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Alt 09.01.2010, 13:32
#26
Vaena Djarfur
Reisender
 
Registriert seit: 04 Aug 2009
Beiträge: 109
Immerwieder hörte man die schweren Schritte. Immerwieder das leise Rasseln und Klirren der Kettenglieder. Wie im Takt gingen sie einher. Die Kriegerin versuchte Schlaf zu finden, doch wie eine Löwin...Nein...wie eine Eisbärin in Gefangenschaft, schaffte sie es nicht. Zwischen ihren schweren, stapfenden Schritten hörte man das leise Atmen und tiefe Schnarchen, vom Bett her. Artias schlief wie ein Stein. Seine Rüstung lag im Zimmer verteilt und auf ihrem stetigen Weg durch diesen, stieg sie über Arm- und Beinschienen. Die rote Rüstung beiseite zu räumen kam ihr nichteinmal in den Sinn. Ein kurzer Blick aus dem Fenster sagte ihr das der Morgen bald anbrach.

Noch vor ein paar Stunden saß sie mit Hallvard in der Krähe und hatte gescherzt, als würde um sie rum nicht diese grausame Szenerie herrschen. Es war absurd, gespenstisch und machte sie wahnsinnig. In dem Schloss kämpften Menschen um ihr Leben und sie saßen tatenlos in einer Taverne....und Artias schlief. Es war nicht die Art Krieg die sie kannte. Es gab Momente da fragte sie sich, warum sie überhaupt in dieser verdammten Stadt war. Warum wollte sie kämpfen und ihr Leben riskieren? Es war nicht ihr Heim. Britain war nie ihr liebster Ort gewesen. Zu viele Menschen lebten hier, die nicht ihrem Sinn für anständige Menschen entsprachen. Und doch...

Ihr Stolz gebot ihr, hier zu sein. Die Erinnerung an Hallvards Geschichte, wie diese Bastarde wehrlose Fischer abschlachteten. In ihrer Heimat, ihre Siedlung...ihre Sippe. Ein grollendes Knurren entfuhr Vaenas Kehle als sie an all das dachte. Und dann kamen die Schrecken in ihre Gedanken. Die Bilder...sie hatte sie versucht zu verdrängen. Der Schnee, welcher sonst so strahlend weiss und unberührt in der Wintersonne glitzerte, war in Blut getaucht. Vor Schmerz stöhnende Leiber und jene die schon ihren Verletzungen erlegen waren. Ihr Vater... die Augen weit geöffnet und seine Lippen zu einem grimmigen Grinsen erfroren. Die Kinder, Frauen und Alten...so viele Tote und Vaena war hilflos. So wie in diesem Moment. Es war pure Hilflosigkeit und kein Funke Hoffnung war in ihrem Herzen. So konnte man nicht Kämpfen und doch würde sie es tun. Da war Artias...Hallvard... diese ganzen lieben Menschen aus der Krähe. Alle bereit zu kämpfen und alle könnten sterben. Und würden sie versagen? Was sollte sie tun? Warum fühlte sie sich dermaßen Verantwortlich?

Sie würde ihren linken Arm für einen Ratschlag Skogs geben. Der Schamane ihrer Familie hätte gewusst was zutun war. Er hätte ihr sagen können, was mit ihr los war. Er hätte ihre Ahnen fragen können, ob sie sich für ein Volk opfern sollte, welches nicht ihres war. Nur warum? Hatte sie sich nicht schon entschieden, als sie das erstemal die Toten auf den Straßen sah? Die abgeschlagenen Köpfe?

Ihr Blick fiel auf den schlafenden Artias. Sie waren über die letzten Monate so fest zusammengewachsen. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Und doch war er kaum noch Präsent in ihren Gedanken, sobald Hallvard in ihrer Nähe war. Er war der Stein an den sie sich halten konnte, wenn es Stürmisch wurde und sollten sie wirklich Kämpfen müssen, wäre er der Mann dem sie ihr Leben anvertrauen würde.

Sie schüttelte heftig den Kopf und ihre blonden, kurzen Locken umspielten ihr müdes, unendlich alt wirkendes Gesicht. Vielleicht war das alles zuviel für sie. Doch wenn sie nicht Kämpfen würde, würde sie ihre Heimat aufgeben.

So wie ihr Vater immer sagte....
"Der Krieger verzagt nicht, wenn die Ehre, der Weg des Kriegers, oder seine Sippe von ihm fordern, sein Leben zu geben. Er kann es geben, nicht weil er es fürchtet oder hasst, sondern gerade, weil er damit so zufrieden ist. Der Krieger stirbt ohne sein Leben zu bereuen und ohne sich zu schämen." Leise sprach Vaena diese Worte als wären sie ein heiliges Mantra. Immer und immerwieder, bis sie selbst davon überzeugt war. Das Geräusch ihrer Schritte, den Takt angebend. Bis die Sonne weit am Himmel stand und sie, im Reinen mit sich selbst, Artias weckte. Nun hieß es wachsam zu sein...und immer bereit zu töten.
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Alt 13.01.2010, 20:41
#27
Vaena Djarfur
Reisender
 
Registriert seit: 04 Aug 2009
Beiträge: 109

Manches mal braucht ein Krieger Ruhe. Er kann sie sich eigentlich nicht leisten. Ein Krieger darf nicht ruhen oder die Stille genießen. Er muss immer wachsam sein und bereit zu töten, wenn es sein muss. Vaena gönnte sich die Ruhe. Die Nähe zur Natur, zum Eis und Schnee und zu der Insel die sie nun Heimat nannte. Sie stand alleine an der Küste und blickte auf das wilde Meer hinaus. Als würden die Wellen ihre Gedanken kennen, türmten sie sich zerstörerisch hoch auf und brandeten gegen das eisige Land. Gestern hatte sie genommen, was genommen werden musste. Und es war blutig. Als sie die Taverne verließ, rannte sie so schnell sie konnte um die nächste Ecke um sich zu übergeben. Die letzten Worte die sie zu Ahzdari sprach, konnte sie nur noch hervor würgen, als ihr Magen sich meldete. Es war schrecklich.... Und sie hatte das Gefühl, dieser eine Moment, diese Tat hatte etwas in ihr zerbrochen. Nun musste es zu ende geführt werden. Sie musste aus diesem Stück Haut, das sie immer noch bei sich trug, ein Mal machen. Einen Gegenstand, der sie an ihre Fehler erinnerte und daran niemandem zu trauen...zumindest nicht bis tief in ihr Herz. Als junges Mädchen hatte sie, wie jeder andere ihrer Sippe gelernt, Leder und Häute so zu spannen und zu präparieren, das sie haltbar und starr blieben.
Vielleicht war es barbarisch ein Standtbild aus Menschenhaut zu fertigen...dachte sie mit grimmigem Blick auf den kleinen Beutel.
Wen scherte es? Immerhin war sie eine Barbarin. Ein Nordweib mit Stolz und unbedingter loyalität gegenüber ihrer Sippe, ihrer tiefsten freunde und ihren Ahnen. Und mögen letztere ihr beistehn....
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Alt 20.01.2010, 10:23
#28
Vaena Djarfur
Reisender
 
Registriert seit: 04 Aug 2009
Beiträge: 109
Vaena lief durch einen tiefen, dunklen Gang. Zu ihren Seiten huschten immer wieder stumme Portraits vorbei, eingebettet in kostbare Bilderrahmen. Die Kriegerin hörte Schritte hinter sich, nur gedämpft durch den flauschigen Teppich, welcher der Länge nach auf dem Boden ruhte.
Die Schritte im Rücken trieben sie immer weiter und mit jedem ihrer, wirbelte sie eine Staubwolke auf, die ihr die Sicht nahm. Die Hand fuhr an der Schulter entlang zu ihrem Rücken, und angsterfüllte, gerötete Augen weiteten sich, als sie das Fehlen des Schwertes bemerkten. Sie war verloren... Der Tod war direkt hinter ihr und sie konnte nur rennen. Etwas in ihrer Brust verkrampfte sich. Es war so erbärmlich weg zu rennen anstatt sich dem Gegner zu stellen, doch mit einem Blick über ihre Schulter wusste sie, das rein gar nichts erbärmlich daran war, vor "diesen" Gegnern zu flüchten. Immer wieder huschten hinter Vae geduckte Gestalten von Schatten zu Schatten, ihr immer auf den Fersen. Ab und an sah sie, im trüben Licht, das Schimmern knochenweissen Haares und eine Gänsehaut überflutete ihren gesamten Körper, zusammen mit der Gewissheit, einem grausamen Tod bevor zu stehen.
Doch dann sah sie vor sich ein Licht. Oh Erlösung...ein Ausgang aus dieser Hölle.
Doch die Erkenntnis kam schnell... es war kein Ausgang. Es waren zwei Männer, die ein unnatürliches, schimmerndes Licht von sich gaben. Der eine leuchtete in einem schwachen rötlichem Licht auf und war ganz und gar ihn rotem Metall gerüstet. Der andere war gänzlich von platinschimmernden Platten gerüstet und ein goldenes Licht ging, nur ganz schwach, von ihm aus. Sie hörte wie die dunklen Brüder des Hexervolkes immer näher kamen. Der rote Krieger blieb plötzlich stehen. Doch der andere trat weiter auf sie zu. Wie ein Sturm brachen auf einmal die Gefühle auf Vaena ein.
Zuhause. Geborgenheit. Liebe. Schutz. Pflichtgefühl. Und ein leises kitzeln in ihrer Brust, ein stetiges Zupfen und zerren an ihr, das sie zu dem Krieger zog, der weiter auf sie zu kam und nun einen rötlich schimmernden Zweihänder vom Rücken zog. Sie folgte ihrem Gefühl und trat hinter den Mann, ließ seinen Schutz über sich fallen.
Ihr Blick richtete sich kurz auf den anderen Mann. Er stand immer noch da. Nicht unschlüssig oder nervös. Sondern kalt und gleichgültig. Und diese Kälte und Gleichgültigkeit, drang ihr bis in die Knochen als wäre sie greifbar. Und noch etwas Greifbares ging von dem Roten aus. War es...? ....Hass und ein funke Enttäuschung. Es brach ihr das Herz.
Ohne jegliche Geräusche, vertrieb der Mann mit dem Schwert die Dunkelelfen, die ihr Leben bedroht hatten. Wieder wandte sie ihm ihren Blick zu. Er legte eine Hand an seinen Helm und zog ihn ab.
Ein gutmütiges Gesicht. Ein sanftes Lächeln. Und diese stahlblauen Augen.
Sie schloss ihre Augen um die Tränen zu unterdrücken, die sich langsam ihren Weg zu bahnen drohten.
"Es könnte unsere letzte Nacht sein..." Nur ein Hauchen. Und sie spürte warme, außergewöhnlich zärtlich weiche Lippen auf ihren.

Ihr ganzer Körper zuckte plötzlich zusammen und etwas hartes traf ihren Kopf. Irritiert blinzelnd, öffnete Vaena langsam die Augen. Sie hob die Hand und rieb sich über den Kopf, der an der Wand lehnte. Erst nach mehreren Augenblicken begriff sie ihre Umgebung und ein seltsamer Duft stieg in ihre Nase. Eine Mischung aus verschiedensten Kräutern, dem metallischen Geruch von Blut und noch einige andere Gerüche.
Sie war in der Krähe. Wie sie feststellte lag sie auf dem Boden des Hinterzimmers. Dann langsam aber sicher lösten sich die Bilder des Traumes und ließen Platz für die Erinnerungen des letzten Tages.
Artias!... schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Etwas zu schnell richtete sie sich auf und ein Schwindelanfall überkam sie. Den Körper fest an die Wand gedrückt versuchte sie wieder Gleichgewicht zu finden. Als sie sich sicher auf den Beinen fühlte trat sie in die Schenke. Bei jedem Schritt klirrte sie immer noch leise. Gleich neben ihr lag er auf der Matte. Ein ganzer Stapel Decken über seinen Körper verteilt. Wieder musste sie blinzeln, da die morgendliche Sonne hell in den Raum strahlte. Sie schob sich neben Artias auf das provisorische Krankenlager und überprüfte seine Atmung und Temperatur. Er schien immer noch nur flach, doch regelmäßig zu Atmen. Allein der Gedanke das er überhaupt noch Luft ins ich einsog, ließ einen großen Stein von ihrem Herzen fallen. Doch seine Haut war immer noch zu kühl, als es gesund war.
Dann kamen wieder die Bilder zu ihr. Hass und Enttäuschung und eine bittere Gleichgültigkeit. Der rote Krieger war Er gewesen...doch was wollten die Ahnen ihr mit diesem Traum sagen? Gab es Zeichen die sie übersehen hatte? Ihre warme Hand fuhr zärtlich über seine Stirn.
Sie hatte ihn betrogen.... angelogen und wie Dreck behandelt. Und das für eine Nacht mit einem Mann, der sie doch niemals wirklich lieben würde.
Sie sollte dort liegen. Sie sollte diese tödliche Wunde haben und langsam verrecken. Wütend auf sich selbst und mit tiefem seufzen, gab sie Artias einen Kuss auf die Stirn und erhob sich wieder. Sie musste sich dringend waschen und anständig anziehen. Endlich die Waffen und die Rüstung ablegen...
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Geändert von Vaena Djarfur (20.01.2010 um 11:33 Uhr).
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Alt 21.01.2010, 13:23
#29
Vaena Djarfur
Reisender
 
Registriert seit: 04 Aug 2009
Beiträge: 109
Schweißgebadet schreckte Vaena aus dem Schlaf auf. Der selbe Traum, wie die letzte Nacht...fast....
Ihr Gesicht war feucht. Ob vor Tränen oder Schweiß vermochte sie nicht zu sagen. Wieder war sie auf die beiden Krieger getroffen, doch war noch ein dritter dort. Gekleidet in Felle. Tjorn, wie sie erkannt hatte. Doch er war Kopflos...so wie Artias. Nur noch Hallvard war dort gewesen um sie zu beschützen, als die dunklen Spitzohren nach ihrem Blut lechzten.
Hallvard.... Sie drehte ihren Kopf zur Seite und dort lag er. Sie hatte ihn gebeten, sie in dieser Nacht nicht allein zu lassen. Und so lag er einfach da und spendete mit seiner bloßen Anwesenheit Trost. Keine Berührung, die mehr hätte nach sich ziehen können. Nur ihre Stirn an seiner Schulter und es tat so gut. Als Tjorn damals starb war sie allein gewesen. Sie hatte ihre Gedanken ganz für sich gehabt und niemand der einfach nur da lag um bei ihr zu sein. Und doch... dieser Tod schmerzte mehr. Bedeutete mehr und hinterließ ein tiefes Loch in ihr.

Es schien noch mitten in der Nacht, doch sie war hell wach. Und so pellte sie sich aus dem Wust aus Decken und Fellen, immer darauf bedacht den schnarchenden Nordmann nicht zu wecken. Das Feuer im Kamin war beinahe runter gebrannt und so packte sie ein paar Holzscheite darauf. Nur der Wolfspelzumhang bedeckte ihre nackten Schultern, als sie die Hütte verließ und mit nackten Füßen durch den Schnee schritt. Kein Zeichen von Kälte oder Müdigkeit in ihrem Gesicht.
Die Tür der alten Schmiede quietschte leicht, als sie sie öffnete und ein milchiger Lichtstrahl, fiel in den dunklen Raum und auf Artias schlafendes Gesicht. Es kostete Überwindung einzutreten. In anzusehen und allein mit seiner leeren Hülle zu sein. Doch sie war nicht leer... das wusste Vae. Erst wenn er die letzte Reise antreten würde, würde sein Geist in den Nebel gehen. Die Tür schloss sich hinter ihr und sperrte das Mondlicht und das rauschen der Wellen aus. Abgelöst von der tiefen Dunkelheit des Todes und der Grabesstille. Zwei zaghafte Schritte...und noch einer. Sie ging in die Knie und beugte sich über sein Gesicht. Er wirkte so friedlich. Kein Anzeichen von Leid oder Schmerz war an ihm zu sehen. Ihre warmen Lippen berührten sanft seine kalten. Vorsichtig, als könne er unter der Berührung zerbrechen. So kalt... Fingerspitzen fuhren seine blassen Wangen entlang, wieder nur eine zaghafte Berührung, beinahe andächtig, als wäre er ein, in Stein gemeißeltes, Heiligtum. Warme Tränen vielen auf seine Haut, als sie die Lippen wieder von ihm nahm. Die Tränenperlen glitzerten auf seinen Lidern, zaghaft, als würde es diesen Moment stören, als die Wolken aufbrachen und seichtes Licht durch das Fenster viel.
"Du, Artias, Sohn des Arlas warst ein wahrer Nordmann, wenn auch nur im Herzen.", begann sie leise zu wispern, ihre Stirn auf die seine gelegt und die Augen geschlossen. "Du warst einer der mutigsten Männer die ich kannte. Du warst einer der Einfühlsamsten und einer der Liebevollsten. Ich bin stolz dich gekannt zu haben, und noch Stolzer das du deine letzten Monate an meiner Seite verbracht hast" Wieder ein paar kleine Tropfen auf seiner fahlen Haut. "Du kennst die Bräuche meiner Sippe, du hast sie selbst erlebt. Unsere Letzte Nacht und ich werde nicht von deiner Seite weichen." Ihre Stimme war fest und tönte tief in dem kleinen Raum, als sie begann die alten Lieder zu singen.

Etwas in ihrer Brust verkrampfte sich schmerzhaft, und während sie ihm, in trauriger Melodie, von den Heldentaten ihrer Vorväter sang überkam es sie. Hier war sie allein mit ihm. Hier sah sie niemand. Nur Vaena und Artias. Nun konnte sie Schwäche zeigen. Und so ließ sie alles Leid, den ganzen Schmerz und die Angst raus. Weinend brach sie über ihm zusammen. Ihre zitternden Finger krallten sich in seinen zerrissenen Waffenrock, das Gesicht an seiner ruhenden Brust vergraben. Ihr ganzer Körper bebte und immer wieder schnappte sie nach Luft, das Gefühl in ihrer Brust wurde stärker. Schnürte ihr die Luft ab. Sie wimmerte... elendig, wie sie es eigentlich nie getan hätte. Sie flehte und bettelte zu dem Toten, er solle doch die Augen öffnen. Er solle lächeln und ihr sagen, das es nur einer seiner dummen Scherze war. Doch es regte sich nichts. Stunde um Stunde hockte sie so, selbst eiskalt von der spärlichen Bekleidung und weinte um ihn. Immer wieder wollte sie zu einem der Lieder ansetzen die sie ihm Singen musste. Doch ihr Willen war gebrochen. Ihr Körper und ihr Geist waren außer Kontrolle und der Schmerz überflutete sie gänzlich. Sie jappste nach Luft, doch ihre Lunge wollten nicht wie sie. Es war die Panik, die sie schließlich in die Bewusstlosigkeit trieb. Vaena tauchte in die willkommene Schwärze, in der es keine Schmerzen gab. Kein Leid und keine Trauer konnte sie hier heimsuchen. Hier fand sie ruhe.... mit ihm. Wenn auch nicht für immer, denn in weiter Ferne hörte sie die Ahnen nach ihm rufen.
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Geändert von Vaena Djarfur (21.01.2010 um 14:13 Uhr).
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Alt 26.03.2010, 11:42
#30
Vaena Djarfur
Reisender
 
Registriert seit: 04 Aug 2009
Beiträge: 109
Ein eisiger Morgen. Die Sonne glimmte nur stumpf hinter der dicken
weißen Wolkendecke und badete die eisige Landschaft,
in ein fast schon gespenstisches, Zwielicht. Der sonst so frostige Wind,
bließ recht lustlos. Seltsam ungewöhnlich für diese Jahreszeit.
Vorallem hier oben.
Der Schnee lag weit und breit unberührt auf dem felsigen Grund,
einzige die Fusstapfen einer Person unterbrachen diese Einöde,
in welcher so mancher harte Krieger wohl verrückt geworden wäre.
Die Spuren würden den betrachter, gäbe es denn einen, zu einer kleinen
Höhle führen, die sich vor ewigen Zeiten dort gebildet haben muss.
Kaum auszumachen, lag die Spalte an einer Klippe, auf dessen
reichlichen Vorsprüngen, dicke weißfunkelnde Schneehaufen lagen.
So auch um den Eingang herum.

Nur für einen Augenblick tauchte ein blond gelockter Kopf aus der Spalte
hervor, und ein schriller Pfiff ertönte. Antwort gab nur ein Raubvogel,
der in diesen Bergen seine Runden drehte und auf seltene Beute hoffte.
Der Kopf verschwand wieder. Zwischen dem ganzen Fels und Schnee,
glomm ein rötlich oranges Licht auf. Kurz flackerte es und kämpfte gegen
den Windzug an, der in die Felsspalte drang.
Schlussendlich gewann es den Kampf und spendete Vaena, die dringend
benötigte, Wärme und etwas Licht.
Der Boden der Höhle, war trocken und frei von Schnee und Eis. Über dem
felsigen Boden waren Felle und grobgewebte Tücher verteilt.
Die gerade entzündete Fackel steckte in einer kleinen natürlich
geformten Ritze in der Felswand.
Die Nüstern der Kriegerin blähten sich auf, als sie die Düfte der Höhle und
ihrer Umgebung in sich einsog. Der kalte, stumpfe Geruch von Stein und Erde.
Eine rußige Note, die von der Fackel stammte und ein leicht stechender
Geruch, welcher von einigen Kräutern herrührte.
Diese schienen überall in der Höhle verteilt, welcher von innen wesentlich
mehr Platz zur verfügung stellte, als man es von aussen vermuten mochte.
Ein Klirren hallte von den Wänden wieder, als Vae ihren Waffengurt abnahm
und ihn bei seite legte. Kurz noch strich ihr Blick liebevoll über die nackte Klinge.
Zulange wurde sie nicht mehr benutzt...
Nach wenigen Momenten öffnete sie schließlich die Fidel, die ihren
schweren Fellumhang auf den muskulösen Schultern hielt, und legte das
Kleidungsstück zu den anderen Fellen auf den Boden.
Sie setzte sich, in einer langsamen, routinierten Bewegung. Ihre Augenlieder
schlossen sich, fast schon bedächtig und sie lauschte.

Der flaue Wind war zu hören. Das ferne Rufen des Falken, dessen eher
distanzierte Gesellschaft sie zu schätzen gelernt hatte. Ein leises
knistern von der Flamme. Und ihr eigener Atem und Herzschlag.
Dann kam es, wie fast jeden Tag, seit sie diesen ort entdeckt hatte.
Fast mit einem Schlag fand sie inneren frieden. Frieden mit sich selbst
und allem was sie umgab.
Dies war der Weg auf welchen sie vergaß. So schob sie alle unnötigen
Gedanken weg von sich, um die Last zu mindern. Hier schien sie nicht
mehr Teil der welt zu sein, in der sie lebte. In dieser Höhle sitzend und
absolut in sich gekehrt kam sie mit sich ins Reine. Fast einem nordischen
Schrein gleich, hatte sie mit Kohle Runen an die Wände geschrieben.
Es war vermutlich nur Einbildung, doch fühlte es sich oftmals, wärend sie
meditierte, so an, als würden die alten Schriftzeichen ihr etwas ihrer Kraft schenken.
Uruz... Innere Stärke. Davon hatte sie viel gewonnen, in den letzten
Monaten. Thurisaz... Die Kraft sein Schicksal zu lenken. Kenaz... geistige
Erleuchtung. Einsicht und Verständnis.
Eihwaz... Die Rune des Todes. Etwas Vergangenes stirbt um Platz für
einen Neubeginn zu schaffen. Vier wichtige Grundsätze.
Vier Dinge die sie schon vor langer Zeit auf ihrem Körper verewigte,
doch nie wirklich verstand.
Artias starb nicht ohne Grund. Die Ahnen hatten ihn wohl überlegt zu
sich geholt. Sein Tod half ihr über etwas viel Größeres, viel Tieferes
hinweg zu kommen. Das Alleinsein war immer Vaenas größte Angst gewesen.
Einsamkeit war ein Feind gewesen, welchen sie mit allen Mitteln bekämpft hatte.
Ohne Rücksicht auf die Gefühle anderer. Vor Wochen schon als sie
begann sich an diesen Ort zurück zu ziehen hatte sie begriffen,
das sie selbst sich die Einsamkeit zu ihrem Feind gemacht hatte, weil es
in ihrem Leben nichts anderes gab. Sie hätte das Alleinsein begrüßen
müssen. Einfach damit Leben und umso mehr die Momente geniessen,
die man in Gesellschaft verbringt.

Als sie, vor einiger Zeit schon, einen Brief in die Heimat schickte um ihrer
Sippe von Artias zu berichten, erhielt sie eine Antwort ihrer Mutter.
Es waren nur ein paar Zeilen und sie enthielten kein offensichtliches
Wort des Trostes. Es waren die selben Worte, welche sie selbst damals
zu ihrer Mutter sprach, als ihr Vater im Kampf fiel.
"Du bist eine stolze und starke Frau des Nordens. Eine Tochter des
ewigen Eises und Schildmaid unserer Sippe. Es wird immer das Los des
Lebens sein, das die uns'rigen ihre Männer im Kampfe verlieren.
Es ist unsere Natur und Teil unseres Daseins.
Dieser Krieger hat keine Tränen verdient, sondern dein ehrlichstes Lächeln."
Mehr Zettel als Brief, lag auch dieser Fetzen Pergament in der Höhle herum.
Immer sichtbar für Vaena. Auch wenn sie es inzwischen, tief in ihrem
Inneren wusste, erinnerte sie diese Botschaft trotzallem immer wieder
daran, wer sie war und wo sie hingehörte.

Sie saß inzwischen schon gut eine Stunde still da. Einer Statue gleich
und nur ein paar aus ihren Zöpfen entflohene Strähnen, bewegten sich
leicht im Zugwind.
Und ihre Gedanken flossen weiter, bildeten einen wahren Strom an
Gedanken. Wie automatisch selektierte sie alles davon aus,
was unnötiger Ballast war. Die Trauer um Artias und Tjorn,
die immernoch tiefe Sehnsucht nach Hallvard, und die damit verbundene
Abscheu zu Calasume. Die hasserfüllten Gedanken an Ahzdari und die
Angst. Mit dem Namen Vanadis, welchen sie abgelegt hatte, war ein
zeichen gesetzt worden. Wie sie damals voller Stolz den Namen ihres
Mannes trug so tat sie dies nun wieder mit dem Namen ihres Vaters.
Ein Schritt zurück zu ihren Wurzel.
Einen Moment verkrampfte sich ihr Körper. Eine kleine Wolke trat
zwischen ihren lippen hervor als sie tief durchatmete und sich wieder
entspannte. Ein weiter Weg lag vor ihr. Die ersten Schritte hatte sie
schon so oft getan, doch nie war sie weiter gegangen. Nun war sie
schon schon auf halben Wege zu ihrem Ziel. Die Runen schienen zu ihr zu
singen, und sie verstand was sie ihr sagten. Vielleicht war der Kampf nie
ihr Weg gewesen. Vielleicht nur ein Nebenpfad, der ihr etwas Stärke und halt spendete.
Nebel würde aufziehen. Vaena wusste nicht warum... doch sie wusste
das es geschehen würde. Man hielt sich von diesem fern. Doch nicht so sie.
Sie trag in dessen Mitte. In die Mitte ihrer Ahnen und Vorfahren.
Sie lauschte ihnen und der welt um sie herum.
Es war Zeit den Berg hinab zu steigen. Heimzukehren und weiterzuleben.
Auch wenn der weg ein anderer sein könnte.
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Alt 03.06.2010, 12:49
#31
Vaena Djarfur
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Es gab ein leises schmatzendes Geräusch, als die Zähne sich tief in das noch blutige Fleisch gruben und gierig ein Stück herausrissen. Die Finger die das Fleisch hielten waren inzwischen über und über beschmiert mit Bratenfett und Blut. Nordmannsfrühstück...
Vaena saß wie jeden Morgen... Nein, jeden Mittag. Sie schlief zu viel in letzter Zeit, wie sie mal wieder feststellte. Nun sie saß wie jeden Mittag in ihrer kuschligen "Höhle", wie sie es nannte, machte sich über dem Feuer Fleisch mehr warm, als das sie es briet, und frühstückte. Sie spührte langsam den Winter nahen und es schien ihrer Seele Aufschwung zu geben. Sie verließ wieder öfter die Insel, ging unter Menschen oder einfach nur in die Wälder um sie zu durchstreifen und zu jagen. Ihre Jahreszeit war gekommen und dieser verdammte Sommer endlich vorbei. Die letzten Jahre konnte sie zur warmen Zeit in den Norden flüchten. Dieses verdammichte Jahr war sie geblieben. Nur die Ahnen wissen warum. Seufzend schnappte sich die Kriegerin ihre Metflasche und spühlte das Fleisch runter. Ihr Blick viel auf das Fleckchen ihrer Hütte, das Hallvard gerne als Lagerstätte für seinen Krempel und Klamotten missbrauchte. Im Moment war er leer.
Ihre Lippen spitzten sich und in ihre Augen trat ein nachdenklicher Blick.
Er hatte vor einer weile schon davon gesprochen mit Calasume zu brechen. Sie hatten nicht wirklich darüber geredet und Vaena hing in der Luft. Sie wusste nicht ob etwas passiert war, und wenn wusste sie nicht was. Immer mal wieder traf sie den großen Kerl. Immer wieder sagten sie sich, sie würden darüber reden doch dann... Ja was war es ?
Flucht? Das erste mal das die große, stolze Kriegerin flüchtete? Es schien wohl so. Warum wusste sie jedoch selbst nicht. Sie hatte endlich, was sie, trotz der ganzen Männer die letzten Jahre, begehrte. Den Mann den sie mehr als alles andere wollte. Und nun zog sie sich zurück. Dabei musste sie ihn halten, musste alles tun um ihn nicht zu verlieren. Sie wusste um seine Unbeständigkeit und um die Frauen um ihn herum. Etwas musste sich ändern. Irgendwie musste sie kriechende Angst verschwinden, sich diesem Mann gänzlich hinzugeben.
Mit einem Knurren, welches diese ganzen Gedanken vertreiben sollte, packte sie sich ihr Schwert und begann es mit einem Schleifstein zu bearbeiten. Sie schien die Waffe mehr zu beschädigen denn zu pflegen, denn ihre Gedanken schweiften immer wieder zu diesem einen Thema und und sie schallte sich dafür innerlich. Sie durfte nicht Flüchten. Nicht jetz... Nicht wenn es um so etwas wichtiges ging.
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Alt 31.07.2010, 15:43
#32
Vaena Djarfur
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Lange schon hatte sie das nicht mehr gemacht. Einfach da gesessen, der dicke Fellumhang unter ihrem Hintern und hatte die Tiere auf der Insel beobachtet. Vor allem dieses eine Tier. Ihr Rücken kribbelte leicht, als würde ihre Seele auf das gesehene reagieren. Das große, kräftige Eisbärenweibchen stapfte gemütlich durch den nicht mehr ganz so dicken Schnee. Auch hier spürte man den kommenden Sommer.
Skog war letzten Winter gestorben. Eine Krankheit hatte den alten Mann dahingerafft und Vaena hatte zugesehn.
"Bärenkind, bleib bei deiner Sippe.... Du gehörst zu uns.... Im Süden hast du nichts verloren." All diese Sätze schwebten in ihrem Kopf umher, wenn sie an den Schamanen dachte. "Die Runen haben gesprochen, Kind. Die Ahnen wollen es so. Bring sie nicht gegen dich auf. Du bist auf ihre Gunst angewiesen..." Einer seiner letzten Sätze... Der Wind heulte auf bei dem Gedanken. Hatte sie ihre Vorväter wirklich gegen sich aufgebracht? Sie tat alles um dagegen zu wirken. Immer wieder, wenn keiner hinsah, ging sie zu dem kleinen Altar, neben der Sippenhütte, vollführte die alten Riten ihrer Sippe und opferte was sie bereit war zu geben.
Ihr Blick fiel auf ihre Handflächen hinab. Ihre Finger zitterten. Musste an der Kälte liegen, tat sie es ab. Doch sie zitterten des öfteren in letzter Zeit. Das dünne Narbengewebe das sich über über beide Handflächen zog, war immer noch empfindlich. Vielleicht war es ein Zeichen? Ein Mahnmal? Es würde wohl so bleiben.... Dieses unangenehme Gefühl sobald sie ihre Waffen schwang. Die Schmerzen die sich nach einer Weile einstellten. Die Opferungen schienen die Ahnen nicht zu besänftigen. Dies schien der Preis zu sein, den sie zahlte um bei Hallvard sein zu können.
Wieder fiel ihr Blick auf den Eisbären der sich gerade an eines der zahlreichen Walrosse heran schlich. Dies war einst ihr Spiegel gewesen. das Tier ihrer Seele. Das Wesen ihres gesamten Seins und nun würde sie, nicht mal mehr ein paar Stunden, ihre Axt in den Händen halten können. Nun würde sie wohl kein Raubtier mehr sein können, ohne den Preis des Schmerzes zu zahlen.
Daran würde sie sich gewöhnen... woran sie sich nie gewöhnen würde, war wohl die Tatsache, das sie Hallvard nicht mehr spüren konnte, wenn sie ihn mit den Händen berührte. Sie spürte nur ein leichtes unangenehmes ziehen und hörte ihre Vorväter flüstern, als stünden sie neben ihr.... "Wir sagten dir, du gehörst hier nicht hin. Nun musst du es fühlen, bis du es einsiehst!"
Sie würde es nie einsehen. Ihre Liebe wuchs über Jahre ebenso ihre Treue zu diesem Mann. Ein wenig Stolz war noch in ihr. Ein wenig Eisbärin war sie noch geblieben....
Vaena Djarfur ist offline  
Geändert von Vaena Djarfur (31.07.2010 um 15:45 Uhr).
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