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Alt 14.07.2010, 09:21
Ernestine
#1
Ernestine Remlim
Reisender
 
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Beiträge: 206
(im Jahr 1302 , 16 Jahre alt)

Ernestines Gesicht verzog sich ein wenig als sie das Glas zum Mund führte. Sie hatte am gestrigen Abend zu sehr trainiert. So sehr, dass ihre Arme bei jeder kleinen Anspannung anfingen zu schmerzen und leicht zu zittern.
Doch Ernestine wollte schnelle Fortschritte machen. Sie hatte das erste mal im Leben etwas geschafft, was nicht ihr werter Herr Vater vorgeschrieben hatte.
Nun war sie angekommen.

Der Weg nach Britain war lang gewesen. Gut drei Monate reiste Ernestine um diesen Ort zu erreichen. Doch all die Strapazen hatten sich gelohnt. Denn nun hatte sie ein kleines Zimmer und vor allem eine Ausbildungsstelle bei der herzoglichen Garde.

Natürlich hatte Ernestine sich all das vor gut einem halben Jahr noch nicht zugetraut. Dies hätte wohl niemand getan, der sie kannte. Als wohlbehütetes fünfzehnjähriges Mädchen eines reichen Kaufmanns hatten ihre Eltern andere Pläne mit Ernestine. Sie sollte einen Bernsteinhändler aus der Nachbarstadt ehelichen, damit die geschäftlichen Beziehungen vervettert werden.

Die Nacht vor der Verlobungsfeier war ausschlaggebend. Tulfor, ihr zukünftiger Gemahl, betrat ihr Zimmer und erklärte ihr, welche Pflichten sie in Zukunft habe. Wie sie sich zu kleiden habe, was sie zu sagen habe (und vor allem was sie nicht zu sagen habe) Außerdem lies er sie wissen, dass er neben ihr eine andere Frau haben würde, da er diese lieben würde. Konnte man so eine Ehe eingehen? Als junges, fünfzehnjähriges Mädchen?!

Nein.

Also floh sie – und letztendlich, nach all der Zeit, war sie nun hier: in Britain.

Sie hatte sich schon immer sehr für das Bogenschießen interessiert. Sie hatte ein paar Schusstechniken von ihrem Vetter gelernt und beschloss, dass sie damit Gold verdienen wolle.
Nach einiger Zeit des Suchens in der großen Stadt Britain hatte sie nun den Kadettenplatz bei der Garde erhalten.

Es war ein sehr militärisches Verbündnis. Aber das war gut – Ernestine konnte nach Regeln leben. Ohne gewisse Regeln wollte sie gar nicht leben. Es würde einen nur in unangenehme Situationen bringen.

Doch muss sie sich nun beweisen. Sie muss sehr viel lernen – sie muss sehr viel trainieren. Damit der werte Oberst von Britain irgendwann erkennen würde, dass sie es wert war, Gardistin zu werden. Und ganz vielleicht – wenn sie so fleißig bleiben würde, würde sie vielleicht noch Ränge aufsteigen. Zumindest ist dieser Weg heute ihr Ziel.
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Geändert von Ernestine Remlim (08.12.2010 um 14:58 Uhr).
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Alt 09.08.2010, 09:32
#2
Ernestine Remlim
Reisender
 
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Beiträge: 206
(im Jahr 1302 , 16 Jahre alt)

Einige Monate waren vergangen. Die Sommersonne quälte die Natur sowie Mensch und verhinderten den gewohnten Fleiß, den Ernestine normalerweise an den Tag legte. Doch nicht nur diese Hitze verhinderten Ernestine's Anwesenheit bei den letzten Unterichtsstunden. Eine Grippe hatte sie befallen und ließ sie mehrere Tage nicht mehr los. Auch nun noch fiel es ihr das atmen nach einigen Körperübungen schwerer als noch vor der Krankheit.
Doch ließ sie sich nichts anmerken. Sie war es nicht gewohnt zu jammern.
Wie gewohnt erschien sie nun, nach den Tagen der Krankheit beim Apell um ein Mitglied der herzoglichen Garde zu sein.

Ernestine staunte noch immer das Eine oder Andere Mal wenn sie mitbekam, wie organisiert die Garde ist. Scheinbar gibt es zu jedem Sachverhalt gewisse Regeln, die man zu befolgen hatte. Viele viele Dinge, die sie noch lernen musste.
Doch gab Ernestine sich Mühe. Keinerlei Privatleben ließ sie an sich hinab. Lehrjahre waren Jahre, in denen man sich voll und ganz auf eine gewisse Sache konzentrieren musste um wirklich 100% geben zu können. Und das tat sie.

Abends lag sie im Bett und wiederholte alles, was sie am Tage erfahren und gelernt hatte. Sie wollte sich selbst und den anderen beweisen, dass sie fähig war, Gardistin zu werden.

Mitlerweile hatte sie einige Mitglieder der herzoglichen Garde kennen gelernt.

Faran Farbior war Gardist und zugleich Ausbilder. Er gestaltete den Untericht und führte ihn auch durch. Ernestine hat ihn als einen kammeradschaftlichen und doch gewissenhaften Mann kennen gelernt. Er duldet Fragen, duldet Fehler - duldet es aber nicht, dass Fehler zweimal gemacht werden.

Dagegen verhält es sich mit Custorian Enfisar, seines Zeichens Koprporal ein wenig anders. Er duldet keine Fehler und bestraft jeden Einzelnen mit körperlichen Übungen. Sicherlich auch ein Weg den Kadetten einzubläuen vor jeder Antwort genau nachzudenken. Trotzdem, oder gerade deshalb, schätze Ernestine den Korporal.

Carvar Zerbol, ebenfalls Kadett war scheinbar genauso fleißig und gewissenhaft wie Ernestine. Ernestine mochte ihn auf eine gewisse Art und Weise. Denn er hielt sie nicht auf und sie hatte so einen ansporn besser als er zu werden. Oder zumindest gleich-gut.

Dahlia Armanth war Gardistin und war Ernestine sympatisch. Sie war nicht sehr viel älter als sie selbst und hatte eine offene Art. Zumindest so offen, wie es bei der Garde möglich war. Ernestine hatte noch nicht sehr viel mit ihr zu tun gehabt, jedoch hatte sie das Gefühl, jene Frau wäre sehr wissbegierig und fleißig.

Bolwen von Britain - seines Zeichen Oberst der Garde. Zugleich wohl auch Baron der Stadt. Ihn sah Ernestine lediglich beim Apell. Und dort wirkte er, wie sollte es auch anders sein, sehr korekt. Doch er strahlte eine gewisse Weisheit auf, von der Ernestine profitieren wollte.

Dunja Armanth war die neue Kadettin. Ernestine hatte erfahren, dass sie die ältere Schwester der Gardistin Armanth ist. Es war seltsam und amüsant zugleich zu sehen, wie eine jüngere Schwester der Älteren überlegen war. Sicherlich ein seltsames Gefühl - für beide.

Arathel Kantala, Leutnant der Garde. Ernestine hatte ihn bisher einmal gesehen und er war erwartend streng und korrekt.

All die anderen Mitglieder der herzoglichen Garde hatte Ernestine noch nicht kennen gelernt.

Doch war sie neugierig, wissbegierig und lernbereit - und dies würde ihr helfen, Karriere bei der Garde zu machen.
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Alt 05.11.2010, 08:11
#3
Ernestine Remlim
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(im Jahr 1303, 17 Jahre alt)

Mit vor Müdigkeit kleinen Augen besah Ernestine sich nun bereits einige Minuten den weißgelben, hellen Mond - welcher sichelförmig dort oben am Himmel schien. Wer wohl gerade in diesem Moment ebenfalls hinaufsah…?
Sie hatte sich ihren kleinen Schreibtisch vor das Fenster geschoben, sich daraufgesetzt um durch das weit geöffnete Fenster hinauszusehen. Hier und da waren noch Stimmen zu hören. Vor allem Stimmen lallender und lachender Männer. Raue Stimmen - voller Kraft.
Ernestine wohnte gern im Hafenviertel der Hauptstadt.
Der Grund war sehr einfach zu erläutern - es war ein solcher Kontrast zu ihrer Heimat, dass selbst der Gestank, der hier und dort aufstieg, wie rosige Seife roch.
Ihr Vater würde ihr wohl den Kopf scheren und ihr den Hintern versohlen bis er blau wäre, wenn er sie hier erblicken würde. Ihre Mutter würde die Nase rümpfen und sie einige Wochen ignorieren... als wäre es eine Strafe.

Schon vor einiger Zeit hatte Ernestine eine junge Frau kennen gelernt. Sie dürfte nicht viel älter als sie selbst sein. Alessandra Rodin ist ihr Name. Sie ist ein hübsches, aufgewecktes und herzliches Mädchen. Und vor allem hatte sie eine ähnliche Hintergrundgeschichte wie Ernestine selbst.
Alessandra ist auch vor der Flucht - ihre Eltern waren ebenfalls reiche Händler und wollten über Alessandra's Leben bestimmen. Es gab so viel Ähnlichkeit in deren Leben, dass es fast unheimlich war.

Aber vielleicht war gerade dieser Umstand der Grund dafür, dass Ernestine sich Alessandra gegenüber ein wenig öffnen konnte. Sie sprach Worte, die sie wohl sonst nicht sprechen würde. Neben Cavar und Faran war Alessandra die Einzige, bei der Ernestine es sich etwas öffnen konnte - und die erste weibliche Person, bei welcher Ernestine sich eine Freundschaft vorstellen konnte.

Ein Glasklirren ließ Ernestine kurz aufschrecken. Sie beugte sich ein wenig über die Fensterbank um die Straße hinaufzublicken. „Scheiß’n Dreck! War’s letzte Bier- verdammter!“ Ein recht dicker Mann trat eine größere Scherbe, der gerade geplatzten Flasche, weg und stapfte, sichtlich erbost über sich selbst, den Weg entlang.

Ein kleines Lächeln legte sich auf Tines roten Mund. Nie im Leben hätte sie noch vor gut einem Jahr auch nur erahnen können, dass es sollte Wörter überhaupt gab.
Ihre Augen folgten der Statur des kräftigen Mannes und das Lächeln verebbte eine ganze Zeit nicht mehr. Bis sie sich dabei erwischte an Wolthan zu denken… wahrscheinlich weil die Statur des Mannes draußen der Wolthans so ähnlich war?!?

Mit einem leisen Räuspern erhob Ernestine sich vom Tisch, schloss das Fenster, rückte den Schreibtisch an seine Stelle und huschte in ihr Bett um sich eng zuzudecken. Ihre Augen schloss sie mit lieb gemeinter Gewalt. Was fand sie nur an diesen Pagen…?

„Egal…“ wisperte sie in den dunklen Raum und versuchte sich die Erinnerungen vom letzten Schussunterricht vorzustellen… sie würde eine begabte Schützin werden – und irgendwann würde man sie auch Gardistin nennen… das war momentan alles was zählte.
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Alt 19.11.2010, 16:40
#4
Ernestine Remlim
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Mit einem Pergament fechelte Ernestine sich ein wenig Luft zu. Wieder eine heiße Sommernacht, in welcher sie sicherlich wenig Schlaf finden würde. Diese schwüle Hitze konnte sie nicht leiden... All ihre Fenster standen sperangelweit offen. Immer, wenn ein Lüftchen durch den Raum wanderte hob Ernestine mit genussvoll geschlossenen Augen das Kinn ein wenig an und genoss die göttliche Streicheleinheit.

Alessandra würde alsbald das Haus neben ihr beziehen. Die Freundschaft der beiden Frauen war sehr schnell gewachsen. Alessandra war nun ebenfalls Kadettin und war so herzlich und offen... Ernestine konnte es gar nicht verhindern, sie zu mögen. Dieses beruht wohl auf Gegenseitigkeit - denn Alessandra offenbarte sich Ernestine und gestand ihr, dass sie Ernestine als Freundin in ihr Herz geschlossen hatte.

Vor einiger Zeit haben sie eine ganze Nacht hindurch gesprochen. Ernestine konnte sich nicht entsinnen jemals so viel mit einem Menschen gesprochen zu haben. Das Hauptthema war allerdings ein Thema, dass Ernestine vorher auch immer verschwieg. Und zwar hieß das Hauptthema: Männer.

Seufzend begann Ernestine das Pergament schneller zu fächern... diese Hitze...!

Alessandra hatte genau gestrickte Pläne. Sie wollte einen netten Mann, der sie versorgen konnte, sie wollte Kinder und Enkelkinder. Das scheint ihr Lebensziel zu sein.

Kurz runzelte Ernestine ihre sonst so glatte Stirn.... Alessandra würde gar den Dienst bei der Garde aufgeben für ihren Mann und deren Kinder.

"Niemals..." murmelte Ernestine fast ein wenig eingeschnappt und legte sich zurrück auf den kahlen Holzfußboden.
Sie würde niemals den Dienst bei der Garde für irgendwen aufgeben. Sie hatte ihre eigenen Ziele- sie wollte sich nicht abhängig von irgendwem machen und vor allem wollte sie nie so werden wie ihre eigene Mutter. Eine alte Frau von einem reichen Mann. Betrogen, belogen, verbittert und gelangweilt... was Bosheit mit sich mitbrachte.

Kurz kitzelte es Ernestine kalt den Rücken hinab wenn sie an das Erscheinungsbild ihrer deprimierten Mutter dachte.

Nein... wenn sie einst einen Mann hätte, müsste er sie nehmen - eben so, wie sie war! Und nicht versuchen sie in irgendeine häusliche Schublade zu schieben.....

Rasch drückte Ernestine ihre Augen zu und brummte missmutig. Ohne etwas dagegen tun zu können sausten ihre Gedanken zu Wolthan. Er würde ganz ganz ganz sicher eine Frau bevorzugen, die... "häuslich" war. Was sollte er mit einer Frau, die einer doch recht männlichen Berufung nachging... die etwa in den Krieg ziehen würde und ihn mit den Kindern allein daheim ließ?... Gruselige Vorstellung.

Aber noch viel gruseliger war es, dass Ernestine ihre Gedanken nicht mehr zurückhalten konnte. Und schauderlich war auch, dass sie Eigenheiten an sich selbst kennen lernen musste, die ihr gar nicht gefielen. Eifersüchtige... böse Eigenheiten, die ihr peinlich waren.

Die Ausbildung bei der Garde lief hervorragend. Ernestine fühlte sich immer sicherer in... eigentlich in Allem! Ob es körperliche Übungen, Übungen mit der Schusswaffe oder irgendwelche Wissenskunde war. Endlich zahlte sich die Mühe und Zeit aus, die sie für ihr Ziel investierte... ein vollwertiges Mitglied der Garde zu werden!
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Alt 26.11.2010, 20:34
#5
Ernestine Remlim
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"Verdammt...." wisperte Ernestine leise als sie ihr Handgelenk betrachtete, das einen kleinen blauen Schatten umrundete. Warum nur war ihre Haut so empfindlich. Bei fast jeder etwas stärkeren Berührung färbte sie sich ein wenig blau. Und sie tat weh...

Ernestine konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. Sie gab sich alle Mühe der Welt um so zu werden, wie sie sein wollte. Stark, erwachsen, selbstsicher, schlau, verehrt, gebildet... und doch war sie auch noch immer das feine Mädchen von daheim. Das Mädchen, das dortsteht, lächelt und brav knickst wenn ein Adeliger ihrem Vater ein Kompliment über seine wohlerzogene Tochter aussprach.

Leis brummend zog Ernestine ihr Nachthemd an und legte sich in das viel zu große Bett. Ab und zu kam sie sich sehr verloren darinnen vor. Es zeigte auf seltsame Art und Weise, dass sie Welt unheimlich groß war. Zu groß um es sich vorstellen zu können. Und Ernestine selbst war nur ein Mensch - ein Lebewesen von unvorstellbar vielen! Selbst hier in der Stadt lebten so viele Menschen. Zu viele, als das man sie alle kennen konnte. Und unter ihnen lebte Ernestine.

Unter einem leisen Seufzen deckte Ernestine sich wieder auf und setzte sich hin. Das lange Haar war zu einem geflochtenen Zopf gebunden und hing über ihre linke Schulter nach vorn gelegt. Die Sommersprossen schienen auf ihrem Nasenrücken zu tanzen. Kurz besah sie sich ihre Arme. So braun, wie sie es nun war, war sie noch nie gewesen. Ihre Mutter schalt sie immer wieder, wenn sie am offenen Fenster sah. Braun... die Farbe der Bauern. Eine feine Dame sollte weiß wie das edelste Porzelan sein. Die Sommersproßen, die Ernestines Nasenrücken und ihre Arme schmückten wurden täglich übergepudert.

Ein kurzes Schmunzeln huschte über Ernestines roten Mund als sie an die Zeit zurückdachte. Nun... nun war sie zwar allein auf dieser großen Welt - unter den vielen Lebewesen, in der großen Stadt - in ihrem großen Bett... und doch war sie glücklicher denn je!

Und doch waren in den letzten Wochen Dinge geschehen, die sie zweifeln ließen. War sie wirklich soweit allein zu leben? Wusste sie genug, war sie vorsichtig genug, hatte sie genug Gespühr dafür - was richtig und was falsch war?!

Nachdem Ernestine mit Alessandra über das Thema "Mann + Ehe" gesprochen hatte wurde ihr sehr bang. Sie war sich sicher, dass Wolthan eine Frau wünschte, die eben so war - wie sie es sein sollte ... so, wie ihre Eltern es geplant hatten. Hübsch, ruhig, liebreizend, unantastbar und ein wenig dumm.
Also hatte Ernestine beschlossen ihm die Wahrheit zu sagen. Vielleicht war es dumm, naiv und auch ein wenig ungeschickt ihn nun schon zu sagen, dass sie die Garde nicht verlassen würde. Weder für einen Mann noch für irgendwelche familären Verpflichtungen. Sie wusste sich nicht anders auszudrücken... Wie sollte sie Gefühle in Worte fassen? Dieses Gefühl der Angst- irgendwann wieder von irgendwem abhängig zu sein und aus Liebe zu dieser Person das zu machen was er möchte... ohne daran zu denken, was man selbst am liebsten möchte?!
Wolthan reagierte anders, als Ernestine es gedacht hatte. Er lachte gar ein wenig und sah sie so an... als hätte er sich das genau so gewünscht. Die Tatsache, dass sie ein "dummes Ding" in vielerlei Hinsicht war, störte ihn nicht. Er habe zwar Erfahrungen mit Mädchen daheim sammeln können... aber in ihrem Alter war es in Ordnung nicht zu wissen, was getan werden muss. Das Einzige was Ernestine weiß war grausam.
Ihre Mutter hatte ihr immer wieder eingetrichtert, dass sie nach der Hochzeit einfach tun musste was der Mann sagen würde. Egal wie es sich anfühlt - egal ob man es mag oder nicht. Nach der Eheschließung gehört der eigene Körper dem Mann - und dieses hat eine Frau auszustehen. Alessandra bestärkte all dies nur indem sie behauptete, dieser Barde hätte ihr die Kleider vom Körper gerissen und sie hätten sich geliebt. Welche seltsames Wort... für solch Grausamheit.

Nachdenklich betrachtete Ernestine ihre Finger und kam nicht drum herum ein wenig verliebt zu lächeln. Wolthan hatte, nachdem sie einen Moment darüber gesprochen hatten, seine Lippen auf ihre gelegt. Ernestine hatte oft gesehen, dass ihr Vater ihre Mutter auf die Stirn küsste. Aber auf den Mund...?! Ernestine hatte nichts getan - einfach gewartet und sicherlich ein wenig ungeschickt dagesessen. Und doch... wenn sie nun an diesen Moment zurückdachte, wurde ihr ganz warm ums Herz.

Mit einem leisen Seufzen warf Ernestine sich in ihre Kissen zurück und schloss fast schon grinsend ihre Augen. Sie konnte es kaum erwarten ihren "bärigen Pagen" (wie Alessandra ihn zu beschreiben wusste) wiederzusehen.

Ernestine hatte mitbekommen, dass sie kurz vor der Prüfung zur Gardistin stand. Und genau das ließ ihre Knie weich werden. Hatte sie doch vor kurzem eine praktische Stunde mit Faran gehabt. Es war eh seltsam einen Freund als Vorgesetzten zu haben. Doch mitlerweile klappte es ganz gut für den Moment umzuschalten und persönliche Gefühle außen vor zu lassen.
Nun... diese praktische Übung verlief in ihren Augen grausam. Sie hatte so unheimlich viele Fehler gemacht! Sie musste mit dem Schwert kämpfen... mit dem Schwert!!! Sie konnte zwar ein wenig damit herumschwingen... aber kämpfen?! Bei weitem nicht. Sie fühlte sich so blamiert und als sie Faran dann als Gardistin das Schwert abnehmen sollte, wollte sie alles geben! Also nahm sie all ihre Kraft beisammen und wollte es ihm schlicht entreissen. Doch ehe sie sich versah lag sie auf dem Rücken - am Boden und er saß auf ihr - ihre Hände drückte er ohne wirkliche Gewalt auf den Boden. Er sah so verärgert aus und zugleich doch nicht... verärgert. "Seltsam..." wisperte Ernestine in die Dunkelheit und öffnete die Augen wieder. Er hatte lange dort gesessen und sie angesehen- ihr erklärt, dass sie tot sein könnte, wenn er nicht er wäre... ihr gesagt, dass sie umso schlauer und geschickter sein müsste als Andere... eben weil sie eine Frau war von nicht all zu kräftigem Wuchs.

Faran war ein ganz besondere Freund. Ein Freund und zugleich auch ihr Vorgesetzter. Er wollte das Beste für sie, dass wusste Ernestine. Und doch steckte ein kleiner Kloß in ihrem Hals als er ihr wieder auf die Füße half. War sie wirklich schon so weit Gardistin zu sein?!... Sie, die unüberlegt auf einen großen Mann zustürmte um ihm das Schwert _wegzunehmen_?!!!

"Ach weh.." wisperte Ernestine und legte sich die Hände über die Augen um sie mit sanfter Gewalt zu schließen.

Sie musste einfach abwarten... wie es sich entwickeln würde...
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Alt 02.12.2010, 12:08
#6
Ernestine Remlim
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Im Schneidersitz saß sie da und sah auf das weite Meer hinaus. Ihr Haar war wie immer zu einer prachtvollen Flechtfrisur hochgebunden. Keine einzige Strähne wage es im leichten Wind zu flattern, welcher vom Meer her über ihre Haut streichelte. Es begann bereits zu dämmern. Ernestine spührte deutlich die Hitze des Tages, die den Holzsteg am Hafen über aufgewärmt hat. Nachdenklich besah Ernestine sich den Brief den sie verfasst hatte. Allerdings hatte sie schon vor gut zwei Stunden entschieden, dass sie diesen Brief niemals absenden würde.

Rasch überflogen ihre Augen nochmal das Geschriebene...


Werte Alessandra, werte Dunja,

ich schreibe Euch, weil ihr meine Kammeradinnen seid. Jedoch zweifle ich daran, ob ihr meine Freundinnen seid. Vor allem dir, Alessandra, habe ich mein Herz geschenkt und mich mehr geöffnet, als ich es jemals bei irgendwem getan habe. Dies war ein Fehler... denn ich vermute, dass du dich über meine Unwissenheit und der daraus erfolgten Naivität lustig gemacht hast.
Ich habe einige Zeit mit Wolthan gesprochen und ich muss gestehen, ich glaube ihm. Weder eure Aussage über Äste noch euer "Blutzeug" noch sonst etwas trifft auf Wolthan zu. Und dieses glaube ich ihm.
Ich empfinde keinerlei Tolleranz euren Verhalten gegenüber. Ihr beide habt in der Vergangenheit gesündigt. Ihr beide habt Erfahrungen gesammelt, die ihr nicht sammeln solltet. Ihr beide habt euch lustig über mich gemacht - gelacht und mir böse Geschichten erzählt - im Nachhinein vielleicht, weil ihr neidisch seid?
Ich möchte euch in diesem Brief wissen lassen, dass ich immerzu eure Kammeradin sein werde. Dienstlich werde ich euch zur Seite stehen und ich würde mein Leben für euch auf das Spiel setzen.
Doch ist es mit der Freundschaft aus.
Ich ziehe diesen Schlussstrich weil ich auf mein Herz höre - hast du, Alessandra, mir dies nicht immer geprädigt... höre auf dein Herz- lass dich gehen? Dies tue ich hiermit. Ihr habt mein Herz verletzt und ich bin zu stolz und verärgert zugleich um weiterhin eure Freundin sein zu können.

Ernestine


Seufzend faltete Ernestine den Brief zusammen und schloss einen Moment die Augen. Sie wollte es den beiden lieber persönlich sagen. Sie wollte beiden die Möglichkeit geben sich zu erklären... denn eigentlich war sie doch so froh gewesen endlich Freundinnen gefunden zu haben. Menschen, denen man vertrauen konnte, die angeblich das Beste für einen wollten... mit denen man lachen konnte, ernste Dinge besprechen konnte... oder auch weinen konnte. All dies würde sich nun ändern.
Nun war Ernestine wieder vollkommen alleine - zumindest was dies anging.

Doch vielleicht war es gut so. Wolthan hatte recht... sie sollte nicht zu sehr auf die Meinung oder Aussagen Anderer bauen. Vielleicht war es gut so, dass sie sich in Zukunft ganz sicher nicht so schnell öffnen würde. Freundschaft musste sich verdient werden - auf beiden Seiten. Denn im Grunde... ist es doch eine änlich intime Beziehung wie es mit einem Mann sein sollte? Zumindest vom geistlichen her.

Unter einem leisen Seufzen erhob Ernestine sich und steckt den Brief ordentlich gefaltet in ihre Rocktasche. Der Muskelkater lies ihre Oberschenkel kurz ein wenig zittern. Seitdem sie all diese körperlichen Übunungen vollziehen musste war ihr Körper um einiges länger geworden. Zumindest fühlte es sich so an! Wenn sie sich im Spiegel besah war da kaum noch das 16-jährige Mädchen, dass hier in Britain ankam um ein neues Leben zu beginnen. Ihr Körper war straffer, länger und auch ein wenig kurvenreicher.
Vor allem Faran hatte sich ihr angenommen.... wobei sie auch jenem bös' war.

Er hatte zwar nie schlecht über Wolthan gesprochen oder ihr gesagt was Wolthan alles vor haben könnte... aber er wollte Ernestine mit einigen Gesprächen doch "aufklären" da er es unverantwortlich findet, wenn sie zu blind durch die Welt läuft ohne das ein Vater die schützende Hand über das Haupt der Tochter halten kann.
Er hatte Ernestine gestanden, dass er sie wie eine Schwester lieben würde und das er sich nicht verzeihen könnte, wenn ihr etwas geschah... ob das wohl wirklich die ganze Wahrheit war?!

Kopfschüttelnd setzte Ernestine den Heimweg an. Jene Seemänner, die öffter am britannier Hafen waren beachteten Ernestine gar nicht mehr. Obwohl ihre Erscheinung etwas Besonderes in dieser Gegend war haben sie sich in dem Jahr, in welchem Ernestine hier nun wohnte, an sie gewöhnt und ließen sie in ruhe.
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Alt 08.12.2010, 14:44
#7
Ernestine Remlim
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In Gedanken versunken saß Ernestine an diesem Abend an ihrem Fenster und sah dem herbstlichen Wetter dabei zu wie der Wind die Bäume tanzen ließ. Ihre Gedanken waren bei ihrer direkten Nachbarin... Alessandra Rodin.
Warum war sie so... gemein - ja, fast zickig zu ihr gewesen?! Ernestine hatte sich einige Zeit nicht mehr mit ihr getroffen... aber das hatte sie mit keinem. Sie war allein ausreiten, lernte, trainierten ihren Körper oder ging durch die Stadt. Sie mied den Kontakt zu jedem - denn sie hatte Zeit für sich gebraucht. Und diese Zeit - die verstrichen war, war gut gewesen. Sie war kaum noch böse auf Dunja oder Alessandra - doch scheinbar waren die beiden Frauen es.
Als Ernestine den Besprechungsraum in der Akademie betreten hatte, war Alessandra sogleich schnippisch. Warum sie nicht mehr mit ihren sprechen würde - war einer der ersten Vorwürfe.

Kurz runzelte Tine die Stirn, als sie über diesen Vorwurf nachdachte... Sie hatte doch mit den beiden gesprochen. Aber eben nur das Nötigste.

Ernestine erklärte den beiden Frauen andeutend, dass sie wohl anders seie und nicht wirklich damit klar komme, dass die beiden Frauen unter Anderem "sündigten" und dieses auch noch gut fanden. Unterstrichen wurde diese Tatsache dadurch, dass Alessandras Atem den Raum mit "Schnapsduft" tränkte.

Kurz verzog Ernestine den Mund. Wie konnte man nur so... sein?! Hatte sie denn gar kein Pflichbewusstsein?! Was, wenn Karex oder sonst wer angriff - oder sie sonst irgendwie einen klaren Kopf beweisen musste?! Wie konnte sie nur so viel trinken, dass sie am nächsten Tag noch immer nicht wirklich anwesend war?!

Natürlich warf sie Alessandra dies nur indirekt vor. Ernestine wollte keinen tiefgehenden Streit provozieren. Dunja wollte dies auch nicht... nicht nur einmal hatte sie Alessandra ermahnt oder ihr deutende Blicke zugeworfen.

Cavar... er war endlich wieder da. Doch seitdem er wieder hier ist hatten sie kein einziges Wort gewechselt. Zumindest keines was nicht dienstlicher Natur war. Und auch dieses Mal betrat er die Akademie als Ausbilder. Natürlich bemerkte er, dass Alessandra "anders" war. Und als er sie fragte, was sie denn habe- und diese scheinbar lügen wollte, sprach Ernestine es aus - Alessandra habe Schnaps getrunken und fühle sich unwohl.

War dies nun petzen? War sie deshalb ein sogenanntes Kameradenschwein? Hätte sie zulassen sollen, dass Alessandra Cavar ins Gesicht log und stumm tollerieren, dass Alessandra eben _so_ war?! Nein... das hätte Ernestine nicht gekonnt. Zumindest nicht ohne ein schlechtes Gewissen ihren Vorgesetzten gegenüber zu haben! Es sollten ruhig alle wissen, dass Alessandra scheinbar... ihr junges Leben genoss. Das war auch in Ordnung! Ernestine würde Alessandra nie vorschreiben, wie sie ihr leben zu führen habe. Doch es gab Grenzen... und die Grenze war für Ernestine deutlich überschritten.

"Oder bin ich es... die übertreibt...?" murmelte sie in die Stille des Zimmers. Ja... sie war irgendwie pflichtbewusster als die anderen Kadetten. Sie schmerzte es auch mehr, wenn sie etwas falsches sagte. Ihr leben war nun einmal die Garde... und nichts anderes - was ihren Ehrgeiz wohl erklärte.

Seufzend zog Ernestine die Vorhänge zu und begab sich zu Bett. Man würde sehen was der Herbst noch bringen würde....
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Alt 14.12.2010, 08:45
#8
Ernestine Remlim
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Das stetige Lächeln auf ihren Lippen konnte sie nicht mehr zurückhalten. So stand sie dort - in ihrem kleinen Hafenhaus und belegte sich ein Brot mit einer dicken Scheibe Käse. Ihre Gedanken waren allerdings nicht beim Brot -und schon gar nicht beim Käse.

Ihre Gedanken schwankten von der Grade zum Turnier der schönen Künste. Beides Ereignisse, die Ernestine in der jüngsten Vergangenheit sehr positiv überrascht hatten.

Seit einiger Zeit tat Ernestine ihren Dienst als Kedettin der Garde. Das sie wissbegierig, fleißig und zuverlässig war... das wusste Ernestine. Und doch hatte sie in den letzten Wochen begonnen zu zweifeln. Warum nur dauerte es so lange, bis sie geprüft wurde? Lag es daran, dass sie eine Frau war....? Lag es daran, dass sie erst 17 Jahre jung war...? Oder lag es an ihrer Art....?
Dann, am 03. Lorica 1303 - beim ganz normalen Apell, bat der Herr Oberst von Britain sie und Dunja Armanth vor um sie zu befördern.
Ernestine wusste gar nicht so recht wie sie sich verhalten sollte. Die Überraschung und Freude- und auch der Stolz drohten sie zu übermannen. Doch sie hielt sich zurück - verhielt sich wie eine Soldatin und freute sich hiernach umso mehr.
Sie war nun vollwertige Gardistin der Herzoglichen Garde. Sie hatte es geschafft... ihre Uniform, ihre neuen Waffen - natürlich ihr Abzeichen! Jeder würde erkennen, dass sie nun Gardistin war. Eine junge, weibliche - und sehr stolze Gardistin.

Umso mehr musste sie mit sich kämpfen den Wunsch zu äußern, dass sie beim Turnier der schönen Künste teilnehmen wollte. Ernestine hatte vom sechsten bis dreizehnten Lebensjahr eine Mädchenschule besucht. Dort lernte sie allerlei Dinge, die eine Frau wissen musste - mahnte ihr Vater immer wieder, wenn Ernestine äußerte viel lieber daheim zu bleiben als in dieser Schule zu verweilen. Sie lernte malen, singen, artikulieren, tanzen und noch so vieles mehr - was eine Dame wissen sollte. Damals fand Ernestine es ganz furchtbar vor vielen Menschen etwas vorsingen zu müssen... doch dieses Mal durfte sie ihr Stück frei wählen. Und die Wahl traf sie rasch. Schon vor einigen Jahren hatte sie dieses Sang-Gedicht geschrieben. Damals- als sie die grobe Geschichte von einem Gaukler vernahm verfasste sie seine Idee in neue Wörter.

Bruder... Bruder, was hab ich getan
fielst durch mich im Schlachtenwahn.
Bruder... Bruder, starbst durch meine Hand.
Zu spät habe ich deine Züge erkannt.

Zusammen brachen wir auf zur neuen Schlacht
wir griffen an die gegnerische Übermacht!
Diese ritt unter des Feindes Schild
damit der Siege ihnen gilt.
Die Feinde fielen nach und nach...
bis der neue Tag anbrach.
Der Boden war vom Blute rot...
allgegenwärtig war der Tod!

Bruder... Bruder, wie konnte dies geschehen?!
Nie kann ich mir vergeben dies Vergehen!
Bruder... Bruder, ich habe dich nicht erkannt!
Sah im Mordesrausch nur des Feindes Gewand...

Meine Hand die führte schwungvoll das Schwert,
hat erfolgreich das Leben der Gegner verzehrt.
Ich stand gegenüber dem feindlichen Recken
um auch ihn, wie alle Anderen - niederzustrecken!
Ich holte weit aus - nur ein einziger Schlag
bis auch jener tödlich am Boden lag!
Bis zum Heft steckte das Schwert ihm im Herzen....
Laut schriest DU hinaus... deine Todesschmerzen.

Bruder... Bruder, so will ich begleichen
dass du wegen mir musstest aus dem Leben weichen.
Bruder... Bruder ich hoffe du kannst mir vergeben...
da wir gleich - beide vereint - jenseits vom Leben....


Schmunzelnd dachte Ernestine an den Moment zurück in welchem sie all den Menschen dieses Drama vortrug. Sie sang es nicht - sie sprach es weinernd. Sie stand nicht still - sie versuchte mit ganzem Körpereinsatz diese verzwickte Situation zu vermitteln. Am Ende gab sie gar vor Gift zu trinken... und starb.

Es war seltsam... diese Schauspielerei- der Gesang. Früher, in der Mädchenschule, da hatte sie es gehasst. Nun - wo sie selbst bestimmen durfte, war es eine kleine Befreiung. Für diesen einen Moment konnte sie wer Anderes sein. Sie konnte sich für diesen Moment absolut fallen lassen - und das tat sie.
Niemand hatte Ernestine erkannt - und Ernestine war sich sicher: all ihre Kammeraden, die dort vor der Herzogin Wachpositionen aufgenommen hatten, hatten sich nicht nur einmal gewundert. Denn so hatten sie Ernestine noch nie gesehen.
Doch das Verwunderliche war... Ernestine gewann den zweiten Preis des Turnieres der schönen Künste. Obwohl das Vorgetragene so düster war - und sicherlich auch ein wenig verwirrend da sie es vortrug als wäre es ihr gerade wiederfahren... hatte sie den zweiten Platz gewonnen. Scheinbar hatte es doch dem Einen oder Anderen Zuschauer gefallen. Denn Diese haben die Gewinner gewählt.
Ernestine hatte sich ein wenig unwohl neben all den Barden gefühlt. Zwei junge Mädchen, die gleich aussahen, der Hofbarde und ein Barde, den sie nicht kannte. Außerdem ein recht lebendiges Mädchen standen mit Ernestine zusammen als sie auf die Ergebnisse warteten. Sie waren allesamt sehr nett und sie waren allesamt sehr musisch. Ernestine hingegen war ein wenig exotisch in deren Runde. Sie bewegte nicht den Körper zum Takt wenn irgendwer ein Lied anstimmte. Sie plapperte nicht viel herum, wie es die Zwillingsmädchen taten. Sie stand einfach dort - den Rücken durchgestreckt - beschaute sich die Mitkandidaten ruhig aber freundlich... und wartete.

Schade, dass weder Wolthan noch sein Freund Zaryn dabei gewesen waren. Sie hätte gerne deren Gesicht gesehen nach ihrem "Vorspiel". Was sie wohl über Tine denken würden?!

Ein Schmunzeln huschte über Ernestines Gesicht als sie sich an den Tisch setzte und in das Käsebrot biss. "Wunderbar." entfleuchte es ihrem Mund beim Kauen und ihre Augen schlossen sich genussvoll.
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Alt 20.12.2010, 15:12
#9
Ernestine Remlim
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Däumchendrehend saß Ernestine nun schon gut eine Stunde auf dem Stuhl in ihrer kleinen Küche und starrte den Tisch vor sich an. Ihr Haar trug sie offen - denn sie war sich sicher, es würde keiner zu Besuch kommen. Draußen war es bereits dunkel und der Herbtsregen prasselte an die Fenster. Eine einzige Kerze, auf der Mitte des Tisches, erhellte den Raum ein wenig und warf hohe dunkle Schatten an die Wand.

Ernestines Gedanken waren bei Alessandra. Sie hätte besser auf sie aufpassen müssen - Ernestine versuchte sich nicht all zu viele Vorwürfe zu machen ... aber der Gedanke kam immer wieder zurück. Alessandra hätte tot sein können! Ein leises Brummen entfuhr Ernestines Kehle. Es war ein Laut des Unwohlseins - denn sie wollte nicht darüber nachdenken. Sie hatte keine "Schuld" an all dem und sie hätte auch nicht mehr machen können. Es fiel ihr mitunter schwer genug auf sich selbst acht zu geben. Es brauchte eine gewisse Entfernung um einen Gegner mit der Schusswaffe wirklich zu erwischen - und dies stellte sich manchmal als ein wenig schwierig dar.

Seufzend schloss Ernestine ihre braungrünen Augen und lehnte auch den Hinterkopf an die Stuhllehne. Das lange braune Haar strich sie sich über die linke Schulter nach vorn um eine Strähne eher spielerisch um ihren Zeigefinger zu wickeln.

Es hatte sich gut angefühlt- als Gemeinschaft zu kämpfen. Sie alle waren gut ausgebildet - sie alle hatten ihre Augen überall - sie alle hatten gekämpft, geschwitzt und auch Schmerzen erduldet. Und sie alle waren relativ glimpflich davongekommen - außer Alessandra.
Sie hatte sich wohl Rippen gebrochen. Der Heiler in der Südfeste sprach es so einfach aus... er müsse Alessandra aufschneiden, um die Rippen zu richten. Mit viel Mühe hatte Ernestine ihren Eckel, ihre Verwunderung, ihre Angst und ihr Mitleid verstecken können. Bevor er sie ... aufschneiden würde, wollte Ernestine allerdings Bericht erstatten. Arathel Kantala... Leutnant der herzoglichen Garde hatte sich dem angenommen. Vielleicht hatte er erkannt, dass Ernestine das doch ein wenig zu viel war?

Bolwen von Britain – Graf der Hauptstadt und Oberst der Garde lud noch zum Umtrunk ein. Hatte Ernestine sich blamiert? Sie hatte kaum ein Wort herausbekommen. Sie saß einfach dort und schwieg. Beschaute sich den Tisch und wartete. Es hatte sich fast angefühlt wie früher... wenn ihr Vater sie zu irgendeinem Essen mitgenommen hatte. Sie schwieg, sah adrett aus und wartete darauf, dass sie bald wieder gehen durfte. Doch in dem Moment hatte sie nicht mehr machen können. Sie war nicht fröhlich, sie hatte keinerlei hunger oder durst. Sie wollte am liebsten einfach heim, sich in ihr Bett legen, die Augen schließen und… warten bis der nächste Morgen kommt. Denn es half sehr oft einfach eine Nacht zu schlafen. Ob es Streit war, Enttäuschungen oder irgendwelche Ideen, die einem spontan kamen. Man sollte sich immer die Zeit nehmen eine Nacht darüber zu schlafen. Denn oftmals sahen geglaubte Tatsachen am nächsten Tag ganz anders aus.

Und so war es auch. Nachdem Ernestine sich frühzeitig von ihren Kameraden verabschiedet hatte, eilte sie in ihr Heim um sich niederzulegen. Es dauerte eine ganze Weile bis sie schlafen konnte… doch war es am nächsten morgen besser. Ihre Hände und Arme zitterten nicht mehr so von all der Spannung sie sie ihm Kampf hineingelegt hatte. Ihr Kopf pochte nicht mehr – ihre Ohren sausten nicht mehr. Ihr ging es besser und sie fühlte sich gar in der Lage an einem Tavernengespräch teilzunehmen.

Vielleicht war es einfach so, dass sie all das – was geschehen ist – verarbeiten musste. Es war immerhin ihr erster „großer Kampf“ gewesen.

Leise erhob Ernestine sich vom Stuhl um sich auf den Boden zu knien. Sie bettete die Hände gefaltet auf den Oberschenkel und senkte ihr Haupt demütig. Leise, nur im Flüsterton wisperte sie ein Gebet.

Glaron, bald schon beginnt ein neuer Tag.
Gib ihr neue Kraft und Geduld.
Tröste sie durch dein Wort.
Erquicke sie in ihrer Mattigkeit.
Sei du bei ihr, wenn Schmerzen kommen und sie mutlos werde.
Laß sie den Tag bestehen und dankbar annehmen,
was Menschen ihr Gutes erweisen.
Du bist unser Licht, so sei es.


Eine ganze Zeit lang kniete sie noch am Boden um Glaron die Zeit zu schenken das Gebet für Alessandra zu empfangen.
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Alt 22.12.2010, 15:27
#10
Ernestine Remlim
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„Brav…“ wisperte Ernestine ihrem Wallach zu und klatschte tätschelnd auf den muskulösen Hals. Der Dampf stieg stoßartig aus seinen Nüstern und auch Ernestine selbst war ein wenig außer Atem. Wie berauschend dieses Gefühl doch immer wieder ist im straffen Galopp über Wiesen und Felder zu reiten. In einer fließenden Bewegung stieg Ernestine ab und führte den Wallach an ein Flüsslein um ihn trinken zu lassen. Sogleich senkte er sein Haupt um das kühle Nass zu verinnerlichen. Ernestine hockte sich schmunzelnd neben den großen Kopf und besah sie das gegenüberliegende Ufer relativ verträumt.

Alessandra ging es bereits viel besser. Sie war eine wirklich tapfere junge Frau. Ernestine war sich nicht sicher, ob sie selbst es so gut weggesteckt hätte, wie Alessandra es tat. Sie war gar stolz auf diese Narbe, die sie nun immerzu an dieses Ereignis erinnern würde. Alessandra…

Seufzend öffnete Ernestine den Knoten, der das Kopftuch auf dem Haupt hielt und legte sich das Tuch wie einen Schal um.

Alessandra hatte geäußert, dass sie sich Ernestine’s Leben wünschte. Und Ernestine selbst wünschte sich das Eine oder Andere Mal ein wenig so wie Alessandra zu sein. So unbedacht und… „frei“.
Wobei das Unbedachte sie in eine unangenehme Situation gebracht hatte. Ernestine selbst bekam ein leichtes Drücken im Bauch wenn sie daran dachte, was Alessandra ihr anvertraut hatte.
Faran hatte Alessandra geküsst….

Kurz sah Ernestine zum Wallach der den Kopf hob… wie ein Zeichen, dass er nun genug getrunken hatte. Also erhob auch Ernestine sich und ging einige Schritte spazierenderweise am Fluss entlang. Der Wallach folgte ihr treu in einigem Abstand.

Sie waren wohl vergnügt um Strand und Faran habe sie hinabgedrückt und sie geküsst. Kurz runzelte Ernestine ihre Stirn. Das erklärte natürlich, warum Claire Decasi so… seltsam Alessandra gegenüber war. Faran hatte seiner Verlobten den Kuss gebeichtet und Alessandra wiederum mitgeteilt, dass er bei eben jener Verlobten bleiben würde…. „Verzwickt…“ wisperte Ernestine vor sich her und sah sich kurz vergewissend nach dem Wallach um der leise geschnaubt hatte.

Dieses Fräullein Decasi war nett – aber warum nur war sie so böse auf Alessandra… wenn doch Faran die treibende Kraft war?! Oder hatte Faran ihr etwa erzählt, dass Alessandra die war, die die Initiative ergriff? Ernestines Mundwinkel senkten sich ein Stück bei diesem Gedanken. Aber nein… so etwas würde Faran sicherlich nicht getan haben. Dafür ist er eine zu ehrliche und treue Seele.

Ernestine selbst würde es einem Mann jedenfalls nie verzeihen. Da war sie sich sehr sicher. Würde Wolthan etwa eine andere küssen – der Gedanke allein reichte, um eine gewisse Wut in Ernestine zu entfachen. Nein – Ernestine würde solcherlei „Abwechslung“ nicht dulden.

Umso mehr tat Alessandra ihr leid. Sie hatte sich wohl Hoffnungen gemacht. Ernestine hatte es genau in ihrem Blick gesehen – und Alessandra selbst fiel es sehr schwer dies zuzugeben. Warum nur hatte Faran so… so dumm gehandelt?! Ernestine konnte sich nicht vorstellen, dass er Alessandra nur küsste weil… weil sie hübsch war! Da mussten doch Gefühle sein?! Das Faran sich sehr einsam fühlt und unglücklich über den dauerhaft verlobten Zustand seiner Beziehung war, dass wusste Ernestine. Aber… das er wegen der Einsamkeit eine Freundin ausnutzen würde… und sie küsste, ohne Gefühle im Herzen zu tragen – dass passte nicht zu ihm. Ernestine war fest davon entschlossen, dass sie ihn zu einem passenden Moment fragen würde. Denn Alessandra litt unter dieser Situation – würde dies aber natürlich nie offen zugeben.

Vor einiger Zeit hatte Ernestine ein kleines Fest veranstalten. Es war wohl eher ein Beisammensitzen – als ein Fest. Doch war es nett! Faran und seine Verlobte waren da – Carvar, Beladinon, Dunja und zum Schluss kam auch noch Wolthan für einen Moment vorbei. Ernestine hatte im Laufe des Abends viel Freude. Baldinon war ein spannender Mensch. Irgendwie weckte er in Ernestine ein Gefühl, dass sie schwer zu beschreiben wusste. Er war etwas unnahbar, interessant… wortgewandt und sehr naturbezogen. Er berichtete, dass er Tiere beobachten würde. Vor allem die Wölfe. Das er gar in deren Kreise sitzen könne, da sie ihm vertrauen. So richtig glauben konnte Ernestine dies allerdings nicht. Sie wollte sich gern vergewissern ob so etwas möglich war… ob man Wölfe wirklich beobachten könne- sich ihnen gar nähern konnte, ohne in Gefahr zu sein. Hoffentlich würde Beladinon sein Angebot bald wahr machen und sie mit in den Wald nehmen um ihr die Möglichkeit zu geben – eben jene Erfahrung zu machen.
Faran und Claire Decasi haben den Abend über viel herumgewitzelt. Claire war eine Frau die scheinbar viele Gesichter trug. Vom vergnügten aufquietschen bis hin zum enttäuscht-bösem hatte Ernestine wohl fast alle Gefühlsregungen in Claires Gesicht erblickt, die es so gab. Ein wenig anstrengen- da man wohl nie wusste, wie sie im nächsten Moment sein würde aber… Faran liebte sie – und das ist doch was zählt?!
Carvar war sehr amüsant. Es war einer der Momente, in denen Ernestine merkte, wie sehr sie Carvar doch mochte! Er war ihr irgendwie ähnlich. Eher zurückhalten… recht erzogen und manchmal war es so, dass er aussprach, was sie dachte – und anders herum! Sehr angenehm… Im Laufe des Abends hatte er – das erste Mal in seinem Leben – Bier getrunken. Und der eine Becher hatte wohl ausgereicht um ihm den Sinn ein wenig zu verklären. Er wurde ein wenig lustiger- offener und spontaner. Amüsiert nahm Ernestine dies zur Kenntnis und ging gar auf einige Wortspielchen mit ihm ein.
Dunja war den Abend über sehr still. Eigentlich hatte sie nur einige dienstliche Worte mit Faran gewechselt. Mischte sich allerdings nicht in ein Gespräch ein. Vielleicht dachte sie an Alessandra die mit Schmerzen im Bette lag?!
Wolthan war… wie Wolthan eben ist. Freundlich, zuvorkommen – recht direkt und ein wenig skeptisch den Anderen gegenüber. Das Thema mit den Wölfen schien ihn nicht zu gefallen. Ernestine war sich sicher, dass er allein nur wegen ihr da war. Er legte keinerlei Wert auf das Beisein der Anderen – zumindest vermutete Ernestine dies. Das war das erste Mal, dass Ernestine und Wolthan sich nach der Beförderung gesehen hatte. Und dies war nun schon einige Wochen her. Ab und zu zweifelte Ernestine an … an der Zeit! War es gut, dass sie Wolthan nun schon kennen gelernt hatte? Er steckte all sein Herz in seine Ausbildung und widmete dementsprechend auch eben jener all seine Zeit.
Ernestine hatte dieses Thema kurz bei Alessandra angesprochen. Und jene sprach Ernestine ins Gewissen. Wollte sie einen Mann, der sie nicht an erster Stelle sah? Wollte sie einen Mann, der nur alle Monate einmal kurz zeit hatte? Wollte sie einen Mann der eventuell in den Adel aufstieg- wollte Ernestine selbst wirklich in diese Welt- vor der sie doch eigentlich geflohen war?! Tja… ob Ernestine dies nun wollte oder nicht – sie hatte Wolthan gegenüber Gefühle, die sie vorher noch nie verspürt hatte. Und wie es sich entwickeln würde… das lag irgendwie ganz in seiner Macht.

Zaryn Algado… ein Thema, dass ein kurzes Lächeln auf Ernestines Lippen zauberte. Er war ein so … seltsamer – und doch interessanter Mann. Ein Mann aus dem Süden mit Ansichten – die eigentlich unmenschlich waren. Zumindest seine Meinung Frauen gegenüber waren… nunja- abwertend? Ja abwertend war für Ernestine das richtige Wort. Und doch wusste Ernestine es mit solcher Art von Mann „umzugehen“. Ihr Vater war ja nicht viel anders… Er sah Frauen auch als „Wtwas“ an. Eine Art „Ding“ das es eben gab. Das gut aussah… dass einem Mann zu dienen habe… dass dazu da war, eine Familie zu gründen bzw. eine Familie durch eine geschickt vereinbarte Heirat ins positive zu vergrößern. Und doch merkte Ernestine eine gewisse Sympathie dem Mann gegenüber. Und sie war sich sicher – auch, wenn er es niemals aussprechen würde – auch er mochte sie irgendwie ein wenig – eben als Frau, die man vielleicht mögen könnte. Sie hatte erst vor einige Zeit eine Nacht mit ihm verbracht. Eigentlich wollte sie Wolthan besuchen (wenn er keine Zeit hatte zu ihr zu gehen – dann wollte sie eben zu ihm gehen). Doch sie traf nur Zaryn an, der sie in sein Zimmer einlud. Die ganze Nacht über hatten sie gesprochen. Wobei der Verlauf des Gespräches ein ewiges Auf und Ab war. Mal war sie amüsiert, mal zu tode gekränkt- mal verwirrt und auch mal ein wenig wütend. Und auch ihm schien es so zu gehen. Interessant!

„Na komm mein großer… Heim.“ Ernestine schwang sich galant auf den Pferderücken und trieb ihm zum raschen Schritt an um noch vor der Abenddämmerung daheim zu sein.
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Alt 28.12.2010, 10:49
#11
Ernestine Remlim
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Ihre Finger strichen liebevoll durch das weiche Fell. Es war fast so weich, dass sie es kaum spürte. Michel begann wie zur wohlwollenden Bestätigung zu schnurren. Er streckte kurz das linke Vorderbein und drehte sich schnurrenderweise halb auf den Rücken. Ein Schmunzeln huschte über Ernestines Gesicht als sie ihren kleinen Kater so auf ihrem Schoß beobachtete.

„Naja – was meine ich wohl damit wenn ich dir sage, dass dich ein Mann bewundert?!“ Alessandra hatte Ernestine regelrecht angestrahlt als sie ihr offenbarte, was sie von Carvar wusste. Ernestine wollte nicht recht verstehen. Sie wollte und konnte es nicht so recht. Wollte Alessandra Ernestine etwa offenbaren, dass Carvar tiefgehendere Gefühle ihr gegenüber hatte?!
Faran betrat den Raum und störte die Unterhaltung der beiden Frauen. Weder Alessandra noch Ernestine nahm dieses Thema wieder auf – auch, wenn es Ernestine interessierte und sie mehr erfahren wollte.

Als Carvar die Schenkstube von Teresa betrat wurde Ernestine mulmelig. Und immer wenn sie unsicher war, versteifte sich ihre in der Regel eh schon gerade Haltung noch mehr. Sie senkte den Blick auf den Tisch und wünschte sich weit weg. Doch sie war hier – bei ihren Kammeraden und hatte keinerlei Grund die Taverne zu verlassen – zumindest nicht ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
„Soll ich gehen?!“ riss Alessandra sie aus ihren Fluchtgedanken. „Nein..!“ „Soll ich dann gehen?!“ nuschelte Faran ihr entgegen. Warum nur wollten sie alle gehen?! „Als ich kam versteifte sich deine Haltung – ich sollte gehen, hm?!“ Carvar sah Ernestine abschätzend und doch zurückhaltend an. Nein… niemand sollte gehen. Wenn wer gehen würde, dann sie selbst. Doch war es Alessandra die als erstes ging. Sie hatte Unterricht… so saß Ernestine allein dort. Neben Faran – mit dem sie eigentlich noch so viel zu besprechen hatte da sie seine „Küss-Aktionen“ nicht verstand und bei Carvar, dem sie schwer in die Augen blicken konnte.

Ernestine wusste nicht recht wie ihr geschah, als sie sich selbst sprechen hörte. „Warum hattest du mir nicht gesagt, dass du ein Mädchen magst?!“ Carvar war wie vor den Kopf gestoßen – im gleichen Moment bereute Ernestine ihre Frage bereits. Eigentlich war es nicht ihre Art Dinge im falschen Moment auszusprechen. Eigentlich hatte sie doch gelernt sich zurückzuhalten – auf den richtigen Moment zu warten. Sie wollte es darauf beruhen lassen, dass Carvar einige Worte stammelte und sichtlich überfordert war. „Nun kneift den Po zusammen und sprecht! Euer Genuschel versteht ja niemand! Dies ist ein Befehl!“ Ernestines Blick ruckte zu Faran der zufrieden vor sich herlächelte als Carvar, eher genötigt als gewollt, aussprach, dass er Ernestine sehr gern habe und vor allem auf der Feier merkte, wie ähnlich sie sich waren…
Armer Carvar….

Ernestine verließ die Schenke mit den Worten – „Du Faran bist in nächster Zeit nicht willkommen!“ Eine gewisse Wut brodelte in ihrem Bauch. Wie konnte Faran es wagen sich einzumischen – bei sowas?! Wie konnte er es wagen seinen Rang dafür auszunutzen, dass Carvar etwas sprach was er eigentlich nicht aussprechen wollte? Wie konnte er Carvars gutes Gemüt ausnutzen für… für was?! Um Ernestine und auch Carvar in eine unangenehme Situation zu bringen?!

Zu Hause angekommen zog Ernestine sich erst einmal um – und noch einmal – und noch einmal. Sie zog sich immer um, wenn sie Wut im Herzen spürte. Schließlich raste ihr Atem von all dem Umziehen und sie machte sich daran ihre Frisur zu richten. Sie würde nun ausreiten gehen – das hatte sie sich fest vorgenommen.

Doch als sie die Tür öffnete wurde sie aufgehalten… Carvar stand direkt vor ihr mit angehobener Hand- so, als wollte er gerade klopfen. Natürlich bat Ernestine ihn hinein und natürlich wollte sie all dies klären. Sie hatte Carvar viel zu sehr in ihr Herz geschlossen als zuzulassen, dass etwas zwischen ihnen stand. Also sprachen sie… sie sprachen über diese Situation und Carvar erklärte ihr, dass er nicht wisse, ob es soetwas wie Liebe seie. Er weiß, dass er sie mag und das er gut mit ihr sprechen kann… das sie sehr schön ist und er gerne in ihrer Nähe ist. Alles Dinge, die sie nur wiedergeben konnte… es allerdings nicht verbal tat. Sie nickte lediglich und versuchte ihm mit ihrem Blick zu zeigen, dass all dies nicht schlimm war. Beide beschlossen es darauf beruhen zu lassen. Sie waren dabei sich kennen zu lernen – und so sollte es weitergehen. Sie wollte nicht auf ihren Freund Carvar verzichten… Doch stellte Ernestine Carvar gegenüber auch klar, dass ihr Herz Wolthan gehöre. Das Wolthan um sie warb und sie jenes mit Freude annahm… das er sehr wenig Zeit habe, erwähnte sie allerdings auch. Carvar nahm dies hin und gestand neben seiner bisherigen Lebensgeschichte indirekt, dass er keinerlei Wissen darüber habe, wie man mit einer Frau umgehen sollte. Wie man um eine Frau warb… wie man eine gewisse Zuneigung zeigte.

Nachdem Carvar und Ernestine sich nach einigen Stunden verabschiedet hatten, schrieb Ernestine nieder, was sie noch wusste… wie ein Mann mit einer Dame umzugehen habe, wenn er sie mochte. All das, was ihr die Mädchenschule beigebracht hatte… auf was sie achten solle um das Werben eines Mannes zu erkennen.

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Wie ein Mann sich einer Dame gegenüber zu verhalten hat:

Wichtig: Frauen freuen sich, wenn man ihnen ein paar lästige Kleinigkeiten abnimmt oder ihnen einfach Aufmerksamkeit schenkt.

Beide Dinge zeigt ein Mann unter Anderem dadurch, dass er der Dame die Tür öffnet und jene aufhällt. Jenes sollte niemals vergessen werden - nichteinmal im Streit oder in einer hektischen Situation.

Einer Dame, der ein Mann sein Herz schenken mag, hilft der Mann in und aus den Mantel. Dies zeigt die eindeutige Zuneigung.

IMMER zahlt der Mann. Sei es für das Mahl oder aber aus anderen Gründen.

Die Frau fühlt sich bestätigt, wenn der Mann sie in gewisser Hinsicht entscheiden lässt. Welches Mahl mag sie in der Taverne zu sich nehmen, welche Farbe mag sie am liebsten - welche Blumen sollen in den Garten gepflanzt werden...

Die Dame an seiner Seite wird IMMER vorgestellt. Hiermit zeigt der Mann nicht nur Erziehung sondern bewirkt indirekt das Gefühl bei der Herzensdame, dass sie ihm wichtig ist und er stolz darauf ist, sie vorstellen zu können.

Der Dame muss zugehört werden. Der Mann muss unterhaltsam sein - eine Dame darf nicht gelangweilt werden. Oftmals reicht es neben der Gesprächsführung aber auch aus, der Dame zuzuhören. Hieraus können sich interessante Gespräche ergeben.

Körperkontakt ist lediglich in kurzen und unbeobachteten Momenten erlaubt. Etwa der Handkuss zum Abschied - wenn die Beziehung bereits vorangeschritten ist, darf der Mann der Herzensdame auch wärend einer Unterhaltung die Hand auf ihre legen um die Zuneigung ihr gegenüber zu zeigen.

Der Mann steht auf, wenn die Dame den Raum betritt oder ihn aber verlassen möchte. Hiermit zeigt der Mann eindeutig Aufmerksamkeit.

Auf Treppen geht der Mann stets voran. Niemals darf die Frau das Gefühl überschatten, dass der Mann etwa auf ihr Gesäß starrt.

Pünktlichkeit ist sehr wichtig. Ein Mann darf eine Dame niemals warten lassen. Dieses wird sie zutiefst kränken. Wiederum darf der Mann sich nicht wundern, wenn eine Dame zu spät kommt - Frauen dürfen Männer warten lassen um ihnen zu zeigen, dass sie ihnen nicht komplett verfallen sind.

Der Mann steht stets zur rechten der Dame. So kann jene sich mit dem rechten Arm etwa einhaken und der Herr hat seine Rechte wiederum frei.
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Ernestines Gedanken waren ein wenig verworren, als sie Carvar den Brief zukommen ließ. Auf der einen Seite schickte sie ihm diese „Regeln“, damit er vielleicht seine Unsicherheit in diesem Themenbereich ein wenig ablegen konnte… doch irgendwie auch um ihm zu helfen ihr zu zeigen… wenn es zu gewissen Gefühlen kommen würde- oder eben nicht. Er sollte nie mehr genötigt werden irgendwelche Dinge auszusprechen, die er nicht aussprechen wollte – oder konnte.

Blinzelnd sah Ernestine zu Kater-Michel hinab der mautzend zu ihr aufsah. „Aber sicher mein Lieber… ich bereite dir etwas zu“ Schmunzelnd erhob Ernestine sich, setzte das Katerchen auf dem Boden ab und machte sich daran ihm- und auch sich selbst etwas zu Essen zu machen.
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Alt 30.12.2010, 09:53
#12
Ernestine Remlim
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Das Kaminfeuer prasselte leise vor sich her wobei das Feuer, als einzige Lichtquelle im Raum, ein warmes und schattiges Licht an die Zimmerwände warf. Ernestine hatte ihre Bettdecke vor den Kamin gelegt um sich selbst im Schneidersitz davorzusetzen.
Ihre Gedanken waren die ganze Zeit über bei Alessandra gewesen. Kaum jemandem zeigte sie ihre wahre Sorge, ihre wahre Wut - ihre Angst um ihre liebe Freundin Alessandra. Vor Jonas hatte sie die Starke gespielt - hatte ihn aufgebaut und ihm Mut gemacht.
Vor den anderen Kameraden hatte sie kaum Emotionen gezeigt außer - außer vor Carvar.

Als Ernestine von der Entführung Alessandras erfahren hatte war er es der sich schlagen ließ - in einem Übungskampf hatte Ernestine sich verausgabt und hiernach gar ein paar Tränen zugelassen die allerdings vom Schweiß, der ihr über das Gesicht rann, versteckt waren. Carvar hielt sie einen Moment im Arm und gab ihr ein wenig Mut - allein durch seine Anwesenheit. Wahrscheinlich wollte er ihr keine dummen Versprechungen machen... "Das wird schon, Ernestine - wir holen sie heraus! Ihr wird nicht passieren!"... Es wäre töricht, soetwas zu sagen.

Die Nacht hatte Ernestine schlecht bis gar nicht geschlafen. Ihre Gedanken galten Alessandra. So gern würde sie mit Alessandra tauschen... ihr die Last abnehmen sie... in Jonas' Arm schieben und mit Freude im Herzen feststellen, dass die beiden alsbald heiraten würden. Alessandra war endlich glücklich mit Jonas gewesen und wenn Ernestine ganz ehrlich war, war sie ein wenig neidisch auf dieses Glück gewesen.

Von Wolthan hatte sie nun wieder wochenlang nichts gehört- kein Brief, kein Lebenszeichen. Es schien so, dass das Leben ihnen lediglich ein Treffen in jeder Jahreszeit schenkte... doch war der Herbst nun auch bald verstrichen.

Erst gestern hatte Ernestine sich dabei ertappt Wolthan vollkommen aus ihren Gedanken gestrichen zu haben. Hatte sie noch vor einigen Monaten fast minütlich an ihn gedacht - ihn herbeigesehnt war da nun kaum etwas, was positiver Sehnsucht glich. Es war eher betäubende Kenntnisnahme, dass sein Herz der Ausbildung gehörte - und keinesfalls ihr. Im Gegenzug führten ihre Gedankengänge sie immer öffter zu Carvar. Nicht so wie bei Wolthan! Nein - es war ein wenig anders. Der Gedanke an Carvar ließ sie auflächeln - und das tat gut. Sie konnte jedlich Facette bei Carvar ausleben - die Steife, die Traurige, die Frohe, die Besorgte, die Starke, die Schwache und gar die Alberne. Ernestine war sehr gern in Carvar's Nähe - und das war es doch, was zählte?!

Ernestine hatte sich fest vorgenommen keinen Schritt mehr auf Wolthan zuzugehen. Sie würde abwarten und die Tage zählen, die er ohne sie verlebte und sehen - ob... überhaupt noch etwas kommen würde. Sie wollte sich heute keine Gedanken darüber machen wie sie in welcher Situation richtig oder falsch handeln könnte. Es würde eh alles geschehen, wie Glaron es vorgesehen hat...
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Alt 31.12.2010, 11:44
#13
Ernestine Remlim
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"Sehr verworren..." wisperte Ernestine und belegte sich dir Brotscheibe, die sie gerade vom Brotlaib geschnitten hatte, mit Käse. Die letzten Tage waren sehr verworren und unangenehm.

Alessandra ist wieder frei - und doch hat sie all dies so sehr mitgenommen, dass Ernestine sich nicht sicher war, wie es weitergehen würde. Würde Alessandra je den Dienst wieder antreten ohne diese Ängste, die sie plagten? Ernestine selbst war erschrocken, als sie Alessa das erste Mal gesehen hatte. - Dort im Latarett der Garde lag sie in Jonas' Armen geklammert, hatte gezittert und sah mehr tod als lebendig aus. Jonas sah ein wenig hilflos aus - Faran und Claire waren auch da. Zuerst wusste Ernestine nicht recht zu handeln doch als sie hörte, was Claire von sich gab, wurde ihr ganz schlecht. Sie sprach davon, wie sehr Kalian Karex Blut lieben würde - dieser Satz allein reichte, um in Ernestine eine Art Beschützerinstinkt zu wecken. Sie trat an das Bett und befahl Claire recht barsch den Mund zu halten - und zu gehen. Alessandra selbst lag weiterhin wie ein Häufchen Elend in Jonas' Armen. Faran wiederum befahl Ernestine, dass sie schweigen solle. Diese innere Wut und das Unverständnis übermanten Ernestine. Sie wiederholte ihre Worte und sagte jedem, er solle hinaus gehen - Alessandra brauchte Schlaf und sicherlich nicht Erinnerungen an das Geschehene. Faran wurde recht bös und auch Claire sah Ernestine an, als hätte sie in einer fremden Sprache gesprochen. Wollten diese Menschen denn nicht verstehen?! Ist es denn zu viel verlangt Alessandra zumindest _eine_ Nacht ruhen zu lassen bevor sie sich ihren Erinnerungen stellen müsse?!
Faran nahm sie mit in seinen Verhörraum und wollte ihr ein schlechtes Gewissen machen - das er wisse, was er tut und und und. Ernestine hörte gar nicht recht zu. Sie hatte wahrlich probleme noch einigermaßen respektvoll Faran gegenüberzublicken. Wie taktlos konnte ein Mensch nur sein?! Wie egoistisch und dumm?! Ernestine verließ den Raum voller Wut- knallte gar die Tür und stapfte hinauf in das Geschoss, in denen der Herr Oberst seinen Raum hatte. Sie wollte ihn aufklären und ihn um Hilfe bitten all dieser Quälerei ein Ende zu setzen!.... Doch er war nicht da. Lediglich Carvar war da und sah sogleich, dass etwas nicht stimmte- als er Ernestine erblickte. Sie berichtete in einer kurzen Fassung was geschehen war und er ließ sich in das Lazarett führen. Mit seiner ruhigen und sachlichen Art löste er die Situation recht schnell auf... und Ernestine hatte ein wenig Zeit Alessandra zu empfangen.... sie sah so grausam aus. Es würde Zeit brauchen, ihren Körper wieder in den eigentlichen Zustand zu bekommen. Doch als Jonas sich wieder zu Alessandra setzte- musste sie raus. Sie wollte nicht mehr hier sein - sie wollte nicht ermahnt werden oder gar irgendwelche Strafen erhalten... weil sie sich einem Vorgesetzten wiedersetzt hatte.

Ernestine ging in den Tala und genehmigte sich einen Tomatensaft. Eigentlich fand sie dieses Gebräu abscheulich... und gerade deshalb kaufte sie es sich. Sie wollte etwas abscheuliches trinken. Schon einige Momente später kam Wolthan und Zaryn... Wolthan! Doch war Ernestine im Moment viel zu sehr mit der vorigen Situation beschäftigt um Wolthan gegenüber irgendwie... "offen" zu sein. Sie versuchte eine Maske aufzulegen - was aber auch nicht recht gelang. Wolthan hatte seine Prüfung bestanden - und dies wollte er feiern. Er goß Wein ein und stoß darauf an - nannte sie Teuerste und wirkte glücklich....
Ernestine bedankte sich kurz bei Glaron als Carvar sich zu ihnen setzte. Auch wenn sie wusste, dass er sicherlich nicht wirklich gut auf sie zu sprechen war. Diese ganze vorige Situation war einfach unpassend gewesen. Lange hielt es Ernestine allerdings nicht aus. Sie wollte den Männern nicht die gute Stimmung nehmen und sie wollte Wolthan nichts vorheucheln - sie wollte eigentlich nur noch alleine sein und warten. Doch wies Carvar sie zurecht - sie solle draußen warten, da er noch mit ihr sprechen muss. Nickend nahm Ernestine dies zur Kenntnis und wartete.

Im Park angekommen begann Carvar zu sprechen. Er fand viele sachliche Worte - sehr viele. So viele, dass Ernestine fast ungeduldig wurde. Er solle auf den Punkt kommen und ihr sagen, dass sie falsch gehandelt habe. Sie habe sich Faran wiedersetzt - das war falsch. Jedoch fand er es verständlich, dass sie es getan habe.
Er hatte natürlich recht - Ernestine war nicht dumm! Sie wusste, dass dies höchstwahrscheinlich Konsequenzen haben würde. Aber sie konnte Faran immer weniger mit Respekt gegeübertreten. Ein Mann, der eine Kadettin am Strand in den Sand drückt - sich halb auf sie legt - sie küsst und ihr Hoffnungen macht - einen Tag später aber einen Rückzieher macht. Ein Mann, der seinen Kammeraden absolut privates befehlen möchte - seinen Rang rangniederen Gardisten ausnutzt um sie zu Sachen zu drängen, die er für richtig hällt. Ein Mann der eine halbtote Frau überreden möchte über ihre Folterungen zu sprechen....! Was ist das nur für ein Mann?!

Ernestine versuchte ein wenig abzulenken... sie sprach einige Zeit über Wolthan - über das Treffen eben und Carvar legte ihr ans Herz, dass sie mit Wolthan darüber reden solle. Und da Erenstine den Tag eh schon für sehr bescheiden empfand trat sie den Weg zum Tala zurück an um mit Wolthan über diese "Beziehung" zu sprechen.

Er wirkte ein wenig reserviert, nachdenklich und ganz sicher hatte er zu viel getrunken. Doch wollte Ernestine, dass Wolthan wisse, dass diese Beziehung so keinerlei Zukunft hatte. Sie wolle einen Mann, der sich für sie interessiert, der sie kennt - der für sie da ist. Keinen, den sie ab und zu einmal sieht - und dies auch nur kurz. Sie erzählte ihm auch, dass Carvar momentan jener Mensch ist - der Mensch, der sie wohl am besten kannte - der Mensch der immerzu für sie da ist.
Wolthan verstand nach einigen Momenten und er versicherte, dass er nun mehr Zeit haben würde. Das er der Mensch werden mag, der für sie da ist, wenn sie ihn braucht. Ernestine fiel es schwer, dies zu glauben... doch sie nickte und stimmte ein. Sie wollte ihm diese Gelegenheit geben denn nun, wo er vor ihr stand merkte sie, wie sehr sie ihn vermisst hatte.

Die nächsten Wochen sollten zeigen, ob er sein Versprechen halten würde...
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Alt 07.01.2011, 08:44
#14
Ernestine Remlim
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(Im Jahr 1303, 18 Jahre alt)

Ernestine wälzte sich hin und her- immer wieder erwachste sie. Entweder, weil die verstopfte Nase ihr den Atem raubte, oder weil ihr beim Schlucken ein Schmerz durch den Körper fuhr.

"Krank..." wisperte Ernestine ein wenig unwillig in das nachtdunkle Zimmer und setzte sich langsam auf. Es fühlte sich so an, als würde sie 100kl wiegen! So schwer fiel es ihr ihr eigenes Gewicht zum Sitzen aufzuwuchten. Es drehte in ihrem Kopf und ein leicht belegtes Husten verantwortete einen weiteren Schmerz in ihrem kranken Körper.
Kurz legte sie ihre einge, doch recht heiße Hand an die Schweißkühle Stirn. Kurz überlegte sie, ob sie Alessa ein Klopfzeichen geben sollte... vielleicht wäre es gut, wenn Alessandra hinüberkommen würde? Aber - so benebelt Ernestines Kopf auch war - sie dachte an Jonas... das jener vielleicht bei Alessandra schlief und Ernestine beide vielleicht stören würde?! Also verbot Ernestines Anstand den Versuch zu unternehmen, Alessandra auf sich aufmerksam zu machen.

Ernestines benebelter Blick wanderte zum Fenster - ein klein wenig Mondlicht drang herein.
Wolthan würde nun sicherlich in seinem kleinen Bett liegen und ruhig schlafen.
Seit ihrem "klärenden Gespräch" hatte er sich irgendwie verändert. Er suchte sie auf, er sprach viel mit ihr und er war auf eine gewisse Art und Weise zurückhaltend. Das könnte zweierlei Gründe haben. Zum Einem war es vielleicht so, dass er Ernestine Zeit geben wolle - ihr körperlich auf gar keinen Fall mehr näher kommen wollte, da sie sehen sollte, dass er auf sie eingeht oder derlei - oder aber sie hat ihn mit dem "klärenden Gespräch" so abgeschreckt, dass er sie nun aus seiner Freundlichkeit heraus besuchte - aber keinesfalls mehr wollte?!

Seufzend legte Ernestine sich nieder und brauchte ersteinmal ein paar Momente um den Schwindel zu überstehen.

Beide Ideen waren doof und irgendwie unrealistisch. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er nun eine andere Erziehung genoss?! Nun wo er die Schulung eines Ritters genoss hatte er vielleicht gewisse Prioritäten und gewisse Ansichten und vielleicht auch gewisse Regeln, die er befolgen musste. Wer weiß.... warum sollte es auch einfach sein, wenn man es kompliziert machen konnte?!

Kurz huschte ein makaberes Schmunzeln über ihren doch eher trockenen Mund.

Carvar hatte sie seit der letzten Unterredung nicht mehr privat gesehen. War das gut - oder schlecht?! Sie war, was das anging, sehr hin un hergerissen. Wolthan hatte natürlich recht gehabt- er hatte allen Grund eifersüchtig auf Carvar zu sein. Ernestine mochte ihn noch immer sehr gern und sie wusste, dass auch Carvar sie mochte. Mit ihm war es oftmals so viel leichter als bei Wolthan - eben anders.

Nun hieß es aber ersteinmal wieder gesund zu werden... Hoffentlich würde Wolthan oder Alessandra... oder aber Carvar morgen nach ihr sehen. Sie fühlte sich nämlich nicht in der Lage hinauszugehen...
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Alt 13.01.2011, 08:30
#15
Ernestine Remlim
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Gedankenverloren saß Ernestine in ihrem Doppelbett und beschaute sich eine Spinne an der Zimmercke, die gerade dabei war ein Netz zu weben. Weder Ekel noch Angst oder sonst irgendwelche Gefühle stiegen in ihr auf, als sie die Spinne beobachtete.

Die Krankheit war so gut wie überstanden. Noch immer hatte sie ab und zu pochende Kopfschmerzen unter den Schläfen doch war Fieber, Halsweh und vor allem das ständige Übergeben vorbei. Glaron sei Dank...

Ihre Krankheit hatte sie daran gehindert ihren Dienst bei der Herzoglichen Garde zu tun. Nur ab und zu raffte sie sich auf, zog sich ihre Uniform über und besuchte das Hauptquatier. Sie konnte einfach nicht wochenlang im Bette liegen - das wiedersprach ihrer Natur.

So kam es, dass sie nicht wirklich informiert war über das, was geschah. Nur am Rande erfuhr sie, dass Zaryn von Karex verletzt wurde. Doch allein diese Information trieb sie dazu an einen Apfelkuchen zu backen (wobei jener sicherlich nicht der schmackhafteste war) und ihn zu besuchen. Er hatte von Herrn Darok und einer jungen Dame besuch, die neben seinem Bette saß. Ob sie wohl sein Herz gewinnen wolle? Kurz huschte ein Lächeln über ihren Mund - der Gedanke, dass eine Frau Zaryn lieben könnte war absurd und traurig zugleich... ob eine Beziehung mit diesem Mann überhaupt möglich war?!
Nun - Ernestine schenkte ihm ein paar aufbauende Worte - erkundigte, dass er gut gepflegt wurde und... nahm den Apfelkuchen wieder mit nach Hause. Sie hatte etwas für den Knappen übrig. Er war ein ehrlicher, aufrichtiger und direkter Mensch.
Er hatte sie nach Wolthan gefragt... scheinbar hatte er seinen Freund noch nicht im Heilerhaus besucht. Doch auch Ernestine hatte nichts von ihm gehört... vor der Krankheit, als er sie in das Theater ausführte, war es das letzte Mal, dass sie etwas von ihm gehört hatte....

Ein Seufzer unterbrach die Stille des Raumes und sie schloss einen Moment die Augen. Hatten ihre klaren Worte ihn doch nicht verinnerlichen lassen, dass es ihr wichtig war... Zeit mit ihm zu verbringen? Wie sollten beide, die sich unabstreitbar mochten kennen lernen - wenn sie sich nur alle paar Wochen kurz sahen?!

Abermals entkam ihr ein Seufzen. Immer, wenn sie an Wolthan dachte, musste sie seufzen... war das nun gut oder schlecht...?

Als sie die Augen wieder öffnete sah sie wieder zur Zimmerecke. Die Spinne war fort... "Nanu..." murmelte sie doch etwas überrascht und ihr Blick wanderte die Zimmerdecke auf der Suche nach der Spinne ab.

Gestern ist Ernestine in eine Situation geraten, die sie selbst heute nicht wirklich einschätzen konnte. Es war am Tage, sie wollte nach einigen Stunden im Bett ein wenig spazieren gehen da sah sie Zaryn und auch Leutnant Kantala auf dem Wege- sie sprachen und Ernestine wollte nicht stören. Sie grüßte lediglich, vergewisserte sich kurz ob Zaryn sicher auf den Beinen stand und ging einige Schritte. Beim Anblick der Uniform, die der Leutnant trug rasten ihre Gedanken zu Carvar. Wenn der Leutnant aus dem Süden wie da war.. dann war es auch Carvar. Ohne wirklich nachzudenken führten ihre Füße sie zuerst einmal in die Akademie. Sie schaute oben bei den Betten ob alles in Ordnung war und wanderte hiernach die Treppen hinab um sich jeden Raum kurz aber inspizierend anzusehen.
Im Schulungsraum wurde sie fündig. Und was sie sah... weckte die verschiedensten Gefühle in ihr. Kadett Assambor fiel ihr zuerst einmal in die Arme. Er wirkte geschwächt und irgendwie... seltsam. Er wollte auf keinen Fall schlafen und sagte immer wieder irgendwas von einem Priester. Seltsamer Junge...
Carvar stand ebenfalls ihm Raum... wackelig und dreckig. Die junge Zwillingsschwester Turan war ebenfalls im Raum und schaute mit geröteten Wangen hinab. Als Ernestine dies sah stach es ihr kurz ins Herz. Sie kannte den Anblick einer peinlich berührten Frau - einer Frau, die scheinbar aus einem Gefühlsschub heraus errötete Wangen bekam... wegen Carvar?! Ernestine befahl sich selbst diesen seltsamen Eifersuchtsanfall hinabzuschlucken. Er war unsinnig, unpassend - und einfach nur dumm! Doch als das junge, schöne Mädchen auf Carvar zuging und ihn stützen wollte musste sie abermals ein wenig tiefer Luft holen. Ihr war es irgendwie zuwieder das diese hübsche, junge Frau... nahe an Carvar herantrat.

"Du solltest nun in dein Bett und dich ausruhen, Carvar" hatte Ernestine gesprochen. Nicht so weich wie sie es vor hatte... es war eher im Befehlston gesprochen. Doch er nickte und schien eh gerade dabei zu sein, zu gehen. "Ich werde dich begleiten" Auch diese Worte wanderten so aus Tines Mund, dass eine Wiederrede gar nicht möglich war. Sie hakte sich bei ihm unter um ihn zu stützen. Kurz pochte es in ihren Schläfen als ihr sein süßsaurer Geruch vom trockenen Schweiß in die Nase stieg. "Du wirst dich erst waschen, bevor du dich hinlegst. Schmutzige Körper ziehen Krankheiten an." Carvar bejahte dies artig und ging an Ernestine eher schlecht als recht. Ernestine selbst gab sich alle Mühe keinerlei gesichtsregung zu zeigen - keinerlei Gedanke sollte in ihr aufsteigen!
Als er in seinem Haus verschwunden war, sah sie noch einen ganzen Moment auf die geschlossene Tür. Sie konnte selbst nicht glauben, was sie gefühlte hatte... warum gönnte sie Carvar kein Glück mit einer Frau?! Er tat es doch auch ihr gegenüber... er gab ihr immerzu Ratschläge was Wolthan anging und war der Mensch, der sie aufbaute und ihr Kraft schenkte. Also - warum stach es in ihrem Herzen, warum übermannte eine gewisse Wut sie - als sie nur _annahm_ dass dieses hübsche Magiermädchen Carvar mochte?!

Absolut durch den Wind wanderte Ernestine an Alessandras Haus. Sie wollte in dem Moment in Alessas Nähe sein... doch als sie drinnen war, war sie unfähig sie selbst zu sein. Wie sollte sie auch erklären, was sie fühlte - wenn sie dieses Gefühl vorher noch nie gespührt hatte?! Das Gefühl der kalten Eifersucht.
Also redete Tine sich irgendwie hinaus um wieder heim zu gehen. Sie wollte Alessandra und Jonas Ruhe gönnen. Und sich selbst - sich selbst auch.

Da war die Spinne... sie hockte in einer schattigen Ecke des Zimmers und rührte sich nicht. "Schaust du dir ein Spinnennetz aus der Ferne an- hm?!" Kurz legte sich ein Lächeln auf Tines Mund und sie erhob sich aus dem Bett um den Tag zu starten. Was auch immer das gewesen war- diese Gefühlswelt wollte sie nicht noch einmal betreten.... !
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Alt 16.01.2011, 23:30
#16
Ernestine Remlim
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Mit Tränen in den Augen, die Ernestine immer und immer wieder fahrig aus dem Gesicht wischte, stopfte sie eher schlecht als recht ein paar Kleider in ihren Reisesack. Ihr Herz pochte ihr bis zum Halse, ihr Magen brummte unwohl auf und sie hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Sie wollte einfach nur weg!

Nachdem sie ihren Sack gepackt hatte setzte sie sich an ihren Tisch und verfasste zwei Briefe, die sie einem Boten übergab um sie persönlich zu überbringen:

--------------------------------
An Alessandra und Jonas:

Zum Gruße,

ich sitze hier alleine in meinem Haus- nach all dem was geschehen ist und werde nun für einige Zeit fort sein.

Ich freue mich von Herzen das ihr beiden Euch habt- ihr werdet nie so alleine sein, wie ich es in diesem Moment bin. Ich lasse Euch einen Schlüssel da, bitte füttert das Katerchen regelmäßig.

Ihr wisst, dass ich keine Frau bin die der Gefühlswelt erlegen ist. Trotzdem möchte ich Euch sagen, dass ich euch sehr in mein Herz geschlossen habe und euch alles Gute wünsche.

Bitte gebt Carvar Kunde, dass ich all dies nicht wollte - niemals. Und sagt Faran, dass ich keine Löwin bin - in keinerlei Hinsicht.

Lebt wohl,

Tine.

--------------------------------
An Arathel:

Glaron zum Gruße Hauptmann Kantala,

hiermit gebe ich Kunde, dass ich einige Zeit dem Dienst fern bleiben werde. Ich muss in meine Heimat reisen um gewisse Dinge zu klären.


Glaron mit Euch,

Gardistin Remlim
--------------------------------


Ernestine nahm sie einige Zeit um ihren Kater Michel zu verabschieden. Dieser wirkte eher genervt von der Umarmung und Liebkosung - lies es aber über sich ergehen. "Passe gut auf, dass keine Mäuser hier einkehren mein Schöner... mein einzig Treuer...." wisperte sie ihm zu, als sie ihn wieder auf "seinen" Stuhl gesetzt hatte.

Hiernach eilte sie zum Hafen um das nächstbeste Schiff zu nehmen... wohin?!.... Das war ihr egal..... alles war ihr egal....

Diese Schmach... diese Einsamkeit, diese Trauer und diese Wut die in ihr brodelten übermannten sie. Sie hatte keinerlei Möglichkeit sich irgendwie Luft zu machen. Sie hatte keinerlei Möglichkeit irgendein Licht zu sehen...

Carvar - er würde glücklich werden, das wusste sie. Er würde vor allem glücklich werden- wenn es Ernestine nicht mehr geben würde. Dies redete Tine sich immer und immer wieder ein. Sie ballte die Hände zu Fäusten- schlug gar ab und zu gegen die Wand ihrer kleinen Kajüte... Er würde sie vergessen- sehr bald sogar....

Alessandra hatte Jonas- einen wundervollen Vertrauten- einen wundervollen Bruder. Wieder stiegen Tränen in ihre Augen wenn sie an diese tiefe... ehrliche Liebe dachte, die er seinen Schwestern entgegenbrachte. Wussten diese Mädchen eigentlich welch Geschenk Glaron ihnen mit solch einen Bruder gemacht hatte?! Waren sie sich bewusst, wie... welch Segen das ist?! Wie sehr wünschte Tine sich irgendwen der sie einmal so beschützen und lieben würde- so wie Jonas seine kleinen Schwestern.

Stattdessen saß sie nun hier... auf einem schaukelnden Schiff unter Seemännern, die ihr nicht geheuer waren - nur ab und zu ging sie hinauf und dies auch nur um ihrem Spuckeimer zu leesen. Eigentlich war sie nie Seekrank aber das stände weinen- das ständige Wütentsein und diese Pein und Wut in ihr ließen sie immer wieder brechen.

Ja- sicher- sie steckte in einem Sumpf aus Selbstmitleid. Doch was blieb ihr auch anderes übrig?! Wie hätte sie handeln sollen... in solch verzwickter Situation?! Wenn sie um sich herum so viel Freude, Liebe und Frohseeligkeit mitbekam um zugleich schmerzlich fühlte- dass sie in keinerlei Hinsicht solch Freude spühren durfte...?!

Vielleicht sollte sie all das vergessen und wonanders neu anfangen?!... Sollte sie wieder aus einem Leben flüchten- so wie sie vor ihren Eltern geflohen war?!

Wieder übermannte sie ein stechender Schmerz im Herzen. Sie war so unsagbar enttäuscht von sich selbst! Wieso hatte sie es so weit kommen lassen?! Wieso verdammt nochmal... wieso wollte Glaron sie mit solch einem Gefühlschaos bestrafen- warum hatte Wolthan sie so... zurückgelassen -wieso nur?! Wieso hatte sich das Verhältnis zwischen Carvar und ihr so sehr verändert- so sehr das sie ihm gegenüber nicht mehr ehrlich sein konnte und angst davor hatte, ihm in die Augen zu schauen... wieso liebte Alessandra sie nicht mehr so sehr?! Wieso bevorzugte sie Jonas kleine Schwestern?!....

Wohin auch immer sie dieses Schiff bringen würde... es würde entweder genau richtig sein- oder aber der falsche Weg...?!
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Alt 19.01.2011, 13:50
#17
Ernestine Remlim
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Mit nachdenklichem Blick betrachtete Ernestine den Hafen Britains der immer näherkam. Sie war nun einige Zeit fort gewesen um ihre Gedanken zu ordnen.

Letzendlich hatte ihr lediglich Faran und Gardist Mellisenta geschrieben... weder Alessandra, Jonas oder aber Carvar hatten ihr irgendwelche Worte zukommen lassen.
Diese Tatsache bestärkte Ernestine in der Gewissheit, dass sie denen - welche sie eigentlich am meisten mochte - nicht wichtig war. Nicht wichtig genug um irgendwas zu schreiben und seien es nur die Worte "Pass auf dich auf und komme heil wieder zurück." oder iiirgendwas. Aber es kam nichts.

Trotzdem hatte Ernestine nach dem letzten Brief, den sie Rinel und Faran zukommen lassen hat den Entschluss gefasst, wieder nach Britain zu reisen.

Sie würde ihre Kraft nun ganz in die Garde stecken und wieder in alte Verhaltensmustern leben - denn nur so würde ein solcher Tumult nicht wieder stattfinden können. Sie würde für sich leben - freundlich und fleißig sein. Das würde ausreichend sein um Erfolg bei der Herzoglichen Garde zu haben.

"Nun denn..." wisperte Ernestine leise, packte ihren Reisesack um den ersten Schritt auf britannier Boden zu setzen.
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Alt 24.01.2011, 12:16
#18
Ernestine Remlim
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Mit recht nachdenklichem Blick saß Ernestine an ihrem Schreibtisch. Ihr Blick lag in ihren eigenen Augen. Langsam beugte sie sich vor, dass ihre Nasenspitze fast das eigene Spiegelbild im Handspiegel berührte. Tiefschwarze Pupillen sahen ihr entgegen - direkt um den Kreis der Pupille herum ein dunkelbrauner Bereich, der nach außen hin immer grüner wurde... Doch der Rand der Pupille war wieder mit einem dunkelbraunen, fast schwarzen Strich umrandet. Dezent lächelnd legte Ernestine den Handspiegel wieder auf den Tisch und begann mit der täglichen Prozedur all die Haarklammern aus ihrem Haar zu lösen, die die verflochtene Frisur zusammenhielt. Einzelne Strähnen lösten sich aus dem Geflecht und vielen in Wellen ihren Rücken hinab - 10 Minuten.... 20 Minuten... dann war es geschafft. Nun nur noch die Haare kämmen- wobei das "nur" wohl untertrieben war. Beginnend bei den Haarspitzen begann Ernestine sich das Haar durchzukämmen - 10 Minuten.... 20 Minuten...
Dabei schwiffen ihre Gedanken ab....

Seitdem sie wieder hier in Britain war, hatte sie Abstand genommen. Einzig und allein Alessandra ließ sie noch an sich heran- und Jonas... ein wenig. Wobei sie bei Jonas nicht anders konnte. Er war ein offener liebenswerter Mann. Ernestine konnte ihm gegenüber gar nicht wirklich abweisend sein. Ernestine tat gewissentlich ihren Dienst- dann verschwand sie aus dem Hauptquatier oder der Akademie. Es war wie eine Art Selbstschutz die sie "flüchten" ließ. Sie hatte einige Nächte wach gelegen und über alles nachgedacht. Es war falsch nur Freunde zu haben, die der Garde angehörten- sie wollte sich öffnen. Mehr Menschen kennenlernen und so - ganz vielleicht Freude am Leben wiederfinden.

So kam es, dass Ernestine immer häufiger im Tala anzutreffen war. Zwar saß sie oft allein in ihrem kleinen Haus und musste sich selbst zwingen hinauszugehen - doch sie tat es - sie befahl es sich gar. Es würde nichts bringen daheim herumzusitzen um dem hinterher zutrauen, das nie war...

Und doch hatte Ernestine oftmals Probleme sich auf Fremde einzulassen. Sie führten oberflächliche Gespräche und oftmals wusste Ernestine nichts zu erwidern und schwieg lieber. Eine wirklich schlechte Gesprächsführende war sie... das war sie schon immer. Wie hätte sie es auch lernen sollen?! Von Anfang an wurde sie dazu erzogen, nur zu sprechen, wenn sie aufgefordert wurde... und dann auch immer das Selbe... das, was ihr Vater hören wollte.

Seufzend legte Ernestine die Bürste zurück auf den Tisch und strich sich das hüftlange Haar nach vorn um es zu einem lockeren Nachtzopf zu binden.

Sie hatte Hochwürden Dagisto kennen gelernt - Priester der Cunna. Kurz runzelte Ernestine die Stirn als sie daran dachte, dass sie der Messe beigewohnt hatte. Wieso hatte sie das getan....?
Hochwürden Dagisto war ein Mann, der ihre Sprache scheinbar verstand. Oftmals hatte Ernestine gerade bei Männern das Gefühl sie würden sie missverstehen - doch das Gespräch mit ihm war nett, informativ und weckte ihre Neugierde. Und da sie wusste, dass das nette Fräulein Rajel ebenfalls zur Zeremonie gehen wollte... gab sie sich einen unvernünftigen Ruck und reiste nach Valarian um diesem Gottesdienst beizuwohnen. Ihre Gedanken waren allerdings oft bei Glaron - und ab und zu entschuldigte sie sich insgeheim dafür, dass sie ihm... nun: "fremdging"?!
Nach dem Gottesdienst würde es noch ein Essen in einer valarianer Taverne geben- doch Ernestine musste zu Dienst.

Kurz huschte ein Schmunzeln über Tines Lächeln. Vor dem Apell hatte Ernestine bei Alessandra geklopft um sie abzuholen. Sie war nicht allein- Jonas war bei ihr. Und diese Freude- dieses Glück und diese überragende Liebe bewirkten einen kurzen Brechreiz in ihr.....
Alessandra und Jonas waren nun verlobt. Natürlich freute Ernestine sich für die beiden!!! Wenn es wer verdient hat so glücklich zu sein - dann diese beiden wundervollen Menschen!!!!! Doch irgendwie - und sie konnte gar nichts dagegen tun, schürte das kurzzeitig neue Bisse in ihrem Herzen. Sie sollte Trautzeugin bei Alessandra sein... ein Beweis, das Alessandra sie noch immer als beste Freundin ansah.... es ist Ernestine eine Ehre dies zu tun!!! Doch irgendwie hatte sie die Angst - nicht die Richtige dafür zu sein... würde sie es sein...?

Seufzend setzte Ernestine sich auf ihr Bett und tauchte ihre nackten Füße in die Wasserschüssel, die sie für das Fußbad vorbereitet hatte. Ihr Blick lag auf ihren Zehenspitzen die durch die Miniwellen etwas verschwammen...

Der Apell war - dienstlich. Ernestine erhielt ihren Sollt, erfuhr die neuesten Vorgehensweisen zu aktuellen Fällen und - ging. Mit strammen Schritten ging sie zu ihrem Häuslein am Hafen und setzte sich nieder. Und saß - und saß... und saß.... -Ernestine gehe hinaus! Was hilft es hier allein herumzusitzen!- Da war sie wieder... die gutgemeinte, innere Stimme. Und sie hatte ja recht! Also zog Ernestine sich ihr Kleid wieder an- richtete noch einmal ihre Frisur und reiste zurück nach Valarian. Ganz vielleicht war ja noch wer im "Wolf"?!
Und sie hatte Glück - es waren noch Einige da. Ernestine nahm all ihren Mut zusammen und setzte sich mit an den Tisch- schluckte das eine oder andere Male ihre Zurückhaltung herunter und begann gar ein paar Gespräche. Immer wieder erwischte sie sich dabei, wie sie Darok und Nelin beobachtete. Sie waren ein so ungleiches Paar das es sie selbst fast schmerzte. Wie... oft das junge Fräulein wohl von diesem Koloss an Mann noch gedemütigt werden musste?! Es wirkte fast so, als würden die beide stetig einen unsichtbaren Kampf austragen - doch worum? Und was war das Ziel?!
Auch mit Hochwürden Dagisto sprach sie eine Zeit lang. Er war - nett. Er erzählte ihr die Geschichte, wie er an Cunna "geriet". Sie ist ihm erschienen?!... Hochwürden Dagisto wirkte sehr glaubenswürdig doch- dass eine Gottheit erscheint hört sich wahrlich sehr... unreal an! Noch nie hatte sie einen Menschen kennen gelernt, der eine Gottheit persönlich sah- gar mit ihr sprach! Eine spannende Geschichte, die Ernestine einen ganzen Moment lang aus dem Sumpf des Selbstmitleides zog.

Mit tupfenden Bewegungen trocknete Ernestine sich ihre Füße ab und legte sich leise seufzend in ihr Bett. Es war eine gute Entscheidung nicht daheim zu sitzen.... und zu sitzen..... und zu sitzen....
Es war gut gewesen sich zu überwinden - hinauszugehen... offen dafür zu sein, Neues kennen zu lernen - und auch neue Menschen kennen zu lernen- das sollte sie öfter tun.
Ernestine Remlim ist offline  
Geändert von Ernestine Remlim (24.01.2011 um 12:55 Uhr).
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Alt 02.02.2011, 09:03
#19
Ernestine Remlim
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Eine ganze Weile saß Ernestine nun schon im Schneidersitz auf dem Boden und starrte gegen ihre Zimmerwand. Die Wand, die ihr Haus mit dem von Alessandra trennte. Ihre liebe Alessandra… wie hat all das nur geschehen können?!

Der Tag hatte so nett begonnen. Faran war vorbei gekommen und sie hatten ein wenig gesprochen. Er bekundete Sorge, sprach ein wenig über den Dienst und verkündete in einen versehentlichen Versprecher, dass Carvar und Joana schon einige Zeit lang „zusammen seien“. Tat Ernestine dieses Wissen weh?... Jain. In den Monaten, die sie Carvar nun gemieden hatte, hatte sich ihr Herz ihm gegenüber distanziert. Doch die Tatsache, dass scheinbar jeder davon wusste – nur sie selbst nicht, ließ sie ein wenig versteifen. Sie gab recht einsilbige Antworten und war nicht mehr wirklich in der Lage irgendwelche Herzlichkeit zu zeigen. Alessandra gesellte sich zu den beiden und versuchte die Stimmung zu heben. Sie dachte sicherlich, dass Ernestine noch immer wegen Carvar litt und sich deshalb so seltsam verhielt. „Was ist denn mit Hochwürden Dagisto, Ernestine hm?!“ Der Unterton in Alessandras gutgemeinten Kommentar ließ Tine kurz schaudern….
Und da war er wieder: Der Faran, der nicht nachdachte, bevor er sprach. Der Faran, der Ernestine keinerlei Mann gönnte- obwohl dies alles absurd war! Ernestine mochte Hochwürden Dagisto und sie genoss es sich mit ihm zu unterhalten- aber es war nicht so, wie Faran es nun in seinem inneren Auge sah. Er legte Ernestine ans Herz, sie solle aufpassen- er habe eine Ehefrau und ein Kind!... Alles Dinge, die Ernestine eh schon wusste. Dinge, die sie nicht einmal mit der Wimper zucken ließen. Im Gegenteil… ihre Wut wurde geschürt und ihre Haltung versteifte sich immer mehr. Sie hob gar die Nase stolz ein Stück weit an wobei Faran sich immer mehr in Rage sprach. Doch diese strenge, erzogene und eingeschnappte Haltung veränderte sich schlagartig, als er ihr in einem beißenden Tonfall mitteilte, sie solle aufpassen- auch sie würde von Dagisto geschwängert und fallen gelassen werden.
Die angestaute Wut Faran gegenüber stieß mit einem großen Knall durch ihren ganzen Körper. Wie konnte er nun annehmen das Ernestine Hure genug seie und sich vor eine Eheschließung irgendwem hingeben würde?! Wie konnte er so etwas überhaupt nur denken?!! ER! Er, den Ernestine mit seiner Verlobten Claire Decasi in der Akademie erwischt hatte- er stand zwischen ihren Beinen und der Kuss war eindeutig Unzucht! Er – der jungen Kadettinen nachstielt- sie gar küsst und am nächsten Tag fallen lässt wie eine alte Kartoffel! Er – der seinen Rang ausnutzt um Kadetten und Rangniederen im privaten Bereich Dinge zu befehlen- die ihn nichts angingen! Er der Alessandra gleich nach ihrem Wiederfinden über Karex ausquetschen wollte- ohne ihr eine Nacht Ruhe zu gönnen!

Faran verließ Ernestines Haus laut, aufbrausend und voller Wut. Und auch Ernestine raubte es einige Kraft vor blanker Wut nicht weinen zu müssen. All dies dürfe nicht weitergehen- all dies musste aufhören! Merkte denn kein Anderer bei der Garde welch Spiel Faran spielt?! Ein Spiel, dass er nicht einmal böse meint… weil es eben sein Charakter ist?!

Ernestine beschloss dem Oberst von allem zu erzählen. Sie wollte nicht mehr schweigen- sie wollte Faran nicht mehr in den Schutz nehmen- lehrte Glaron nicht Ehrlichkeit?! Ernestine hatte viel zu lang geschwiegen- viel zu viel über sich ergehen lassen, weil Faran ihr Vorgesetzter war- und weil sie ihn eigentlich mochte.

Der Oberst- er ist so unendlich undurchschaubar. Ernestine respektierte ihn- sie wusste ihn aber nicht einzuschätzen. Er nahm all dies auf- er hörte sich alles in Ruhe an und befahl Ernestine, sie müsse weiterhin auf ihre Vorgesetzten hören- egal was sie taten… was sie befahlen. Sie hatte einen Eid geschworen, den sie einzuhalten habe… um den Rest würde er sich kümmern.

Die Audienz verlief anfangs ruhig. Der kleine Prinz war mit dort und Ernestine kam zwischendurch nicht drum herum, jenen zu betrachten. Wie klein er noch war…
Wolthan war ebenfalls im Saal drunten, Denos… ein Zwerg und vielerlei Menschen, die Ernestine vom Sehen kannte. Sie hatte ihre Position im oberen Rang eingenommen, ihre schwere Armbrust war gespannt und ihr Blick wanderte wachsam über all jene im Saal unten. Als Claire vortrat um sich für die Ernennung zur Amme für den kleinen Prinzen zu bedanken musste Tine die junge Frau kurz betrachten. Sie hatte ein wunderschönes Kleid an… alles an ihr war wunderschön. Das blonde, weiche Haar, der Körperbau – so weiblich weich… ihre Stimme voller Frohmut und Sänfte….

Der Atem stockte Ernestine als die Herzogin begann über ein anderes Thema zu sprechen. Ein Thema was Claire und Faran anging… das sie sich wohl ein Gemach teilen würden… Die Herzogin tat es tatsächlich in der Öffentlichkeit?! Vor allen Leuten – die es nichts anging – wies sie Claire zurecht. Vor der Hochzeit durften sie und Faran sich lediglich in der Öffentlichkeit treffen. Ernestines Schultern sanken ein wenig in sich ein und sie wagte einen kurzen Blick zum Oberst- der in seiner aufrechten Haltung dasaß und alles anhörte ohne irgendeine Regung zu zeigen.

Als Wolthan vortrat, wurde Ernestine kurz speiübel. Sie bekam kaum mit was er sprach- da sich alles eher wie ein leises Hallen irgendwo in der Ferne anhörte. Er habe von einem Mitglied der Garde erfahren, dass Faran Kadettinen küsst….
Wie konnte er nur?! Wie konnte er das aussprechen- hier vor allen?! Wie konnte er ihr Vertrauen ihm gegenüber so ausnutzen und ausplaudern, was sie ihm anvertraut hatte?! HIER?! Wie konnte er Alessandra da mit hineinziehen…?! Tine hatte große Probleme die schwere Armbrust weiterhin dienstlich korrekt zu tragen- ihre ganze Haltung fiel ein wenig in sich ein. War das alles ein Alptraum…?!

Nach der Audienz – da stand Faran auf einmal hinter ihr. Er spuckte ihr vor die Füsse und beschimpfte sie als Abschaum- er sprach etwas von einem Bastard… vieles Negatives, das Ernestine nicht verstand, da es in ihren Ohren sauste.
Nicht umkippen Ernestine… bleibe stark… alles wird gut Ernestine… Glaron ist bei dir denn du hast richtig gehandelt- wisperte immer wieder eine innere Stimme in ihrem Kopf und schenkte ihr so die Kraft wieder in das Hauptquatier zurück zu kehren.

Im Hautquatier angekommen konnte Ernestine noch immer nicht richtig zuhören- noch immer sauste es ihr in den Ohren. Noch immer konzentrierte sie sich lediglich darauf, nicht die Fassung zu verlieren- also verhielt sie sich still. Wagte es nicht Faran oder Alessandra in die Augen zu sehen… ihre liebe Alessandra.

Faran wurde in Gewahrsam genommen und auch Alessandra wurde mit Arathel mitgenommen…

Ihre Hilflosigkeit, ihre Verwirrung und ihre Angst wandelten sich langsam in Wut. Wie konnte Wolthan nur _so_ sein?! Er ist doch ein schlauer, wissender Mann?! Hatte er denn nicht gewusst, dass seine Aussage bedeutete!?
Mit einer gewissen gierigen Wut zog Ernestine sich das Kleid an, das Herr Dagisto ihr geschenkt hatte und eilte in das Schloss zurück um Wolthan zu einem Gespräch zu „bitten“. Es war kein langes Gespräch- und eigentlich wollte sie auch gar nichts von ihm hören. Sie besah ihn sich noch mal – sie warf ihm vor Unglück zu bringen und sie schlug ihm ins Gesicht…. Dann verschwand sie schon wieder… es war zu erniedrigend und ekelerregend zugleich diesen Mann in ihrer Nähe zu haben. Wie hatte sie sich nur so in einen Menschen täuschen können…?!

Ernestine war nicht lange alleine daheim. Es klopfte… Alessandra und Jonas. Tine konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Wenn irgendwer Ernestine was bedeutete- dann war es Alessandra! In den zwei Jahren hatten die beiden so verschiedenen Mädchen sich lieben– und vor allem schätzen gelernt. Ernestine entschuldigte sich sicherlich zehnmal. Sie versicherte ihre Gefühle Alessandra gegenüber- sie würde alles so gern rückgängig machen! Sie hatte Wolthan vertraut- das war falsch gewesen!

Alessandra selbst war sehr in sich gekehrt. Es stand viel Wut und Enttäuschung in ihrem Blick doch letztendlich… letztendlich war die Freundschaft der jungen Frauen stark genug um diese Wut und Enttäuschung zu überwinden. Sie umarmten sich und Ernestine versprach Alessandra, dass alles gut werden würde. Sie solle sich dem Tribunal stellen – denn sie war unschuldig!!! Sie hatte sich damals in Faran- ihren Vorgesetzten verliebt und hatte sich von ihm küssen lassen… mit der Hoffnung im Herzen, er würde mit ihr ein Leben aufbauen. Es war dumm gewesen – ja…. Aber sind junge Frauen was das angeht nicht immer irgendwie dumm?!

In dieser Nacht konnte Ernestine nicht schlafen… ihre Hände zitterten die ganze Zeit über ein wenig und ihre Gedanken ließen keinen ruhigen Moment zu….
Ernestine Remlim ist offline  
Geändert von Ernestine Remlim (02.02.2011 um 09:20 Uhr).
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Alt 10.02.2011, 08:36
#20
Ernestine Remlim
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Ernestine’s langes, kastanienbraunes Haar fiel ihr in leichten Wellen über die nackte Schulter bis hinab an ihren Steiß. Ein Anblick, den selbst Ernestine selbst sehr selten zu Gesicht bekam. Und sie hatte ihr Haar auch nur geöffnet, um es sogleich wieder zu flechten. Eine Prozedur, die sicherlich eine Stunde dauerte – bis es perfekt sitzen würde.

Der Frühling war in das Land gekehrt und erfüllte die Luft mit einem lieblich warmen Duft. Es war immer wieder ein kleines Wunder… obwohl es draußen am Morgen noch kalt war, roch es nach Frühling. Die Vögel zwitscherten, die Pflanzenwelt wurde zu neuem Leben erweckt.

In den letzten Wochen war wohl einiges Geschehen. Faran war kein Mitglied der Garde mehr. Eine Tatsache, die Ernestine trotz allem berührte. Natürlich würde sie dies nie wem zeigen. Doch wusste Ernestine im Grunde, dass Faran nichts für all dies konnte. Er ist einfach ein einfacher Mensch, der … unüberlegte Dinge tut. Doch hatte Ernestine mit ihm abgeschlossen. Keiner hatte ihr Mitleid- gar ihre Freundschaft verdient, der ihr vor die Füße spuckte. Nichts hatte Ernestine bisher mehr beleidigt… diese Geste an sich hatte sie zuvor noch nie gesehen. Diese tiefe Abwertung und Abneigung ihrer Person gegenüber wurde durch dieses „vor die Füße spucken“ zum Ausdruck gebracht und ließ Tine’s Herz für einen Moment gefrieren.
Faran selbst hatte nach all dem einmal Ernestines Aufmerksamkeit erhaschen wollen. Er wolle „reden“. Ist er verrückt?! Natürlich wollte Ernestine nicht mit ihm reden – was solle sie ihm schon sagen? Ganz im Gegenteil… wenn Ernestine diesen Kahlkopf auch nur sah, musste sie all ihre Erziehung und all ihren Perfektionismus sammeln, um nicht ausfällig ihm gegenüber zu werden. Einmal hatte sie geträumt er würde vor ihr knien und um Vergebung betteln. Und während er noch sprach, hatte Ernestine ihm in den offenen Mund gespuckt. Eine widerliche und unaussprechliche Vorstellung! Aber irgendwie… war der Gedanke beglückend.

Außerdem hatte sie einen Mann in ihr Leben gelassen der – nun.
Es fiel Ernestine schwer Denos zu umschreiben. Auf der einen Seite bewunderte sie ihn. Sie bewunderte ihn für seine Lebenserfahrung, für die Tatsache, dass er im Handwerk so viel erreicht hatte, für die Tatsache, dass die Göttin Cunna zu ihm gesprochen hatte, für seine Tiefsinnigkeit, seine diskrete und wiederum auch direkte Art. Und sie mochte seine Mimik, die Gestik und seine Stimme. Doch, und da war Ernestine sich nun sicher, dieser Mann war kein „Mann“ in ihrem Leben.
Kurzzeitig hatte sie dies angenommen. Denn es war verdammt selten, dass es einem Mann gelang… Ernestine’s Gedanken zu lockern – ein wenig zu lüften. Und das hatte er einen Abend getan. Sie hatten viel gesprochen und Ernestine hatte das Gefühl, dass er sie irgendwie mochte. Doch nach dem letzten Gespräch – war dieses anfängliche Gefühl verflogen. Sie hatten beieinander gesessen und es wirkte irgendwie… gezwungen. Sie erzählten sich etwas doch kam es zu keiner netten Atmosphäre. Er ließ sie nicht nur einmal wissen, dass sie jung sei. Ein Kücken – er müsse sich wegen des Altersunterschiedes nicht schlecht fühlen in ihrer Gegenwart. Ernestine fiel es schwer keine Miene zu verziehen- doch sie hielt ihre Fassade aufrecht. Sie nahm dies hin… reimte sich zusammen, dass er sie wohl als „Töchterchen“ oder derlei betrachtete und verabschiedete sich so schnell es ihre Erziehung zuließ.

Wie dumm sie wieder einmal gewesen war…

Ihre liebste Alessandra schaffte es Ernestine ganz ungewollt aufzubauen. Sie saßen gemeinsam im Park und hatten über vielerlei Dinge gesprochen. Doch kristallisierte sich alsbald ein Gesprächthema heraus, das etwas mehr Beachtung fand – Männer und die Liebe. Ein Thema, dem Ernestine eigentlich aus dem Weg ging – doch bei Alessa konnte Ernestine sich dahingehend fallen lassen und aussprechen, was sie sonst nur dachte. Sie erzählte von Denos, sie sprachen über die Beziehung von Jonas und Alessandra und Ernestine berichtete, dass sie Carvar als guten Freund verloren hatte. Freundschaft zwischen Mann und Frau war unmöglich… da waren Alessandra und Ernestine sich vollkommen einig. Alessandra hatte keinen einzigen männlichen Freund. Bekannte ja – aber keinen Freund. Und auch Ernestine hatte keinen Freund… außer Jonas! Aber Jonas… nun- er war für Ernestine geschlechtslos. Natürlich ist Jonas ein hübscher „männlicher“ Mann. Doch ist er Alessandras Verlobter und irgendwie so… offenherzig wie es wohl manche Frau ist. Ernestine mochte ihn und ja, sie nannte ihn Freund. Doch… eben nicht solch ein Freund, wie es Carvar mal gewesen war.
Nach gut zwei Jahren hatte Ernestine es an diesem Abend das erste Mal zugelassen, Alessandra zu herzen. Sicher, sie hatten sich schon des Öffteren umarmt. Aber noch nie hatten Ernestines Lippen die Haut Alessandra’s berührt. Und an diesem Abend hatte Ernestine Alessa gar zwei Küsslein auf die Wange geschenkt. Eine Nähe, die Ernestine bisher bei keinem zugelassen hatte…. Nun- außer bei Wolthan. Doch war es bei Alessandra wohl das ehrlichste und intimste, was Ernestine bisher verlebt hatte.
An jenem abend dankte sie Glaron dafür, ihr solch eine wahre Freundin geschenkt zu haben und versprach ewiglich auf Alessandra acht zu geben.
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Alt 14.02.2011, 14:47
#21
Ernestine Remlim
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Wie schön dieses Fleckchen Erde doch ist…

Ernestine saß an einem See, die Frühlingssonne wärmte die Luft ein wenig. Ihr treuer Hengst Thomas graste in einiger Entfernung das frische Gras und ein paar Enten und sonstige Wasservögel schwammen ihre Runden. Ernestine saß, doch recht unüblich, im Schneidersitz. Die lederne Hose, die Denos ihr gefertigt hatte, tat ihren Dienst. Es war angenehm in Hosen zu reiten. So viel- einfacher! Sie musste nicht den Rock zurechtzupfen oder aufpassen, dass der Matsch im strengen Galopp auf den Stoff spritzte. Da war es wirklich angenehm diese enge Lederhose zu tragen.

Ernestine war bis lang in die Nacht wach geblieben. Dies tat sie nicht, weil sie nicht schlafen konnte. Nein- sie hatte sich Jonas „vorgeknöpft“. Sie hatte in Carvars Notizen gelesen, dass Jonas eine Unterichtsstunde verpasst hatte. Eine, mit wichtigem Inhalt. Und dies wollte sie mit ihm gemeinsam aufholen- er sollte nicht hinter den Anderen herhumpeln! Doch- bevor sie dies tun konnte, brauchte sie das Einverständnis des Oberst. Jener bejahte ihren Willen die Kadetten zu unterrichten und ließ sie, als wäre es nebensächlich, wissen, dass sie nun Staffelführerin der Fernkämpfer sowie Späher ist.

Ein triumphierendes Lächeln legte sich auf Ernestines roten Mund. Nun war sie knapp drei Jahre in diesem Land und hatte es vom… nichtwissenden 16-jährigen Mädchen doch geschafft eine gewisse Karriere bei der Garde zu machen! Der Stolz im Herzen tat gut und ließ es in ihrem Bauch kribbeln. Man durfte doch auf sich selbst stolz sein, nicht wahr?! Es war doch nicht egoistisch?!
Selbst wenn… es war ein herrliches Gefühl.

Sie würde weiterhin all ihre Energie in die Garde stecken. Sie würde ihren Körper noch mehr trainieren, sie würde Bücher verschlingen um so viel zu wissen, wie sie wissen konnte, sie wollte die Kadetten mit einer gewissen Härte formen und ihnen ein gutes Vorbild sein! Sie wollte erwachsen werden- mit allem, was dazu gehört! Ja- sie wollte sich keinerlei Ausrutscher mehr erlauben und alles aus sachlicher Sicht betrachten. Das Für und Wieder abwägen und logische Entscheidungen treffen. Denn genau dies hatte sie bei der Garde so weit bringen können.

Ernestine saß sicherlich noch eine gute Stunde dort am See… und sah der Sonne zu, wie sie dem runden Mond Vortritt ließ.
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Alt 21.02.2011, 08:12
#22
Ernestine Remlim
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Hell maunzend begrüßte Michel Ernestine, sprang galant vom Stuhl um sich an ihren Beinen entlang zu schmiegen. Sein Schnurren war laut und aufdringlich. Ein Schnurren, dass immer wieder ein Lächeln auf Ernestines Mund zauberte. „Grüss dich mein Großer…“ wisperte Ernestine zärtlich und nahm den schlanken Kater auf ihren Arm welcher sogleich seine Schnauze an ihrem Kind entlang strich – als würde er sie begrüßen und zugleich sagen „Du bist Meine!“.

Es dämmerte bereits der Morgen und Ernestine hatte kein Auge zugetan. Erst nun, als sie sich in ihren Sessel setzte, merkte sie die beißende Müdigkeit, die ihre Augen zwang sich alsbald zu schließen. Michel kugelte sich schnurrend auf ihrem Schoß zusammen wobei ab und zu die Krallen liebevoll in ihre Oberschenkel pieksten als wäre er ein Babykater, der den Milchtritt nicht zurückhalten kann.

Die leichte Verwirrung, die Rinel ihr eingebrockt hatte, war noch immer in der Bauchgegend zu spüren.
Rinel – ein Kammerad, wie er im Buche steht. Ein gewissenhafter, ehrlicher, starker, strenger, weitblickender, charismatischer und anständiger Mann…. Ein Mann, den Ernestine zu schätzen wusste. Denn er war ihr in gewisser Hinsicht ähnlich. Auch sie gab sich Mühe eben all das zu verkörpern – Gewissenhaftigkeit, Ehrlichkeit, Stärke, Weitblick, Charisma und die gewisse Erziehung, die sie anständig bleiben ließ.
Er hatte sie nach dem Dienst zu einem Gespräch gebeten. Natürlich folgte Ernestine seiner Bitte – warum auch nicht?! Sie saßen am kleinen Teich auf einer steinernen Bank und redeten sicherlich ein paar Stunden. Es war bereits tief in der Nacht und der Mond schien Sichelförmig am Himmel. Das Gespräch glitt- ohne das Ernestine es wirklich merkte- in eine recht persönliche Richtung. Doch es fiel ihr nicht wirklich schwer sich Rinel gegenüber etwas zu öffnen. Die Tatsache, dass auch er sich etwas öffnete, erleichterte jenes nur noch.
Er gestand ihr, dass er sie nicht nur sehr schön findet, sondern auch ihren Charakter sehr positiv schätzt. Es war kein direktes Kompliment und doch ließ es Ernestine ein wenig erröten. Sie konnte noch immer nicht gut mit Komplimenten umgehen. Und die Tatsache, das manch einer Komplimente ausspricht, ohne sie ernst zu meinen- erschwerte es ihr, das Kompliment im ersten Moment wirklich ernst zu nehmen. Doch… es war Rinel. Ernestine konnte nicht glauben, dass er Komplimente aussprach- um irgendetwas unanständiges zu erreichen. Und so versuchte sie ihn, in ihrer unwissenden Art- ein wenig zu locken. Ganz so, als würde sie ihn testen. Würde er versuchen sie anzufassen- gar zu küssen?! Nun schon?!
Nein – er tat es nicht.
Lediglich beim Abschied berührte er kurz seine Hand. Als wäre diese Geste alles, was er geben kann.
„Rinel Rinel…“ murmelte Ernestine leise in den Raum und wie von allein hob sich ihre rechte Augenbraue ein wenig. Sie hatte niemals darüber nachgedacht, dass er vielleicht Interesse an ihr- als Frau- haben könnte. Es wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Doch nun… war sie sich da gar nicht mehr so sicher. Es wirkte fast so, als würde er genau dieses Interesse haben.
Nun… man würde sehen- Ernestine würde von sich aus nichts provozieren- nicht interpretieren und auch nicht „träumen“. Denn solches Handeln hatte sie bei Wolthan hart auf den Boden der Tatsachen gebracht.

Ernestine wollte sich nun- neben der Konzentration auf der dienstlichen Ebene- sich auf einen Umzug konzentrieren. Sie hatte sich Minoc als neuen Wohnort ausgesucht. Die Stadt war gut zu erreichen, städtisch und doch sehr grün. Ihr gefiel der Ort sehr gut und auch Michel hätte dann die Möglichkeit ab und zu vor die Türe zu gehen. Hier im Hafenviertel ließ Ernestine ihren Kater nur sehr ungern hinaus. Der Grund war natürlich egoistische-Liebe… doch wollte sie den Kleinen nicht mehr missen, weil irgendwer irgendwelches Rattengift verstreute oder aus anderen grausamen Gründen.

Leise seufzend erhob Ernestine sich aus dem Sessel… schleppte sich in ihr Bett und schlief ein- ohne ihre Kleidung auszuziehen… denken und das nächtelange Wachbleiben machte viel zu müde.
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Alt 15.03.2011, 13:03
#23
Ernestine Remlim
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Ernestine saß im Schneidersitz auf dem Boden und versuchte tief ein- und wieder auszuatmen. Die schwüle Sommerluft verhinderte allerdings irgendwelchen Erfrischungserfolg. Der Schweiß stand ihr in kleinen Perlen auf der Stirn, ihre Augenlider zitterten im geschlossenen Zustand ein klein wenig.

Dieser Umzug war ein sehr effektives Training gewesen. Sicher, sie hätte Jonas fragen können, ob er ihr helfen würde. Aber… Ernestine wollte den Umzug allein bewältigen. Sie hatte ein paar Hafenmänner beauftragt die Möbel aus Britain nach Minoc zu bringen. Das haben sie auch getan- allerdings nur bis vor die Türe. Also hatte Ernestine den Schrank… das Bett, den Schreibtisch und die Sessel allein die Treppe hinaufgeschleppt, -gezerrt, und –geschoben. Der sommerlich-heiße Zustand, hatte dies nicht unbedingt einfacher gemacht. Doch nun war alles da wo es sein sollte. Wie leer das Haus noch war…. Es musste noch einiges verändert und dazugekauft werden. Doch waren die Möbel immerhin schon einmal im richtigen Geschoss.

Leise aufseufzend öffnete Ernestine ihre braungrünen Augen wieder und wischte sich den Schweiß mit dem rechten Handrücken von der Stirn.

Nun ist sie also angekommen. Die nächste Etappe war so zu sagen erreicht. Sie hatte ihr erstes kleines Hafenhaus gegen ein doch recht prächtiges Haus am Marktplatz von Minoc getauscht. Ein Haus, das sie mit ehrlicher Arbeit verdient hatte. Und ja, sie war stolz auf sich selbst. Denn sie hatte es alleine geschafft. Niemand hatte sie aktiv unterstützt. Sie hatte sich kein Gold geliehen oder aber irgendwie teilen müssen. Sicher, sie hätte Alessandra oder Jonas nach Gold fragen können – und beide hätten es Tine wohl auch gegeben… aber auch das wollte sie nicht. Eben so wenig wie sie die Hilfe beim Umzug wollte. Denn es war _ihr_ Haus… _ihr_ Werk und das wollte auch sie ganz allein mit Leben füllen.

Ein Schmunzeln huschte über ihre Lippen als sie an den Abend im Tala dachte. Sie hatte ein wenig Zeit mit Alessandra und Clara Elandur verbracht und kam sich irgendwie Fehl am Platze vor. Die beiden hatten von der Ehe gesprochen und der Vorfreude, alsbald Kinder zu bekommen. Es wirkte fast so, als wäre genau das das Ziel der beiden Frauen. Ernestine hatte dagesessen- und gelächelt. Doch im Großen und Ganzen hatte sie feststellen müssen, dass sie keine „normale“ Frau war. Sie konnte sich nicht vorstellen zu heiraten, sie konnte sich nicht vorstellen Kinder zu bekommen- oder sich irgendwem zu „opfern“. Denn genau das war es doch!? Sie sah es ja an Alessandra und Jonas. Beide opfern sich füreinander auf. Alessandra versucht nicht mehr eifersüchtig zu sein und sich zu benehmen- für Jonas. Jonas hingegen versucht nicht mehr so impulsiv zu sein und tut alles dafür, ein Heim für eine „Familie“ zu schaffen – für Alessandra. Kann man sich selbst verwirklichen, wenn man eine Beziehung führt?! „Nein.“ Wisperte Ernestine trocken in den Raum. Vor allem als Frau nicht. Wie sollte Alessandra Karriere bei der Garde machen, wenn sie daheim drei Gören hat?!... das geht gar nicht. Und auch Jonas- er würde nicht mit reinem und kräftigen Gewissen in den Krieg ziehen können- weil er ebenfalls an die drei Gören daheim denken würde.

An dem Abend hatte sich die alte Frau Sara-Geni zu ihnen gesetzt. Es war seltsam… Alessandra behandelte die Frau recht- ja, freundlich. Fast wirkte es so, als seie Alessa über die Anwesenheit der alten Tot-liebhaberin erfreut. Und auch Clara war recht freundlich zu der Frau, die durch ihren Schmutz und den ganzen WehWehchen, wie etwa die Gammelstummel im Mund- statt irgendwelchen Zähnen, sicherlich tausende Krankheiten mit sich trug. Ernestine hingegen machte keinerlei Hehl daraus, dass sie die Anwesenheit dieser…“Frau“ nicht schätzte. Und es wirkte fast so, als würde genau diese Tatsache etwas in der Alten bewirken. Denn nach einigem Wortwechsel begann die Alte Ernestine tatsächlich öffentlich zu respektieren, indem sie Ernestine nicht mehr dutste. Seltsame Frau… nein, Ernestine wollte nicht mehr Zeit mit der Alten verbringen, als es nötig war. Egal was Alessandra oder sonst wer über diese Frau sagte. Sie stank, hustete, hatte Gammelzähne, war dreckig und wusste sich nicht zu benehmen. Keine Frau, dessen Nähe man unbedingt suchen sollte.

Man würde sehen ob sie sich noch einmal begegnen würde….
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Alt 29.03.2011, 11:27
#24
Ernestine Remlim
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Sie war der Alten nicht mehr begegnet. Das könnte daran liegen, dass Ernestine sich selten in Tavernen aufhielt. In den letzten Wochen hatte sie begonnen mehr Kraft in die Stärkung ihres Körpers zu legen. Sie hatte das normale Training intensiviert und viel Stunden mit schmerzendem Muskelkater verleben müssen.

Der Markt in Cove war wohl mit einer der seltenen Abende, wo sie sich ein wenig Freizeit gönnte. Sie hatte sich die schönen Kleider, die Denos ihr gefertigt hatte, angezogen – und hat sich allein auf den Weg gemacht. Man hatte da schon gemerkt, dass die Sommerzeit zu Ende ging. Es war frisch und der Wind schnitt gar ein wenig vom Meer in die Haut.
Einige Händler hatten ihre Stände aufgebaut. Unter Anderem auch Denos selbst. Alessandra war gerade an seinem Stand und benahm sich wohl wie jeder Frau in solch einer Lage – sie konnte sich nicht entscheiden, was sie kaufen sollte. Also unterstützte Ernestine ihre Freundin, indem sie ihr Ratschläge gab. Letzendlich entschied Alessandra sich für ein hübsches Kleid und die beiden Frauen schlenderten hinüber zu einem Stand, an welchem eine Elfin ihre Bognerware ausgelegt hatte. Manche Frau würde dieses anziehende Gefühl wohl bei Schmuck fühlen, den Ernestine beim Anblick der verschiedenen Bögen und Pfeile empfand. Als würden die Bögen und Pfeile Ernestine lieblich rufen… Grausam. Und doch hatte Ernestine natürlich nicht widerstehen können. Sie bestellte einen Bogen, sowie ein paar Pfeile. Tine kam nicht drum herum die Elfin verstohlen zu betrachten. Sie war wirklich wunderschön… der Elfenmann, der sich neben die Elfin gesellte strotzte nur so vor Stolz und ebenmäßiger Schönheit.
Als die Frauen den Stand verlassen wollten, fand Ernestine sich einem Mann gegenüber. Ein wenig größer als sie selbst, sie schätzte sie Anfang der 40er, normal gebaut, graues Haar und eine recht freundliche und höfliche Ausstrahlung. Fabrizio Sareso ist sein Name und er war wohl ein Bekannter von Alessandra. War das nicht der Mann, warum Jonas und Alessandra sich gestritten hatten?!... Tine war sich nicht mehr ganz sicher. Sie setzten sich an einen Tisch und unterhielten sich- wobei eher Alessandra und der Herr sprach, als Tine. Sie hielt sich dezent im Hintergrund. Als würde Alessandra das nicht gefallen, erhob sie sich nach einiger Zeit und verließ die beiden. Im ersten Moment hatte Ernestine daran gedacht mit Alessandra zu gehen- irgendwie gefiel ihr der Gedanke nicht allein mit diesem Mann zu sein – so höflich er auch war!
Das Gespräch wandelte von zurückhaltender Höflichkeit zum neugierigen „Necken“ seinerseits. Natürlich verstand Ernestine sein Necken nicht wirklich. Warum sie denn so viel anhabe- warum so ein schönes Mädchen denn keinen Mann daheim habe, der sie beschützt und und und. Tine versuchte all diese Fragen höflich und sachlich zu beantworten…. Doch konnte sie eine gewisse Röte im Gesicht nicht verhindern. Warum nur merkte fast jeder Mann so rasch, dass sie diese Art von Gespräch nicht… wollte? Ernestine verabschiedete sich von dem Mann und wünschte seinem Sohn sowie auch ihm alles Gute. Und doch- sie erwischte sich das ein oder andere Mal, wie sie über den Mann nachdachte, der für den Oberst arbeitete, einen Sohn allein großzog – so „alt“ war und doch ein so lebendiges Gemüt hatte.

Ab und an erwischte Ernestine sich aber auch gedanklich dabei, wie sie über Alessandra & Jonas nachdachte. Sie trug Sorge im Herzen, ob es mit den beiden gut gehen würde. IMMER wenn Ernestine die beiden traf, war irgendwas negativ. Sei es irgendwelche Eifersüchteleien, irgendwelche Stimmungsschwankungen, irgendwelche Uneinigkeiten. Irgendwelche WehWehchen oder einfach nur miese Stimmung. Lag es an Ernestine selbst?!... Alessandra war ja schon einmal eifersüchtig auf die Beziehung gewesen, die Jonas und Ernestine aufgebaut hatten. Eine pure und echte Freundschaft- nicht mehr, und nicht weniger. Gerade deshalb sorgte sich Ernestine wohl umso mehr. Sie sorgte sich nicht nur um Alessandra oder um Jonas- sondern auch um sich selbst. Denn sollte es mit den beiden nicht klappen, würde sie zwischen den Stühlen stehen – und das wollte sie auf keinen Fall! Doch würde es so kommen – würde sie es eben durchstehen müssen.

Gestern hatte sie sich zwingen müssen ihren Hengst zu satteln. Sie hatte Alessandra sowie Jonas viel zu lange nicht mehr gesehen. Also würde Tine sie besuchen! Ob es nun Fügung war – oder nicht… sie traf die beiden vor den Toren Minocs mit einigen Personen. Sie waren gerade auf den Weg zu Tine! Clara Elandur näherte sich ebenfalls der Gruppe und verkündete, dass es etwas zu feiern gab. Ihre Ernennung zur Kämmerin und die Verlobung. Im ersten Moment wurde Ernestine ein wenig übel – Clara war auf einmal verlobt?! Wie lange kannte sie den Mann… zwei/drei Monate?!... Nunja, es war ihr Leben. Auch Jonas wollte seine Beförderung zum Gardisten feiern – also schlug Ernestine vor, dass sie alle in die hiesige Taverne gehen sollten. Und das tat sie auch… vielleicht etwas zu dominant, an der Spitze. Wobei ihr lediglich ein fremder Mann folgte…

Herr Eduardsson war sein Name. Ein großer, stämmiger Nordmann mit rotbraunem Haar. Er holte Ernestine etwas Wein und sie unterhielten sich einige Momente. Ernestine erfuhr, dass er Seemann ist. Das er Schiffbrüchiger ist und momentan vom Jagen lebt. Er ist ein Reisender, wie viele Nordmänner. Sie erwischte sich dabei, wie das Interesse an seiner Person ein wenig wuchs. Zwar hatte er eine laute Stimme- er grinste das eine oder andere Mal nun… breit und er war nun- ein Mann der Meere… doch Ernestine gefiel, wie er auf sie einging. Er war kein einziges Mal aufdringlich und verstand wohl die Signale bei manchen Themen, über die Ernestine nicht sprechen wollte. Zuerst hatte Ernestine sich darüber geärgert, dass die Anderen nicht nachkamen und sie somit den Abend mit diesem Mann verbrachte – doch im Nachhinein war sie fast ein wenig dankbar. Denn so hatte sie sich voll auf ihn konzentriert – was sie in einer großen Runde wohl nicht getan hätte. Sie wäre dann wohl doch eher zurückhaltend gewesen und hätte nicht ganz so viel offenbart.

Das Haus war nun eingerichtet. Sie wollte lediglich noch ein paar Blumen pflanzen und einen schönen Teppich erwerben. Doch hatte sie bereits ein paar Gäste zur Einweihung eingeladen. Außerdem war sie nun 19 Jahre alt… wie die Zeit raste! Doch konnte man auch dieses „altern“ als Anlass nehmen, Menschen zu sich einzuladen. Sie lud Jonas + Alessandra, Clara Elandur + Begleitung, Denos Dagisto + Sohnemann, Zaryn Ra Algado + Schwester Jamyna Algado, Fabrizio Sareso + Sohnemann, Xenor Tagur, Rinel, Carvar + Begleitung, Custorian, Arathel, Bolwen von Britian + Begleitung, Vardr Eduardsson, Arunalo + Begleitung, Adyanne Belatar, Nelin + Darok ein. Man würde sehen, wie der Abend werden würde…
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Alt 30.03.2011, 09:32
#25
Ernestine Remlim
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Der Herbsregen klopfte rythmisch gegen die Fensterscheiben im Schlafzimmer. Ernestine stand in der Mitte des Raumes und besah sich ihr Bett… ihr großes Doppelbett. Es war noch so früh, dass gerade die erste Morgendämmerung den Raum dezent erhellte. Auf Zehenspitzen schlich Tine ein wenig näher an das Bett heran in welchem Sie lag… Auf dem Haupt trug Amalia eine seidene Nachthaube, die Decke lag ihr bis zum Kinn hinaufgezogen, sie lag gerade auf dem Rücken und ihre Hände lagen gefaltet auf ihrem Bauch. Ganz so- wie eine Dame schlafen sollte. Ihr Gesicht war so… eingefallen. Sie hatte wenig von der kindlich-jugendlichen Amalia, die Ernestine kannte – die sie damals insgeheim immer bewundert hatte.

Damals…

Ernestine war gerade fünf Jahre alt, als sie die Mädchenschule das erste Mal betrat. Dieses Alter galt als normal für das erste Jahr. Denn Fünfjährige sind weitaus formbarer als Sechsjährige. Natürlich hatte die kleine Ernestine Angst- natürlich fühlte sie sich in diesem riesigen Gebäude furchtbar allein. Ihr einziger, klitzekleiner Lichtblick war Amalia gewesen. Ihre ältere Base, die bereits seit vier Jahren diese Mädchenschule besuchte. Das Verhältnis der sechs- und zehnjährigen Mädchen war vor allem in den ersten Jahren innig gewesen. Beide hatten keine Geschwister und beide hatten mit vielerlei „reichen“ Problemen zu kämpfen. Diese Schule wurde natürlich von vielen Kindern des Adels besucht. Ernestine und Amalia entsprangen keinem adeligen Geblüt. Und doch war ihre Familie reicher- als der meiste Adel. Allein diese Tatsache genügte, dass sich einige andere Mädchen gegen Amalia und Ernestine aufbäumten – sie belogen, die verrieten und anschwärzten. Es war nicht leicht… Sicherlich aus genau jenem Grunde wurde Amalia immer strenger. Sie wollte Ernestine dazu erziehen, sich zu wehren. Gewitzt gegen diese Mädchen zu agieren – sie wollte, dass Ernestine die beste Schülerin werden würde – das sie die Familie repräsentieren würde im Lichte der Intelligenz! Und das gelang… die Jahre verstrichen und Amalia- wie auch Ernestine selbst wurden Schulbeste. Ernestine war vor allem in den Tätigkeiten wie Schreiben, zeichnen, singen, Schauspielen, kochen und Turnen ein Ass – Amalia hingegen in den Tätigkeiten Pflanzenkunde, Heilung, Rechnen und Buchhaltung. Beide Mädchen waren fromm und sehr beliebt bei jedem Priester. Denn sie halfen in ihrer wenigen Freizeit im Kloster.
Als Ernestine knapp 13 Jahre alt war, Amalia war dementsprechend 16 Jahre, geriet die Familie in einen großen Streit. Die Väter der beiden Mädchen waren Zwillingsbrüder. Sie sahen gleich aus- und waren beide stur wie eh und je. Und vor allem waren alle beide goldgierig. Es ging natürlich um Geschäfte – um Gold und sicherlich auch um Frauen. Dieser Streit führte dazu, dass den Mädchen der Kontakt untereinander verboten wurde. Vor allem die Mütter mischten Gift in ihre Worte. „Amalia hat behauptet, du seiest eines der kleinen, dicken Mädchen. Dabei bist du doch das sportliche und schöne Mädchen, nicht wahr Ernestine?! Ist es nicht eine Schmach, dass dir deine rothaarige Cousine so etwas vorwirft?!“ Es folgten noch viel mehr Intrigen die zum Bruch der „fromm-schwesterlchen“ Beziehung führten.
Als Ernestine mit gerade 16 Jahren von daheim floh… hatte sie auch Amalia nichts von ihrem Aufenthaltsort erzählt… denn war Amalia doch nun eine von „denen“ – der „bösen“ anderen Familie.

Und nun?! Nach weiteren 3 Jahren lag sie hier! Hier in Ernestines Bett und schlief so ruhig- so sanft. Ernestine wusste nicht recht damit umzugehen. Auf der einen Seite war da die kindlich-liebende Zuneigung. Auf der anderen Seite aber auch die Furcht vor dem Verrat… die Furcht, Amalia würde die Familie wissen lassen, wo Ernestine sich befand. Denn dies wäre… undenkbar. Sicher, Ernestine war kein Kind mehr! Sie war mittlerweile zu einer Frau herangewachsen. Sie war Gardistin und hatte gewisses Selbstvertrauen. Doch als die Angst aufkam, ihr Vater würde ihr alsbald gegenüber stehen, wurde sie wieder sehr klein… und schwach.

Ernestine schüttelte ein wenig angewiedert den Kopf und verließ leise das Schlafzimmer. Amalia sollte sich ausschlafen…. Es würde noch viel zu besprechen geben.
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