenster weit offen stehen. Diese Luft tat einfach gut! Kalt, lebendig und vielsagend roch sie – vermischt mit dem Geruch des Regens auf gelbbraunem Laub.

Die herbstbraunen Locken hoben sich ab und zu von ihren Schultern an, wenn eine kecke Windböe den Akt vollbrachte, sich durch das kleine Fenster zu winden.

Lächelnd schloss sie ihre blauen Augen und konnte einen gewissen – „leis-jauchzenden“ – Laut nicht unterdrücken. Endlich war sie angekommen. Endlich hatte sie all die Zeit überstanden, überlebt, sie hatte vollbracht – was sie vollbringen konnte.

Die nun gut 13 Jahre in der königlichen Schneiderschule hatte sie… tatsächlich mit einem sehr guten Abschluss absolviert.

Sie war erst fünf Jahre alt gewesen als ihre Tante sie der Schneiderschule übergab. Ihre Eltern waren bei einem Kutschunfall mit folgendem tragisch-langem Verletzungsweg ums Leben gekommen. Tante Elisa konnte nicht viel mit dem kleinen, braunlockigen Kind anfangen. Da sie das Kind aber eigentlich liebte, und die Familie recht wohlhabend war, hielt sie es für eine sehr gute Idee, das Mädchen in die Obhut der königlichen Schneiderschule zu übergeben. So musste sie sich nicht aktiv um das Mädchen kümmern und konnte doch zufrieden einschlafen, da sie dem Mädchen etwas Gutes getan hatte.

Nun war aus dem kleinen, ungeschickten Tollpatsch eine erwachsene, junge Frau geworden. Eine Frau, die sich in der Kindheit und Jugend sehr oft bei den Mitschülern beweisen musste. Die das Gefühl einer „liebenden Familie“ nicht kannte – und auch gar nicht kennen lernen wollte. Sie war zufrieden mit dem was sie hatte – ihr Handwerk.

Vielleicht aus eben diesem Grunde – das ihr Handwerk, die Schneiderei, ihr komplettes Leben ausfüllte, war sie als Jahzehntsbeste von der Schule gegangen. Sie hatte viele Angebote aus den feinsten Häusern erhalten um dort als Hausschneiderin zu arbeiten. Eine sehr gemütliche Tätigkeit – gab es doch nur Etwas zu tun, wenn die Hauseigenen etwas Neues brauchten. Doch langweilte der bloße Gedanke Paulina.

Nein…, sie _wollte_ weiterlernen, sie _wollte_ sich anstrengen, sie _wollte_ kämpfen und sie _wollte_ neu anfangen.

In der Schule selbst hatte jeder gewusst, dass sie die arme Waise war – die Streberin, die eine Zeit lang nach der Liebe der Lehrer und Betreuer lechzte.

Hier – weit entfernt der Heimat, kannte sie _keiner_. Sie war eine „normale“ 19-jährige Frau, die nun eine kleine Schneiderstube eröffnet hatte. Eine gute Schneiderin (vielleicht für ihr Alter zu gut…) aber eben doch eine „normale Frau“. Das ist es, was Paulina wollte.

Nun würde die Zeit zeigen, wie sich alles entwickeln würde. Kunden hatte sie genug – ein Ritter hatte ihr zwar gesagt, dass es hier zu Hauf gute Schneider gibt – doch hatten die Kunden wohl kein Interesse, zu Diesen zu gehen. Nun- ihr war das natürlich recht!

Noch in Gedanken erhob Paulina sich vom Tisch um das Fenster zu schließen. Verträumten Blickes legte sie sich auf ihre Schlafmatte nieder, deckte sich ordentlich zu und schloss tief einatmend die Augen um in die Traumwelt zu entfleuchen.
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Geändert von Paulina Thamaron (02.04.2012 um 10:48 Uhr).
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Alt 12.06.2012, 09:20
#2
Paulina Thamaron
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Erst am späten Abend kehrte Paulina Heim. Im ersten Moment stieg sie über den Brief hinüber - stockte aber schon beim Schritt und beugte sich blinzelnd hinab um das edle Papier aufzuheben.
Die Tür quietschte ganz leise, als Paulina sie schloss.

"Nanu...?" entkam es ihr leise als sie die feinen Rosenranken begutachtete, die sich um einen Text rankten.

Langsam strich sich sich eine Locke hinter die Ohren und begann den Inhalt des Textes zu erlesen.

Wort für Wort, Zeile für Zeile, Satz für Satz, Metapher für Metapher hämmerten ungebremst auf sie ein.

Ihre Wangen wurden immer roter, ihre Knie immer weicher.

--------------------------------------------------------------
Wenn ich Dich sehe, flattert mir das Herz,
zum Teil aus Freude zum Teil aus Schmerz...

Wenn ich Dich sehe, kribbelt es in meinem Bauch
und ich frage mich, fühlst du es auch...

Wenn ich Dich sehe, verschwimmt Wirklichkeit und Traum
und mein Verstand gleitet dahin durch Zeit und Raum...

Wenn ich Dich sehe, dein Lächeln in deinem Gesicht
dann spüre ich wie mein Herz in tausend Teile zerbricht...

Wenn ich Dich sehe, tauche ich ein in die Tiefe deiner Augen
und ich beginne an die Wahre Liebe zu glauben...

Wenn ich Dich sehe, weiß ich kein Glück auf Erden
kann ohne dich jemals wichtig werden...

Wenn ich Dich sehe, strahlt selbst der veregneste Tag
und ich hoffe du erkennst wie sehr ich Dich mag...

Wenn ich Dich sehe, freue ich mich diesen Tag zu erleben
und ich weiß, etwas schöneres wie dich wird es niemals geben.

Wenn ich Dich sehe, in deiner Lebensart, so schön und rein
so frage ich mich, kann ich jemals derjenige sein...

Wenn ich Dich sehe, möchte ich dir soviel sagen
doch ich kann es einfach nicht wagen...

Wenn ich Dich sehe, muß ich meine Gefühle verstecken,
darf dich nicht erzürnen, dich mit meiner Liebe erschrecken...

Wenn ich Dich sehe, ist in meinem Hals ein großer Stein
und ich weiß, so wunderschön, so lieb, so rein...
du kannst nur ein Engel sein...



klein Unterschrieben mit.
Dein größter Verehrer.
--------------------------------------------------------------

"Verehrer...?" wisperte sie ganz leise vor sich her wobei ihr Blick, am Ende angekommen, auf dem Verfassers des Schriftstückes klebte.

Paulina huschte zum Fenster des kleinen Hauses und schaute in die Nachtdunkelheit hinaus. Nichts zu sehen... nur einen wachhabenden Gardisten, der seinen Dienst tat.

Nach und nach legte sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen und sie faltete das Schreiben langsam, um es sicher und warm in ein abschließebares Kästchen zu legen.
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Alt 09.03.2013, 16:36
#3
Paulina Thamaron
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Vier Jahre sind vergangen von dem Moment an, als ihr „Verehrer“ ihr diesen Brief zukommen ließ bis zum Heutigen.
Vier Jahre, in denen viel geschehen ist. Paulina fühlte sich erfahrener, reifer und gescheiter als zu jener, vergangener Zeit.
Sie hatte einige Zeit lang versucht in der Stadt Britain Fuß zu fassen. Und ja, sie hatte es auch so gut wie geschafft. Ihre kleine Schneiderstube war sehr oft gut besucht, sie hatte viel Arbeit und das Gold ging nie aus. Und doch zog es sie in die Ferne…
Hochwohlgeboren, Graf von Westemar hatte ihr ein Angebot zukommen lassen, dass sie nicht verneinen konnte.

---------------------------------------
„Wertes Fräulein Thamaron,

meine älteste Tochter, Lisa von Westemar, berichtete mir von Euren Künsten. Herr Korat, Leiter der königlichen Schneiderschule versicherte mir außerdem, dass Ihr Euer Handwerk sehr gut beherrscht.

Die Tatsache, dass meine liebe Ehefrau das fünfte Mal schwanger ist und vorige Kinder immer Mädchen waren war der Auslöser dafür, dass ich eine Hofschneiderin einstellen möchte.

Ihr könnt Euch denken, dass das Eure Handwerk hier in der Burg benötigt wird. Nicht nur meine Familie muss mit feinsten Kleidungen versorgt werden sondern auch unsere Bediensteten.

Lasst mich wissen, ob ihr für ein Gespräch herreisen mögt – natürlich werde ich diese Reise verrechnen.

Möge Glaron über Euch wachen,

Graf von Westemar „

---------------------------------------

Zu jener Zeit, vor nun fast vier Jahren, war Paulina einfach überwältigt von der Ehre, dass die Schulleitung sie weiterempfohlen hatte. Und nach einem Gespräch mit dem Grafen stellte sich heraus, dass sie dort sehr gut verdienen würde. Sie hatte eine sichere Auftragslage, eine Bleibe sowie Verpflegung. Wie sollte sie dieses Angebot also verneinen können?!

Vielleicht hätte sie es tun sollen – denn ihr Verehrer, Dorian Larthay, nahm schon bald den Platz eines Geliebten ein. Nicht ein Geliebter im Sinne von körperlicher Liebe! Nein – er berührte ihr Herz. Er beflügelte ihren Geist und er wärmte ihren Körper. Es verging kaum ein Moment, an dem sie nicht an ihn dachte. Diese Tatsache trieb Paulina vor gut drei Jahren an mit dem Grafen zu sprechen. Sie erklärte ihm die Situation – und es dauerte gar nicht lang, da verkündete der Graf, dass Paulina zukünftig einige Woche „frei“ habe. Wo sie in dieser Zeit dann war, war ganz ihr überlassen.

Natürlich nutzte Paulina jede freie Zeit um nach Britain zu reisen. Ja – die Reisen waren teuer und anstrengend – vor allem im Winter trieben die schaurig gefährlichen Seefahrten sie an zu beten – zu flehen, dass sie die Übersetzung überleben würde!

Doch wenn sie dann in Britain war – wenn sie Dorian erblickte, war alle Angst und aller Ärger vergessen. Es war ganz so, als würde sie zwei Leben führen. Dort, auf dem Festland als Hausschneiderin eines Grafens – geschäftig, vertrauensvoll, integriert – die Mädchen des Grafens sahen sie schon bald als eine Art große Schwester an. Paulina, die nie eine wirkliche Familie haben konnte, genoss diesen Zustand natürlich.
In Britain lebte sie das Leben einer jungen freien Schneiderin. Sie besaß eine Schneiderei in welcher auch Platz zum Leben war. Sie war die… „Geliebte“ Dorians der in diesem Lande Kariere machte. Wusste er bei ihrem Kennenlernen nicht einmal seinen Namen, war er nun ein erfolgreicher Gardist – leitete gar eine Magierschule! Ohne Zweifel war er ein ehrgeiziger Mann – er wusste was er wollte, und verfolgte diese Ziele. Unter anderem liebte sie genau das an ihm. Denn so war sie auch – strebsam – ehrgeizig – sie wusste, was sie erreichen wollte.

Ihr letzter Aufenthalt auf dem Festland war länger als die Vorigen. Ihre Herrin, die Gemahlin des Grafens erwartete ihr siebtes Kind und vertrug die Schwangerschaft nur sehr schlecht. So schlecht, dass sie monatelang das Bett hüten musste. Ein Zustand, den die sechs Mädchen des Hauses sehr verunsicherten – sie ängstigten. Paulina fühlte sich verantwortlich für die Mädchen – und als sie den Grafen einmal weinend in der Waffenkammer beobachtete beschloss sie, für die Familie da zu sein. Sie würde sich um die Mädchen kümmern so gut sie es konnte – sie wollte dem Grafen ein wenig Last abnehmen.

Thomas – der erste Sohn des Grafens kam gesund und groß zur Welt. Die Geburt ging sehr schnell. Und kaum einen Tag später war die Grafensfrau wieder wohlauf. Fast so, als hätte der Bub ihr alle Lebensenergie geraubt, war er noch in ihrem Bauch. Es wurde gefeiert, gelacht, getanzt und gegessen! Auch Paulina freute sich – sie freute sich aber vor allem darauf, alsbald wieder nach Britain reisen zu können. Der Graf wusste es… obwohl sie nie darüber sprach. „Paulina – mit deinem 25 Geburtstag solltest du darüber nachdenken uns zu verlassen. Es ist nicht so, dass wir dich hier nicht haben wollen – bei Glaron nein! Aber du bist keine 16 Jahre mehr – du bist kein Mädchen, sondern eine Frau. Eine gesunde, fleißige, charakterstarke Frau – und solch ein Wesen sollte nicht in einer Burg versauern – weit weg von jenem Mann, der ihr eine Familie schenkten könnte, m?!“ Paulina konnte in jenem Moment nur nicken… aber innerlich erlebte sie eine Gefühlsexplosion. Würde dieses Doppelleben also in gut einem Jahr vorbei sein?! Würde sie endlich _ganz_ ein Leben leben können?!

Sie hatte Dorian in einer Schenke wieder getroffen und musste sich sehr zügeln ihm nicht um den Hals zu springen. Am liebsten hätte sie ihn sofort geherzt! Doch sie beherschte sich, setzte sich zu ihm an den Tisch und lächelte seine Gesprächsnachbarin an. Sie erzählten sich irgendetwas von magischen Steinen… Paulina verstand natürlich nicht den wirklichen Sinn des Gesprächthemas, aber sie lächelte – und dies schien zu gefallen. Dorian hingegen war sehr zurückhaltend. Er zahlte weder ihren Saft – noch nahm er ihre Hand. Kurzzeitig stockte ihr ein Herzschlag als ihr der Gedanke kam, er würde sie nicht mehr mögen. Doch als sie dann in seinem neu erworbenen Haus waren zeigte er ihr mit Worten, Blicken, Gesten und Berührungen, dass er sie sehr wohl noch mochte – sehr sogar. Die Verkündung, dass sie nur noch ein Jahr die dauernde Zweisamkeit aushalten müssten, freute Dorian sichtlich.

Würde es also wirklich eine Zukunft geben – für diese beiden Personen, die sich zufällig im lachenden Tala kennen gelernt hatten? Er war damals ein junger Magier, hatte vergessen wer er war- was er war- warum er war und sie war eine sehr junge Frau gewesen, recht blauäugig und doch sehr geschäftig – unfähig auch nur an das Gefühl „Liebe“ zu denken?!
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Alt 08.04.2013, 10:11
#4
Paulina Thamaron
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Leis summend saß Paulina im Schneiderstiz auf ihrem Wohntisch im oberen Stockwerk ihres kleinen Hauses und sah aus dem Fenster hinaus, Richtung Fluss. Sie liebte dieses kleine Haus inzwischen abgöttisch und hatte gar keine Muße mehr, ihr Gold für ein größeres Haus auszugeben. Denn genau das hatte sie eigentlich vor gehabt… sollte sie hier in Britain sesshaft werden, was sie nun ja so gut wie war, würde sie sich ein großes Haus kaufen in dem sie die Schneiderarbeit und das Leben an sich großräumiger ausleben konnte. Aber nun war sie zufrieden… so, wie es war.

Es war Herbst in Britain. Ab und zu vielen ein paar Tropfen vom Himmel gen Boden, die Blätter färbten sich gelb, braun, rot… die Spätblumen standen in voller Pracht. So tötend der Herbst auch war, Paulina liebte diesen Herbst. Denn diesen Herbst würde sie ihr Leben in Britain beginnen. Das Leben – als Schneiderin… das Leben als Partnerin eines Gardisten – Dorian Larthay.

Es fiel Paulina noch immer sehr schwer es auszusprechen – oder gar zu denken. Dorian war ihr Liebster – ganz öffentlich und ohne irgendwelche Versteckspielchen.

Sie hatten einen Ausflug an einen Bergsee gemacht. Dorian hatte viele Früchte dabei – doch kamen sie kaum zum essen. Die Sonne schien, das Wasser plätscherte, die Vögel sangen… der Moment war perfekt gewesen. Je mehr Paulina Dorian betrachtete umso schöner fand sie ihn. Natürlich hatte sie ihm das nicht gesagt! Wollte ein Mann hören, wie wunderschön er war?! Paulina vermutete, dass Männer soetwas nicht hören wollen… also verschwieg sie den Grund für ihren schwärmenden Blick.

Und obwohl er ihr seltsame Dinge erzählte… verlor sie sich in seinen grünen Augen. Natürlich hatte sie im Nachhinein über die seltsamen Dinge nachgedacht. Und je länger sie darüber nachdachte – umso ahnungsloser wurde sie. Sie verstand wirklich nicht, was er meinte und hatte arge Schwierigkeiten… seine Worte wiederzugeben. Das was sie verstanden hatte war… das er sie liebte – sehr sogar. Und… das er sich nach einer liebenden Familie/Gemeinschaft sehnte. Er bewunderte und beneidete die Waldelfen für ihr Verhalten in der Gruppe. Sie liebten sich wie Brüder und Schwestern… und auch mehr mal hier mal da…. Hatte sie das richtig verstanden?!

Paulinas sonst so glatte Stirn fruchte sich kurz bei dem Gedanken. Der Gedanke, sie würde mit einigen Personen zusammenleben… und mal hier und mal da „schmusen“ war ihr vollkommen fremd. Und doch… hatte sie nicht widersprochen. Wie auch, wenn sie gar nicht wirklich verstand?! Das Paulina selbst nicht die „Vorzeige-Gläubige“ ist, das war ihr sehr wohl bewusst! Und doch waren die Gedanken… sehr… ihr fiel kein passendes Wort ein….

Paulina hatte Yanya kennen gelernt… Dorians ältere Schwester. Sie war ihr von Anfang an sympathisch gewesen… auch, wenn der Ort, an dem die Frauen sich kennenlernten, nicht sonderlich einladend war… war es doch der Hinrichtungsplatz auf dem Friedhof. Paulina hatte Dorian und Yanya an dem Abend lieber allein gelassen. Die beiden hatten sich sicherlich viel zu erzählen… und sie wollte sich nicht dabei erwischen, wie sie die beiden um ihr Glück beneidete… Familie… ein Fremdwort für Paulina… und doch beneidete sie einen Jeden heimlich, der eine Familie hatte…

Mit einen ganz leisen Seufzen erhob Paulina sich vom Tisch – schloss das kleine Fenster und schob den Vorhang beiseite, der ihr Bett vom Rest des Raumes trennte… hoffentlich schlief sie bald ein.
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Alt 07.04.2014, 07:31
#5
Paulina Thamaron
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Vier Jahre sind vergangen. Vier Jahre volle Eindrücke und Besonderheiten. Vier Jahre haben aus dem jungen 19-jährigen Mädchen eine Frau gemacht, die weiß wer sie ist und was sie möchte. Das Gehen damals war nicht einfach. Die Beziehung mit Dorian hatte sich gut entwickelt – doch hatte Paulina immer wieder das Gefühl, er war ihr überlegen.

Nicht, weil er unbedingt schlauer als sie war… eher, weil er vom Leben an sich mehr wusste. Er hatte seine Kindheit und Jugend in „Freiheit“ verlebt. Er hatte in dieser Freiheit gelernt, was Leben bedeutet. Das hatte Paulina nicht. Sie wurde in der Schneiderschule immerzu behütet und erzogen zugleich. Aus Büchern hatte sie Einiges erfahren können – doch war es natürlich etwas anderes einen z.B. betrunkenen Mann vor sich zu sehen und zu erleben als davon zu lesen. Und genau das Problem hatte sie bei so unendlichen vielen Dingen gehabt! Ihr war vieles neu – erschreckend neu. Sie hatte damals immer den Weg der stillen Beobachterin gewählt – doch war auch das in mancher Situation nicht so gut. Dorian hingegen war ein gestandener Mann. Er wusste was er wollte, er wusste, wer er war – er wusste wo er hin wollte und vor allem wusste er, wie das Leben spielt. Paulina wollte ihr Leben keinesfalls als kleines Frauchen neben einem großen Mann verbringen. Also ist sie schweren Herzens gegangen.

Und nun, nach den vier Jahren, hatte sie erkannt, dass das genau die richtige Entscheidung gewesen war.

Vor allem südliche Länder haben ihre Neugierde geweckt. Die Mentalität, aber vor allem das Bewusstsein für Stoffe und Schönes hatten es Paulina angetan. So sehr, dass sie knapp drei Jahre dort verbracht hatte. Und ja, fast wäre sie dort geblieben… viele kleine Umstände und die Tatsache, dass sie eben keine wirkliche Südländerin war, ließen sie aber doch die Koffer packen und „Heim“ reisen… nach Britain.

Paulina war sehr überrascht darüber, dass ihr kleines Haus noch stand. Es war weder verwittert, noch war es von irgendwem besetzt. Die Fenster waren heil und alles stand dort – wie sie es hinterlassen hatte. Wenn auch staubiger…

Und natürlich lag ihr erster Gedanke bei Dorian. Ob er hier wohl noch lebte? Ob es ihm gut ging? Ob er verheiratet war und Kinder hatte? Ob er noch Gardist oder gar Offizier war? In vier Jahren kann so unendlich viel passieren! Und Paulina war neugierig, wie es ihrer ersten großen Liebe ergangen war – ob es ihm gut ging. Also hatte sie ihm gleich einen Brief geschrieben. Sie war sehr gespannt, ob er antworten würde – und wenn er es tat, wie die Antwort aussehen würde. Eigentlich waren sie im Guten auseinander gegangen….

Aber man wusste ja nie!
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Alt 09.04.2014, 07:22
#6
Paulina Thamaron
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Nugor 1314

"Autsch...!" fluchte die junge Frau in die Stille ihrer Schneiderstube hinein und schüttelte ihre linke Hand, als wolle sie den Schmerz wegschütteln. Stirnrunzelnd betrachtete sie den Blutstopfen, der auf der Fingerkuppe ihres linken Mittelfingers thronte. Es war sicherlich Jahre her als sie sich beim Nähen das letzte Mal in den Finger gestochen hatte!

Den Rücken durchstreckend steckte sie sich die Fingerkuppe in den Mund und sah sich über die Schultern hinweg um. Es war stockdunkel... sicherlich schon tief in der Nacht. Vor allem war es aber leise - erschreckend leise. Die Stille des Winters? Sie hatte solche Ruhe schon lange nicht mehr erlebt. Dort, wo sie die letzten Jahre lebte, war es immerzu laut - oder man hörte zumindest irgendwas.

Rasch erhob Paulina sich und öffnete das kleine Fenster zur Westseite. Rauschen... stätiges Rauschen und Plätschern. Beruhigt atmete Paulina aus und sah zum Fluss hinab, der die West und Ostseite von Britain trennte.

Dorian hatte ihr geantwortet - gesehen hatten sie sich aber noch nicht. Er schrieb, dass viel geschehen ist und er noch immer Gardist seie - das läge wohl an der Tatsache, dass er viel seinen Studien der Arkanen Wissenschaft nachging. Und er erwähnte auch, dass etwas im privaten Umfeld geschehen war, von dem er ihr berichten wolle... Also war er tatsächlich verheiratet, hatte Kinder... und derlei?

Paulina holte nochmal tief Luft und schloss einen Moment die Augen. Der kalte Nachtwind spielte eine Weile mit ihren Locken... dann schloss sie das Fenster und ging hinauf in den Wohnbereich um sich gedankenversunken umzuziehen.

Sie war damals ganz sicher nicht gegangen, weil sie Dorian nicht mehr mochte. Ganz im Gegenteil... ihm hatte ihr Herz gehört. Voll und ganz. Aber auch er war kaum noch da gewesen... ob das wohl an diesen besagten Studien lag? In diesen vier Jahren der Reise hatte Paulina viele Menschen kennen gelernt. Frauen, Männer, Kinder, Elfen und auch Zwerge. Und ja, es hatte zwei Männer in diesen vier Jahren gegeben, die sich um Paulinas Herz bemühten. Aber Paulina hatte so etwas wie Liebe nie zulassen können. Sie bereiste die Welt nicht, um die große Liebe zu finden; sie bereiste sie, um Erfahrungen zu sammeln. Ihr Herz war in Britain geblieben - bei Dorian.

Doch war dieser Gedanke natürlich naiv - und etwas blauäugig sicherlich auch. Paulina war klar, dass kein Mensch bei einer solch langen Trennung die Liebe beibehalten konnte, die einmal war. Sie selbst wusste ja auch nicht mehr, ob sie Dorian liebte... den Dorian, den sie kannte, den liebte sie natürlich! Aus den Erinnerungen heraus - sie hatten vor 5-6 Jahren viel gemeinsam erlebt... Sie war an seiner Seite, als seine verschollenen Erinnerungen wiederkehrten... und und und. Aber das war einmal. Vielleicht ist dieser Mann nicht mehr so, wie er einmal war. Paulina hoffte insgeheim sehr, dass er sich verändert hatte....

Bevor die Nacht ihre schwarze Decke am Himmel ausgebreitet hatte, hatte Paulina ihren ersten Kunden hier in der Schneiderstube empfangen. Ein Mann, ein Kadett der Garde - Jonathan Herchal ist sein Name.

Anfangs war alles ganz normal... sie hatten darüber gesprochen, was er haben wollte... was ihm gefiel... doch wandelte das Gespräch irgendwie. Es wurde persönlicher, lockerer und netter. Paulina huschte ein Lächeln über die Lippen als sie nun über das Geschehene nachdachte....

Jonathan war von Anfang an sehr offen und wirkte ehrlich. Wenn man in seine Augen sah, sah man viel Leben, Abenteuerlust und Wärme. Er war zwar ein stattlicher Mann... groß, breit und ganz sicherlich auch etwas muskelbepackt... aber das sah Paulina eine ganze Weile gar nicht, da seine blauen Augen ihr so viel erzählten. Hier und da brachte er sie in Verlegenheit... aber Paulina hatte nie das Gefühl gehabt, dass er es tat, um sie zu ärgern... er sagte einfach was er dachte und fühlte - frei heraus mithilfe von nicht ganz so... vorteilhaften Worten. Doch der Kern, das was er meinte, waren im Grunde viele liebe Komplimente.

Und ja, natürlich hatte sie ja gesagt, als er sie fragte, ob sie mit ihm ausgehen wolle. Warum sollte sie auch ablehnen?! Es gab ja gar keinen Grund! Und neugierig, diesen großen Mann mit den lieben Augen kennen zu lernen, war sie allemal....

Dieses Ereignis, Dorian und ihre Schneiderstube würden Paulina heute Nacht in ihren Träumen besuchen...
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Alt 24.04.2014, 07:36
#7
Paulina Thamaron
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Tycua 1314

Gedankenverloren streichelte Paulina über das robuste Fell der Bärenhaut, die vor ihr auf dem Tisch lag. Sie streichelte das Fell fast so zart, als würde das Tier es noch merken… doch lag lediglich das Fell auf ihrem Arbeitstisch – bald mit Kreide bemalt – kurz davor, zerschnitten zu werden, um alsbald als schmückender Mantel zu enden.

Das Fenster der Schneiderin stand, wie so oft, offen. Doch konnte man nicht wirklich viel sehen, kroch doch der dichte Morgennebel durch die Stadt Britain. Kurz stellten sich die feinen Armhärchen von Paulina auf, als sie in Gedanken durch den kühlen Nebel ging. Kopfschüttelnd nahm sie ihre Schere zur Hand und begann das Fell zu bemalen.

„Handgelenk… Ärmel…. Kragen… zwei Streifen vorn… zwei an der Seite… drei am Rücken…. Taschen….“ Sie legte ihren Kopf ein wenig schräg als sie die einzelnen Stücke des nun aufgemalten Schnittmusters betrachtete. Für einen Laien war es ganz sicherlich unvorstellbar, dass diese Einzelstücke, mühsam vernäht einen Mantel hervorzaubern würden. Doch in Paulinas Kopf war der Mantel schon fertig – und sie war so neugierig, wie diese Frau aussehen würde, dem er bald gehören würde!

Eigentlich nähte sie höchst ungern Kleidung, ohne den baldigen Träger mindestens einmal gesehen zu haben. Natürlich war es ihr noch lieber, den baldigen Träger genauestens vermessen zu haben! Aber so… mit der bloßen Beschreibung, dass der Körper der baldigen Trägerin dem ihren ähnlich war… war es irgendwie seltsam, die Kleidung zuzuschneiden. In der Schneiderschule wurde ihr nicht nur beigebracht wie man näht… es gehört noch viel mehr dazu, eine gute Schneiderin zu sein. Man musste Kauffrau sein, man musste ein lebendiger Werbeträger sein, man musste freundlich, kompetent und vertrauenserweckend rüberkommen – und natürlich musste die Kleidung perfekt passen! Paulina hoffte inständig, dass der Mantel gut passen würde.

Die scharfe Schere glitt regelrecht durch die feste Haut, als Paulina die Schnitteile zuschnitt. Sie ordnete sie sorgfältig auf ihrem Arbeitstisch und suchte in einem Kästchen nach dem verstärktem Garn. Dabei sausten ihre Gedanken zu Yasuo, der ihr diesen Auftrag gegeben hatte. Einen Auftrag, den Paulina noch immer nicht wirklich verstand. Er hatte ihr verschiedenste Leder, verschiedenste Felle und Pelze ausgehändigt ohne Gold zu verlangen. Eine Tatsache, die Paulina natürlich verunsicherte. Gerade, weil sie die Lehre der Schneiderschule hinter sich hatte – und ihr da immer wieder eingebläut wurde, wie wichtig und bedeutend es ist Gold einzunehmen – und auch Gold zu investieren, war es für sie unvorstellbar, dass Yasou nicht bezahlt werden wollte. Er wollte lediglich Kleidung von ihr – ein klein wenig für sich selbst… und eben die Kleidungsstücke für die Frau, dessen Körper ihrem eigenen ähnlich war.

Ein seltsam interessanter Mann. Paulinas Mundwinkel hoben sich ein wenig als sie sich Yasou vorstellte. Er war größer als sie… aber das war fast jeder. Seine Augen waren schmaler als hier zu Lande, seine Haare waren… geflochten oder so ähnlich… und er war ganz eindeutig sportlich. Doch… ja, Paulina mochte sein exotisches Aussehen. Und seine Art war… auch ganz besonders….

„Männer….“ Murmelte Paulina schmunzelnd in die Stille des Raumes und fädelte den Faden in die von ihr gewählte Nähnadel. Vor allem Jonathan sauste ihr immer wieder durch den Kopf. Ihr erster Kunde, ihre erste freundliche Bekanntschaft in dieser großen Stadt. Doch war die Zeit, in der sie sich kennen gelernt hatten nicht einfach. Es herrschte Krieg und Jonathan war Gardist. Allein diese beiden Tatsachen lassen einen Jeden wissen, dass Jonathan sehr eingebunden war…. Doch war der Krieg nun überstanden, gar gewonnen und Paulina hoffte sehr, dass sie Jonathan bald wieder sehen würde. Sie war zwar zurückhaltend – aber sie war nicht dumm. Sie wusste, dass Jonathan sie mochte. Sie wusste es, weil er ihr Geheimnisse anvertraute, weil er sie ab und zu so… eindeutig betrachtete, weil er ihr stetig in die Augen sah und immerzu lächelte, wenn sie ihn anlächelte. Er schrieb ihr Briefe – trotz des Krieges und er suchte ihre Nähe. Er gab einmal zu, dass er bei ihr anders wäre, als es normalerweise der Fall war. Wie anders… hatte er nicht gesagt. Vielleicht würde Paulina es ja einmal erleben?!

Lieblich lächelnd schüttelte Paulina den Kopf, ganz so, als würde sie die Gedanken abschütteln. Sie musste sich nun auf den Mantel konzentrieren. Er sollte nicht nur schön werden… er sollte ein Meisterstück werden!
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Geändert von Paulina Thamaron (24.04.2014 um 07:37 Uhr).
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Alt 25.04.2014, 06:21
#8
Paulina Thamaron
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Tycua 1314

Nur eine Nacht und einen Tag später sah die Welt schon wieder ganz anders aus.

Der Mantel hing fein säuberlich auf einem Kleiderhaken, die Frühlingssonne schien und vor allem zierte immer wieder ein Lächeln Paulina's Gesicht, die sich immerzu im Spiegel betrachtete.

Paulina war von Natur aus nicht wirklich eitel - doch wurde es ihr beigebracht, auf ihr Äußeres zu achten. Als Frau hatte man hier und dort Probleme - vor allem wurde man oftmals nicht ernst genommen. Doch hatte die Tatsache, dass sie eine Frau war auch viele Vorteile. Und die galt es zu "dekorieren". Oftmals zog Paulina sich Dinge an, die sie außerhalb ihres Hauses nicht tragen würde. Kurze Röcke, seidende kurze Nachthemden, Kleider die eine gewisse Einsicht ermöglichten und derlei. Und wenn sie etwa ein solches Nachthemd trug, betrachtete sie sich gern im Spiegel.

Dies tat sie aber nicht lange... sie wollte vor allem Glaron gegenüber nicht zu eitel herüberkommen. Er schätzte es ganz sicher nicht, dass eines seiner Lämmer sich am eigenen Spiegelbild erfreute, wenn es Dinge trug, die nicht wirklich "sittlich" waren.

Doch heute blieb sie eine ganze Weile im seidenen Nachthemd vor dem Spiegel sitzen und betrachtete sich ganz genau. Ihre Gedanken allerdings waren bei Jonathan... ein seltsam wunderbarer Mann, wie sie fand.

Endlich hatten sie sich getroffen. Und das Gefühl war, als wären sie nie getrennt gewesen. Ganz seltsam... bei anderen Menschen brauchte Paulina immer eine ganze Weile um "warm zu werden", wenn sie sie länger nicht gesehen hatte. Aber bei Jonathan hatte sie sofort wieder dieses vertraute Gefühl.

Nach einem Apfelsaft im "Grauen Wolf" hatte er ihr noch seine Stadtwohnung gezeigt. Sie war karg, dunkel und irgendwie kühl... sehr spartanisch eingerichtet und... ungemütlich. Man sah, dass hier ein Junggeselle hauste, der lediglich hier war um zu schlafen. Paulina hatte sich vorgenommen, seiner Wohnung ein wenig mehr Gemütlichkeit zu bringen. Wandteppiche, Kissen, Teppiche am Boden und derlei würden ganz sicher dazu beitragen!

Da Jonathan nicht einmal Stühle zum sitzen anbieten konnte, setzten sie sich auf zwei Lederhaufen - ein amüsiertes Lächeln huschte auf ihre Lippen, als sie sich das im Nachhinein vorstellte.... Bei keinem Anderen hätte sie so etwas gemacht. Nachts, bei einem Mann in der Wohnung... die dunkel und kühl war... sitzend auf Lederhaufen... aber in dem Moment, bei Jonathan war es in Ordnung - gar schön!

Paulina hatte Jonathan ja versprochen, dass er einen Wunsch frei haben würde, wenn er aus dem Krieg wieder da seie. Zuerst druckste er herum und gab kund, dass ihre bloße Nähe ihn wunschlos glücklich machte....

Ja, Paulina war schüchtern, sie war fromm und erzogen. Doch sie war nicht dumm! Sie wusste, dass Jonathan sie mochte - und sie wusste, dass sie ihn ebenso mochte! Also murmelte sie, dass er sich doch einen Kuss auf die Wange wünschen sollte?! Und so kam es, dass ihre Lippen seine Wange berührten. Seine Barthaare kitzelten ein wenig - aber vor allem fiel ihr auf, dass er unheimlich gut roch. Irgendwie angenehm würzig und doch frisch...?!

Paulina schloss die Augen und versuchte, sich den Geruch noch einmal in die Nase zu rufen - was ihr aber nicht wirklich gelang. Sie legte eine Hand auf ihre Wange, auf die er sie kurz geküsst hatte. Wie eine Revanche - oder derlei.

Plötzlich senkte Paulina lächelnd ihr Haupt und legte eine Hand auf ihren Bauch. Dieses Kribbeln im Bauch hatte sie nicht vergessen. Sie hatte es das erste - und letzte Mal bei Dorian gefühlt - damals, vor vier Jahren. Und nun, beim Gedanken daran, dass Jonathan ihr die Wange küsste, war es wieder da.

"Ach herje....." murmelte Paulina leise und besah sich wieder ihr Gesicht. Was hatte das zu bedeuten?!
Paulina Thamaron ist offline  
Geändert von Paulina Thamaron (25.04.2014 um 06:49 Uhr).
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Alt 29.04.2014, 11:12
#9
Paulina Thamaron
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Libani 1314

Paulinas Haare waren zu einem einfachen Knoten hochgebunden. Sie trug eine einfache enge Stoffhose und eine kurzärmelige Bluse. Ihre Füße waren nackt. Kein optischer Augenschmaus - was die Kleidung betrifft - aber sinnvoll. Denn Paulina räumte ihr Haus von oben bis unten auf.

Den Boden Kehren, Fenster putzen, die Teppiche ausklopfen, die Regale, Tische usw. abwischen. Hier und dort altes Zeug wegwerfen....

Nach gut 4 Stunden war sie nun fertig und saß erschöpft auf dem Katzenkissen, dass sie natürlich zuvor enthaart hatte. Casper mauntze einmal hell, streckte und reckte sich, stieg auf Paulina's Beine, trampelte zwei-drei Mal, drehte sich einmal gemütlich schmatzend im Kreis und legte sich letztendlich nieder. Schmunzelnd streichelte Paulina durch das weiche Fell. Dieser kleine Kerl war ihr sehr ans Herz gewachsen - und auch er mochte sie! Zumindest wich er nicht von ihrer Seite, wenn sie zu Hause war.

Jonathan hatte ihr einen Brief geschrieben....

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Paulina... ich weiß nicht was ich sagen oder besser gesagt Schreiben soll... Wenn du mich jetzt sehen würdest, würdest du sehen das ich wie ein Schaukelpferd grinsen würde...

Das ich wie ein Geschenk bin... mh ja das finde ich auch schön aber ich denke eher das du wie ein Geschenk für mich bist...

Außerdem muss ich gestehen das ich momentan etwas unglücklich darüber bin das wir uns so lange nicht gesehen haben und auch darüber das du neben dieser ekeligen Schenke wohnst aber das besprechen wir am besten unter 4 Augen...

Ich freue mich schon unheimlich auf unser nächstes Treffen... und auch wenn ich jetzt vielleicht zuweit gehe...

Fühle dich geküsst, in.... *die nachfolgenden Worte wurden unkenntlich gemacht*

Dein Jonathan

----------------------------------------------

Den Brief hatte sie bereits einige Male durchgelesen. Das Papier war schon ganz zerknittert und weich vom ganzen zusammenfalten und wieder öffnen. Sie hatte ihn so oft durchgelesen, dass sie bereits jedes Wort auswendig kannte. Und auch nun, in diesem Moment auf dem Katzenkissen dachte sie wieder an den Brief.

Auf der einen Seite war sie gerührt, verlegen und erfreut zugleich. Auf der anderen Seite aber auch verwirrt, entblößt und unangenehm berührt? Es war ganz seltsam.

Die Tatsache, dass er nicht wollte, dass sie wohnte - wo sie wohnte war irgendwie seltsam. Paulina hatte nie wen gehabt, der auf sie "aufpasste". In der Schneiderschule war sie behütet, ja - aber es gab nie wen, der ihr irgendetwas ans Herz legte, was so einschneidend war. Sie lebte gern hier! Sie hatte sich das Haus von ihrem eigenst erworbenen Gold gekauft und war Stolz darauf. Ganz vielleicht konnte Jonathan das nicht verstehen? Er hatte nun schon zwei Wohnmöglichkeiten - er schien viel Gold zu haben - ob er es auch in der Jugend hatte, wusste Paulina nicht. Aber vielleicht war es ja so...? Der Gedanke, dass sie hier ausziehen solle, gefiel ihr nicht. Vor allem nicht aus dem genannten Grund. Es gab gar keinen Grund anzunehmen, dass ihr Nachbar irgendwie... seltsam war. Sie hatte noch nie Kontakt zu ihm/oder ihr gehabt. Sie wusste das es eine Schenke war... ja - aber normalerweise war sie geschlossen.

Auf der anderen Seite wirbelte die Verabschiedung des Briefes Paulina durcheinander. Kuss.... er würde sie küssen? Beim bloßen Gedanken heizten sich ihre Wangen auf und wurden rosarot. Waren sie denn wirklich schon so weit, dass sie sich küssen sollten?! Wann küsst man - aus welchem Grund? Sie wusste, dass Jonathan bereits einige Frauen geküsst hatte... geküsst und noch viel viel mehr - was sie sich gar nicht vorstellen wollte! Sie wusste es, weil Jonathan es ihr gesagt hatte. Und natürlich fand sie es gut, dass er ihr gegenüber so offen war. Aber.... - sie wollte keinesfalls eine Frau von vielen sein. Das wäre... grausam. Sollte sie ihn also zappeln lassen? Er sollte ruhig noch etwas um sie werben... und sich gedulden... oder? Eigentlich wollte sie ihn ja auch küssen... hm!

Verwirrt und rot im Gesicht erhob Paulina sich vom Katzenkissen, legte den schnurrenden Kater darauf, machte sich auf zu ihrem Schrank um sich ordentlich herzurichten. Vielleicht schrieb er so etwas ja auch einfach - und in echt würde er sich nicht trauen...? Man sagt doch... bellende Hunde beißen nicht! Paulina nickte einmal zufrieden. Man würde es sehen.
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Alt 02.05.2014, 08:07
#10
Paulina Thamaron
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Libani 1314

Gedankenverloren saß Paulina auf ihrem Bett und beschaute sich die Kette und die Ohrringe aus wunderschönem Rotgold gefertigt. Kurz strichen ihre Fingerkuppen über das kühle Metall und ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Die Monat Libani war bisher ein aufregend-seltsamer Monat. Und Paulina wusste nicht so recht wohin mit ihren Gedanken und Gefühlen.

Sie war Glaron unheimlich dankbar, dass er ihr Alessandra geschickt hatte. Eine Frau, die Paulina immer mehr mochte. Schon damals, bevor sie ihre Reise angetreten hatte, war Alessandra zweimal ihre Kundin gewesen. Aber sie war nie mehr als eine Kundin. Paulina fand sie sympatisch, ja - aber mehr war da nicht. Nun hatte es sich so entwickelt, dass die beiden Frauen sich gar trafen, lachten und sich Dinge anvertrauten, die sie keinem anderen anvertrauten. Doch, man konnte behaupten, sie waren Freundinnen geworden. Und die Tatsache, dass Alessandra Jonathan kannte, waren sie doch beide Gardisten, machte es noch einfacher über ihn zu sprechen.
Schnell hatte sich herausgestellt, dass Alessandra ganz anders gestrickt ist als Paulina. Alessandra denkt und handelt irgendwie "männlicher" was all das angeht, was Paulina solche Sorgen bereitet....

Paulina hatte Alessandra anvertraut, dass sie nicht wusste, warum Jonathan so impulsiv und schnell handelte.... sie hatte ihm einen Wandteppich geknüpft... und sie waren gerade dabei ihn aufzuhängen, da schreitet er auf sie zu und bittet sie, die Augen zu schließen. Dies hatte sie auch getan und ehe sie sich versah, hing diese wunderschöne Rotgoldkette um ihrem Hals - und die Ohrringe lagen in ihrer Hand. Natürlich hatte sie sich gefreut! Natürlich hatte sie sich bedankt und natürlich klopfte ihr Herz bis zum Halse! Doch als er sich auf das Bett setzte und sie am Handgelenk auch mit darauf zog... da pochte ihr Herz eher unangenehm berührt. Es war wie eine Alarmglocke, die in ihrem Kopf läutete. Sie klingelte, rasselte und bommelte.... und so hatte sich Paulina immer mehr versteift. Als er dann meinte, dass er etwas lebensmüdes tun würde, flogen ihre Gedanken Kreise. Wieso sollte er etwas lebensmüdes tun?! Sie wollte nicht, dass er etwas tat, was ihm schadete...?!?! Erst als er sich zu ihr runterbeugte und die Augen schloss verstand sie... er wollte sie küssen?! Rasch senkte sie ihren Kopf und seine Lippen trafen lediglich ihre Nasenspitze. Eine verzwickte, unangenehme und seltsame Situation. Alle beide wussten nicht damit umzugehen... also verabschiedeten sie sich.

Nachdem sie eine Nacht darüber geschlafen hatte, hatte sie ihm einen Brief geschrieben. Und er hatte geantwortet. Die Idee, dass sie sich Rat bei "Frau Hauptmann" holen wollte, fand er wohl nicht ganz so gut - sie solle es selbst entscheiden. Und nun, im Nachhinein wusste sie auch, warum er es nicht so gut fand. Zumindest vermutete sie, den Grund zu kennen.... sie war einfach nicht mit Paulina zu vergleichen! Alessandra hätte ihn ganz sicher geküsst... und so weiter... und so fort...!

Und obwohl Alessandra anders war, hatte sie Paulina zugehört und sie scheinbar verstanden. Sie hatte sie nie belächelt oder ihre Ängste, dass Jonathan sie vielleicht mit dem Schmuck "kaufen wollte", nicht ernst genommen. Das Seltsame war... sie hatte sich auch nie wirklich für Jonathan eingesetzt. Sie hatte immer wieder betont, dass Männer einfach anders sind! Dass sie es brauchen und dass es wenig Männer gibt, die um eine Frau kämpfen - und warten. Dass viele sich dann nebenbei eine andere nehmen... und so weiter. Alles Dinge, die Paulina eigentlich nur noch mehr ängstigten. Würde Jonathan sie also verlassen und hintergehen, wenn sie sich ihm nicht hingab?!

Paulina hatte sich für das nächste Treffen fest vorgenommen mit Jonathan offen und ehrlich darüber zu sprechen. Sie wollte wissen was er erwartete, was er wollte - ob er warten könnte...?! Leider war es aber noch zu keinem Treffen gekommen.

In dieser Nacht träumte Paulina von irgendwelchen Untoten, die sie in einem riesigen Haus verfolgten....


Am nächsten Morgen wachte Paulina müde auf... sie hatte keine Lust aufzustehen... aber die Sonne stand schon hoch am Himmel - es wurde Zeit! Gähnend und streckend setzte sie sich auf und sah blinzelnd zu ihrem Kater der sie mit großen Augen ansah. Er maunzte zweimal hell, leckte sich über die weiche Nase und legte den Kopf ein klein wenig schief. "Casper... was ist...?" Paulina runzelte ein wenig die Stirn. Hatte sie eine Ohrenkrankheit?! Warum war ihre Stimme so hell...? Die Kater wich zwei Schritte zurück, als Paulina die Decke zurückschlug, ihre Füße auf dem Boden abstellte und sich aufstellte.... überall Nachthemd?! Verwirrt sah sie an sich hinab. Der Rock des Nachthemdes lag teilweise auf dem Boden - er war viel zu lang! Was?! Träumte sie noch?! Ihr Herz begann schnell zu schlagen und etwas Schweiß legte sich auf ihre Stirn. Eilig raffte sie das Nachthemd etwas und eilte zum Spiegel. "OH GLARON?!" entfleuchte ihr fast keuchend. Da war sie! Eindeutig sie! Aber das war sie mit etwa 12 Jahren?!?! Sommersprossen tanzten auf ihrer Nase - ihre Augen wirkten rund und groß, ihre Haare waren noch lockiger als sie es gestern eh schon gewesen waren... Geschockt starrte sie sich eine ganze Weile im Spiegel an - kniff sich mal hier und mal da... und leider tat es weh! Sie träumte nicht?!?

Eilig hastete sie die Treppen hinab und griff nach Papier und Stift... sie brauchte Hilfe! Schnell!
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Alt 02.05.2014, 09:42
#11
Paulina Thamaron
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Paulina im Körper einer etwa 12-jährigen



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Alt 26.05.2014, 07:07
#12
Paulina Thamaron
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Estif 1314

Die brütende Hitze machte ihr dieses Jahr weitaus mehr zu schaffen als die Jahre zuvor. Vielleicht lag es an dieser Stadt? Auf ihrer Reise in den Süden kam ihr die Hitze, die dort natürlich herrschte, irgendwie angenehmer vor…

Paulina, noch immer im Körper einer 12-jährigen gefangen, saß auf der Fensterbank ihrer Schlafstube – ihres neuen Hauses. Das Fenster stand sperrangelweit offen. Sie hatte lediglich ein Trägerkleidchen an – wie es Kinder nunmal tragen. Als erwachsene Frau würde sie so ein Kleid wohl nicht tragen… aber hergott – da sie eh keine Brust hatte, gab es auch nichts zu verstecken, nicht wahr?!

Kurz lies Paulina den Blick durch das Zimmer wandern. Ihr Bett, der Schrank, die Regale, ihr Schreibtisch… bald würde ein Webstuhl und ein Spinnrad folgen. Dann die Tür… die Tür zu ihrem großen Raum, in dem der große Tisch stand und sogar ein Kamin verbaut war…. Und draußen hatte sie sogar ein wenig Land… kaum zu fassen, dass dieses schöne Haus nun das Ihre war. Und das alles nur, weil Jonathan sie unterstützte. Was heißt unterstützen… er hatte mehr als die Hälfte finanziert.

Eigentlich, und in der Vergangenheit war es wirklich so, hatte sie sich nie Gold geben lassen. Sie war es nichteinmal gewohnt gewesen, dass ihr ihre Eltern etwas kauften – denn sie hatte ja gar keine. Sie hatte sich in ihrem Leben so gut wie alles selbst erarbeiten müssen… und das war ganz sicher auch gut so gewesen! Warum sie von Jonathan das Gold genommen hatte?... Weil sie ihn liebte. Und weil sie insgeheim davon ausging, dass ihm das Haus irgendwann mitgehören würde. Dann, wenn sie heiraten würden….?!

Paulina schüttelte schmunzelnd den Kopf. Es war irgendwie sehr seltsam an sowas zu denken – denn sie war ja im Körper eines Kindes… und ihr Jonathan war groß und männlich wie je und eh. Und doch, wenn sie sich sahen, zeigte Jonathan ihr seine Zuneigung. Er umarmte sie, hielt ihre Hand und sprach von Urlaub, wenn sie erst einmal wieder groß sein würde. Und das würde hoffentlich bald sein.

Einen Lichtblick gab es ja. Es gab einen Aushang, dass dieser Magier… diesen „Zauber“ aufheben kann – man soll sich nur melden. Natürlich hatte sie sich gemeldet! Je früher all das wieder normal sein würde, umso besser. Aber leider hatte sich noch keiner bei ihr gemeldet. Geduld ist doch eine Tugend, hm?... Und doch ist das Warten lästig!
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Alt 15.09.2014, 08:55
#13
Paulina Thamaron
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28 Tycua (Fruehling) 1315

Schnell hob Paulina ihre fein geschwungenen Augenbrauen an als sie bemerkte, dass sich Sorgenfalten über ihre Stirn furchten. Sie saß nun schon einige Momente vor ihrem Spiegel und hatte eigentlich vor gehabt, das lockige Haar mit einer Bürste und mehreren Haarklammern zu bändigen... aber sie ist hängen geblieben. Sie starrte sich selbst an - eine Frau zweifellos. Und nun eine Verlobte....

Kurz wanderte ihr Blick zum Ring an ihrem linken Ringfinger. Eigentlich war das doch ein Moment, in dem sie sich zu freuen hatte?! Und ja, natürlich freute sie sich auch! Aber die Sorgen übertrumpften die Freude....

Jonathan war vor etwa 2 Stunden gegangen. Sie hatten die Nacht bei ihr im Bett verbracht - sie hatten Brot gegessen, Apfelsaft getrunken und viel geredet - bis sie irgendwann einfach eingeschlafen sind.

Es war so unheimlich unromantisch gewesen!... der Antrag. Sie hatte Alessandra doch extra vor einigen Monaten angewiesen, Jonathan auf die Sprünge zu helfen. Denn Paulina kannte ihren Jonathan... sie hatte mit so einem Antrag gerechnet... aber verhindern hatte sie es scheinbar nicht gekonnt.

Zuerst überfiel er sie mit der Information, dass er mit einigen Anderen auf die Eisinsel ziehen wollte - um dort eine neue Gemeinschaft aufzubauen. Er wollte dort ohne die Garde leben - ohne die Zwänge...
Diese Information alleine hatte Paulina schon den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber das dann... ein Antrag folgen würde - mit der Begründung, dass sie lieber noch heiraten sollten, solange er noch Gardist ist....

Schmunzelnd schüttelte Paulina ihren Kopf als sie an das Klopfen denken musste, das darauf folgte - also hatte sie "leider" nicht gleich antworten können... Alessandra stand dort - in voller Montur und wirkte irgendwie streng.

Ach herje - es hatte sich alles entwickelt. Ein Wort folgte dem Anderen - vor allem folgten ein paar Schlucke Wein... sie hatte Jonathan ihr Ja-Wort gegeben, sie hatte zugestimmt, dass sie mit auf diese Eisinsel ziehen würde und sie hatte Jonathan erlaubt sie zu küssen - mit ihr in einem Bett zu schlafen.

Paulina war kein Kind mehr! Eine Frau im besten Alter würden wohl viele behaupten. Und doch war sie so unheimlich blauäugig - und irgendwie auch verängstigt. Jonathan und Alessandra waren doch die einzigen wirklich wichtigen Menschen in ihrem Leben. Wenn diese beiden auf eine Eisinsel ziehen, würde sie natürlich folgen... auch - wenn ihr der Gedanke eigentlich ganz und gar nicht gefiel. Aber die Tatsache, dass wohl auch Yasuo dort sein würde, gefiel Paulina. Denn neben Alessandra und Jonathan war Yasuo irgendwie... besonders. Ganz einzigartig. Und wenn diese drei Menschen sich dort wohl fühlen würden... würde sie es sicherlich auch - irgendwann?!

Seufzend begann Paulina sich das Haar zu kämmen. Was auch immer sich ergeben würde, sie würde es annehmen. Es fühlte sich so an, als gäbe es einen Plan und sie müsse nun einfach tun - einfach weitergehen um diesen Plan zu erfüllen. Als Schneiderin... beste Freundin.... Ehefrau - auf einer Eisinsel...
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Alt 05.10.2014, 11:14
#14
Paulina Thamaron
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20. Ador (Sommer) 1315

Gedankenverloren saß Paulina im Gras vor dem Lagerfeuer ihrer kleinen Zeltsiedlung auf Valarian. Ihre Stirn zierten ein paar Denkfalten und im gesamten wirkte ihre Haltung eher angespannt. Seufzend warf sie einen strohigen Grashalm in die Flammen und sah zu, wie er verendete....

Ihr Kopf brummte schmerzlich, als das Schnarchen wieder erbebte... einer der Gründe, warum sie keinen Schlaf fand. Einer der anderen Hauptgründe war ihre Bequemlichkeit... wenn sie länger als drei Stunden auf dieser Pritsche lag, tat ihr die Hüfte weh und wenn die Hüfte nicht schmerzte, waren es ihre Schultern. Sie sehnte sich nach ihrem Bett!

Aber es war hier garantiert besser als auf dieser Eisinsel... wie glücklich war sie gewesen, als es dann doch hieß, dass sie auf Valarian siedeln würden... nicht auf dieser kalten, eisigen, weißen Eisinsel. Paulina war sich heute darüber im Klaren, dass dies die Beziehung zu Jonathan zerstört hätte - so wie es nun war war es schon schwer genug. Aber anvertrauen würde sie sich niemanden... nicht einmal Alessandra wusste ganz genau was in ihr vorging - Alessandra wusste mehr als jeder andere Mensch... aber eben nicht alles.

Alessandra wusste von Yasuo - von Paulinas Schwärmerei, sie wusste von Paulinas Wunsch sich verteidigen zu können - sie wusste von Paulinas echtem... gelösten Wesen hinter der Paulina, die sie eben war... die das Leben gezeichnet hatte. Und je mehr Zeit Paulina hier auf Valarian verbrachte umso stärker wurde sie...

Sie hatte ihre Schneiderstube bereits ausgeräumt - und somit ruhte das Geschäft vorerst. Einer der Gründe, warum sie die Zeit fand über Dinge nachzudenken, die sie vorher mit Arbeit zudeckte. Und das Thema Jonathan wuchs und wuchs. Ihr gefiel es im Grunde nicht, wie er sich benahm... er war so kopflos und nun als Anführer noch mehr als vorher... fand sie. Er sprach frei heraus was er dachte - auch wenn das, was er sagte... unüberlegt war. Er war impulsiv - und wirkte oftmals wie ein Haudagegen. Und von Alessandra wusste Paulina, dass Jonathan eigentlich immer so war und sich Paulina wegen verstellte. Alessandra betonte, dass es Jonathan gut tat - und das es gut für ihn war. Aber war es gut für Paulina einen Mann zu haben, der sich ihr gegenüber verstellen wollte... musste?

Die Gedanken plagten sie... ob all das wirklich ihr Weg war. Wiederum war sie nun 26 Jahre alt... sie war kein junges Huhn mehr und wenn sie tatsächlich ein Teil der Gemeinschaft werden wollte... musste sie irgendwann eine "Frau" werden und das "Fräullein" sein lassen?!

Seufzend erhob Paulina sich und wanderte zum Steg um die Fähre nach Britain zu besteigen... sie wollte ein wenig Zeit unter Fremden verbringen - und sich ablenken.
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Alt 16.10.2014, 11:41
#15
Paulina Thamaron
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7. Estif (Sommer) 1315

„Stark zu sein bedeutet nicht nie zu fallen,
sondern immer wieder aufzustehen.“




Die Tränen strichen über ihre Wangen, an den Wangen klebte hier und da eine gelockte Haarsträhne, am Kinn tropfen die Tränen hinab – in ihren Rock, dessen Stoff bereits einen dunklen Tränenfleck schmückte. Immer wieder zog Paulina die Nase hoch – wie ein junges Mädchen, das sich die Knie blutig gespielt hatte und darauf wartete, dass ihr Vater sie tröstend in den Arm nahm. Doch egal wie lange Paulina auch weinte, schluchzte und wimmerte… sie war allein. Es kam keiner – denn es gab keinen mehr…

Mit zittriger Hand wühlte Paulina in ihrer Rocktasche herum und zog ein besticktes Stofftaschentuch hervor. Fahrig wischte sie sich die Wangen trocken und schnaubte die Nase aus. In ihren Wimpern haftete hier und da noch eine Träne, während sie sich im Raum umsah… es war ein großer Raum – sie selbst saß auf einem Holzpodest und vor ihr in der Ecke war ein Wasserbecken zum Baden eingelassen. Ein wunderbares Haus… ideal um Arbeiten und Wohnen zu verbinden… aber nicht das Haus, was sie eigentlich gehofft hatte. Denn es war alles so verdammt anders, als geplant!

Die Situation auf Valarian hatte sich zugespitzt. Jonathan und sie hatten eigentlich nur noch angespannte Momente zusammen. Lag es am Stress? Lag es an der Tatsache, dass sie nun verlobt waren? Lag es an der Enge… sie lebten in diesen Zelten und hatten wenig Gelegenheit sich aus den Weg zu gehen… was auch immer es war, es war präsent und es war terrorisierend.

So kam es, dass Jonathan und Paulina sich abermals stritten… oder war es gar kein wirklicher Streit?! Es war wie immer so unendlich seltsam gewesen. Er war ihr gegenüber enttäuscht – weil sie erst in sein Haus ziehen wollte, wenn sie verheiratet waren… und das würde nun mal noch ein wenig dauern des Verlobungsjahres wegen! Er war fast erbost – er stapfte davon und war gekränkt. Und Paulina? Sie war ebenso gekränkt. Was hatte er gedacht…? Wie gut kannte er sie?! Warum ging er davon aus, dass sie das tun würde? Warum sprachen sie nicht darüber – und sorgten so für Klarheit?

Alessandra war Jonathan gefolgt – und sie kamen nicht wieder. Und sich die Blöße geben und allein im Dunkeln am Feuer zu sitzen während Alessandra und Jonathan irgendwas besprachen… wollte sie gewiss nicht. Die Wut und Enttäuschung mehrte sich mit jedem Schritt. Bei der Fährüberfahrt nach Britain wagte es keiner der Schiffsbesatzung sie anzusprechen. Wütend und enttäuscht machte sie sich auf den Weg in ein Gastzimmer – sie wollte keinesfalls noch eine Nacht in diesem Zeltlager schlafen!

Schlaf fand sie in der Nacht natürlich nicht – aber Gewissheit. Die Beziehung Jonathan gegenüber war nur noch, und das schon monatelang, kompliziert und unliebevoll. Sie war da, ja. Aber sie war nicht mehr wirklich aktiv. Die Tatsache, dass Jonathan sich in der Vergangenheit dies und jenes geleistet hatte, machte es Paulina nicht einfacher, über seine impulsive Art hinweg zu schauen. Und doch liebte sie diesen Mann! Er war… ganz besonders! Aber der Gram und die Unzufriedenheit, die Angst, die Enttäuschung und Trauer wuchsen und dann kam nun auch noch die Ungewissheit der Zukunft gegenüber hinzu. Es war erdrückend – und sie musste sich befreien.

Lange hatte sie zu Glaron gebetet. Sie war in der Kirche gewesen und hatte sich ihm anvertraut… ganz so, als wäre er ihr tröstender Vater. Leider bekam sie keine tröstenden Worte zugesprochen – er konnte sie nicht tröstend in den Arm nehmen und doch fühlte sie sich bestärkt darin, die Beziehung zu lösen… Zu jenem Zeitpunkt noch mit dem Gedanken trotzdem auf Valarian zu bleiben… wie töricht und dumm….

Als sie Jonathan den Ring zurück gab und ihm erzählte wie sie fühlte, was sie vor hatte – hat er wie eh und je reagiert… er tat so, als wäre er gefasst…. Aber er war es nicht. Er warf den Ring zu Boden, fragte sie, ob sie weiterhin Bürgerin bleiben wolle – und ging… und sie stand da… ahnungslos, was sie nun tun sollte. Also ging sie… zurück nach Britain… und streifte die ganze Nacht hindurch durch die Stadt nach der Suche nach einem Haus… in dem sie, so Glaron es erlaubte, neu anfangen würde.

Am Tage traf sie ihn – einen Bekannten… sie hatte ihn einmal im Tala getroffen und sich nett unterhalten. Er war irgendwie… einfach in der Handhabung. Sie hatte nicht das Gefühl, sich ihm gegenüber verstellen zu müssen. Fast so, als wäre er eine Art… verlorener Freund? Doch dachte sie bei dem Treffen nicht darüber nach, warum sie sich ihm offenbarte, sich bei ihm aussprach und sich von ihm zureden ließ… doch es tat gut sich bei ihm ausszusprechen – auch, wenn es eigentlich nicht ihre Art war, sich wem so zu offenbaren… es musste raus. Und auch er hatte sie darin bestärkt, ihren Weg zu gehen… stark zu bleiben….

Einen Tag später erhielt sie einen Brief von Jonathan…:

Zum Gruß Paulina,
ich wollte in Erfahrung bringen, ob du zukünftig weiterhin Bürgerin Valarians bist.
Ich denke als Jarl sollte ich das wissen, weiters habe ich auch privates Interesse daran... Da du nun nicht mehr meine Freundin bzw. Lebensgefährte bist sollten wir über das geliehene Gold sprechen.

Hochachtungsvoll

Jonathan Herchal, Jarl von Valarian


Sie hatte diesen Brief immer und immer wieder durchgelesen und fand es bei jedem Mal schmerzhafter ihn zu lesen… Er war so kalt, gefühllos und… seltsam. Es war fast angsteinflößend… kurz dachte sie daran, sich an Yasuo zu wenden. Zwar hatte sie sich gesagt, ihn nicht mehr von sich aus aufzusuchen aber… hatte er nicht gesagt, er würde sie beschützen? Das Gold von dem er sprach war das Gold, das er ihr für die alte Schneiderei gegeben hatte. Er hatte es ihr geschenkt, damit sie sich das Haus damals leisten konnte – damit sie alsbald als Frau in sein großes Haus ziehen würde… so waren die damaligen Pläne.

Und nun – wollte er das geschenkte Gold wieder haben… um sie zu kränken, um ihr zu schaden?! Sie wurde einfach nicht schlau daraus…
Alessandra meldete sich mit einem Brief bei ihr… Sie schrieb, dass Jonathan ihr alles erzählt hätte. Das sie für Paulina da sein würde…. Also trafen sie sich am Strand um zu reden.

Paulina vertraute sich ihrer einzigen Freundin an – sie weinte und offenbarte sich ihr. Sie vertraute Alessandra auch an, dass sie ab und zu Angst vor Jonathan hatte… immer dann, wenn er so impulsiv war. Und Alessandra stimmte ihr zu… nahm sie in den Arm und war für sie da… und doch lag da etwas zwischen ihnen… das merkte Paulina! Also entschuldigte sie sich bei Alessandra für die Tatsache, dass sie zwischen Jonathan und Paulina stand… das war gewiss nicht das, was Paulina wollte.

Der Moment, nachdem Alessandra ihr offenbart hatte, dass sie in der Nacht zuvor mit Jonathan geschlafen hatte, war…. ewig… tief… kalt… nass… schmerzend…. Paulina musste sich selbst daran erinnern zu atmen… und irgendwie zu reagieren. Alessandra hatte mit Jonathan….?! Ihr Gesicht war bleich und sie rangte um Fassung. Und doch ähnelte es einer Flucht wie sie vom Strand eilte…. Sie eilte in das große… leere Haus…. In dem sie vielleicht eine Art Neuanfang finden würde - ?
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Geändert von Paulina Thamaron (18.10.2014 um 11:10 Uhr).
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Alt 18.10.2014, 11:38
#16
Paulina Thamaron
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2. Glarim (Sommer) 1315


Paulina stand nun schon einigen Momente regungslos vor ihrem Spiegel. Sie betrachtete sich im lauwarmen Licht des Sonnenaufganges – doch lag kein Lächeln auf ihrem Gesicht. Ihre Lippen lagen ruhig aufeinander, ihr Kinn war ein wenig gehoben – ganz so, als wolle sie sich selbst gewissen Stolz beweisen. Die lockigen Stähnen, die sie immer besonders störten, hatte sie zu lockeren Zöpfen geflochten. Ihre rechte Hand drehte langsam am Ohrring ihres rechten Ohres, in ihrer linken Hand hielt sie ihn… den Dolch, den er ihr geschenkt hatte. Immer wieder wanderte ihr Blick zum Dolch hinab, den sie fast präsentierend an ihrer Seite hielt. Und nun, wo sie den Dolch näher betrachtete, hoben sich ihre Mundwinkel zu einem feinen Lächeln an.

Der simple Spruch, dass sich anderswo eine Tür öffnet, wenn sich die eine verschließt – war wahr… das hatte ihr das Leben mehr als einmal bewiesen. Und doch war es immer wieder sehr anstrengend diese Türschwelle zu durchschreiten – um den neuen Weg zu gehen. Als sie frisch aus der Schneiderschule, als junges erzogenes Fräullein die Stadt Britain erreichte war sie noch lange nicht die gereifte Frau, die sie nun war. Nicht nur ihr Körper war fraulicher geworden – auch ihr Geist. Ob ihr das gefiel war eine ganz andere Sache… Sie hätte sich gern die ein oder andere Erfahrung gespart. Zumindest jene, was das Thema „Mann“ anging. Sie hatte sich immerzu große Mühe gegeben nach Glarons Regeln zu leben – und es hatte bisher auch funktioniert… hatte es das wirklich?

Seufzend wanderte Paulinas Blick vom Dolch weg, die Schnürung ihres Mieders hinauf bis zu ihrem Kinn das ein wenig spitzer aussah, als sie es in Erinnerung hatte… hatte sie abgenommen? Eine Braue hob sich als sie sich ein wenig vorbeugte um sich genauer zu betrachten – und ja, ihr Schlüsselbein war deutlicher zu sehen, als vor gut einem Monat. Langsam und etwas unbedacht strich sie mit dem Dolch über den rechten Knochen des Schlüsselbeines und zuckte erschrocken zurück, als eine feine rote Spur die Laufbahn nachzeichnete. „Mist…!“ fluchte sie leise und sah sich über die Schulter um – doch war in diesem riesigen Schlafraum nirgends ein Tuch… nur ihr Bett… warum tat es nicht weh..? Sie legte ihren Blick wieder auf ihr Spiegelbild und betrachtete den dunkelroten feinen Strich über ihrem Schlüsselbein – doch lief kein Blut. Fast so, als hätte sie sich einfach angemalt…

Ihre Gedanken schwiffen ab – sie durchforsteten die Gasthäuser der Stadt. Es gab mindestens drei… und an allen war sie bereits vorbeispaziert. Natürlich sah es so aus, als würde Paulina ganz zufällig dort entlanggehen… doch war sie eigentlich auf der Suche nach Valerius… ohne ihn aktiv zu suchen. Sie sah von draußen lediglich die Fassaden entlang um die Fenster zu betrachten. Vielleicht würde er ja genau in jenem Moment hinaussehen? Wäre das nicht eigentlich ein Zeichen?
In Paulina zerrten so viele Gefühle, dass sie nicht in der Lage war zu wissen – was sie fühlte. Auf der einen Seite war da der Hass Jonathan und Alessandra… auf der anderen Seite war da die Liebe für ihr Handwerk, in dem sie nun wieder vollkommen aufgehen konnte und die Sehnsucht nach einem weiteren Treffen mit ihm…

Es war gar nicht so lange her, da hatte Paulina sich über sich selbst gewundert… sie hatte Alessandra in ihr Haus gelassen – und sie hatte sich kurz angehört, was sie zu sagen hatte… das, was Alessandra sprach, ließ Paulina aber erhitzen. Es war eine Hitze, die von ihrem Herzen ausströmte und ihre Hände zu Fäusten ballen ließ – doch versteckte sie es, indem sie die Arme unter ihrem Busen verschränkte. Alessandra konnte und wollte nicht verstehen, warum Paulina enttäuscht darüber war, dass sie mit dem Mann geschlafen hatte, der einige Tage zuvor noch ihr Verlobter gewesen war. Ganz im Gegenteil… sie schien Paulina dafür zu verurteilen sich so „anzustellen“ – sie habe immerhin noch wen, der genauso darüber denkt wie sie selbst… es seie scheinbar normal?! Die Wut in Paulina wanderte von ihren Fäusten in ihren Hals und auch in ihre Wangen… so kam es, dass Paulina ihre einst beste Freundin mit Worten strafte… vielleicht etwas unüberlegt – war es doch gar nicht Paulinas Art! Doch die Wut musste raus – Alessandra musste merken, was sie da getan hatte?! Es viel das Wort Hure, es viel der Wunsch von Paulina, dass Alessandra noch ein Kind alleine aufziehen müsste… von einem Mann, der sie für diese eine Nacht wollte…. Und Paulina schmiss Alessandra gar aus dem Haus. Nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatte atmete sie rasch – fast so, als wäre sie gerannt. Paulina war immer beherrscht und sie war immer erzogen – sie wusste was sich gehört, und was nicht. Sie wusste, dass sie anders hätte handeln können… doch hatte es gut getan… es war fast ein wenig befreiend. Sie würde ihren Weg allein gehen – es würden weitere Freunde kommen, da war sie sich sicher! …

Und er war auf dem besten Weg ihr Freund zu werden….ein Freund? War das das richtige Wort? Sie wusste, dass das Gefühl immer mehr wuchs, sich ihm zu offenbaren. Er war unheimlich gescheit, erzogen, voller Stärke und Kraft – und ab und zu hatte sie das Gefühl, er würde ihr mit Gesten und Mienen mehr schenken, als er es gewohnt war. Ein Lächeln seinerseits war ihr viel Wert – anders herum war es verblüffend anders. War er bei ihr, senkten sich ihre Mundwinkel fast nie…. Sie konnte das Lächeln einfach nicht unterdrücken… egal wann, es lag immer ein schmückendes Lächeln auf ihren Lippen. Ob sie seine Maße nahm, sie Kuchen aßen, sie im großen dunklen Nachbarhaus standen und sprachen… das Lächeln war stetig da – und das verwunderte Paulina nun, wo sie darüber nachdachte…

Eines war ihr klar – sie _wollte_ sich keinesfalls ein weiteres Mal verlieben. Sie war nun 26 Jahre alt – kein Jungspund mehr. Sie wusste was sie wollte… sie wollte ihre Schneiderkunst vertiefen – vielleicht einst einen Meisterbrief erhalten. Sie wollte Ihr Haus einräumen – sie wollte vielleicht ein paar Bekannte kennen lernen, damit sie nie mehr so fixiert auf ein-zwei Menschen war, wie sie es bei Jonathan und Alessandra gewesen war. Sie wollte gern als diejenige gelten, bei denen man sich anvertrauen konnte…. Doch sie wollte keinesfalls wieder in einer Liebschaft versunken sein… denn das war scheinbar nicht das, was Glaron vorgesehen hatte…. Dorian – ein großer blonder schöner Mann mit grasgrünen Augen in die sie sich damals hoffnungslos verloren hatte – im Nachhinein hatte sie erfahren, dass er mehrere Frauen liebte… das er eigentlich nicht der war, der er vorgegeben hatte zu sein…und dann Jonathan… ein großer, schwertschwingender Mann der impulsiv war – und recht einfach gestrickt…

Paulina hatte sich niemals einem Mann hingegeben – und sie dankte Glaron sehr für diese „Regel“ sich nur dem Ehemann hinzugeben. Sonst hätte sie nun womöglich Kinder? Fast ein wenig angeekelt krauste sie ihre feine Nase. Sie wäre eine fette kleine Frau mit einem Riesenbusen und zwei Kindern an der Hand die sie daran hindern würden ihrem Handwerk nachzugehen – denn Paulina müsste sich ja sicherlich um sie kümmern – auf Männer war da kein Verlass.

Rasch schüttelte Paulina ihren Kopf und sah noch einmal auf die Blutsspuhr, die der Dolch hinterlassen hatte. Das Blut war getrocknet… Sie wollte nicht länger nachdenken und begab sich in ihre Schneiderstube um mit dem Zeichnen zu beginnen. Sie entwarf die Kleidung immer zuerst auf dem Papier… bevor sie edlen Stoff anschnitt und sich womöglich nicht im Klaren darüber war, welche Farb- und Schnittkombination sie nutzen wollte…. Und ungewollt war er wieder da… der Gedanke an Valerius… an die Umarmung, die sie sich geschenkt hatten – seinen riesigen … schönen Körper…

Mit erröteten Wangen klappte sie ihr Notizbuch wieder zu in welchem seine Maße standen und wischte sich über das Gesicht. „Herje… was machst du mit mir…m?“ wisperte sie leise in den leeren Raum – und erhielt natürlich keine Antwort…
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Alt 21.10.2014, 11:10
#17
Paulina Thamaron
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12. Glarim (Sommer) 1315

Er würde sie noch lieben, er würde sich wünschen, dass sie wieder zusammen kommen – er fühlte sich verletzt – wie weggeschmissen… In Paulinas Geiste hallten immer wieder die Worte Jonathans wieder, den sie gestern besucht hatte…. Sie hatte es einfach nicht dulden können… seinen Brief voller kalter Worte. Er hatte mit „Jarl“ unterschrieben… scheinbar schmückte er sich gern mit seinem neuen Titel?! Sie hatte schon damals in der königlichen Schneiderstube eine Art Würgereiz gefühlt, wenn irgendein betitelter Schnösel mit seinem Titel herumwarf, als wäre es eine schmückende Kette… aber bei Jonathan war es anders…

Er hatte ihr mit einem Richter gedroht – wegen des Goldes, dass er ihr angeblich geliehen hatte. „Geschenkt hatte er es mir…“ murmelte sie vor sich her und kämmte ihr langes Haar ein wenig fester. Sie konnte verstehen, dass da ein gewisser Hass ihr gegenüber herrschte… immerhin war sie es, die ihn verlassen hatte – nicht anders herum. Und man konnte in jedem Buch nachlesen, dass so etwas die Ehre eines Mannes mehr besudelt als vieles Andere.

Paulina hatte sich beim Treffen von Aug zu Aug sehr große Mühe gegeben diesem großen starken Mann zu vermitteln, dass er ihr noch immer wichtig war… das sie nicht wollte, dass er so wurde, wie er sich gab… das sie keinesfalls Streit wollte oder Hass. An seinem Blick konnte sie erkennen, dass es ihm eigentlich genauso ging… doch war da noch mehr… viel mehr. Es lag Liebe und Sehnsucht in seinem Blick, Verlangen und Vertrautheit… Paulina zerriss es das Herz… Aber sie liebte ihn nicht mehr – sie liebte niemanden… sie war sich nicht mal mehr sicher, ob sie sich selbst liebte – und noch unsicherer stand sie der Zukunft gegenüber… wollte sie noch einmal lieben?! Wollte sie sich noch einmal auf dieses Auf und Ab einlassen – auf diese… Prüfung der Selbstkontrolle?... Nein, eigentlich nicht…

Und doch hatte sie Jonathan angeboten, dass sie neu anfangen sollten. Sie sollten sich neu kennen lernen und das Alte … hinter sich lassen. Er hatte zugestimmt – mit einem gewissen Glanz in den Augen. Und im selben Moment war Paulina klar geworden, dass sie ihm damit ungewollt Hoffnungen gemacht hatte…. Wie sollte sie ihm nur jemals klar machen, dass sie nicht mehr liebte?!.... Ohne, dass er ausrastete und so seltsam wurde?!

Ein Wiehern riss Paulina aus den Gedanken – und sogleich legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Dulcia, ihre Stute wartete draußen vor dem Haus auf einen Apfel… so kurz Paulina diese Stute auch besaß… sie hatte schon heraus gefunden, dass sie gern Äpfel fraß. Also trat Paulina heraus, mit einem Apfel bewaffnet um der Stute etwas Gutes zu tun. Das Schmatzen war fast anstößig – ab und zu spitzte etwas Apfelsaft aus dem Maul der Stute. „Wie soll ich dich denn jemals reiten… und dir gerecht werden, hm?“ Wisperte Paulina lächelnd und streichelte den kräftigen Hals entlang. Ihr wurde das Reiten beigebracht… aber sie war nie wirklich gut darin gewesen. Und Freude fand sie nie an diesem extrem harten auf und ab – am Geschnaufe, an der Hitze und dem unberechenbaren Bewegungen. Die Tatsache, dass sie im Damensattel saß, hatte es natürlich nicht einfacher gemacht. Hier in Britain gab es einen solchen Sattel nicht einmal… jedenfalls hatte sie noch nie eine Dame darin reiten sehen… Hier war es so, dass Frauen in engen Lederhosen auf einem Pferd saßen und ritten – wie Männer. Kurz sah Paulina an sich hinab – Lederhose, Lederstiefel… sie würde es schon lernen, da war sie sich sicher…
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Alt 22.10.2014, 09:35
#18
Paulina Thamaron
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15. Glarim (Sommer) 1315

„Dafür… hm… Ehrlichkeit….“ Paulina schrieb das Wort in ihrer fein geschwungenen Schrift nieder. „Dagegen…. Undurchsichtig…“ Kurz spannte sich Paulians Stirn, als sie dieses Wort auf die „Dagegen-Seite“ nieder schrieb….. Sie hatte nun die ganze Nacht über in ihrem Sessel gesessen und gegrübelt. Einige Stunden hatte sie geschwärmt, einige Stunden hatte sie es als belanglos abgetan – und nun diese Liste. Sie musste sich im Klaren darüber werden, was sie wollte… Doch eines war ihr klar, sie wollte ihn kennen lernen. Nach dem gestrigen Treffen hatte sie mehr denn je das Gefühl, dass sie nur die Spitze des Eisberges gesehen hatte – der ganze große mächtige Eisklotz befand sich noch im kalten Eiswasser…

Langsam senkte sie den Blick und sah auf ihre Notizen:

Dafür
- sorgt dafür, dass es mir gut geht
- hat einen.. zum dahin schmelzenden Blick
- ist ehrenhaft
- wirkt anständig
- weiß was er möchte und wirkt so, als würde er standhaft sein
- ist kein Heuchler
- macht mir seither Komplimente
- schwirrt immerzu in meinem Kopf (kann auch als nevativ betrachtet werden…)
- bei ihm fühle ich mich sicher
- ist sehr… gutaussehend
- seine ausstrahlende Dominanz ist beeindruckend
- sorgt mit Worten dafür, dass ich angenehm erröte
- lässt mich ab und zu vergessen
- lässt mir Zeit
- ist mein Freund…
- Ehrlichkeit!

Dagegen
- ist auch nur ein Mann…
- wird mich verletzten
- möchte mich beschmutzen….
- sagt, er spürt keinen Schmerz; liegt dies an seinem grausamen Schicksal?!
- ist da noch mehr vergraben?!
- wo ist der liebenswerte Valerius…?
- Undurchsichtig


„Sieben..“ flüsterte Paulina leise, als sie die „Dagegen-Punkte“ einmal durchzählte… „Und dafür…mmm…. 16!?“ Ihre Stirn spannte und sie besah sich noch einmal beide Seiten. Das Dafür war also so viel länger als die Dagegen-Seite…? Warum fühlte es sich dann nicht so an?!

Seufzend schlug Paulina das Notizbuch zu und sah zum Fenster. Die Sonne war schon wieder dabei aufzugehen… sie hatte die ganze Nacht mit Grübeln verbracht…

Erst hatte sie Dorian wieder getroffen – er wirkte verändert… und schnell war klar, dass er von diesem Verjüngungswasser getrunken hatte. Er war so fröhlich und offen… er war so unvoreingenommen. Im Gegensatz zu ihr… sie hatte die Gefühle nicht vergessen, die sie ihm gegenüber hatte – aber vor allem hatte sie Alessandras Worte nicht vergessen… Dorian hatte sie und diese Victoria gleichzeitig. Er hatte zwei „Freundinnen“ und teilte sich mit beiden das Bett – und Alessanda hatte es eine ganze Zeit lang mitgemacht….

Voller Ekel streckte Paulina in einer fast kindlichen Geste die Zunge raus. Was waren das bloß für Leute hier im Lande?! Und das Grausame ist – sie alle sind Gardisten! Alessandra, Jonathan… Dorian – wer weiß wie der Rest ist?! Ob sie in ihrem Kammeradenzimmerchen herumhuren?! Schnell schlug sie das Zeichen Glarons und bat ihn um Verzeihung… sie wollte nicht an so etwas denken – und ihr Herz stach ein wenig bei dem Gedanken, dass sie nichts unternahm… Sollte sie es der heiligen Kirche melden…? Oder sollte die mit ihrem Anführer sprechen… diesem Grafen? Aber wenn er auch so war, würde er sie nicht wegsperren?!

Ein helles Maunzen ließ Paulina aus ihren Gedanken erwachen. Ihr dicker Kater Casper maunzte noch einmal leise und sprang dann auf ihren Schoß… trampelte zwei-drei Mal und legte sich eingekugelt auf ihre Oberschenkel. „Hach du….“ Ihre Hand glitt sanft über das weiche Katzenfell… und sogleich huschten ihre Gedanken wieder zu Valerius… Seine Hände waren so unwirklich weich und warm gewesen, als sie sich berührten… als er so dicht vor ihr stand und auf sie hinabblickte war es so, als würde sie zerfließen. Doch gab sie sich alle Mühe, es nicht zu zeigen! Er sollte ja nicht denken, dass er es einfach haben würde… sie war kein Bauernmädchen… aber bei ihm war es so unendlich schwer – nicht nachzugeben…. Paulinas Atem stockte einen ganzen Moment lang als sie sich im Spiegel gegenüber eher zufällig ansah… lag da etwa ein verliebtes Lächeln auf ihren Lippen?! Brummelnd zog sie mit aller Kraft die Mundwinkel etwas hinab und setzte den dicken Kater auf den Sessel neben ihr. „Casper… dein Frauchen ist verrückt geworden… sie sollte auf die Warnungen der Vergangenheit hören… nicht wahr?!“ Casper hingegen schmatzte nur gemütlich und schloss die Augen wieder um schnurrenderweise weiterzuschlafen.
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Alt 24.10.2014, 09:49
#19
Paulina Thamaron
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21. Glarim (Sommer) 1315

Nackt wie ein Neugeborenes saß Paulina in ihrer Badewanne und schäumte sich ihr langes Haar ein. Der Akt des Waschens war eigentlich immer eine Art Ritual gewesen, dass nach einem vorgegebenen Ablauf von statten ging. Doch heute, da hatte sie weder Waschhemd an, noch beeilte sie sich… sie genoss ihr Bad. Ein paar Kerzen waren im Raum angezündet und verhinderten so, dass es ganz und gar dunkel war. Es plätscherte immer wieder leise, wenn Paulina sich im Wasser bewegte. Ihr Kater Kasper lag schnurrend auf dem großen Bett im Zimmer und sah immer mal wieder zu seinem Frauchen hinüber. Ein Lächeln lag auf Paulinas Lippen und ihr Blick war vielsagend. Er war tiefer und klarer als er es noch vor einigen Tagen gewesen war…

Sie wusste nun gewisses Selbstvertrauen zuzulassen. Und sie ließ Gedankenzüge zu, die sie zuvor kaum oder gar nicht zuließ. Er hatte ihr vorerst geholfen zu erkennen, dass sie wer war… für ihn war sie scheinbar etwas Besonderes… und das allein, wegen ihrer Erscheinung. Denn dort, am See – wo sie sich das erste Mal begegneten, kannte er ihr Wesen nicht. Er wusste nicht von ihrem Geist, von ihren Meinungen, ihrem Wissen und ihren Erfahrungen. Und doch schien es so, als hätte er gewusst, wer sie war… wofür sie war. Es war fast ein wenig romantisch, wenn sie sich all dies ausmalte.

Es plätscherte leise, als Paulina sich erhob und aus der Wanne stieg. Bei jedem Schritt hinterließ sie feuchte Fußabdrücke. Am Bett angekommen schnappte sie sich ihr Handtuch und hüllte ihren Körper damit ein – mit einem anderen Handtuch umwickelte sie ihr Haar. Ja sie würde seine Schönheit sein – und sie fühlte sich gut dabei. Es war wie ein Weg, der sich ihr offenbarte und sie wollte ihn gehen – mit ihm zusammen. Es fühlte sich für Paulina fast wie eine Verlobung an – ohne eine Verlobung gewesen zu sein… aber es fühlte sich einfach viel zu echt an und viel zu offenbarend, als das es falsch sein könnte! Und die Küsse, die sich Valerius und Paulina schenkten schienen dies nur noch zu besiegeln.

Doch war Paulina keine hoffnungslose Romantikerin – dafür war ihr Geist viel zu wach. Sie wusste, dass mit Valerius etwas… war. Sie hatte nicht direkt gefragt… immer nur am Rand gekratzt um ihn nicht zu bedrängen. Und auch er vermochte es, mit den Worten zu spielen. Und doch hatte sie erfahren wie er zur Gesellschaft stand – zu den Heuchlern, die nun einmal an der Macht waren – und hätte Valerius dies einer jüngeren Paulina erzählt, wäre sie wohl geflohen… vor diesem Verrückten – doch hatte Paulina ihre Erfahrungen gemacht mit drei Gardisten – sie wusste nun einmal Dinge, die ihr Bild verschob. Und sie wusste, dass man dies vielleicht irgendwie ändern konnte. Allein hätte sie nie den Mut gehabt, solche Gedanken überhaupt zuzulassen. Was konnte eine Frau, zumal eine Schneiderin – schon anrichten?! Doch Valerius… so wie er sprach und war, konnte er vielleicht tatsächlich etwas anrichten?

Sie zischte kurz schmerzlich und stellte sich rasch wieder auf. Sie hasste dieses Gefühl… der Ausritt war für ihre Verhältnisse lang gewesen! Und sie hatte sich reichlich Mühe gegeben, dass es so aussah, als würde sie gern und oft reiten… und das hatte man auch wirklich annehmen können… doch in Wirklichkeit war jeder Muskel gespannt und sie hatte sich konzentrieren müssen, dass sie nichts falsch machte. Die Stute war sanft und feinfühlig und tat nichts, was Paulina blamierte… doch nun dankte ihr Körper es Paulina mit Muskelkater… vor allem in den Oberschenkeln… und sie hasste es.

Sie würde sich die Oberschenkel nun einsalben, sie würde ihr Haus ausfegen, ihre Schneiderei öffnen und auf ihn warten… als die seine.
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Alt 27.10.2014, 12:11
#20
Paulina Thamaron
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2 Lundin (Herbst) 1315

Die ersten Herbstwinde rüttelten leise an den Fensterläden… Paulina schlug die Augen auf und sah an die Zimmerdecke. Genüsslich streckte sie sich und zuckte im gleichen Moment erschrocken zurück. Nanu… ihr Blick huschte zur Seite – dort wo Valerius schlief.

Er lag auf dem Rücken, einen Arm hatte er ausgestreckt und sie hatte wohl auf dem Arm gebettet geschlafen… sein Atem ging tief und langsam. Lächelnd setzte Paulina sich auf und richtete, so gut es ohne Bürste möglich war, ihr lockiges Haar. So entspannt hatte sie seine Gesichtszüge noch nie gesehen – und je länger sie sein schlafendes Gesicht betrachtete umso mehr konnte sie sich vorstellen, wie er wohl früher aussah… früher, bevor sein Körper so extrem männlich wurde – vielleicht gar, wo gerade seine ersten Haare im Gesicht sprießten. Ihr Blick wurde ein klein wenig verliebter und sie strich ihm ganz sanft über die Wange. Er gab ein kleines „mmm…“ von sich, schlug die Augen aber nicht auf. Entweder er wollte nicht aufwachen… oder er schlief tatsächlich so tief und fest?

Ihr Katerchen erinnerte Paulina maunzend, dass es Zeit war, ihm Essen hinzustellen – und so erhob sich Paulina auf leisen Sohlen. Im stehen vergewisserte sie sich noch einmal, dass seine Augen wirklich geschlossen waren – danach schlüpfte sie schnell aus der Lederhose und dem weißen Hemd und zog sich ein einfaches Kleid über… sie würde ihn nicht wecken. Er sollte sich ausruhen… ausschlafen – ein wenig Kraft tanken. Er hatte so viel gegessen, wie sie nicht essen konnte! Und er war eingeschlafen… mitten im spannenden Gespräch über das Teppichknüpfen…

Das verliebte Lächeln wich keinen Moment von Paulinas Lippen. Auch nicht, nachdem sie ihren Kater gefüttert hatte und in die Schneiderstube entschwand. Was auch immer kommen würde, sie hatte ihn… da war sie sich das erste Mal im Leben wirklich sicher. Und sie würde um ihn kämpfen, für ihn lebend sein…
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Alt 31.10.2014, 10:41
#21
Paulina Thamaron
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15. Lundin (Herbst) 1315

Die schmale Kerze auf ihrem Schreibtisch war schon fast abgebrannt und spendete trotzdem noch warmes flackerndes Licht das mehr gelb als hell wirkte. Paulina saß in ihrem weißen langen Nachthemd auf dem Höckerchen. Ganz gegen ihrer Gewohnheit saß sie ein wenig eingeknickt da – ihr Ellenbogen stützte auf der Tischplatte, ihr Kinn lag in ihrer Hand. Das hüftlange Haar wellte offen über ihren Rücken – die Füße waren nackt. Und trotz der Eigenschaft, dass ihr eigentlich immer schnell kalt wurde, war ihr nicht kalt… ihr war warm – fast ein wenig heiß.

Denn würde man ihr Gesicht betrachten, würde man dort ein verträumtes Lächeln auf ihren Lippen sehen. Ihre Augen wirkten verliebt und hungrig zugleich und ihre Wangen waren etwas rosarot. Ihr Blick lag auf dem Brief, den sie nun schon zehnten Mal in den paar Momenten, in denen sie nun hier saß, durchlas….:

------------------------------------------------------
Meine Schönheit,

am See im Abendrot
da sahn sich Zweie ins Angesicht
Bis zu jenem Punkt, wusst der eine nicht,
um die Schönheit und seine Not.

Flammte es in seinem Herz
liebliche Augen , das dunkle Haar
eine vollkommende Schönheit , das war wahr
So überkam ihn der süße Schmerz.


Wusst er doch, solch Schönheit
kann nur unerreichbar sein.
Wird immer bleiben lieblich und rein
und er gar ertrinken ohne ihre Offenheit.


So schreibe ich dir jene Verse.
Aus Begehren , zu jeder Zeit und jeder Stund
denke an deine Schenkel und den süßen Mund
Hoffen das du treibest keine Scherze.

Dann werde ich Wache stehn
alle Tage, alle Nacht, nicht mehr gehn
Bei dir sein mit ganzer Macht und du kannst sehn
mich völlig verstehn.

Valerius

------------------------------------------------------

Paulina verstand anfangs nicht jedes geschriebene Wort – im richtigen Zusammenhang. Und sie liebte es, dass sie sich so unendlich vieles ausmalen konnte… wie meinte er das - und jenes? Was wollte er ihr damit sagen? Würde er ihr auch all das ins Gesicht sagen?

Kurz schaute Paulina über ihre Schulter Richtung Vorhang der ihren Wohnraum vom Schlafraum trennte. Valerius lag noch in ihrem Bett und schlief den Schlaf, den er sich verdient hatte. Sie hatte darauf bestanden, dass er angezogen blieb und sie hatte auch darauf bestanden, dass er sich in eine der Decken wickelte – und insgeheim hatte es ihr großen Spaß gemacht ihn so zu sehen – auf der einen Seite so hungrig und groß und männlich und vielsagend – auf der anderen Seite ein wenig hörig… tat er doch, was sie wollte.

Paulina hatte ein paar Tage zuvor sein Heim kennen lernen dürfen. Ein Tag, der sie irgendwie beeindruckt hatte. Nicht nur, dass dieser Ort irgendwie unheimlich wirkte, auch er selbst… Valerius… sie hatte ihn mit anderen Augen sehen dürfen. Sein Schüler Marik nannte ihn „Meister“… lange hatte sie diesen Ausdruck nicht mehr gehört. Valerius selbst war so dominant und fast ein wenig erhaben und Marik war so… schön und zugleich zurückgenommen. Paulina wusste die ganze Situation nur schwer einzuschätzen. Aber die Nähe zu Valerius ließ es vorerst auch gar nicht zu irgendetwas zu analysieren.

Sie hatte gesehen wo er lebte, wie er lebte – mit wem er lebte und sie fand, es passte sehr gut zu ihm. Dass es kein Mädcheninternat war, war ihr klar gewesen… sie hatte gar nicht mit Blumen an den Fenstern gerechnet… trotzdem hatte sie sich ab und zu dabei erwischt, wie sie in Gedanken etwas dekorierte….

Ein Schmunzeln huschte über Paulinas Lippen und sie schloss für den Moment der Erinnerung die Augen. Sie hatte in seinem Bett schlafen dürfen – und die Gerüche, die auf sie einprasselten, lagen ihr noch immer lebhaft in der Nase. So wunderbar wie in dieser Nacht hatte sie selten geschlafen. Ihre Gedanken hüpften auf und ab wenn sie sich ausmalte, dass er dort eigentlich schlief…

Und nun war er hier – in ihrem Bett. Eingerollt wie eine Zigarre… So leise wie möglich erhob Paulina sich vom Hocker und schlich auf Zehenspitzen zum Vorhang um ihn ein wenig beiseite zu streichen. Ihr Blick wanderte sogleich zu Valerius hinüber.

Er hatte ihr so wundervolle Worte geschenkt. So viele tiefgehende und ernst gemeinte Worte – welche aber zugleich so liebevoll waren, dass es Paulina nun, wo sie hier stand und ihn betrachtete, ein wenig schwer fiel, sie sich vorzustellen… Sie war seine Gefährtin und er ihr Gefährte, er schenkt ihr seine Treue, seinen Schutz, seinen Leib…

Leise schlich sie noch näher und setzte sich an die Bettkante – sie konnte gar nicht anders und streckte die Hand nach ihm aus um ihm eine Strähne aus der Stirn zu streichen.

Paulina aber hatte schon früh lernen müssen – das nicht Worte entscheidend waren… wirklich entscheidend waren Taten. Und auch da hatte er sich bewiesen – es war so unheimlich faszinierend für Paulina ihn zu beobachten… wenn sie ihn fragte, warum er etwa die Narben hat – und er offen sagt, dass er sie sich selbst zufügt dann… ist es anfangs ein wenig erdrückend, doch löst sich dieses drückende Gefühl ganz schnell, wenn sie ihm in die Augen schaut. Vor noch ein paar Wochen hätte sie einen Mann, der sich selbst so etwas antut für absolut verrückt und unberechenbar erklärt… sie hätte ihn gemieden… aber nun?! Aber nun… war es ganz anders. Sie hatte das Gefühl das sie mit jedem Wort, dass sie mit Valerius austauschte noch näher an ihn heran rückte… und mittlerweile fühlte sich das heranrücken fast ein wenig wie verschmelzen an.

„Schlafe wohl mein Liebster…“ flüsterte Paulina leise und beugte sich vor ihm ihm ein kurzes aber sanftes Küsschen auf den Mund zu schenken. Danach erhob sie sich leise und zog sich dicke Wollsocken über die Füße.

Sie konnte einfach nicht schlafen… nachdem das alles mit Jonathan und Alessandra war – nachdem Valerius in ihr Leben getreten war… war es, als würde eine Art Wandlung in ihr vorgehen. Sie hatte einen gewissen Stolz dazu gewonnen, sie schlief weniger, arbeitete mehr, sie verfiel ab und zu in Tagträume, sie fühlte sich wichtig, sie erkannte eine Seite in ihr, die ab und zu zum Vorschein kam… etwa wie in dem Moment, wo sie es genoss, dass Valerius tat was sie wollte – und sie seinen Blick beobachten durfte. Sie aß weniger und trank mehr Wasser als je zuvor. Sie liebte es mit ihrer Kleidung zu spielen und betonte ohne anrüchig zu wirken ihre Weiblichkeit – mit der Hoffnung, es würde Valerius gefallen….

Sie wurde immer mehr sie selbst und aus dem schüchternen Mädchen war eine stolze Frau geworden.


Mit einem Lächeln auf den Lippen schlich Paulina in ihre Schneiderstube hinab. Sie wollte für Azzura die Lederkleidung fertigen… die junge Frau, die scheinbar die Freundin von Marik war… welch lustiger Zufall….

Es war alles so spannend – so unberechenbar – so intim und ehrlich – und so fremd.
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Alt 03.11.2014, 08:54
#22
Paulina Thamaron
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25. im Lundin (Herbst) 1315

Er hatte sie dort berührt, wo sie noch keiner zuvor berührt hatte – keiner….
Er hatte sie dort geküsst, wo sie noch keiner zuvor geküsst hatte – keiner….
Er hatte sie so gesehen, wie sie noch keiner zuvor gesehen hatte – keiner….
Geschmeckt, gerochen, gespürt, gehört…..

Aber das einzig seltsame für Paulina war, sie hatte kein schlechtes Gewissen. In der Vergangenheit war es immer so, dass sie das schlechte Gewissen peinigte. War es ein Kuss von Dorian oder von Jonathan – oder aber Jonathans Berührungen – ihr schlechtes Gewissen verursachte immer wieder eine gewisse Übelkeit in ihr und ließ sie aufpassen…. – aufpassen, dass sie keiner mehr berührte als nötig.

Wenn sie heute darüber nachdachte, ging es ihr trotz dessen nicht gut. Vor allem die Zeit mit Jonathan war eigentlich eine Gute gewesen… aber all dieses schlechte Gewissen – diese Angst vor mehr hatte alles kaputt gemacht.

Diese intime Nacht, ohne sich Valerius ganz hingegeben zu haben, hatte ihr eine Art Schleier von den Augen genommen. Es gab keinerlei Grund schlechtes Gewissen zu haben. Die strenge Erziehung hatte Paulina schon früh eingebläut welche Regeln es gibt – wie sich eine Frau zu benehmen hat aber vor allem, wie sich eine Frau nicht zu benehmen hat. Regeln geben einem normalerweise Geborgenheit und Sicherheit. Man weiß, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Doch hat Paulina sich nie geborgen oder sicher gefühlt… nie! Nur bei ihm – bei Valerius hatte sie es gefühlt.

Gibt sie ihrer Vergangenheit sie Schuld daran? Gibt sie Glaron die Schuld daran? Gibt sie sich selbst die Schuld daran? – hilft es überhaupt irgendwem die Schuld zuzusprechen?
Ein wenig verzweifelt hatte sie Glaron einen Brief geschrieben – einen Brief, der ihren Abschied beschreibt:

---------------------------------------------------------------------

Glaron - Herr des Lichtes, du angeblich gerechter,

hier sitze ich und schreibe dir diesen Brief. Vielleicht bin ich zu romantisch gestrickt, vielleicht erhoffe ich mir doch noch Antworten, vielleicht ist es aber auch nur salbend für meine Seele, wenn ich mich bei dir verabschiede.

Steine und Hügel legtest du mir mein ganzes Leben in den Weg. Es begann mit dem frühen Tod meiner Eltern und endete bis zum heutigen Tage nicht. Ich schleuderte dir mein ganzes bisheriges Leben Fragen und Vorwürfe an den Kopf. Warum? Wann endet es? Warum ist alles so furchtbar ungerecht, wenn du doch der Gerechte bist?! Es gibt viele kluge Worte die deine Gesandten sprechen und es gab eine Zeit in der ich mit fester Überzeugung glaubte, dich verehrte....
Warum hast du es nicht enden lassen - wenn du doch sahst, dass ich mich immer mehr von dir abwende?!

Ich habe erkennen müssen, dass ich kein gutes Schaf in deiner großen Herde bin. Ich fühle mich verloren - warst du doch schon früh eine Art Ersatz für meinen irdischen Vater. Aber ich fühle mich nicht mehr einsam - das fühlte ich mich zuvor... mit dir.

Gräme dich nicht - lass mich ziehen.

Ich weiß nicht, was das Leben bringen wird. Aber das erste Mal in meinem Leben sehe ich in die Zukunft und lächle, - ich freue mich darauf. Und das habe ich nicht dir zu verdanken.

Dies ist kein Vorwurf - lediglich eine Feststellung und vielleicht eine Warnung. Bitte gebe auf deine Schafe acht. Bitte lasse sie nicht "dahinleben" und bitte fühle dich nicht zu sicher - nichts ist sicher.

So verabschiede ich mich offiziell bei dir, ich stelle meine täglichen Gebete ein, ich versuche mich neu zu finden und ich sage dir, ich hatte dich geliebt - das war jedoch einmal....

---------------------------------------------------------------------

Sie wusste, dass der Brief unbeantwortet bleiben würde. Aber sie fühlte sich besser, nachdem sie ihn in der Kirche abgelegt hatte. Hatte sie mit irgendwem darüber gesprochen? Nein… es war eine Sache, die sie mit sich selbst ausmachen musste. So wie damals, als sie ihre Eltern sterben sah – sie musste diesen Verlust auch damals mit sich selbst ausmachen… war ihre Tante doch unfähig irgendwelche Gefühle zu zeigen.

Doch heißt es doch – was dich nicht umbringt, macht dich stärker?! Und nun, wo sie hier an ihrer Staffelei sitzt und einen weiteren Entwurf für ein dunkelgrünes Ballkleid aufmalt, fühlt sie sich stark, selbstbewusst, eigenständig und frei.
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Alt 05.11.2014, 09:23
#23
Paulina Thamaron
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2. Lorica 1315

Gedankenverloren zeichnete Paulina die Konturen eines pompösen Kleides mit einem einfachen Kohlestift auf die Leinwand. Nach kurzem Betrachten zeichnete sie den Rock noch ein wenig voluminöser und stellte sich selbst in diesem Kleid vor. Sie liebte Kleider- Stoffe - sie liebte es Menschen zu schmücken - es stimmte absolut: Kleider macht Leute!

Sie begann lächelnd zu summen, als sie sich mit dunklem rot und etwas gelb ein helleres Rot anmischte.

Dabei dachte sie an gestern - an die Audienz der Herzogin. Alessandra, Dorian, die Larails und Herr Feyalon waren als Vertreter der neuen Siedlungen anwesend - um der Herzogin zu berichten.

Paulinas Stirn spannte sich ein wenig, als sie den ersten roten Strich mit einem Pinsel setzte.

Irgendwie war es seltsam gewesen... vor noch ein paar Monaten hatte sie dazu gehört. Sicherlich hätte sie neben Alessandra gesessen und mit stolz zugehört. Nun war es anders herum - sie saß Alessandra gegenüber, die ihr keinen Blick würdigte - und verspürte so etwas wie Ekel. Es wirkte alles so heuchlerisch und... seltsam. Die einzige, bei der Paulina so etwas wie Sympathie verspürte war Frau Larail. Aber auch sie wirkte irgendwie gefangen... ob sie wohl glücklich war?!

Sie tauchte den Pinsel noch einmal in die rote Farbe und begann den Rock auszumalen....

Als Valerius mit Marik und Kathz dann endlich kam war es, als würden endlich die kommen, die Paulina einen gewissen Halt gaben. Zwar war es irgendwie kühl und steif - aber anderes hatte Paulina auch gar nicht erwartet. Alle beobachteten die Szenerie der Audienz und verhielten sich ruhig.

Paulina betrachtete sie Zeichnung skeptisch und schnappte sich noch einmal den Kohlestift um das Dekollete noch zu definieren.

Nach der Audienz waren sie zu ihm gegangen - sie hatten gegessen und sie hatten gesprochen. Paulina hatte sich eher im Hintergrund gehalten. Es war einfach immer so, dass Paulina sich eher in den Hintegrund stellte - bei sollten Gesprächen. Vielleicht lag das auch noch an der Erziehung von damals?
"Eine Frau hatte schmückend am Tisch zu sitzen. Der Mund einer Frau ist am Tisch lediglich zum Essen und zu lächeln da."
Paulinas Mundwinkel zuckten in die Höhe, als sie an die Zeit dachte. Eigentlich war sie nämlich immer ein aufgewecktes Mädchen gewesen - sie hatte es geliebt sich mit ihren Tischnachberinnen auszutauschen - und sie hatte nie Lust gehabt den Mund zu halten... aber sie hatte es gelernt. Mit den Jahren....

Zufrieden betrachtete sie ihre Skizze und hatte sich in schon während des Malens vorgenommen es zu schneidern - sie wollte es unbedingt einmal tragen!

Sie hoffte wirklich sehr, dass Marik und Kathz ihr die Chance gaben sich ihnen zu öffnen - so, wie sie sich Valerius geöffnet hatte. Sie wusste, dass sie Paulina gegenüber nur so höflich waren, weil sie an Valerius Seite war - wer weiß wie sie wären, wäre sie sich allein begegnet...

Nachdenklich wanderte ihr Blick über das nun fertige Bild ihres roten Kleides.

Es würde sich richten, da war sie sich sicher. Auch, wenn sie die Worte von Valerius ab und zu verwirrten und zugleich neugierig machten. Sie würde Dingen sehen, die sie vielleicht nicht gleich verstehen würde - oder es ginge hier rau zu, sie waren aber eine Gemeinschaft wo einer für den anderen einstand.... Es gab so vieles, was sie gern hinterfragen wollte - aber sie fühlte, dass sie nicht fragen sollte - noch nicht. Aber die Zeit würde kommen -da war sie sich sicher.

"So... dann wollen wir dich mal aufhängen.." murmelte Paulina leise und nahm das Bild an sich - um es in ihrer Schneiderei aufzuhängen:


Skizze des roten Ballkleides - geschmückt mit einem Tanzschleier
Paulina Thamaron ist offline  
Geändert von Paulina Thamaron (05.11.2014 um 11:05 Uhr).
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Alt 10.11.2014, 12:11
#24
Paulina Thamaron
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18. Lorica (Herbst) 1315

Paulina saß auf dem kleinen Bett von Valerius und sah sich im Raum um. Er war gerade gegangen und sie hatte noch ein wenig schlafen wollen – doch Schlaf hatte sie nicht gefunden. Es war nun schon ein paar Tage her… da hatte sie erfahren, dass er ein gottgesandter Streiter der „dunklen Mutter“ war. Eine Sache, die ihr irgendwie nicht sonderlich gefiel…. Doch schreckte es sie auch nicht so sehr ab… wie sie es vermutet hätte. Immerhin war sie hier – in seinem Bett… Der Abend, an dem sie es erfahren hatte lag nur noch dumpf in ihren Gedanken. Es war ihr wohl ein wenig zu viel gewesen… zu viel auf einmal…

Eigentlich hatte Paulina vor gehabt, ihm eine Gemädle ihrer selbst zu schenken. Auf dem Bild saß sie am See… und ja, das Bild war eindeutig privater Natur. Doch traute sie Valerius zu, es etwas geheim zu halten und es nicht jedem vor die Nase zu halten. Sie wollte ihn unbedingt damit überraschen und hoffte, dass zumindest er nicht im Haupthaus war. Dumpfe Stimmen drangen durch das Holz der Tür und Paulinas Schultern sanken ein wenig hinab… es war also doch wer drinnen – um diese Uhrzeit? Schleichend näherte sie sich dem kleinen Schlitzfenster und spähte in den Raum – und der Winkel ermöglichte es ihr sofort Valerius zu erspähen. Zuerst achtete sie gar nicht auf seine Worte… sie ärgerte sich lediglich, dass sie das Bild nicht heimlich aufhängen konnte. Doch dann drangen Worte wie Ehre, Disziplin, Gehorsam, Stärke und Leidenschaft in ihr Bewusstsein. Worte, die Paulina zwar aufhorchen ließen – aber ganz gewiss nicht im negativen Sinne. Sie wusste, dass Valerius Kathz und auch Marik unterrichtete – scheinbar ganzheitlich. Sie wagte noch einen kurzen Blick in den Raum und erspähte eben diese beiden… Uriel saß nicht mit am Tisch. Paulina erinnerte sich daran, dass ihre Oberarme begannen ein wenig zu zittern. Das Bild war groß – so groß wie sie selbst in der Hälfte – also stellte sie es auf ihren Füßen ab und lauschte weiter… unsicher, ob sie einfach klopfen sollte?! Dann fielen aber Worte wie dunkle Mutter, Tränenbringerin… er sprach vom Töten derer, die ehrenhaft und würdig waren – er sprach so viel doch Paulina kam schon gar nicht mehr mit. Was war das für eine Unterrichtsstunde?! Sie war noch ganz mit ihren verwirrenden Gedanken beschäftigt, da merkte sie, dass sie heraus kommen wollten – um zu kämpfen. Auf der einen Seite wollte sie sich hinterm Haus verstecken – oder wegrennen… denn sie wollte nicht darüber sprechen! Sie wollte nicht in dieser Situation stecken so verwirrt vor den Dreien stehen zu müssen!

Doch da standen sie nun, Kathz zu ihrer Rechten, Marik zu ihrer Linken – Valerius eher vor ihr – alle hatten sicherlich 1-2 Schritte Abstand zu ihr. Und sie? Sie zog das Gemälde vor ihrer Brust und wusste nicht wohin mit ihren Gedanken. Etwas oder irgendwer in ihr befahl ihr keinesfalls weg zu laufen. Vielleicht war es die starke Liebe, die sie Valerius gegenüber empfand? Also standen sie einen ganzen Moment so da… bis sie Valerius das Bild anbot und mit so sachlicher Stimme wie eben möglich sprach, dass sie gehen würde, wenn er er nun annimmt. Es war irgendwie eine Art Versuch eine Erlaubnis von ihm zu erhalten… dass sie gehen konnte. Aber er nahm das Bild nicht. Er ließ es von Marik annehmen – und der stellte es vor Valerius‘ Tür… und sie? Sie gab sich so große Mühe sich nicht anmerken zu lassen, dass ihre Knie etwas zitterten. Sie setzte sich mit den Dreien an das Lagerfeuer – der Stamm auf dem sie saß war hart … und knorpelig… kurz dachte sie an ein Sitzkissen… verwirrt ihrer eigenen Gedanken wegen legte sie ihren Blick auf Valerius. Dieser sah sie lächelnd an und wirkte neben seiner stolzen Haltung so… liebevoll. Oder bildete sie sich das ein? Marik erzählte von seiner Berührung mit dieser schwarzen Mutter und auch Kathz bestätigte dies und Valerius selbst – er offenbarte ihr, dass er ein Schreiter von ihr war… eine Art Paladin?

Kurz zog es in ihrem Herzen und sie spannte die Stirn etwas an als sie die Erinnerungen zuließ. Sie hatte seither versucht, nicht mehr daran zu denken ….denn das würde bedeuten, dass sie viel fragen musste um zu verstehen – aber wollte sie verstehen? Sie hatte so eine Ahnung, dass ihr all das nicht wirklich gefallen würde… und sie wollte keinesfalls provozieren, dass sich irgendwas zwischen sie und Valerius drängte! Denn er war doch so … richtig. Er war so unendlich richtig für sie, dass es sie schmerzte nur darüber nachzudenken, dass er es vielleicht doch nicht war…?

Er offenbarte ihr seinen Wunsch, dass sie hier leben könnte… sie könnte ein Haus hier in der Siedlung erbauen und müsste nicht mehr von ihm weichen. Wie konnte er nur so wunderbar selbstsicher sein?! Paulina wollte sich schon einige Male ein Beispiel daran nehmen. Doch war es ihr an diesem Abend nicht möglich auch nur daran zu denken eine Entscheidung zu treffen…

In dieser Nacht, nachdem er sie wieder auf so wunderbare Weise in den Himmel geküsst hatte, träumte sie von Valerius. Er war nackt und sah sie auf eine so besondere Art und Weise an. Er sprach nicht… er sah sie nur an. Seine Mundwinkel hoben sich ein Stück weit und sein Blick wurde ein wenig weicher. Sie selbst stand vor ihm in einem ihr unbekannten Raum – hinter ihr waren Menschen aber sie sah sich nicht um. Im nächsten Moment war Valerius angezogen. Sehr edel sah er aus. Die Weste war seiden und trug eine schöne dunkelgrüne Farbe. Der Rest war dunkel gehalten. Er hielt ihr eine Hand entgegen und sie legte ihre Hand in seine – ihre Hand, eingehüllt in einem dunkelblauen Seidenhandschuh. Als sie wieder in sein Gesicht sah, nickte er ihr stolz zu und wendete sie einladend herum – ganz so, als wolle er ihr etwas zeigen. Doch gerade als sie dort hin schauen wollte schrie etwas kreischend in ihr Ohr und sie erwachte – rasch atmend… es war nur ein Traum… schmusend legte sie sich wieder in Valerius Arm und wartete darauf, dass der Tag kommen würde…


Gemälde für Valerius - Paulina am See
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Alt 15.11.2014, 07:10
#25
Paulina Thamaron
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3. Ronox (Herbst) 1315

Das Leben war nicht langweilig... nein. Und je länger Paulina dort saß - vor ihrer Staffelei - und auf die leere Leinwand starrte, umso mehr sorgte sie sich. War das eine ihrer neuen Lebensaufgabe... sich zu sorgen?! Auf der anderen Seite gaben ihr ihre neuen Freunde so unendlich viel Sicherheit, dass sie sich eigentlich nicht dazu verpflichtet fühlte, sich zu sorgen....

Sie sorgte sich aber vor allem um sie - um ihre Freunde... um ihren Geliebten. Sie sorgte sich um deren Sicherheit... obwohl es doch so starke und wissende Männer waren... es waren allesamt keine Jungs mehr! Sie waren sicherlich auch lebenserfahrener als Paulina selbst... aber sie fühlte sich vor allem Marik und Kathz gegenüber verpflichtet, an ihrer Seite zu stehen - zu gehen... obwohl sie bei Kathz ab und zu ein ganz seltsames Gefühl hatte. Manches Mal dachte sie gar, dass Kathz sie nicht mochte - oder war es einfach sein undurchsichtiges Gemüt? Paulina fand ihn unberechenbar - voller Emotionen... aber sie hatte ihn in ihr Herz geschlossen - und das konnte sein ab und zu seltsames Verhalten auch nicht mehr ändern. Bei Marik war es anders - er wirkte auf Paulina sehr selbstbeherscht. Und er hatte sich Paulina zum Teil anvertraut... was sie sehr schätzte! Sie wollte für ihn da sein - ein klein wenig... so, wie sie es eben konnte als die, die sie war...

Die Tatsache, dass sie Tunkali verehrten hatte Paulina inzwischen verinnerlicht, sie hatte Bücher in der Bibliothek gesucht aber war nicht wirklich fündig geworden. Aber eines wusste sie... diese Gottheit galt im allgemeinen Volksmund als "böse" - als die, die die Welt in vollkommendes Leid und in die Finsternis führen möchte.... Sie hatte mit Valerius noch nicht darüber gesprochen - aber sie konnte es nicht so wirklich glauben... dafür kannte sie Valerius inzwischen viel zu gut... sie kannten sich zeitlich begrenzt nur fünf Monate, doch war die Zeit unbedeutend... sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen und fühlte sich ihm verbundener als irgendwem zuvor.... den sie vielleicht über Jahre hinweg kannte. Und sie konnte sich wahrlich nicht vorstellen, dass Valerius ewige Dunkelheit und und ewiges Leid für sie schaffen wollte... er schuf da etwas Anderes... aber was, das hatte sie noch nicht wirklich heraus finden "wollen".

Seufzend erhob Paulina sich und ging hinaus um sich der Haarpflege zu widmen... dabei wanderten ihre Gedanken zu Zousan... ihrer Cousine. Sie stand auf einmal da... vor ihrer Tür. Zuerst hatte Paulina sie gar nicht erkannte... war sie doch kein zehnjähriges Mädchen mehr - sondern eine erwachsene Frau! Aber als sie in diese Augen sah... dieser Blick... es hatte kurz in ihrem Herz gestochen als sie realisierte... Zousan war da! Sie stand hier direkt vor ihr... und sie war fast ein wenig dankbar, dass ein Kunde hineinkam... und nach kurzer Zeit waren auch Marik, Kathz und auch ihr Valerius mit im Raum... so hatte Paulina zumindest die Möglichkeit sich ein wenig zu beruhigen - zu realisieren, dass Zousan hier war - neben ihr... nicht mehr daheim.

Paulina war sechs Jahre alt gewesen, als sie die Nachricht erhielt, dass ihre Tante eine Tochter bekommen hatte deren Herz schlug... ihre Tante hatte nämlich reichlich Kinder zur Welt gebracht, deren Herz nicht mehr schlug... und nach Zousan folgten noch einige weitere Totgeburten...
Paulina wusste damals nichts mit Zousan anzufangen. Die Zeiten, die sie nicht in der königlichen Schneiderschule verbrachte, verbrachte sie bei der Familie ihrer Tante... der Familie Cadis.... und immer wenn sie dort war, sehnte sie sich zurück... sie war nicht gerne dort, dort war kein Kind gern.... Onkel Cadis war ein Tyrann, ein Schläger, ein Betrüger, ein Spieler und Säufer - aber er hatte Gold... viel Gold. So viel Gold, dass er trotz all dieser Makel ein angesehener Mann war. Vielleicht war das der Grund warum alle schwiegen... obwohl doch alle wussten, wie er sie behandelte... vor allem seine Frau hatte es schwer. Nicht nur der körperliche Schmerz musste ertragen werden sondern auch der seelische... sie war eine gebrochene Frau die nur noch dazu da war, hübsche Kleider an gewissen Abenden zu tragen - wenn denn mal seine Freunde im Haus waren und tranken.

Paulina selbst hatte jährlich etwa drei Wochen in diesem Haus verbracht. Und in diesen drei Wochen wurde auch sie geschlagen... tyrannisiert. Sie erinnerte sich noch ganz genau an seinen sauren Atem wenn er ihr den Mund zuhielt, sich über sie beugte und wisperte, dass sie nicht schreien dürfe - dass sie einfach liegen bleiben solle.... aber Paulina war nicht ihre Tante.... sie hatte sich gewehrt - schon damals mit 6 Jahren - als er das erste Mal versuchte, seine gewalttätigen Phantasien auszuleben... sie war geflohen - das Haus war groß und es gab viele Verstecke! Und er war viel zu betrunken um sie aufzustöbern....

In den folgenden Jahren... den jeweils drei Wochen, in denen Paulina da war sah sie ihre kleine Cousine zwar... aber beide Mädchen hatten nicht den Mut zu sprechen. Ab und zu war es gar so, dass die Mädchen, nur im Nachthemd bekleidet im gleichen Versteck hockten und darauf warteten, dass er Tante Helene nicht mehr schlug... und hoffentlich schnell einschlief.... Aber die Mädchen hockten einfach da, warteten, sahen sich an... und schlichen dann zurück in ihr jeweiliges Zimmer... ohne zu sprechen...

Paulina war damals mit 16 Jahren fort gegangen - sie war erst 16 als sie Britain erreichte... denn es zog sie nichts zu ihrer "Familie". Nicht einmal das Wissen, dass sie Zousan dort zurück ließ.... was sie heute unendlich bereute.... Paulina wusste nicht was Zousan erlebt hatte... all die Jahre! Sie wusste nicht wie sehr auch ihre Seele gebrochen war... sie wusste nicht, ob sie verrückt geworden war... sie wusste nur, dass es ihr Blut war... die Tochter der Zwillingsschwester ihrer eigenen Mutter... sie war eben so schön - und sie hatte einen so tiefen... bohrenden Blick....

Es würde die Zeit kommen da mussten die beiden Frauen über ihren Schatten springen - und reden! Und Paulina wollte als ältere unbedingt den Anfang machen... sie mussten sprechen... sich versöhnen und vielleicht aneinander annähern....


Zousan Cadis
Paulina Thamaron ist offline  
Geändert von Paulina Thamaron (15.11.2014 um 19:18 Uhr).
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