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Alt 24.07.2004, 13:00
Zum aus der Haut fahren!
#1
Theodore Fiero
Reisender
 
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Beiträge: 209
(@Agla, ich habe sehrwohl gelesen, wie ich das buch zu schreiben habe, dochdas mit Titel und Namen, kommt dann wenn es fertig ist ok?)

"Na Felix? wieder alles aufgefuttert?" - Der Herr des Hauses beugt sich hinunter und grault den Angesprochenen hinter den Ohren. Nach einer Weile steht er auf, schiebt einen Schemel zum Kamin und macht sichs darauf bequem.

"Bist du dir eigentlich bewusst, was Wissenschaft bedeutet, Felix?" Der kleine Nager ziept dem Mann am Hosenbein, woraufhin er sanft angehoben wird, und sich auf dem bequemen Schoß wiederfindet. "Das bedeutet nichts anderes, als zu ackern, damit Andere von dem erlangten Wissen profitieren. hm? Verstehst du nicht? Schau mal: Irgendwann in der Vergangenheit gabs nen Holzfäller - grins nicht so, wirst schon merken. Seine Arbeit verrichtete er auf dem nächsten Hügel, wobei er unten anfing, mit der Zeit aber immer höher musste ... und höher ... und höher. Irgendwann fiel ein gefällter Baum so, dass er wagrecht am Hang lag. Der Holzfäller machte wie immer die Äste ab, und mit einem mal donnerte der Stamm runter bis kurz vor seine Hütte. "Praktisch", dachte sich der Holzfäller. Beim Essen brachte ihm seine Frau, wie jeden Samstag abend, ein Ei. Als sie es auf den Tisch legte, begann das Ei zu rollen - ja Felix, damals waren die Tische noch nicht so schön gerade wie bei uns. Der Holzfäller jedenfalls - nun schon im wissenschaftlichen Drang, hielt das Ei mit Mittelfinger und Daumen an der spitze und am Boden. So gehalten ließ ers wagrecht über den Tisch rollen und dann versank er ins Grübeln. Am nächsten Abend schnitzte er eine kleine eiförmige Walze, und nagelte zwei dünne Äste jeweils in die Mitte der Enden. Sieh an, an den Ästen gehalten, rollte die ovale Walze rund um die eingetriebenen Nägel. Da ging dem Holzfäller ein Licht auf und er begann seine erste Wissen schaffende Folgerung: Die Ovale Walze rollte fast nur in der Mitte auf dem Tisch. Somit könnte man sie auch schmäler ... und schmäler machen. Tja und so entwickelte unser wissenschaftlicher Holzfäller Stück für Stück mit vielen Experimenten das erte Rad und die dazugehörige Aufhängung. Bald hatte der Holzfäller seine erste Schubkarre gebaut, mit der er nun viel einfacher das gehackte Holz in seinen Schober brachte. Nicht lange, und die Nachbarn bemerkten, wie viel einfacher es nun für den Holzfäller war. Sie wollten wissen was er sich da gebaut hat und wie. So wurde das Wissen um das Rad weitergetragen und jeder profitierte von dem jungen Wissenschaftler."
Der kleine Kamerad auf dem Schoß ist mittlerweile eingeschlafen. Vorsichtig wird er wieder in seine Ecke gesetzt und der erste Abend findet mit dem Löschen der Lichter sein Ende.
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Alt 24.07.2004, 14:12
#2
Theodore Fiero
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"Ach Felix, du müffelst ja wieder ..." Alsbald plantscht der kleine, wie eine Wasserratte in einer großen Holzschüssel. Der Hausherr fischt ihn behutsam heraus und rubbelt ihm mit einem weichen Tuch das Fell trocken. Während nun draußen die Sterne ihren zarten Glanz über die schlichte Welt der Wirklichkeit verteilen, räkeln sich die beiden vor dem brasselnden Kamin auf weichen Fellen.

"Du hast sicher keinen Schimmer was eine Folgerung eigentlich ist, Felix, hm?" Für einen Moment blicken den Mann zwei neugierige schwarze Augen an, woraufhin er zufrieden fortfährt.
"Folgern bedeutet, man sammelt, vergleicht und kombiniert bestehendes Wissen. Danach überträgt man das Wissen und verbindet es zu einer These. So kann man zum Beispiel von verschiedenen Eigenschaften verschiedener Sachen auf eine bestimmte Eigenschaft einer dritten Sache schließen."
Felix reckt sein Näschen, schüttelt sein Köpfchen und verkriecht sich unters Wams.
"Na eigentlich machst du selber das ständig. Weißt du noch? Am Anfang warst du immer sehr skeptisch, wenn ich dir Futter gab. Dachtes wohl ich wollte dich vergiften hm? Jedenfalls hast du nach dem ersten großen Fressen, als du hier überall Krümel verteiltest, gewußt, dass es gutes Futter war. So auch die weiteren Male. Also ist deine These, dass weiter immer gutes Futter von mir für dich kommen wird ... zugegeben eine sehr schlichte These, aber eben doch eine.
Solche Folgerungen können zu Thesen in allen nur erdenklichen Bereichen führen. Ob nun bei Sachen und ihren Eigenschaften, ob bei Regelmäßigkeiten in der Natur, ob nun bei wirtschaftlichen Aspekten oder aber sogar auch beim Verhalten von Menschen.
Nun ist es noch wichtig, dass eine These ja noch kein wirkliches Wissen ist. "Sicher ist ja einleuchtend", wirst du denken, denn was man eben mal gefolgert hat, ist noch lange kein gefestigtes und bewiesenes Wissen auf das man blind vertrauen könnte. Der knifflige Punkt dabei ist allerdings, dass es da keine klare Grenze gibt.
Dazu ein Beispiel: Nachdem der kleine Falur zwei Äpfel vom Baum hat fallen lassen, folgert er, dass der dritte auch Fallen wird. Das ist einleuchtend, diese These können wir also eigentlich schon "Wissen" nennen. Jedoch fällt der dritte Apfel nicht. Was der kleine Falur nicht bemerkte war, dass der Magier, in dessen Garten sich Falur bediente, dem Jugen einen Streich spielen wollte.
"Natürlich, ist doch an den Haaren herbeigezogen!" Würden jetzt wohl einige sagen, "Wenn der Magier nicht gewesen wäre, wäre der Apfel gefallen." Das ist auch mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, aber Sicher ist es nicht. Der kleine Falur war jedenfalls sehr erschrocken, und da sich der Magier auch nicht zu erkennen gab, hat der Knabe nun eine Zeitlang etwas was er nicht versteht. Das was er zu wissen glaubte, ist nun dahin.
Entweder also gehen wir her, einigen uns darauf, dass Wissen immer mindestens eine Unbekannte versteckt hält und unterscheiden davon Thesen, wovon wir annehmen, dass sie mehrere Unbekannte Faktoren enthalten - eine sehr waage und subjektive unterscheidung für wahr. Oder aber wir verabschieden uns mal gänzlich von der Vorstellung es gäbe Wissen in der Art wie wir es herkömmlich verstehen. Somit setzten wir dann Wissen den Thesen gleich. Korrekter wäre sicher letzteres, jedoch spricht nichts dagegen, eine Abstufung nach der ersten Variante vorzunehmen, solange wir uns immer bewußt sind, dass es das Wissen im herkömmlichen Verständnis nicht gibt."
Diesmal ist Felix schon längst in sein Heim gekrochen, als der Herr sich erhebt und die Lichter löscht. Beim Blick aus dem Fenster fragt er sich, ob er wirklich weiss, dass die Sterne nur das sind, was sie sind. Oder sinds vieleicht doch Tausende kleiner, überirdischer Feen, die vor Freude glänzen und Funkeln, weil es den Menschen, Elben und Zwergen auf die sie Acht geben heute Nacht wieder so gut geht.
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Alt 24.07.2004, 16:00
#3
Theodore Fiero
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"Tztz... Felix du Schwerenöter!" Mit diesen Worten hebt der Herr, am Wohnzimmertisch sitzend, den kleinen Racker von seiner Schulter. Die Feder wird beiseite gelegt und die Pergamente zusammengeschoben, so dass der Nager ohne Besorgnis abgesetzt werden kann. Während Felix beginnt genüsslich am Brot des Vortages zu knappern, wobei er schon das eine oder andere Mal den haltenden Fingern recht nahe kommt, lässt sich der Mann im seinem Sessel zurückfallen.

"Wahrscheinlichkeit - Felix - damit kannst du wohl auch nichts anfangen hm? Ist auch nicht so einfach. Wahrscheinlichkeit ist die Beschreibung mit welcher Sicherheit jemand subjektiv ein bestimmtes Geschehen erwartet.
Sicher sein, ist immer subjektiv.
Während Falur - du weisst schon: der Knabe von gestern - sich sicher war, der dritte Apfel würde fallen, so war sich der Magier allerdings sicher, das dies nicht geschehen würde.
Umgangssprachlich unterscheidet man zum Beispiel: Man wisse es nicht, man sei sich ziemlich sicher, es sei gewiss und ähnlich. Solche Einteilungen sind sehr ungenau. Wissenschaftlich gesehen haben sie keine Relevanz, denn diejenigen welche sich so äußern, tun es aus einem Gefühl heraus. Sie haben sich gar keine großen Gedanken gemacht über die Faktoren, die das Geschehen beeinflussen könnten.
Jeder kennt es nun aus dem Würfelspiel. Ein ungezinkter Sechsseitiger Würfel zeigt bei einem nicht weiter beeinflußten Wurf eine Sechs mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Sechstel. In der Umgangssprache würde man vielleicht sagen: Es sei möglich, aber nicht zu erwarten.
Ist es aber nun genau ein Sechstel? Kann man also objektiv vorhersagen wie wahrscheinlich das eintreten eines bestimmten Geschehens sein wird? Nun in der Theorie kann man es: Man berücksichtigt alle beeinflussenden Faktoren und setzt für die in frage kommenden Geschehnisse ins Verhältnis. Ist das aber auch praktisch möglich?
Hier beginnt nun die erste wagemutige Theorie, Felix. Praktisch ist es nach meiner Ansicht nicht möglich. Keiner weiss um die genaue Beschaffenheit der Unterlage, keiner weiss wie genau Luftverwirbelungen Bedeutung erlangen können. Somit ist die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit immer nur nach dem Wissensstand des Abschätzenden möglich. Da wir aber gestern schon sagten, dass jedes noch so gesicherte Wissen mindestens eine Unbekannte enthält, kann also keiner genau sagen wie wahrscheinlich etwas ist.

Halten wir also fest: Theoretisch könne man alle Faktoren berücksichtigen, praktisch ist es unmöglich, woraus folgt, dass jede Wahrscheinlichkeit individuell auf die Berücksichtigung der Faktoren jedes einzelnen Ankommt - sie ist subjektiv.

Ich hab dich wohl noch nicht überzeugt hm? Weißt es beim Würfeln besser? Na dann denk mal an Folgendes:
Im ersten Fall fordert ein Spieler einen anderen zum Würfeln auf. Der Herausgeforderte hat in letzter zeit immer viel Glück gehabt. Daher vertraut er darauf, dass sein Wurf gut sein würde. Er geht drauf ein. Er hält es für wahrscheinlich zu gewinnen.
Im zweiten Fall wird einer aufgefordert, dessen Geliebte ihn vor einigen Tagen verlassen hat. Sein Pferd wurde gestern von einem Bären gerissen und als er sich heute frische Milch holte, ist ihm die Kanne vor der Haustür aus den Händen geglitten. Er lehnt die Herausforderung ab, denn er glaubt er sei vom Pech verfolgt. Er hält es für unwahrscheinlich zu gewinnen.
Es spielt also nicht nur mit in die subjektive Wahrscheinlichkeit hinein, ob man wirklich alle objektiven Faktoren kennt, sondern man müsste sich auch noch frei machen von allen subjektiven Faktoren, die die Folgerung des einzelnen beeinflussen. Die mangelnde Fähigkeit eines Menschen, ohne den Hintergrund der subjektiven Erfahrung objektive Folgerungen zu schließen, ist also der zweite Faktor, der eine objektive genaue Wahrscheinlichkeit unmöglich macht. (Insgeheim wissen wir ja, dass es bei beiden Fällen gleichwahrscheinlich sein müsste, gäbe es eine objektive Wahrscheinlichkeit.)

Nun liegt wohl die Frage nahe, wozu es dann eigentlich eine Wissenschaft gibt, wenn alles Wissen nur Thesen sind, auf die man sich nicht verlassen kann. Noch dazu alle Wahrscheinlichkeiten für den Einzelfall keine Bedeutungen haben?
Die Antwort liegt im Irrtum. Keiner irrt sich gerne. Um die Wahrscheinlichkeit eines Irrtums so gering wie möglich zu halten, bedient man sich der Wissenschaft. Die Wissenschaft dringt in Gebiete ein, die die Praxis nur sehr schwer oder gar nicht erreichen kann. Hierdurch entwickelt man Theorien, die Gewebe bilden, an denen entlang man sich weit ab eines möglichen Irrtums wägt. Eine Theorie hat umso länger Bestand, wenn mit ihr weniger Irrtümer auftreten. Eine Theorie zu finden, die endlich jeden Irrtum ausschließt, ist das Streben jeden Wissenschaftlers - alleine das Ziel zu erreichen ist für den Menschen unmöglich."
Das Brot ist längst in dem Kleinen Magen verschwunden. Zusammengerollt lässt sich Felix in seinem Schlaf nicht stören, als er in seine Ecke getragen wird. "Vielleicht", denkt sich der Mann, "ist Felix der einzige, den meine Künftigen Theorien interessieren werden." Doch das wird wohl nur die Zukunft beantworten, und wer weiss schon, wie wahrscheinlich das ist?
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Geändert von Theodore Fiero (24.07.2004 um 18:11 Uhr).
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Alt 24.07.2004, 21:56
#4
Theodore Fiero
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"Felix? ... Feeeliiix?" Schwer atmend kommt der Herr des Hauses die vielen Treppenstufen wieder herunter, doch von dem Kleinen keine Spur. "Du willst dich doch heute Abend nicht drücken hm? Wo wir doch endlich tiefer eindrigen können." Doch in dem Moment entdeckt der suchende die feinen Schnautzhaare. Auf den dunklen Bezügen der Sessel fiel der Kleine gar nicht auf. "Na kannsts wohl kaum noch erwarten? Fein, jetzt steht dem Abend ja auch nichts mehr im Wege." Ein wenig Salat, ein Stück Fell auf dem Tisch, nichts fehlt mehr für den geduldigen Zuhörer.

"Gestern erst haben wir ja festgestellt," beginnt der Mann, "dass objektive Wahrscheinlichkeit und das darauffolgende genaue Wissen nur in der Theorie bestehen können. Du weisst den Zusammenhang nicht mehr? Nochmal in kürze: Praktisch bleibt beim Wissen immer mindestens eine Unbekannte, die Wahrscheinlichkeit ist daher immer subjektiv. Theoretisch könnte die Wahrscheinlichkeit unter Vorraussetzung der Kenntnis aller relevanter Fakten allerdings schließlich zu einem genauen Wissen führen. Wenn man so will könnte man also genau vorraussagen was geschehen wird.
Ist nicht so einfach hm? Bleiben wir nochmal bei Falur:
Wenn Falur genau wüsste, dass keine anderen Faktoren den Fall des Apfels behindern werden, fällt der Apfel mit Sicherheit, wie die Äpfel davor, was Falur dann vorraussagen könnte. So weit so gut.

Die Theorie lautet also: Es ist dem Menschen zwar nicht möglich, aber derjenige, oder dasjenige, der/das alle Faktoren kennt, die Einfluss auf ein Geschehen haben können, kann das Geschehen vorhersagen.
Stimmst du mir darin zu Felix? - ansonsten müssten wirnochmal vorne anfangen... naja ich mache mal weiter.

Da wir nun eh schon von einem Übermenschlichen etwas oder wem ausgehen, können wir seine theoretischen Fähigkeiten auch soweit erweitern, dass wir sagen, er kennt alle Faktoren und kann somit alle Geschehnisse vorhersagen.

Na jetzt wirds kompliziert nicht? Ist aber für alles weitere sehr wichtig, daher versuch ichs nochmal anders Felix:
Erstens:
Wir stellten Fest, Wahrscheinlichkeiten sind subjektiv, weil ihre Genauigkeit von dem "Wissensstand" desjenigen abhängt, der sie abschätzt.
Zweitens:
Bei einfachen Wahrscheinlichkeiten glauben wir an eine nahezu objektive Wahrscheinlichkeit, da die scheinbar wenigen Fakten deutlich bekannt seien. (Würfelbeispiel)
Drittens:
Jedoch ist diese Wahrscheinlichkeit auch subjektiv, da selbst dann noch Faktoren einwirken, die das Ergebnis des Wurfes bestimmen (Wind, Handstellung als der Würfel sie verläßt, Würfelstellung und so weiter.)
Viertens:
Theoretisch könnte eine Art "Übermensch" jedoch all diese Faktoren kennen, dann wird aus der Wahrscheinlichkeit ein objektives Wissen, was geschehen wird.
Fünftens:
Da die Faktorenzahl hier schon nahezu unendlich sein dürfte, können wir dem "Übermenschen" auch gleich zugestehen, dass er alle Faktoren kennt, und daher alles weiß, also alles vorhersagen kann.

Na dämmerts nun, Felix, woraus das hinausläuft? Richtig! Im Umkehrschluß bedeutet das:
Wenn es jemanden geben könnte, der alles vorhersagen kann, dann gibt es keinen Zufall mehr. Aber das geht im Moment noch zu weit - komme ich später nochmal drauf.

Zunächst einmal sollte von dir, Felix, nun ein lautstarker Einwand kommen:
"Du vergißt die Entscheidungsfreiheit des Menschen!" Oder?
Klingt fürs erste Überzeugend, also ist die Theorie falsch? Oder gibt es vielleicht soetwas wie eine Entscheidungsfreiheit gar nicht? Na überlegen wir mal:
Was macht Entscheidungsfreiheit eigentlich aus? Ja sicher, die Entscheidung, und das dabei frei sein. Frei heißt ohne äußeren Zwang und Einwirkung. Felix, warst du schonmal bei einer Entscheidung ohne äußere Einwirkung? Na lassen wir das, es reicht ja, wenn man theoretisch frei entscheiden könnte. Bauen wir uns also ein Beispiel:
Ein Mann steht vor einer Wand, nach links und rechts geht jeweils ein völlig gleicher Weg ab. Der Mann hat kein Ziel und keine Aufgabe. Er hat weder Hunger noch Durst noch sonst irgend ein Gefühl. Er soll also völlig frei in seiner Entscheidung sein. Nehme man an er wolle um die Mauer herumlaufen, so hätten wir ein Ziel. Die Erfahrungen seiner Vergangenheit würden ihm unterbewußt in seiner freien Entscheidung eingrenzen: Er würde zu einer bestimmten Seite gehen, wenn er damit gute Erfahrung gemacht hat, oder zu einer bestimmten Seite nicht gehen, wenn er damit keine guten Erfahrungen machte. Zu denken wäre auch daran, dass der Mann, weil er nunmal mit der rechten Seite an der Wand schläft, sich automatisch nach links dreht, um die Mauer zu umgehen. Wir stellen also fest, sobald er ein für die Entscheidung noch so neutrales Ziel hat, zieht er Erfahrungen als für die Entscheidung äußere Einflüsse heran. Es scheint auch einleuchtend, denn wenn den Mann gar nichts bewegt, in eine bestimmte Richtung zu gehen, bleibt er einfach stehen.
Fazit: Die rein theoretische freie Entscheidung, die es in der Praxis nicht gibt, würde dazu führen, dass es zu keiner Entscheidung käme. Eine freie Entscheidung in dem Sinne gibt es also nicht.

Das ist also die zweite Theorie. Sie ist bisher nicht widerlegt. In Verbindung mit der ersten, der theoretischen Vorhersehbarkeit, für die sie ja Voraussetzung zugleich ist, führt sie dazu, dass alles theoretisch vorhersehbar ist. Andere nennen es auch vorherbestimmt. Heißt soviel, wie vor 1000 Jahren wusste der- oder dasjenige übermenschliche, welches möglicherweise aber nur theoretisch existieren könnte, dass ich dich nach dem nächsten zwei Absätzen ins Bett bringen würde, Felix. Ich hingegen halte es nur für wahrscheinlich.

Falls du wegen der nicht existierenden freien Entscheidungsmöglichkeit des Menschen noch nicht ganz überzeugt bist, dann hör mir weiter zu, ansonsten schlaf schön bis morgen.
Alles was lebt, verändert sich. Dieser Grundsatz ist allgemein anerkannt. Auch Gedanken zählen als Veränderung. Genauer sind sie Veränderungen die nur nach außenhin selten auffallen. Der Baum kann nicht entscheiden, ob ihm irgendwo ein Ast wächst. Das bestimmen andere Einflüsse - die Waldelben können da ein Lied von singen. Der Hund sabbert nicht, weil er sich dazu frei entschieden hat, sondern weil es in seiner Natur liegt. Die genauen wahren Ursachen die im Detail zu diesen Veränderungen führen, kann keiner genau aufzählen, jedoch gilt es als sicher, dass es sie gibt. Jede Reaktion hat eine Aktion zur Ursache, und jede Aktion ist wieder nur eine Reaktion. Wie ein Dominospiel würde ein Stein nicht fallen, sondern leblos verharren, würde er nicht von einem anderen angestoßen. Soweit man den Glauben und die Philosophie für einen moment aus dem Spiel lässt, gibt es wissenschaftlich keinen Grund, bei Gedanken und Entscheidungen in eine bestimmte Richtung kausale Ursachen nicht anzunehmen. Wo Ursachen als Aktivierung einer Reaktion nämlich einer bestimmten Entscheidung vorliegen, ist die Entscheidung nicht mehr "frei". Ohne Ursachen, gäbe es also keine Entscheidung, weswegen eine freie Entscheidung nicht existieren kann."

Felix ist noch nicht eingeschlafen, und er fragt sich jetzt wohl, ob er nach den zwei Absätzen ins Bett gebracht worden sei, oder ob der Hausherr sich geirrt habe? Hätte er sich geirrt, wäre das kein Widerspruch zu demjenigen, der/das alles vorhersagen kann, denn kein Mensch kann ja wissen, was er/es vorhersagt. Also auch nicht sein Herrchen. Hatte aber nicht sein Herrchen freie Wahl wie viele Absätze er noch schreibt? Oder hatte er sie nicht, weil er vorher nicht wußte, wiviel er noch schreiben wollte? Wenn er aber soundsoviel schreiben wollte, hat er sich dann dazu frei entschieden? Oder war es sein Ehrgeiz es verständlich zu machen, der ihn dazu Bewog gegen seinen ursprünglichen Willen mehr zu schreiben?
Das alles mag dem guten Felix nun durch den Kopf gehen, aber eine Sache beschäftigt den Rest der Nacht wohl den Herren:

"Die Menschen Entwickeln sich weiter, das ist unbestritten. Sie können von Generation zu Generation mehr lernen und verstehen. Die Faktoren, die Geschehen beeinflussen, müssen nicht unendlich sein. Nehme man also an sie seien es nicht, könnte irgendwann einmal ein Mensch so übermenschlich sein und alles vorhersagen? Wenn er dies könnte, wie kann er dann noch immer keinen freien Entscheidungswillen haben? Hätte er ihn nämlich nicht, würde ihm alles gelingen, da er ja weiß, was dafür notwendig wäre. Könne es dann noch einen zweiten geben, der ebenso alles vorhersehen kann? Nein, denn würden die beiden aufeinandertreffen und sich gegenüber stehen, würde einer der beiden nicht gewinnen können. Daher hätte er eine freie Entscheidung gehabt, die sich gegen seinen Erfolg richtete. Das würde die Theorie über den Haufen werfen. Daraus folgt: Würde es jeh eine menschliche Person geben (Elben, Zwerge, Orks und sonstige Lebewesen auf Erden einbezogen), die alle Faktoren kennt, würde die Theorie scheitern. Demnach müssen die Faktoren unendlich sein. Hier schließt sich also der Kreis, dass man niemals etwas mit Sicherheit wissen kann." Mit einem zufriedenen Lächeln schläft der Mann ein.
Theodore Fiero ist offline  
Geändert von Theodore Fiero (24.07.2004 um 23:49 Uhr).
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Alt 25.07.2004, 03:22
#5
Theodore Fiero
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Heute scheint der Hausherr ziemlich müde. Jedoch tummelt sich Felix wieder vergnügt auf dem Tisch. Wohlmöglich ist es dem Vierbeiner reichlich gleich, was das Herrchen da so erzählt. Hauptsache man wird gegrault, bekommt das Abendessen angereicht, und eine ruhige Erzählung wiegt in den Schlaf. "Na fein, kleiner Racker, aber nicht mehr lange heute!" Zufrieden lässt sich der Herr auf einem der Sessel nieder und legt die Beine auf den gegenüberliegenden.

"Ist schon erschreckend, was man alles so folgern kann hm? Worüber heute? Glück und Pech? Zufall an sich? Glaube und Götter? Oder wie man mit der Erkenntnis umgehen kann, dass alles vorbestimmt ist? Oder lieber wieder zurück zur Praxis und was es nun wirklich bringt, zu folgern, lernen und wissen?" Für eine Weile beobachtet der Herr nur seinen Freund. Ob einer wußte, dass solch eine Art es schaffen kann, einen halben Tisch auf zwei Pfötchen langzuwackeln? Man muss nur ein mit Butter beschmiertes Brotstückchen vor ihm hertanzen lassen.
"Gut, dann also Götter und Glaube.
Zunächst einmal sollten wir doch unsere Gedanken auf die Frage wenden, ob Götter eigentlich einen freien Entscheidungswillen haben, und ob sie allwissend sind.
Das einfachste wäre sicherlich, beides träfe auf sie nicht zu. Dann brauchten wir gar nicht lange prüfen. Sie würden sich als "wesentlich mehr wissend" als Menschen einstufen lassen. Desweiteren könnten sie auch ihre Geschicke nicht lenken, sondern sie würden mitfließen in dem Strom der Faktoren. Sind wir doch mal ehrlich Felix, würden wir das ernsthaft annehmen, wäre die Zeit bis zum Schafott nicht mehr lang hm? Immerhin, wer sich darum nicht schert, könnte dem Gedanken weiter anhängen, das Ergebnis ist wirklich einfach und stimmig. Jedoch ist es auch farblos und langweilig. Wer will schon an einen Gott glauben, der kaum besser ist als die Menscchen selbst? Also würde man wohl gar nicht glauben. Und wer glaubt schon nicht?
Gut soweit - nehmen wir nun an, sie wären allwissend und hätten einen freien Willen. Gäbe es der Götter nur einen, wäre das unproblematisch. Er wäre der eine der alles weiss. Er könnte willkürlich irgendwo eingreiffen um die Abfolge der Ereinisse zu verändern. Was aber bei zweien? Da kommen wir dem sehr nahe was mir gestern schon durch den Kopf ging, allerdings seitenverkehrt.
Würden zwei oder mehr durch freien Entscheidungswillen, den laufenden Geschehensablauf verändern können, könnte keiner mehr wissen, was geschehen wird, da keiner weiß, wie der andere reagiert. Halten wir also fest: Freier Entscheidungswille der Götter und deren allwissenheit, ist bei mehren nicht möglich.
Felix? ist dir eigentlich bewußt, wohin wir da gerade eben mal gelangt sind? Wenn es einen allmächtigen Gott gibt, dann ist er der einzige seiner Art. Ist dir das zuvor schonmal so deutlich bewußt geworden? Na wie auch immer, ich fand es irgendwie beeindruckend... Gut also weiter.
Wie wäre es denn, wenn alle alles wüssten, aber keiner frei entscheiden könnte? Geht das über unsere Vorstellungskraft? Na versuchen wirs mal:
Du weisst also ganz genau was passieren wird. Du weisst auch, wann du eine Entscheidung triffst, die für etwas ausschlaggebend ist. Gäbe es nun einen guten Gott, dann würde er aufgrund seiner Einstellung, und seiner Ziele immer das Gute tun. Nicht nur das, er würde das tun was das Maximum an gutem für uns bedeutet. Na nun schau dich mal um hm? Sieht es so aus, als lebten wir im Schlaraffenland? Bedenke bitte nochmal, der Gott hätte keinen Entscheidungswillen, aber alles Wissen. Das heisst er macht nie etwas falsch beim verfolgen seiner Ziele. Wir sind uns wohl einig, dass daneben wieder kein Gott konkurrierend bestehen könnte. Also folgt, da wir weder im Schlaraffenland leben, noch wir alle in der Hölle schmoren, kann sich ein Gott nicht so perfekt durchgesetzt haben. Demnach kann es keinen Gott geben, der allwissend ist und dabei keine freie Entscheidung hat.
Im Ergebnis bleibt also: Es kann mehrere Götter geben, die im Unterschied zu uns Menschen, einen freien Entscheidungswillen haben, oder es gibt Einen allwissenden Gott, und die anderen - so leid es mir auch tut, haben weder einen freien Entscheidungswillen, noch sind sie allwissend. Also vieleicht etwas wissender als wir normalsterblichen. Tja was denkst du, Felix? Was würde wohl geschehen, wenn allen Menschen bewusst würde, dass es nur einen wirklichen allwissenden Gott gäbe, und die anderen alle nur ... hm sagen wir mal göttliche Gehilfen sind? Richtig, es käme zu einem Gemetzel.
Wo die Theorie zwei Möglichkeiten lässt, und so schnell keine Widerlegung einer der beiden zu erwarten ist, sollte man sich für die Entscheiden, die bequemer ist. Also gehen wir den gerechteren Weg, und einigen uns darauf, dass auch Götter nicht allwissend sind. Das wird zwar den Templern nicht unbedingt gefallen, jedoch haben sie eigentlich keine andere Wahl. Ist das nicht wieder überraschend? Gut nen kleinen Fehler räumt man unserem Beschützer immer mal ein, aber dass er nicht allwissend ist? Schon erstaunlich nicht?
So nun kombinieren wir das mal: Wir Menschen haben also keinen freien Entscheidungswillen. Wir sind also wenn man so will, die Tröpfchen in einem fließenden Bach. Die Götter hingegen, haben wirklich keinen großen Schimmer, warum die Tröpfchen da irgendwas treiben. Aber wenn es ihnen gefällt, halten sie ihren Finger hinein, um einen kleinen Strudel zu verursachen. Ich weiss wirklich nicht, ob ich mich mit der Vorstellung zufrieden geben will. Glaubt man aber, und ist Verfechter der Logik, so ist dieses Bild die einzige Möglichkeit eines friedlichen Nebenher von mehreren Göttern. Naja ganz so schlimm ists ja nun auch nicht. Die Götter hätten ja schon eine gewisse Ahnung warum wir was tun, und wohin ihr Eingreifen führen könnte. Im Grunde haben sie mehr Ahnung als wir uns träumen könnten. Nur halt was wirklich hinten bei rauskommt, das wissen nichtmal die Götter. Ich hoffe die Götter verzeihen mir, dass ich sie mal so nüchtern betrachtete. Aber zumindest einigen sollte es doch gefällig sein, wenn man zum einen seinen klaren Verstand hat spielen lassen, worin sie den Mittelpunkt bildeten, und zum anderen ja nichtmal eine freier Willensentscheidung hatte, ob man dies durchspielen wollte."
Nachdem der kleine Beutel am Kamin seinen nagenden Hausherren wieder im Schlafe schützt, steigt der Herr leise die Stufen empor. Diesmal wird wohl sein Gebet etwas länger ausfallen. Ganz kann er es allerdings nicht unterdrücken darüber nachzusinnen, ob sie gerade wissen, was sie tun.
Theodore Fiero ist offline  
Geändert von Theodore Fiero (25.07.2004 um 03:31 Uhr).
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