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Alt 08.01.2011, 12:10
#26
Darok Vandrak
Reisender
 
Registriert seit: 19 Apr 2005
Beiträge: 865
Angeberisch bauchlängs auf den ausgebreiteten Fellen liegend, die Unterarme vor sich verschränkend aufgelehnt und das Kinn darauf gestützt ließ er sich wieder einmal von Ihr die vernarbte Schulter einmassieren. So ließ sich gut nachdenken und das musste er jetzt.
Nachdenken und die einzelnen Sachen zusammenfügen. Die letzten Ereignisse waren allesamt ein wenig durcheinander und scheinbar hatten Einige ihre Sachen nicht richtig ernst genommen und alles hinkte etwas hinterher.
Der Oberst war unzufrieden, der Ritter etwas nachlässig und dieser hochnäsige, dürre Frackständer von Baron war einfach ein Mistkerl.
Der Gedanke gefiel ihm garnicht, dass versucht wurde an seiner Zuverlässigkeit und Authorität als Kommandant und Heerführer im Süden zu wackeln. Und das versuchte dieser hochtrabende Elfenfatzke in seinen Augen. Mit faustdicken Lügen seine Stellung ausnutzend, hatte er ihn in Bedrängnis gebracht. Und das vor dem Oberst. Aber eigentlich war alles nur halb so wild. Doch er war auch einfach nicht der Mann mit dem ruhigen Gemüt und der engelsgleichen Geduld, als das er das einfach so auf sich sitzen lassen würde.
Murrend das verbliebene, rechte Auge kurz ein wenig zusammenkneifend bei diesen Gedanken gab er einfach mit einem Deuten seines Daumens über die Schulter auf seinen Rücken das Zeichen zu Ihr, dass er jetzt wohl auch dort massiert werden will. Kurz dann noch aus den Augenwinkeln über die Schulter Sie ansehend. Sie, die neben ihm auf den Fellen kniete und sich wirklich alle Mühe gab ihm es Recht zu machen und auf andere Gedanken zu bringen. Was aber aufgrund der momentanen Lage nicht gerade leicht war.
Und da war noch der alte Priester. Kein Lebenszeichen von ihm. Und das, wo er jetzt doch gebraucht wurde. Zumindest setzte er sich verbissen den Plan in den Kopf, dass der Pfaffe Alvar der Schlüssel dazu war, dieses vermaledeite Dämonentor endlich fertig zu machen.
Dazu wollte er endlich diese Sache mit der Hochzeit hinter sich bringen. Dazu brauchte er den alten Knacker auch noch!
Also musste der Pfaffe auch noch den Einsatz im Süden überleben. Und wenn er daran dachte, was mit der Elfe passiert war, die zu nahe ans Tor kam, glaubte er der altersschwache Priester würde vielleicht dort unten seine letzte gute Tat vollbringen. Er musste auf die Fähigkeiten von sich, seinen Leuten und der Garde vertrauen. Das sie Alvar da unversehrt rein und wieder rausbringen würden.
Zu allem Überfluss sollte auf Befehl vom Oberst auch noch sein spezieller, covanischer Freund mit. Um sich dieses Tor anzuschauen und zu studieren. Studieren! Dreck, was glauben die eigentlich alle wo sie da sind? In einem Büchersaal mit Anstandsmädchen, dass den Finger an die Lippen legt und kurz zur Ruhe bittet, falls man mal hustet? Vielleicht ging er ja in seiner Neugierde etwas näher an das Tor heran um es besser studieren zu können. Dann wäre zumindest sein Problem mit diesem Spitzohr erstmal gelöst.
Auf den eitlen Pfau konnte die Welt in seinen Augen eh verzichten. Tot wäre er allemal besser dran. Heldenhaft hätte er sich aufgeopfert, als ihn das Tor erfasst hat und wie kurze Zeit später ein paar zerfetzte, elfische Einzelteile wieder herausgespuckt würden.
Er musste bei diesen gehässigen Gedanken ein wenig den Mundwinkel heben. Trotz der Grausamkeit gefielen sie ihm.
Was ihn auch gleich veranlasste sich matchohaft auf den Rücken zu drehen, die Hände in den Nacken zu legen und etwas seine Muskeln angeberisch etwas anzuspannen und Sie lässig anzusehen dabei.
Er nickte gelassen ein wenig in Richtung seiner rechten Schulter, wo das vernarbte Gewebe der Klauenwunde langsam immer dunkler wurde mit der Zeit der Genesung. Ihr versuchend mitzuteilen, dass Sie auch noch die Vorderseite der Schulter massieren sollte.
Wenn er schon Sie noch nicht haben konnte, so wollte er es doch aber immer etwas ausreizen und Sie auch ein wenig in Verlegenheit bringen. Er genoß dieses kleine Spielchen. Das brachte ihn auch immer gleich auf andere Gedanken. Eine gute Sache in seinen Augen.
Und wenn Sie sich wieder zu sehr zieren würde, musste er einfach mit der drohenden Gefahren Schiene kommen. Das klappte immer recht gut. War Sie doch ein wenig verschreckt und ängstlich. Aber das machte Sie erst so liebenswürdig wie Sie war. Denn mit furchtlosen Emanzen konnte er ungefähr soviel anfangen wie ein nasser Iltis mit fünf Scheiten Feuerholz bei Regenwetter.

Reibe die Wunden deines baldigen Mannes gut ein, aufdass sie verheilen mögen, Weib.

Er sah sie mit einem unverholenen, matchohaften Blick an. Ihm ging es mal wieder viel zu gut.
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Geändert von Darok Vandrak (08.01.2011 um 12:48 Uhr).
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Alt 14.01.2011, 14:14
#27
Stille der Nacht
 
Registriert seit: 02 Jan 2004
Beiträge: 66
Es ist eine Nacht im Rado. Die Anwohner des Turmes in den Nordlanden liegen friedlich in sanftem Schlummer. Ab und zu mag ein leises Poltern, Knarren oder Ächzen ertönen, ohne dass diese Geräusche jedoch laut genug wären, um die Schlafenden zu wecken.
Wer aber die Gemächer des Turmes am nächsten Morgen betritt, wird seinen Augen wohl nicht trauen mögen. Denn das Innere des Steinkolosses macht den Eindruck, als hätte hier ein Sturmwind gewütet.
Stille der Nacht ist offline  
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Alt 15.01.2011, 17:49
#28
Nelin Vandrak
Reisender
 
Registriert seit: 22 Jul 2010
Beiträge: 238
Die Nacht, oder viel mehr der frühe Morgen, war kurz gewesen. Sie hatte nur zwei Stunden geschlafen und nun war die Zeit schon so weit fortgeschritten, dass sie gewiss zu spät kommen würde, wenn sie nicht in den nächsten Minuten aufbrach. Doch sie fühlte sich so müde und schlapp. Träge nahm sie ihr Frühstück ein, den Rücken und den Hinterkopf an die Wand hinter sich gelehnt, und kämpfte gegen die aufsteigende Müdigkeit an. Immer wieder musste sie blinzeln. Ihr war ein wenig unwohl, wenn sie daran dachte, welcher Anblick sie gleich erwarten würde. Doch sie hatte ihm versprochen vorbeizukommen um mit eigenen Augen zu sehen, welch Unheil in seinem Turm angerichtet worden war.

Während sie an einem Streifen getrockneten Schinkens knabberte, schloss sie die Augen und dachte an den gestrigen Abend in der Taverne zurück. Es hatte ein vergnüglicher Frauenabend werden sollen. Zusammen mit Somera und Adyanne hatte sie dem gesellschaftlichen Schmausen in der Frischen Brise beiwohnen wollen und der Abend begann auch viel versprechend. Bis… ja, bis Darok die Türen aufstieß und in den Raum polterte und mit seiner miesen Laune die gute Stimmung vertrieb. Sie konnte es ihm nicht übel nehmen. Er war aufgebracht darüber, dass sein ganzer Turm verwüstet worden war. Dass nichts mehr an seinem Platz lag, dass der Eindringling ein heidenloses Durcheinander erzeugt und dabei doch keine Spuren hinterlassen hatte, die auf seine Identität hätten schließen können. Doch in jenem Moment hatte sie sich darüber geärgert, dass er sich wirklich wieder von seiner schlechtesten Seite vor ihren Freundinnen zeigen musste. Auch wenn sie sich nun dafür schämte, dass sie sich so gleichgültig verhalten hatte. Normalerweise war das nicht ihre Art.

Sie räumte den Tisch ab und spülte das Geschirr. Hinter ihrer Schläfe pochte es dumpf. Es waren doch nur zwei Gläser Wein gewesen… und doch, der Schlafmangel schien dazu beizutragen, dass sie sich immer noch so unendlich gerädert fühlte. Sie brauchte sehr lange um sich fertig zu machen. Wäre Darok bei ihr gewesen, hätte er bestimmt mit ihr geschimpft wie lange sie doch bräuchte und ungeduldig sein Auge verdreht. Doch er war es nicht. Er war in der Nordmark und wartete auf sie. Sie hatte ihm versprochen ihm beim Aufräumen zu helfen. Ein Versprechen, welches zu erfüllen ihr an diesem Morgen besonders schwer fiel.

Sie ballte die Hand zur Faust und schlug mit aller Kraft gegen die massiven Tore, die ihr den Einlass verwehrten. Er hatte immer noch keine Glocke oder etwas Ähnliches anbringen lassen. Immer noch mussten Besucher durch Schreien, Rufen und lautem Klopfen auf sich aufmerksam machen. Ein Zustand, der sich sofort ändern würde, wenn sie zu ihm ziehen würde nach der Hochzeit. Schließlich wollte sie hier nicht vereinsamen. Sie wollte Besuch empfangen können und das ging nur, wenn sie auch hörte dass jemand vor den Toren stand. Während sie noch ihren Gedanken nachhing, schallte seine Stimme über die Mauer hinweg. Sie antwortete ihm und hörte kurze Zeit später, wie Schlösser knackten und Riegel sich zur Seite schoben. Dann öffneten sich die massiven Tore und er stand vor ihr. Gemeinsam gingen sie über den Hof zu seinem Turm. Tirn war auch da. Auch er wollte das Chaos sehen, welches der unbekannte Eindringling hinterlassen hatte.

Der Anblick war furchtbar. Wer war zu so etwas nur in der Lage? Nichts schien mehr an seinem Platz zu stehen. Regale waren umgestoßen, Stühle lagen zerbrochen in der Ecke. Karten, Taschen und zerbrochene Flaschen lagen auf dem Boden verstreut. Seine miefige Lederkluft, die er im Süden getragen hatte, lag ebenfalls auf den Steinplatten und Kleider… ihre Kleider! Ihr Blick weitete sich vor Schreck. Dort, halb auf dem Bärenfell, lag ihr neues Kleid, in einer Position, als sei es gerade erst abgestreift worden und auf der Sitzfläche des Stuhls mit der kaputten Lehne, dieser neue, dunkelrote Bustier, den sie hasste und den Darok ihr trotz ihrer Widerworte gekauft hatte. Die Müdigkeit und Trägheit wichen mit einem Schlag von ihr, als ihr bewusst wurde, dass am gestrigen Abend Seine Hochwohlgeboren, der Graf von Britain, Seine Wohlgeboren, der Ritter von Bregoras und der junge Knappe Algado ebenfalls hier in diesen Räumen gestanden hatten um alles in Augenschein zu nehmen. Und jetzt stand auch noch Tirn dort und sein Blick wanderte durch den Raum. Möglichst unauffällig schob sie sich vor den kaputten Stuhl um ihm wenigstens diesen Anblick zu ersparen. Doch am Liebsten wäre sie in Grund und Boden versunken. Was diese Männer wohl in jenem Moment gedacht hatten? Darok jedenfalls schien es, sehr zu ihrem Ärgernis, nicht zu kümmern…

Als Tirn gegangen war, machten sich die beiden daran Ordnung zu schaffen. Vieles war nicht mehr zu gebrauchen und landete auf dem Müll. Es war eine mühselige Arbeit. Sie wussten nicht so recht wo sie anfangen sollten. Das Durcheinander war einfach überall. Doch nach und nach konnten sie die Oberhand über das Chaos gewinnen und die Wohnstube sah wieder einigermaßen bewohnbar aus. Sie war gerade im Flur, als sie sein Rufen hörte und lief rasch zu ihm. Er deutete hoch zu einer Uhr an der Wand und sie legte den Kopf fragend schief. Es war die Uhr, die ihnen der Händler auf dem Marktplatz in Britain als kostenlose Zugabe gegeben, als sie bei ihm die neuen Kleider erworben hatten. Nun hing sie dort, fein säuberlich aufgehängt, an der Wand und tickte leise, während um sie herum das Chaos herrschte. Darok verneinte, als sie ihn fragte ob er sie an der Wand angebracht hatte. Nur, wer sollte es sonst gewesen sein? Während Darok sich abwandte um weiterhin Stuhlteile aus dem Fenster in den Hof zu werfen, fiel Nelin erst jetzt auf, dass das Gehäuse der Uhr mit Sternen verziert war. Die Worte des Händlers schossen ihr wieder durch den Kopf: Die Uhr sei meisterlich gearbeitet und noch niemals stehen geblieben. Sie würde ein Gewinn für jedes Haus sein, wenn sie erst einmal an der Wand hing und man würde es sicherlich nicht bereuen. Es wäre eine Verschwendung, sie einfach in einer Kiste verstauben zu lassen. Nelin war anfangs angetan von dieser Uhr, doch jetzt, während sie sie genauer betrachtete, beschlich sie ein ungutes Gefühl. Sie konnte sich es nicht erklären. Daroks Worte drangen nur dumpf zu ihr, als hätte sie Watte in den Ohren. Ihr Blick war starr auf die Uhr gerichtet gewesen und sie hatte ihn nicht abwenden können. Erst Daroks markerschütternder Schrei, als er eine Kiste öffnete und seine Bierreserven in Scherben daliegen sah, rissen sie zurück in die Wirklichkeit.

Doch bei diesem seltsamen Zwischenfall sollte es nicht bleiben. Nachdem die Wohnstube aufgeräumt war, gingen sie hinunter ins Lager um auch dort nach dem Rechten zu sehen. Darok schien immer noch keine Verluste beklagen zu können und so machte sie sich daran, die zerstreut herumliegenden Laternen aufzusammeln, während er das Regal wieder aufrichtete und die schweren Eisentruhen zurück an ihren einstigen Platz zog. Er stöhnte und hielt sich den Rücken, das Gewicht der Truhen war sehr schwer, als es passierte. Ein Helm fiel aus dem Regal hinter ihm, landete auf seinem Rücken und rutschte von dort auf den Boden, wo er polternd aufkam und mit metallischem Klingen noch ein Stück weiter kullerte. Darok fluchte über die Ratten, Nelin schob es darauf, dass er wohl zu unbeholfen war und irgendwie an das Regal gestoßen sein musste. Aber so ganz überzeugt war sie nicht. Er verließ das Lager und sie blieb allein zurück, weiterhin Kleinteile vom Boden aufsammelnd. Kaum hatte er die Gittertür passiert, als sie auch schon zuschlug und mit einem leisen Klacken verriegelte sich das Schloss. Nelin bekam erst davon mit, als er prüfend an den Gitterstäben rüttelte. Sie fand es gar nicht lustig, dass er sich nun scheinbar jetzt in dem Moment einen Jux daraus machte, sie einzusperren und schlängelte sich um die Kisten herum auf die Tür zu, dabei das Regal mit den Helmen vorsichtig umrundend. Doch bis sie die Tür erreicht hatte, hatte er sie schon längst wieder aufgesperrt. Während der Wind durch den Turm pfiff und sie frösteln ließ, stapfte er erneut nach oben um die Wanduhr abzunehmen. Er brachte sie runter ins Lager und verstaute sie in einem der zahllosen Kisten. Kurz darauf erlosch mit einem leisen Zischen die Laterne auf dem höchsten Kistenstapel. Nelin war nie abergläubisch gewesen, doch in diesem Moment begann sie zu zweifeln. Sie beruhigte sich erst wieder, als Darok die Laterne ohne Probleme erneut entzünden konnte und das Licht der Flamme den Raum matt erhellte und etwas Wärme spendete.


Aber es sollte nicht aufhören… Plötzlich erklang von der Treppe her ein Klirren und Scheppern aus dem oberen Stockwerk. Während Darok in Alarmbereitschaft versetzt wurde, wäre Nelin am Liebsten schreiend aus dem Turm gelaufen, doch sie war starr vor Angst und konnte sich nicht mehr rühren. Ihre Augen waren panisch geweitet, als sie sah, wie Darok sein Schwert aus der Halterung an seinem Rücken löste und das Heft mit beiden Händen fest umschloss. Alles in ihr schrie nach Widerspruch, als Darok ihr deutete hier zu bleiben, während er sich oben umsehen wollte. Sie wollte nicht allein zurück bleiben, sie fürchtete sich und doch zog sie sich in die Ecke zurück, während er sich nach draußen gen Treppe pirschte. Ein dumpfes Pochen, als würde etwas auf den Boden schlagen oder fallen, ließ sie erneut zusammenschrecken und sie hob den Blick gen Zimmerdecke empor und versuchte zu orten, woher diese Geräusche kamen. Doch es gelang ihr nicht und dann kehrte die Stille zurück. Zwischendurch konnte sie seine dumpfen Schritte hören, dann wurde es wieder ruhig. Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis er endlich zurückkehrte. Seine Haltung war immer noch angespannt, während er das Schwert wieder zurück in die Scheide schob. Er versicherte ihr, dass Nichts gewesen sei und versuchte beruhigend auf sie zu wirken. Doch sie war viel zu sehr in ihrer Angst verfangen, als das sie in jenem Moment seinen Worten Glauben schenken konnte. Es konnte einfach nicht „Nichts“ gewesen sein. Denn sie hatten beide das Poltern deutlich gehört. Und auch der Wind, von dem er meinte, dass er seine Faxen mit ihnen spielte, hätte niemals eine solche Kraft aufbringen können. Irgendetwas stimmte hier nicht…
Nelin Vandrak ist offline  
Geändert von Nelin Vandrak (16.01.2011 um 18:58 Uhr).
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Alt 16.01.2011, 10:40
#29
Darok Vandrak
Reisender
 
Registriert seit: 19 Apr 2005
Beiträge: 865
Das leise Zirpen der Grillen und die nächtlichen Geräusche aus den nahegelegen Mangrovenwäldern, welche die Ostburg im Süden umgeben in dem milden, tropischen Winter ließen ihn ruhig auf dem großen Bett im Burgherrenzimmer wach liegen. Sein verbliebenes, rechtes Auge nur einen Spalt geöffnet, ließ er die Umgebung auf sich einwirken wärend Sie neben ihm in seinen Armen einen sanften Schlaf gefunden hatte.
Jetzt, nachdem er hier seinen Dienst getan hatte, sein Wort erfüllt hatte und der Sieg vorerst errungen wurde, empfand er diesen Ort nicht mehr als so grässlich wie einst. Nein. Eher im Gegenteil. Die Stadt, die Heimat. Sie hatte eine schnöde Tristheit im Vergleich hierzu. Hier hatten sie alle gekämpft, alle ihr Blut vergossen und Gewaltiges erschaffen und geleistet. Jetzt, da all die Anspannung abgefallen war und er Sie noch dazu hier an diesen Ort geführt hatte, entfaltete sich Jener zu einer atemberaubenden, geheimnisvoll fremden Kulisse. Jetzt erst konnte er all diese Eindrücke wahrnehmen. Die gewaltige Größe und Erhabenheit des Festungswalles, die magischen Lichtspiele in dem von Quarzkristallen übersähten Verbindungstunnel und die rustikale, anmutige Ostburg.

Dieser Ort schien die Jahre aus seinem Gesicht zu fegen. Ihn wie einen Mann im besten Alter wirken zu lassen. Und das schien Sie auch zu bemerken. Er gab all seine jugendhafte Faszination und all die stolze Inbrunst, die er jetzt für diesen Ort empfand wie über eine unsichtbare Aura an Sie weiter. Und Sie ließ sich davon anstecken. Der Gedanke gefiel ihm, wie er Sie sah, als sie langsam durch den Tunnel schritten und das Lichterspiel der Kristalle, in allen Spektren des gebrochenen Lichtes betrachteten. Und wie Ihr die Glücksgefühle emporstiegen, bei diesem Anblick. Und wie sie sich leidenschaftlich und innig, direkt über dem Tor des Hauptwalls in blutroten Licht der untergehenden Sonne geküsst hatten, wärend die milde Meeresbrise auffrischte. Ja ein guter Gedanke und ein guter Ort. Er war sichtlich zufrieden.
Wie er Ihr, Ihre abenteuerlustige Seite entlockte. Sie, welche nur mehr die kleine Welt rings um Ihr Häuslein kannte. Und wie sie beide mit einer Fähre über den wilden, winterlichen Ozean hinein in diese fremde, mysteriöse aber auch schöne Welt hineinsegelten. Es hatte voll eingeschlagen bei Ihr und es gab ihm eine siegreiche Zufriedenheit, dass Sie seine Abenteuerlust und die Faszination an diesem Tag mit ihm teilte.
Und sich auch von der gewissen Räuberromantik anstecken ließ, als er den verwegenen Gedanken hegte, ungesehen in Zweisamkeit die Nacht im großen Doppelbett des Burgherren zu verbringen. Er genoß es sichtlich, wie ihr dabei ein wohliger Schauer über den Rücken ging und Sie mit ihrer lieblichen Schüchternheit zeigte, dass ihr der Gedanke auch gefiel.

Ein guter Tag. Wahrhaftig. Nach den vergangenen eine willkommene Abwechslung. Er musste kurz leise schnaufen, als er an das heillose Chaos in seinem Turm zurückdachte. Was für eine elende Sauerei. Wer oder was auch immer das fertig gebracht hatte, war entweder ein großer Hexer oder er hatte einen hinterlistigen Plan und ein halbes Dutzend Handlanger dabei. Alles verwüstet. Tonnenschwere Truhen aus seinem Lager lagen quer auf der oberen Treppe und alle möglichen Sachen wurden kreuz und quer über den gesamten Turm verstreut. Verschiedenste, teure Tinkturen lagen in Scherben am Boden, die Stühle zerschmettert und sogar seine Truhe mit dem eingelagerten Bier wurde nicht verschont. Welcher hundsgemeine Drecksack nimmt einem Mann sein Bierlager? Das konnte doch alles nicht wahr sein.
Für ihn schmeckte das alles viel zu sehr nach einer Vergeltungsaktion von diesem dürren Hosenständer von Spitzohr-Baron. Wer sonst hätte Grund soetwas anzurichten? Die Vermutung des Obersts, es könnte jemand oder etwas eine Sache gesucht haben, aber dann nicht gefunden, geriet in weitere Ferne für ihn. Obwohl es vielleicht doch näher lag, als der Gedanke der Baron von Cove hätte aus purem Hass einfach alles einmal verwüstet, nur um ihn eine reinzudrücken.
Und noch dazu diese Art Visitenkarte. Es fiel ihm erst auf, als er mit Ihr zusammen den ganzen Plunder aufräumte. Diese fein säuberlich aufgehangene Uhr, welche dieser goldgierige Schmiersack von Händler ihnen als Zugabe mit eingepackt hatte. In blankem Hohn thronte dieses, in seinen Augen vollkommen nutzlose Tandding wie ein leicht vor sich hergrinsender Zuschauer über der Verwüstung. Er hätte die Uhr am liebsten einfach als Reaktion auf ihr unverschämtes dahängen aus der nächsten Schießscharte geworfen. Aber das hätte blos wieder Ärger mit Ihr gegeben. Den konnte er in diesem Moment nicht gebrauchen. Und dieses Gepolter, als sie unten im Lager waren. Er hoffte, den Verantwortlichen für diese Schweinerei noch zu erwischen, wärend Sie ängstlich wohl irgendwelchem, weibischen Aberglauben nachhing. Aber der Nordwind, welcher wohl gerade stürmisch aufbrausen musste, hatte ihnen nur etwas vorgegaukelt. Er tat das Alles als Zufall ab und Nelins verängstigtes Verhalten als Weiberkram. Sie solle sich doch nicht immer gleich in den Unterrock machen, hatte er ihr schlicht gesagt. So lieblich es doch war, mit ihrer ängstlichen Art. In diesem Moment nervte es ihn einfach.

Aber das war ihm jetzt alles herzlich egal. Er verdrängte die unangenehmen Gedanken dieses Vorfalls aus seinem Kopf und als Sie, auf seiner breiten Brust schlummernd sich etwas räkelte, wurde ihm wieder bewusst was für ein guter Tag heute doch gewesen war. Hier waren sie weit ab von tadelnden Hofdamen, Moral vorbetenden Rittern und hundsgemeinen, Bierflaschen zerstörenden Turmmarodeuren. Er hatte sein Heim zwar wieder schutzlos zurückgelassen, aber das war ihm ziemlich gleich. Er würde es eben wieder herrichten, wenn es wieder passieren sollte. Morgen hatte er seinen Kampf mit diesen Banditen. Morgen, nicht Heute.
Darok Vandrak ist offline  
Geändert von Darok Vandrak (16.01.2011 um 11:07 Uhr).
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Alt 25.01.2011, 21:20
#30
Nelin Vandrak
Reisender
 
Registriert seit: 22 Jul 2010
Beiträge: 238
Ihre Beine hatten sie nicht länger tragen wollen und so war sie in ihrer Schlafkammer vor dem Bett zu Boden gesunken. Ihre Wange ruhte an der weichen Matratze während ihre Finger sich in die Bettdecke festgekrallt hatten, als wäre sie der einzige Halt. Sie trug noch immer all ihre Kleider, selbst den Umhang, der sich nun wie eine Decke um ihren Körper schmiegte. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, doch es drang kein Laut von ihnen. Die langen, schwarzen Wimpern waren nass und unter ihren geschlossenen Lidern quollen die Tränen hervor. Heiß und salzig suchten sie sich schlängelnd und windend den Weg ihre Wangen hinab, bis sie über ihr Kinn wanderten um sich dort zu einem Tropfen zu sammeln um hernach herab zu fallen. Doch es waren keine Tränen der Trauer. Es waren Tränen der Freude und des Glücks.

Der Abend hatte damit begonnen, dass sie die Messe zu Ehren Cunnas auf der Insel Valarian besucht hatte. Zwar war ihr Glaube an Glaron inzwischen stärker und fester als jemals zuvor, doch hatte sie auch immer noch der Göttin der Herdfeuer und des Handwerks einen kleinen Platz in ihrem Herzen bewahrt. Früher hatte sie in ihrer Heimat die Lehren beider Götter erfahren dürfen. In den Schulen waren die Worte Glarons wiedergegeben worden und zu Hause hatten ihre Eltern ihren Geschwistern und ihr den Glauben an Cunna gelehrt, wenn sie an kalten Wintertagen dicht zusammengedrängt um den einfachen Holztisch in der Küche saßen und gemeinsam speisten, während das Herdfeuer im Hintergrund leise vor sich hin knackte. Sie hatte der Messe zum Teil mit geschlossenen Augen gelauscht und fühlte sich durch die Worte von Hochwürden Dagisto an all’ dies erinnert. Es war ihr, als wäre sie in ihre Heimat zurückgekehrt, als wäre sie zu Hause.

Sie war überrascht gewesen als sich jemand in der Messe neben sie setzte und erstaunt als sie erkannte, dass Er es war. Zwar hatte sie es sich inzwischen zur Angewohnheit gemacht einen Zettel auf dem Küchentisch zu hinterlassen, wenn sie für eine längere Zeit das Haus verließ und zu eher ungewohnten Zielen aufbrach, doch hatte sie niemals damit gerechnet, dass er ihr folgen würde. Möglichst leise hatte er sich neben sie gesetzt und der Andacht gelauscht und sie war stolz auf ihn – stolz, dass er sich laute Kommentare verkniff und sie nur einmal kurz störte, als er sie flüsternd etwas fragte.

Nach der Messe kehrten sie in den Fenisthaler Wolf ein, denn seine Hochwürden hatte zum geselligen Beisammensein eingeladen. Einige der Messebesucher waren dort und auch Somera, eine gute Freundin von ihr. Gerne hätte sie mit ihr ein paar Worte gewechselt, doch Somera war von ihrer Arbeit so in Beschlag genommen, die Bestellungen der anwesenden Leute entgegenzunehmen und Getränke auszuschenken, dass sie sie besser in Ruhe ließ. So ließ sie sich an Daroks Seite an dem niedrigen Tisch auf einem der weichen Sitzkissen nieder und lauschte den Gesprächen oder brachte sich gar selbst mit ein. Der Abend war vergnüglich. Es wurde viel gelacht und auch Darok schien sich zu amüsieren. In einem jungen Schmied hatte er einen Verbündeten gefunden. Die beiden wechselten raue Worte, die ihr die Röte ins Gesicht schießen ließen, doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen – natürlich vergebens. Sie unterhielt sich ein wenig mit Fräulein Remlim, einer jungen Gardistin, die nach dem Appell in Britain wieder zurückgekehrt war. Und sie sprach mit Hochwürden Dagisto. Ihm offenbarte sie ihre Sorge, dass Darok anständige Kleidung für die Hochzeit brauche, denn in seiner treuen, aber auch miefigen, Lederkluft wollte sie ihn nicht vor dem Traualtar stehen sehen. Der Schneider versicherte ihr, dass er sich höchstpersönlich darum kümmern würde und ihr fiel ein Stein von Herzen. Eine Sorge weniger. Eine Sache, um die sie sich nun nicht mehr kümmern brauchte. So hoffte sie zumindest.

Doch der Abend sollte noch mehr Überraschungen für sie bereithalten. Sie unterhielten sich mit leisen Stimmen und kamen auf die bevorstehende Hochzeit zu sprechen. So vieles musste noch geplant und erledigt werden. Nelin schauderte allein bei dem Gedanken, wie viele Gespräche noch zu führen, wie viele Einkäufe noch zu erledigen und wie viele Einladungen noch zu schreiben waren. Doch Darok gab sich zuversichtlich. Sie würde das schon alles hinkriegen. In dieser Hinsicht war er sehr großzügig. Großzügig in dem Sinne, dass er alle Arbeit auf ihren Schultern ablud. Doch sie war ihm deswegen nicht böse. Sie konnte es einfach nicht. Und eigentlich, war es ihr ganz Recht, wenn sie alles steuern konnte. So würden ihr wenigstens keine unangenehmen Überraschungen auflauern. Sie erzählte ihm davon, was sie noch alles vor hatte und er hörte wohl zumindest mit einem halben Ohr zu, denn er nickte an den richtigen Stellen und gab ab und an auch einen undefinierbaren Laut von sich, der mit viel gutem Willen als Zustimmung gedeutet werden konnte. Und so geschah es, dass sie auch von ihrem Erlebnis in der Frischen Brise erzählte. Wie sie die Taverne aufgesucht hatte um eigentlich mit Frau von Britain zu sprechen und wie sie dann merkte, dass diese besondere Gäste an jenem Tag hatte. Sie hatte miterlebt wie ein junger Mann seiner Gefährtin einen romantischen Heiratsantrag machte. Wie er die richtigen Worte fand um seine Liebe zu gestehen, wie er vor ihr niederkniete und vor Zeugen um ihre Hand anhielt. Sie war beeindruckt von dem Mut dieses Mannes, doch irgendetwas störte sie an diesem Bild, obgleich sie sich für das junge Paar sehr freute, denn sie kannte die junge Frau flüchtig. Darok jedoch schien sich von ihrer Aufregung keineswegs anstecken zu lassen. Reserviert hatte er sie betrachtet und ihre Erregung über diesen freudigen Anlass mit wenigen Worten und Gesten zunichte gemacht. Er war ein Mann, der keinen Sinn für solche Romantik besaß. In seinen Augen war ein Mann, der seine Gefühle so offen zeigte, angreifbar und verletzbar. Nie wäre ein solcher Mann in der Lage seine Frau angemessen zu beschützen und es zu großen Taten zu bringen. Sie war geschockt von seinen Worten und zugleich tieftraurig, dass er solche Grenzen zog. Dass er nicht verstehen und einsehen wollte, dass ein Mann sehr wohl einfühlsame Worte sprechen und sich gleichzeitig auch mutig in einer Schlacht sich dem Feind entgegenstellen konnte. Doch es hatte keinen Sinn mit ihm zu diskutieren. Sie hatte dieses Wortgefecht schon verloren, bevor sie es richtig begonnen hatte und er verharrte stur auf seinem Standpunkt. Ihr blieb nichts anderes übrig als sich zu fügen.

Als sie den Fenisthaler Wolf verließen sprach sie kein Wort mit ihm. Bis zu den Hafenanlagen von Valarian gab sie sich Mühe stets ein kleines Stück vor ihm zu Laufen und sie ließ sich auch nicht von ihm helfen, als sie über die schmale Planke balancierte um auf das Schiff zu kommen. Die ganze Überfahrt schwiegen sie sich an und als sie im Britainer Hafen ankamen hatte sich die Nacht bereits tiefschwarz herabgesenkt. Die Stege waren hier nur spärlich beleuchtet und aufgestapelte Kisten warfen weite Schatten auf die Planken und standen in solchen Winkeln zueinander, dass sie dunkle Nischen bildeten. Es fröstelte sie und während sie hinter ihm von Bord ging huschte ihr Blick sofort durch das zwielichtige Viertel. Es widerstrebte ihr zutiefst, doch sie trat näher an ihn heran, seinen Schutz suchend. Als er die Hand nach ihr ausstreckte zögerte sie erneut und man konnte an ihrem Gesichtsausdruck ablesen, wie sehr sie sich eigentlich dagegen sträubte, doch dann legte sie doch ihre Hand in seine und sogleich entspannte sich ihre ganze Haltung. Jetzt fühlte sie sich sicherer. Hand in Hand führte er sie nach Hause.

Sie hatte fest mit dem Gedanken gespielt ihn diese Nacht nicht einzulassen. Sollte er doch eine Nacht in seinem kalten, zugigen Turm verbringen und nicht vor ihrem wärmenden Kamin. Diese Nacht wäre notwendig um sein Gemüt wieder abzukühlen, doch es sollte alles ganz anders kommen. Sie sah ihn nicht an, als er mit ihr sprach. Sie wollte seine Worte nicht hören. Er sah ihren Standpunkt nicht ein, warum sollte sie ihm dann Gehör schenken. Es war doch sowieso vergebens. Er war immer noch der Meinung, dass ein Mann, der Frauen mit schönen Worten schmeicheln konnte, niemals in der Lage wäre sie auch ausreichend schützen zu können. Er war so stur. Warum verstand er nicht, dass das was er sagte Unsinn war? Er ließ ihre Hand los und sie hörte seine Aufforderung, dass sie ihn ansehen sollte. Sie war hin- und hergerissen von ihren Gefühlen, doch schließlich hob sie doch den Blick an. Mit leisen Worten sprach er auf sie ein, doch es waren nicht seine Worte die sie erschreckten. Es war sein Blick in dem plötzlich diese Härte aber auch Enttäuschung lag. Ihr wurde mit einem Schlag bewusst, dass sie ihn mit ihren Worten verletzt haben musste. Doch hatte sie nicht nur gesagt, was sie sich eigentlich wünschte? Sie hatte doch ein Recht dazu. Es war ihr über die Lippen gekommen, noch ehe sie richtig darüber nachgedacht hatte. Vielleicht hatte sie es auch nur gesagt, weil sie sich so maßlos über ihn ärgerte, doch sie hatte es ausgesprochen, was sie an diesem Tage am meisten beschäftigte. Seid ihrer Kindheit hatte sie von einem solchen Antrag, wie jenen am heutigen Tage in der Brise, geträumt. Schon als kleines Mädchen hatte sie es sich ausgemalt wie es sein würde, wenn ein Mann um ihre Hand anhalten würde. Und nun… nun war sie verlobt und hatte noch nicht einmal „Ja“ gesagt. Denn er hatte allein festgelegt, dass er sie zur Frau nehmen würde. Ihre Antwort hatte er nie abgewartet.

Sie hatte sich ein wenig erleichtert gefühlt, als sie diese Worte hatte aussprechen können. Es war, als hätte sich ein Knoten in ihrer Brust gelöst. Er sagte zu dem Allem nichts. Sie hatte dies erwartet. Was sollte er auch sagen? Ein Mann, der solche Schlachten schlug wie er, war nicht dafür geschaffen, gefühlvolle Worte zu sprechen.

Doch er brauchte auch nichts zu sagen. Das Blut gefror ihr in den Adern als er ihr mit festem Blick in die Augen sah und sich dann langsam, beinahe majestätisch auf ein Knie vor ihr herabsinken ließ. Sie legte ihre Hand in seine als er ihr jene entgegen streckte. Es war ein beängstigendes Gefühl. Nun schaute sie auf ihn herab und er zu ihr auf. Wie oft war es umgekehrt gewesen und nun, in der dunklen Gasse vor ihrer Wohnung, hatte er den Spieß umgedreht. Ihr Blick saugte sich an seinem Gesicht fest, welches vom Alter und unzähligen Schlachten gezeichnet war. Sie sah den Verband, der sich quer um seinen Kopf zog und das linke Auge verdeckte. Nur eine kleine, vernarbte Stelle blitzte unter dem schmuddeligen Stoff hervor. Sie hatte Mühe ihre Gesichtszüge zu kontrollieren. Sie spürte, wie sie am ganzen Körper zu zittern begann. Nie hatte er das Knie vor jemanden gebeugt und nun kniete er ausgerechnet vor ihr. Dumpf klangen seine Worte an ihre Ohren, die sich anfühlten, als seien sie mit Watte verstopft. Etwas schrie in ihr, vor Freude, vor Glück und gleichzeitig hatte sie das Bedürfnis einfach wegzurennen, doch sie war zu sehr gefesselt von dem Moment den sie durchlebte. Er hielt um ihre Hand an. Er fragte sie, ob sie seine Frau werden wollte. Er bat sie inständig. Er gab ihr das Gefühl, dass es ihm wirklich wichtig war, wie ihre Antwort ausfallen würde, obwohl er sie längst kannte. Ihr wurde etwas schwummerig. Nelin, du musst atmen.

Sie gab ihm ihr Ja-Wort und er lehnte die Stirn an ihre Hand. Sie fühlte sich gerührt, geehrt von seiner demütigen Geste. Einen Moment verharrte er so, dann hob er den Kopf wieder an und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. Mit einer stummen Geste deutete sie ihm sich wieder zu erheben. Als seine große Gestalt sich wieder imposant vor ihr aufrichtete, folgte ihr Blick jeder seiner Bewegungen. Sie fühlte sich sogleich wohler, als er wieder aufrecht vor ihr stand. Ein Gefühl von Sicherheit überkam sie und sie wusste, dass dieser Mann sie mit allen Mitteln die in seiner Macht standen schützen würde. Und sie… sie wollte ihm eine gute Ehefrau werden. Eine Frau, auf die er stolz sein konnte. Eine Frau, die hinter ihm stand und immer für ihn da sein würde wenn er sie brauchte.

In dieser Nacht musste er nicht in seinen Turm zurückkehren. Die Felle vor dem Kamin warteten bereits auf ihn.
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Alt 03.02.2011, 12:15
#31
Darok Vandrak
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Die letzte Zeit verbrachte er immer mehr damit, sich wieder in seinen einsamen Gemäuern aufzuhalten. Das reghafte, aber in seinen Augen ziemlich sinnfreie Gewusel und Gefasel der einfachen Städter und Dahergelaufenen war einfach nicht sein Ding. So seltsam das klingen mochte, nach anfänglicher Verachtung. Aber jetzt sehnte er sich danach wieder in den Süden, in die Festung und den Krieg zurückzukehren. Nicht mehr die Männer und wichtige Entscheidungen prägten seinen Alltag. Nein, Weibergewäsch und banale Sachen, die von einigen Personen zu dem Wichtigsten der Welt aufgebauscht wurden, standen nun für ihn an der Tagesordnung. Was für eine Zeitverschwendung. Man könnte auch genauso gut den Arsch auf der Bank plattsitzen und einfach nichts tun. Würde genausoviel bei rumkommen.
Die Sachen, für was sich so viele Leute begeistern konnten, lösten nur Langeweile in ihm aus.
Der Schnaps half, aber er wollte nicht zu träge werden. Daher stieg er wieder auf Bier um. Was blieb einem auch anderes übrig. Irgendwie musste man ja die Zeit rumbringen. Er musste daran denken, was Sie wohl jetzt wieder tun würde. Sie wollte irgendwelche Ringe beschaffen. Das beschäftigte Sie schon seit Wochen. Er konnte es sich einfach nicht vorstellen, wie lange man dafür brauchte zwei elende Ringe zu beschaffen. Wahrscheinlich würde Sie den ganzen Tag damit zubringen in ihrer kleinen Stube im Kreis zu rennen und sich Gedanken machen, ob es jetzt ein goldener oder ein silberner, oder weis der Namenlose was für einer sein soll. Reine Zeitverschwendung.
Aber das war eigentlich nicht das schlimmste, was so in letzter Zeit an Schwachsinn passiert war. Er musste stöhnen und sich die flache Hand ins Gesicht drücken, als er daran zurückdachte wie er in diesen Gefühlswirren von Ihr, sich hatte genötigt gefühlt und sich dann tatsächlich hat breitschlagen lassen.

Und wieso? Wegen irgend so einem Jammerlappen von Jonas Turan.
Er kannte diesen Knilch ja nicht einmal. Aber war wohl irgend so einer von diesen ganzen, grünschnäbligen Kadetten mit denen sich der Oberst neuerdings rumschlagen musste. Wahrscheinlich so ein Hundefurz unter dem blauen Gardemanöverlatz auf der Rübe. So ein Gardefrischlinge. Er musste daran denken, wie einer von diesen Grünschnäbeln vom Oberst zur Sau gemacht wurde, weil er seinen Manöverlatz verloren hatte, nachdem er von einer fetten Hummel davongerannt war. Was für Weicheier.
Das Gejammer und dieser Unsinn den Sie von sich gegeben hatte, konnte er noch immer nicht verstehen. Aber irgendwie hatte Sie es geschafft, dass er sich tatsächlich dazu bereiterklärt hatte vor Ihr hinzuknien und Sie darum zu bitten sein Weibe zu werden. Bei allen Göttern. War er jetzt auch so ein weicher Trottel geworden, oder was? So ein Milchgesicht von einem Romantiker, der Zeug dahersäuselt, dass einem normalen Mann gleich der Eintopf wieder hochkommt. Der Gedanke jagte ihm ziemliches Unbehagen ein.

Pah! Grober Unfug. Es war geschehen. Daran konnte er jetzt nichts mehr ändern, aber das war jetzt nicht mehr weiter wichtig. Wichtig war, dass Sie merken sollte, das es sowas in Zukunft nicht mehr geben wird. Es galt nun, dass er Ihr wieder härter klarmachen musste, wer hier was zu sagen hatte. Schließlich hatte Sie wieder etwas gut zu machen. Wie er alles für Sie tat. Alles ausstand. Die Hochzeit, das ganze hin und her. Und jetzt auch noch das. Wie einfach wäre doch alles, wenn man so eine Weichflöte wäre und sich bei jeder Gelegenheit ausheulen kann. Wie dieser Turan. Aber darauf geschissen.
Ja, scheiß auf dich Turan!
Schnauzte er in Gedanken sofort diesen für ihn völlig unbekannten Kerl an. Der eigentlich garnichts dafür konnte. Aber es über zig Umwege geschafft hatte, sich bei Darok allein durch einen romantischen Heiratsantrag und dessen Nachwirkungen unbeliebt zu machen.

Aber was sollte es auch. Er fühlte sich nun auch gleich besser. Nur das Bier drohte knapp zu werden. Außerdem war es einmal wieder Zeit, bei Ihr aufzukreuzen. Es war schon spät geworden und er würde sich wieder vor den Kamin auf seine Felle legen. Ein guter Platz und ein guter Gedanke. So konnte er dieses ganze sinnlose Gehabe und die Langeweile loswerden.

Also machte er sich auf zurück nach Britain. Zurück zu seinem Weib und seinen Fellen. Dachte er zumindest. Was er vorfinden würde, würde ihm garnicht gefallen.
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Geändert von Darok Vandrak (03.02.2011 um 15:53 Uhr).
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Alt 11.02.2011, 01:13
#32
Darok Vandrak
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Der Frühling ließ das Leben wie jedes Jahr neu erwachen. Die frischen Triebe sprossen hervor und der freudige Gesang der Vögel kündigte von dem Erwachen des Landes aus einem tiefen Winterschlaf. Die Sonne verbreitete Wärme, mit jedem einzelnen ihrer Strahlen. Und Leben regte sich wieder in den Landen. Alle Sorgen schienen vergessen. Alles Alte und Bedrohliche, überdauert.
Was für ein Dreck.
Allesamt schienen sie vergessen zu haben, in was für einer Welt man doch lebte. Den Kopf in den Sand stecken. Ja das taten sie alle. Blieb nur zu hoffen, dass die richtigen Leute es nicht taten. Alle anderen schienen sich etwas vorzumachen, etwas zu verdrängen. Wie naive Lämmlein, die es geschafft hatten ihre ersten sicheren Schritte zu machen und jetzt herumhoppsten vor Freude darüber, dass sie einfach hoppsen können. Aber zu einfältig und unvorsichtig, den Wolf zu sehen, der sich auf dem nächsten Hügel in Lauerstellung gelegt hatte.
Die blutrote Sonne Loricas würde wieder aufgehen. Man konnte sich jene nicht einfach wegwünschen. So war es geschrieben, so war es Gesetz. Aber alles deutete darauf hin, dass sich eine gefährliche Sicherheit in den Köpfen dieses Inselvolkes festgesetzt hatte.
Und zum Namenlosen nochmal. Es hätte ihn auch fast erwischt. Verfluchte, wandelnde Bäume belagerten Yew, der König der Elfen war tot und irgendwie war Karex das auch.
Und er hatte keinen Schimmer. Nichts mitbekommen.
Verdammt nochmal! Diese stumpfe, ereignislose Ödniss ließ die Wachsamkeit vor die Hunde gehen. Zu lange in Harmonie bedeutete meist, man würde seinem Untergang entgegen trudeln. Als ob man sich dem Schlaf hingegeben hätte, ohne sich bewusst zu sein, dass man sich auf einem Floß befindet, welches bei einem einst ruhigen Gewässer geradewegs auf einen Wasserfall zusteuert. Zumindest wenn man Loricaner war.

Wie schlagartig man doch manches vor Augen geführt bekommt. Und wie es dann auch noch aufzieht, ist meist nicht gerade aufbauend. Aber das er so schläfrig geworden war, um sich so dermaßen vor den Kopf stoßen zu lassen, glich einer Schande. Bei Lorica. Wie Sie es überhaupt waagen konnte, dies zu tun was Sie getan hatte. Es war keine Stunde her, wo Sie genau hörte, was mit aufmüpfigem Weibsvolk passieren würde. Und Sie hatte es dennoch gewagt genau das zu tun. Diese Welt bestand nicht weiter, weil sich schwache Weiber plötzlich berufen fühlten sich gegen ihre Männer zu erheben wegen unsagbarem Schwachsinn. Diese Welt bestand, weil Entscheidungen gefällt und Taten vollbracht wurden, von eben Jenen die dazu in der Lage waren. Jeder hatte seine Rolle in diesem System. Wenn keine klare Struktur vorhanden war, würde alles vor die Hunde gehen. So war es geschrieben, so war es Gesetz.
Doch das Gesetz schien in Vergessenheit zu geraten. Die Schafe waren blind, der Schäfer besoffen und die Hütehunde tot. Drastische Worte, aber für ihn nicht anders zu erklären.
Es ergab einfach keinen Sinn. Tratschende Hofzofen, eine Ehrenjungfer die an den Pranger gestellt wurde und noch Farbior. Ja Farbior, der einst was im Krieg zu erledigen hatte. Und jetzt sollte eben jener in einem Konglomerat aus Unfug und Bedeutungslosigkeit untergegangen sein, weil er irgendwelche Kadettinen abgeknutscht hatte, obwohl er seit Jahren verlobt sei. Unter dem anklagenden Finger der Herzogin persönlich, vor versammelter Belegschaft runtergemacht. Stimmengemurmel. Es war schrecklich.
Ihre Worte waren das.
Na und? War das nun die Apokalypse? Wie kam man nur auf so ein Blech?

Diese Laffen hatten scheinbar die Bedeutung von wahrem Schrecken vergessen, das war los!
Aber es ließ sich nicht von der Hand weisen, dass er jetzt der Dumme war. Rausgeworfen, von seinem Weibe. Wegen dieser Belanglosigkeiten. Es war schon eine ziemliche Leistung für ihn nicht zuzulassen, dass ihm die Sicherungen restlos durchgebrannt sind. Sie nicht gefesselt, falsch herum auf einen lahmenden Esel zu setzen, einen Holzkübel über Ihren Kopf zu stülpen und ab dafür Richtung Süden.
Der Zorn und die Enttäuschung vermischten sich, aber rüttelten seine träge Gedankenwelt wieder wach. Ein zweites Gutes hatte es auch noch auf sich, wenn man es drauf anlegen würde. Sie würde es nie wieder waagen, auch nur daran zu denken sich gegen ihn aufzulehnen. Sie würde sich Ihrer Rolle nun hoffentlich endgültig fügen. Lorica sei Dank. Man konnte diese Rebellion rechtzeitig unterbinden.
Aufbegehrende Weiber, weichgespühlter Stumpfsinn und träge Harmonie. Das musste man erst einmal verdauen. Dabei fing der Abend gut an. Leider fast eine Bestätigung, dass man jetzt alles Erlernte und alle Erfahrung vergessen hätte. Als wäre alles ertrunken, in diesem rosa Nebel.

Keine guten Zeiten.
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Geändert von Darok Vandrak (11.02.2011 um 03:33 Uhr).
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Alt 26.03.2011, 11:56
#33
Darok Vandrak
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Der Herbst war ansich für ihn eine ganz angenehme Zeit. Zumal es noch der Monat seiner Göttin war. Da musste er es sich einfach einbilden, es wäre eine gute Jahreszeit.
In Wahrheit kroch ihm die klamme Kälte schon etwas in die Glieder rein. Verteufelt noch eins, irgendwie war ihm das früher nicht passiert. Es schien so, als würde das Alter nun schlussendlich doch, an ihm nagen.
Der Gedanke war nicht gerade aufbauend, als er an seinem kleinen Waldlager, inmitten der eher feindlichen Wildnis, der Nordmark saß.
Und jetzt, wo er so darüber nachdachte, wurde ihm auch klar, dass er schon seit Jahren nicht mehr hier draußen kampiert hat.
Im Krieg war er als Heerführer in der Festung stationiert. In der Zeit danach, versumpfte er meistens in seinem Lager, bei zuvielen Bieren pro Nacht. Aber jetzt, kauerte er mit ein paar Fellen und alten Decken an dem absichtlich klein gehaltenen Feuer.
Sie sollte ja nicht merken, dass er in vierhundert Meter Luftlinie zu seinem Turm lagerte. Aber er hatte Ihr erzählt, er würde mal wieder irgendwohin, weiter weg ziehen. Einfach so. Wäre keine gute Angelegenheit, wenn Sie spitz kriegen würde, dass er direkt vor dem Haupttor, wie ein scharfer Wachhund im Versteck sitzen würde.
Eh eine recht seltsame Angelegenheit. Sie hauste nun in seinen Gemäuern, wärend er sich hier die Hühneraugen abfrieren ließ. Wiedermal, hatte ihn dieser idiotische Wahnsinn von dieser aufgesetzen und vorgespielten Sitte eingeholt.
Irgendwie hatten die Bregoras ihre Zelte abgebrochen, um sich ihrer neuen Aufgabe in Minoc zu widmen. Und Sie hatte es dabei eben irgendwie erwischt. Aber scheinbar nicht so tragisch. Sie machte wieder mehr einen riesigen Terz aus einem Hundefurz. Aber so war das eben, mit diesen ängstlichen Weibern. Was sollte es. Kurz musste er sich dabei auch eingestehen, dass die Eigenschaft, einem bei Problemen wirklich zuzuhören, nicht seine Stärke war. Aber er schüttelte diesen Gedankengang recht schnell ab.
Mehr obdach- und mittellos stand Sie jetzt da. Ihren ganzen Krempel über den Haufen geworfen und Sie in eine schäbige Spelunke verfrachtet. Da konnte er einfach nicht anders, als Ihr den Turm überlassen. Aber er musste raus, weil sie noch nicht diese ach so heilige Zeremonie hinter sich hatten.
Der Sinn dabei, ging vollkommen an ihm vorbei. Und er würde ihn auch nie so recht verstehen. Das war eher ein dämliches Puppenspiel für ihn geworden, bei dem er schon lange das Interesse am Zusehen verloren hatte.
Ja und die Priester schienen sich auch recht rar zu machen. Was das alles noch zusätzlich erschwerte. Diese Heiligen hatten scheinbar etwas dagegen, oder machten sich einen Spaß daraus, ihn ein wenig leiden zu sehen. Scheiß auf diese Heiligen! Er würde schon irgend einen zu fassen kriegen, um dieses Martyrium endlich zu beenden.
Und als er sich ein paar Bier reingekippt hatte, wurde es auch wieder etwas wärmer in seinen alten Knochen. Ein gutes Gefühl. Dieses Gebräu hatte die schöne Eigenschaft einem so ziemlich über allen Mist dieser Welt hinwegzuhelfen. Zumindest glaubte er das.
Nun kam eigentlich die Frage, was sonst noch so anstand. Da war Ra, der in der Endrunde war, um sich seinen Ritterschlag endlich abzuholen. Und seine Männer im Kontor. Agary, Bodar und vielleicht bald auch dieser Liam. Von Ranac und Rogan aber, war keine Spur mehr zu sehen.
Werden abgesoffen sein, die Banditen.
Aber die Männer, die mit ihm einen Pakt geschlossen hatten, machten sich langsam. Zumindest bei Agary hatte er das Gefühl, der würde nicht nur den Tag damit zubringen, die Schnapsflaschen im Kontor leichter zu machen. Bodar hatte sich abgemeldet. Wollte zurück zur Wildnis für eine Weile. Was für ein Traumtänzer. Aber gut, jedem das seine. Solange er mit einer ordentlichen Ladung Fellen und Häuten zurückkommen würde, sollte es ihm recht sein.
Es war aber schon seltsam, als er ein wenig weiter darüber nachdachte. Es war schon mehr eine kleine Festung, was seine alten Spießgesellen und er da aus dem Dreck hochgezogen hatten und dazu noch der Kontor, der auch nicht gerade eine kleine Lehmhütte war. Aber trotz alle dem, saß er nun im Matsch und der verfluchten Kälte. Irgendwie war es dazu gekommen und wieso, dass war eigentlich schon wieder fraglich. Aber es war jetzt ebenso. Er hatte eine Entscheidung getroffen und die musste jetzt ausgeführt werden. Im Krieg lief es genauso ab. So war es eben auf der Welt.
Außerdem hatte er für Dreck eh schon immer mehr übrig gehabt, als für irgendwelche Paläste.
Jetzt hieß es durchhalten und ausharren. Die Nächte würden lang, kalt und verdammt windig werden. Aber was ihn mehr nervte, war ihr Geheule, von wegen es könnten ihm wilde Tiere oder Unwetter zusetzen. Sie hatte mal wieder überhaupt keinen Schimmer. Er würde es ihr schon zeigen.
Hah! Wilde Tiere. Was für ein Unfug. Mit seinem Schwert an seiner Seite, sollten die wilden Tiere lieber aufpassen, dass diese ihm nicht über den Weg laufen würden. Und über seinem spärlichen Feuer enden würden. Wilde Tiere.. Unwetter. Was für ein weinerliches Gerede.

Aber das allerschlimmste war. Sie hatte ihn als alt bezeichnet! Das traf ihn wie eine Steinfaust ins Gesicht. Sie ihn als alt bezeichnet. Das war die Höhe. Das konnte er nicht einfach auf sich sitzen lassen.
Die Gedanken beschäftigten den alten, störrischen Krieger noch eine ganze Weile. Als er daran war, in der Dunkelheit in seinem Versteck Wache zu schieben. In der verdammten Kälte des Mondes der Lorica.
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Geändert von Darok Vandrak (26.03.2011 um 12:47 Uhr).
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Alt 26.03.2011, 14:15
#34
Nelin Vandrak
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Wie eine Katze hatte sie sich auf dem Bärenfell vor dem Kamin zusammengerollt. Ein weißes, dickes Fell lastete schwer und warm auf ihren Körper. Die einzelnen Fransen kitzelten ihr Gesicht, denn sie hatte das Fell wie eine Decke bis zur Nasenspitze hochgezogen. Kleine Flammen prasselten leise im Kamin und warfen graue Schatten auf ihre eingefallenen Wangen und ihr Gesicht, welches von dunklen Augenrändern gezeichnet war. Ganz allein in diesem Turm fühlte sie sich schrecklich einsam und verloren. Und dennoch war da ein Gefühl der Geborgenheit, wie sie es nie zuvor verspürt hatte.

Sie hatte den Kampf verloren und war zu ihm gegangen. Sie hatte versucht standhaft zu bleiben und alles zu ertragen, doch die vergangenen, schlaflosen Nächte hatten ihr die Kraft dazu geraubt. Jeden Morgen stand sie früh auf und kümmerte sich um die Kinder der Familie von Bregoras. Alles war im Aufbruch, doch die Kinder sollten davon nicht belastet werden und so beschäftigte sie sich den ganzen Tag mit ihnen; ging viel mit ihnen nach draußen, spielte, bastelte und tat alles dafür, dass sie von dem Stress des Umzuges nicht zu sehr belastet wurden. Ihre Wohnung hatte sie räumen müssen, doch war sie in einer Gaststätte untergekommen, deren Miete die Familie für sie übernahm. Und doch… es war nicht das gleiche. Wenn sie abends erschöpft ihr Zimmer betrat, dann dröhnte das Gegröhle aus dem Schankraum zu ihr empor. Und wenn sie versuchte die Ruhe zu finden um zu schlafen, schreckte sie dauernd hoch, wenn sie laute Schritte auf den Holzdielenbretter im Korridor poltern hörte. Und nicht jeder angetrunkene Gast fand in der Nacht sein Zimmer und versuchte es zunächst an anderen Türen.

So war sie in die Nordmark gereist, mit allem, was sie nun noch hatte. Wie verdutzt und verwirrt Er gewesen war, als er Sie plötzlich vor sich stehen sah. Von seinem Training noch ganz und gar vereinnahmt schien er einige Momente zu brauchen, bis er begriff, dass sie wirklich dort stand und er es sich nicht nur einbildete. Zu ihrer Überraschung schien er sofort zu begreifen, dass ihr etwas auf der Seele brannte und so kümmerte er sich fürsorglich um sie und hörte ihr zu, als sie all ihren Kummer auf ihn ablud. Er versprach ihr, dass sie im Turm bleiben dürfte, bis sich die Wogen geglättet hätten. Dass sie hier ein Heim finden würde um nicht zurück in die Gaststätte kehren zu müssen, die ihr den Schlaf raubte, den sie so bitter nötig hatte. Er würde in den Wäldern nächtigen, sich dort ein Lager bereiten, damit ihr Ruf nicht beschmutzt würde. Und sie dankte ihm auf ihre Weise dafür.

Es geschah völlig unbeabsichtigt. Eigentlich hatte sie ansetzen und ihre Sorge ausdrücken wollen, dass sie es nicht übers Herz brachte ihn allein in den Wäldern zu wissen. Doch stattdessen benutzte sie Worte, die ihn schwer trafen. Alt, hatte sie ihn genannt. Zu alt, um noch in den Wäldern zu kampieren. Gerade jetzt, wo die herbstlichen Stürme der Lorica über das Land fegten. Er schien darüber erbost zu sein, dass sie ihn so einschätze, doch sie machte sich nur Sorgen. Die Nordmark war ein raues Gebiet und sie hatte Angst vor den wilden Tieren, die in den Wäldern lauerten. Sie wollte nicht, dass er Nachts allein dort draußen war. Wenn ihn ein wildes Tier im Schlaf anfallen würde oder wenn ein sintflutartiger Regen niederging, würde er sich den Tod holen. Doch er hatte ihre Worte nicht hören wollen. Vorbei war der Moment, in dem er sie in seinen Armen geborgen hielt. Er stand auf, schritt mit stampfenden Schritten ziellos durch den Raum und rauchte vor Wut. Er brüllte, wütete, ein hilfloser Stuhl fiel seinem Missmut zu Opfer. Das Holz splitterte, als er den Stuhl mit nur einer Hand gegen die nächste Mauer schleuderte. Und sie war unfähig etwas zu sagen. Sie erhob sich von dem Fell, ging einige Schritte auf ihn zu, nur um in gebührenden Abstand wieder stehen zu bleiben. Der Zorn, der in seinem Auge blitzte, ließ sie frösteln. Wie ein Häuflein Elend stand sie vor ihm, ließ die Anschuldigungen über sich ergehen und hoffte nur, dass der Moment vorbei gehen würde. Doch er dauerte an und die Vorwürfe, die er ihr entgegenschleuderte, trafen sie schwer. Und das Schlimmste war: Er hatte Recht. Er opferte sich für sie auf, gab ihr sein Heim, seine Treue, alles, was er geben konnte. Und sie dankte es ihm, in dem sie unbedachte Worte sprach, die seinen wunden Punkt trafen und ihn verletzten.

Sie waren wie Feuer und Eis; wie Katze und Hund. Sie stammelte ihre Entschuldigungen, beteuerte, dass sie im Unrecht war so etwas zu behaupten und als seine Wut verrauchte, lagen sie sich erneut in den Armen. Es tat so gut hier zu sein.

Er machte seine Worte wahr. Er ging runter in seinen Lagerraum und sie konnte hören, wie er seine Sachen zusammen packte. In seiner treuen Lederkluft kam er einige Minuten später wieder nach oben gestapft. Unter dem Arm ein Bündel, sowie eine alte Decke. Für sie hielt er ein schneeweißes, weiches Fell bereit. Sie sah dies alles mit gemischten Gefühlen. Es brach ihr das Herz, ihn aus seinem eigenen Turm fortzuschicken. Aber er ließ ihr auch keine Wahl. Sie nahm das Fell an sich und er raffte seine Brocken zusammen. Ein paar letzte Worte, dann wandte er sich ab und ging. Sie sah ihm nach, bis sie ihn an der Treppe aus dem Blick verlor. Wenige Augenblicke später hörte sie die Eisentore ins Schloss fallen. Sie war allein.

Sie entkleidete sich bis auf das Unterkleid. Ein Bett würde sie hier im Turm vergeblich suchen und so legte sie sich auf das Bärenfell am Kamin, das wenigstens mehr Bequemlichkeit hergeben würde, als ein Stuhl. Das dicke Fell bis zur Nasenspitze hochziehend rollte sie sich zusammen und lauschte den fremden Geräuschen die den Turm umgaben.
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Geändert von Nelin Vandrak (26.03.2011 um 20:00 Uhr).
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Alt 15.05.2011, 01:01
#35
Darok Vandrak
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Sie saßen alle um den opullenten Tisch in Adyannes Heim. Seine Braut, die Schneiderin und er. Und er kam eine ganze Weile später an diesem Abend zu dem lauschigen Beisammensitzen dazu. Die offen gehaltenen, nicht mit irgend einem nutzlosen Kram zugestellten Räume sagten ihm eigentlich zu, aber irgendwie fühlte er sich hier nicht gerade wohl. Irgendetwas behagte ihm nicht so recht. Es lag sicher nicht an der Einrichtung, oder den Getränken. Das Bier in seiner Hand war wie jedes andere Bier in seinen Händen. Nämlich Bier.
Aber er wusste eigentlich schon, warum diese Situation ihm ein wenig auf dem Magen lag. Die Gespräche. Er saß hier mit zwei tratschenden Weibsbildern, die einen Hehl aus irgendwelchen Themen machten. Ein leichtes Nicken, kurzer Blickwechsel und dann ein kurzes Schweigen. Ein Verhalten, als ob es um wichtige, geheime Dinge ging. Aber worum ging es überhaupt? Vermutlich um Brautkleider, irgendwelche spatzenhirnigen Gerüchte. Farbior war kurz hier. Wahrscheinlich wieder um für ihn absolut banale Geschichten, dass der ehemalige Gardist vor der Herzogin blosgestellt wurde.
Und genau wegen solchen, belanglosen Sachen machten diese Weiber einen Terz, als ob es um den Kopf von ein paar Leuten ginge. Bei Tee und Kerzenschein wird aufgepflustertes, schweigsames Verhalten an den Tag gelegt. Er war auf der anderen Seite des Verhandlungstisches. Und durfte nichts, wirklich garnichts darüber erfahren. Alles stand auf dem Spiel. Das der Himbeerkuchen sauer war, Farbior als unkeuscher Lüstling galt, oder die Nachbarin ihren weichlichen Ehemann rausgeworfen hatte.
Man musste alles daran setzen, diese Informationen geheim zu halten.

Verdammter Müll.

Der Magen drehte sich ihm dabei um, als er wieder einmal erkannte, um was für Banalitäten und unwichtigem Quark sich die Welt von diesen Weibern drehte. Sie quasselten schon den ganzen Abend, aber doch hatten sie keine Sache, wo es wirklich um etwas ging, dass sinnig oder wichtig war. Keine Sache, die es wirklich wert war, dass sie erlebt wurde. Zumindest für ihn.
Er hatte es ja immerhin einmal versucht. Es hatte sich ganz gut angeboten, also warum nicht die alte Geschichte von dem alten, stinkenden Söldnerhauptmann. Als er eine Hure aus dem nahegelegenen Dorf mitgebracht hatte, ins Nachtlager. Hah! Die ganze Mannschaft sollte sie durchnehmen in der Nacht. Aber keiner wollte die Dirne überhaupt mehr anfassen, als der alte Stinksack mit ihr fertig war. Sie haben alle nur dankend abgewunken. Die kleine Hure hatte ein Gesicht aufgezogen wie zehn Tage Regenwetter. Das waren noch Zeiten!
Und er erinnerte sich gern daran. Da war was los gewesen, bei Lorica!
Das waren Sachen, die konnte man erzählen. Die waren es wert gewesen, dabei zu sein.
Na. Und die beiden, mit denen er gerade am Tisch saß? Die haben ihn nur angesehen, als würde er gerade davon reden, dass er eigentlich den dunklen Göttern huldigen würde.
Und genau da wurde ihm klar, was ihm diesen Ort, diese Situation so unbehaglich vorkommen ließ. Was er gefahr laufen würde zu verlieren, wenn er es jetzt wirklich tun würde, also das heiraten.
Er würde vielleicht versinken, in diesem Wulst aus hohlem Stumpfsinn. In diesem häuslichen Muff. Vielleicht würde seine Birne auch irgendwann so weichgekocht sein, dass er lachend darüber berichtet, dass die Nachbarskatze gerade zu blöd war um erfolgreich vom Baum aufs Dach zu springen.
In diesem Moment schien seine ganze Entschlossenheit, die Sache durchzuziehen den Bach runterzugehen. Irgendwie bekam er dann doch noch kalte Füße.
War es das denn wirklich wert, Gefahr zu laufen zu einem verweichlichten Schnösel zu werden? Dreck. Nicht für ein dutzend, nackte Schönheiten.
Zu allem Überfluss kam ihm dann das Bild von dem alten, glatzköpfigen Bibliothekar in den Kopf. Diesem knorrigen Hosenständer von Tarathir. Der hatte schon die Hosen voll, wenn man sich mal zu laut geschnäuzt hat. Sollte er wirklich mal so enden? Das konnte einem ganz schön die Düse gehen lassen.
Eines stand auf jeden Fall fest. Er musste hier erstmal raus. Dieses gemütliche, häusliche Zusammensitzen bei Kerzenschein am Tisch, jagte ihm mehr Unbehagen ein, als der verdammte Süden. Das war nicht seine Welt. Das war keines gestandenen Kriegers Welt.

Und es gab jetzt nur eines zu hoffen. Das es nicht so enden würde, wie es ihm gerade schaudernd durch den Kopf ging. Und für einen Rückzug war es eh schon zu spät. Verdammt. Einen Rückzug gab es eh nie in seinem Leben. Spieß voran, drauf und dran. Irgendwas sinnvolles musste von diesem Motto dabei jetzt auch in dieser Sache dran sein. Hoffte er zumindest.

Zwei Tage. Danach würde es sich zumindest mit Sicherheit klären.

Und zumindest würden die Nächte nicht mehr so lang sein. Da war er sich sicher.
Darok Vandrak ist offline  
Geändert von Darok Vandrak (15.05.2011 um 01:39 Uhr).
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