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Alt 07.04.2011, 09:27
#26
Ernestine Remlim
Reisender
 
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(Im Jahr 1304, 19 Jahre alt)

Sorgsam legte Ernestine einen aussortierten Umhang auf einem Baumstamm, der am Boden lag und setzte sich langsam nieder. Die Tatsache, dass Herbst war, ließ die täglichen Ausritte etwas ungemütlicher werden. Doch irgendwo war es auch angenehm zu spüren, wie der Wind einem die Wangen kühlte.
Thomas, ihr treuer Hengst ging schnaufend zum kleinen Flüsschen und stillte seinen Durst. Er war wie Ernestine, wenn sie trainierte. Zuerst ein wenig darauf bedacht, nicht zu viel zu tun…. Denn man würde schwitzen, die Haare würden verrutschen und und und. Alles Momente, in denen sich Ernestine nicht gern Anderen zeigte. Doch dann- nach einigen Momenten- wenn der Schweiß bereits auf der Stirn perlte, geriet sie in einen Rausch. Sie wollte mehr! Sie wollte spüren, wo ihre eigenen Grenzen waren- und sie wollte sie überwinden! Genau so war es wohl bei Thomas… er gallopierte nach einigen Minuten rasanter, fordernder und sicherlich auch übermütiger, als er es am Anfang eines Rittes tat. So lange, bis seine Lungen rebellierten und ihn zu einer Pause zwangen. Sie waren weit geritten. Irgendeinem Waldpfad waren sie gefolgt und letzendlich hier, an einem kleinen Flüsschen gestrandet.

Ernestines Blick fiel auf die pechschwarzen, fellenden Handschuhe, die sie sich auf den Schoß legte. Sie waren wunderschön…. Das schwarze Pantherfell schien bei jedem ach so kleinen Sonnenstrahl zu glänzen. Und sie passten perfekt! Außerdem waren sie sehr gut gegen die herbstliche Kälte.
Tine hatte die Handschuhe von einem reisenden Händler bekommen. Herr Eduardsson war gerade bei Ernestine daheim gewesen um sich für ihre Geburtstagsfeier anzumelden, als sie Hilfeschreie hörten. Der Händler berichtete, dass ihn Orken direkt vor Minoc überfallen hätten. Vardr und auch Ernestine kam der unsagbare Mut des Händlers ein wenig seltsam vor. Sie waren sich nicht sicher… ob… er wirklich ein Händler war, oder irgendeiner Räuberbande entsprang, zu der er sie führen wollte. Doch der Händler behielt recht und beide Schützen legten die Orken mit einigen Schüssen danieder. Der Händler war dankbar und schenkte Vardr einen schwarzen Dolch und ihr diese hübschen Pantherhandschuhe…
Eigentlich war es eine freundliche Geste gewesen. Und doch konnte sich Ernestine nun nicht wirklich darüber freuen. Sie hatte erfahren, dass sich Vardr’s Dolch „selbstständig“ gemacht hatte. Unschöne Geschichte – böse Geschichte. Und nun hatte Ernestine bedenken, die Handschuhe zu tragen. Vielleicht war es zu vorsichtig?! Vielleicht sollte sie die Handschuhe normal behandeln? Oder sollte sie sie gar lieber wegschließen und gar nicht mit sich herumtragen?! Waren sie verflucht…?

Ein leises, missbilligendes Brummen entfleuchte ihrer Kehle und sie schüttelte den Gedanken ab.

Wie auch immer… es würde sich schon richten. Mit Glarons Hilfe würde sich eh alles richten!... Glaron…

Seufzend warf sie einen Blick gen Himmel der voller grauer Wolken durchzogen war. Erst vor einigen Tagen hatte sie mit Alessandra eine halbe Nacht über eben jenes Thema gesprochen. Alessandra sah so vieles falsch… das Glaron etwa den Körperkontakt zum Manne verbot war keine Strafe oder ein böses Übel! Er hatte diese Regel erlassen, um Frauen zu schützen. Davor sich zu beschmutzen und vor allem davor, einen Bastard auszutragen. Sicher- man konnte ein Kind ohne Vater großziehen- doch wenn man weiterdenkt: es verbaut einer Frau sehr viele Wege. Sei es beruflich oder aber privat! Welcher Mann nahm schon _gerne_ eine Frau, die ein Kind von einem Anderen hat?!... Niemand. Also war diese Regel, dass man sich einem Mann erst nach der Eheschließung öffnen darf absolut väterlich und gut gemeint. Und so viele andere Dinge waren so unendlich einleuchtend in Ernestines Augen. Nur Alessandra… verstand nicht so recht. Aber das war in Ordnung. Tine wollte Alessandra helfen zu verstehen. Und die Tatsache, dass Alessandra wieder beginnen würde mit Glaron zu „sprechen“ war Erfolg genug.

Tja… was Glaron wohl für Pläne hatte?! Ernestine tat es höchst ungern über sich selbst nachzudenken. Doch nun, wo sie das 19te Lebensjahr erreicht hatte lag sie einige Male wach im Bett und konnte nicht aufhören nachzudenken. Nicht etwa über die Garde oder irgendwelche Aufgaben, die sie noch zu erfüllen hatte… nein – es ging um ihr eigenes Leben. Und sie kam sich immer- wenn sie darüber nachdachte, sehr egoistisch vor. Denn eigentlich wollte sie nicht über _sich_ nachdenken. Und eigentlich wollte sie auch nicht darüber nachdenken, ob sie einmal Kinder gebehren würde- oder nicht. Denn eigentlich wollte sie ja gar keine Kinder! Sie waren laut, hilflos, egoistisch, stinkend, sabbernd, nervenraubend und… zerbrechlich. Alles Dinge die eine Mutter dazu zwingen würde… das ganze vorige Leben aufzugeben- oder zumindest zu ändern. Eine Tatsache, die Ernestine nicht einsehen wollte.
Und doch… hatte sie diese Sehnsucht nach irgendwem… Besonderen. Seltsam und beängstigend, dass sie diese Gedanken nicht abschalten konnte….

Vielleicht würde es bei der Garde bald „Nachwuchs“ geben. Saykel Astir war der Name des jungen Mannes, den Ernestine im Tala kennen gelernt hatte. Ein durchaus freundlicher, erzogener und doch gezeichneter Mann. Ernestine würde ihn auf Anfang 20 schätzen. Sie hatten sich eine ganze Weile nett unterhalten und als Jonas den Tala betrat… war es ganz seltsam. Auf der einen Seite freute Ernestine sich über Jonas- auf der anderen Seite stieg eine gewisse Hitze in ihre Wangen. Es war fast so, als würde sie sich bei etwas Verbotenen erwischt fühlen- was natürlich Unsinn war! Nun… man würde sehen, ob dieser Mann der Garde beitreten würde. Immerhin war er bereits Soldat gewesen – Vielleicht war die Garde also das Richtige für ihn. Und wenn es so kommen würde- würde Ernestine ihn gern ausbilden.

"Genug mit denken..." murmelte sie langsam vor sich her, erhob sie und spazierte den Drei-Stunden-Spaziergang zurück nach Minoc wobei ihr Thomas treu folgte.
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Alt 15.04.2011, 14:34
#27
Ernestine Remlim
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Ernestine Brunhilde Franziska Johanna Anneliese Theodora Vaena Remlim.

Fast ein wenig belustigt besah Ernestine sich all die Namen, die sie ohne wirklichen Grund auf ein Blatt Papier geschrieben hatte. Ihre Namen waren wie folgt aufgebaut:
Vorweg ihr eigener Rufname „Ernestine“.
Danach folgt der Name ihrer Großmutter väterlicherseits Brunhilde, derer Mutter Franziska und wiederum derer Mutter Johanna. Hiernach steht der Name von Ernestine’s Mutter Anneliese, derer Mutter Theodora und wiederum jener Mutter Vaena.

„Vaena…“ wisperte Ernestine lächelnd und strich kurz über jenen Namen hinweg. Natürlich kannte Ernestine diese Frau nicht – und doch kannte sie eben jene am Besten.
„Ernestine, deine grausamen Sommersprossen hast du deiner Urgroßmutter Vaena zu verdanken…!“ „Ernestine, benimm dich nicht so einfach wie deine Urgroßmutter Vaena es getan hat!“ „Ausflüge in den Norden?! Pah! Dort benehmen sich doch alle wie deine Urgroßmutter Vaena!“ Oft hatte Ernestine solche und noch abwertendere Sätze über ihre Urgroßmutter Vaena gehört. Eine Frau der Eiswelt. Eine Nordfrau, die sich ihr Urgroßvater von einer Reise „mitgebracht“ hatte. Ernestine hatte ein Bild von ihrer Urgroßmutter gesehen. Sie hatte rotblondes Haar, viele Sommersprossen und war recht rund. Auf dem Bild, auf welchem auch ihr Urgroßvater mütterlicherseits zu sehen war, sah sie recht glücklich aus. Doch ob sie das wirklich war!? Wenn selbst ihre eigene Tochter, Ernestine Großmutter, so schlecht und abwertend über sie sprach?!... Warum Vaena all das wohl auf sich genommen hatte?! Warum sie wohl in ein fremdes Land gezogen war und sich derer Kultur versuchte zu ergeben?! Sie muss eine starke Frau gewesen sein! Eine Frau, die zur damaligen Zeit etwas ganz Besonderes- und sicherlich auch befremdliches war.
Lächelnd besah Ernestine sich die kleinen Sommersprossen, die auf ihren Armen tanzten. Sie war fast ein wenig stolz, dass sie eben jenen Schönheitsmakel besaß! Denn es zeigte ihr auf eine ganz seltsame Art und Weise wo sie herkam… und auch sie war doch wer, der die Familie verlassen hatte… und wer, über den die Leute sprachen- dies nicht immer positiv. Ja- obwohl Vaena in Ernestines Namenskette die Letzte war- so war sie in ihrer Vorstellung und in ihrem Herzen die Erste.

Langsam drehte sie das Blatt um und schrieb weitere Namen auf das Blatt. Fast wie ein Kind, das Schönschrift übte, führte sie die Feder schwungvoll über das Papier. „Alessandra Rodin“ lächelnd strich sie das Rodin durch und schrieb ein „Turan“ dahinter. „Jonas Turan“ „Sayk…“ Langsam hob Ernestine eine Braue und besah sich den Anfang des Namens, den sie wohl intuitiv niederschreiben wollte- sich aber stoppte. Ein leises Räuspern entfleuchte ihr und sie begann den halben Namen durchzustreichen…. Hierbei legte sie nachdenklich den Kopf etwas schräg.

Es war seltsam… sie erwischte sich in den seltsamsten Momenten dabei, wie sie an ihn dachte. Oder aber sie erwischte sich bei Gedankengängen- die ihr zuvor fremd waren. Es war ihr nun gar zu unangenehm darüber nachzudenken… Sie wollte nicht zugeben, dass sie diesen Mann- den sie eigentlich überhaupt gar nicht kannte… mochte. Und sie fluchte innerlich immer über sich selbst, da er ihr die Sprache verschlug. Er stand etwa vor ihr und sie schwieg. Und wenn sie etwas sagte dann waren es oft irgendwelche Entschuldigungen. Oder irgendwelche seltsamen Worte- die zusammengereimt zwar Sinn ergaben aber nicht das waren, was sie sagen wollte. Es war zu verrückt werden!!! Und was tat er? Er blieb freundlich, lächelte und sprach sinnvolles. Ernestine war schon immer ein sehr selbstkontrolierter Mensch gewesen. Diese Eigenart mussten ihre Eltern ihr nicht einmal anerziehen- sie war da… denn es war ein Teil ihrer Seele. Umso mehr wütete es in ihr, wenn sie nicht so selbstkontroliert und selbstsicher auftreten konnte, wie sie es wollte! Und vor allem wollte sie nicht, dass irgendwer etwas Falsches über sie dachte. Herr Astir war nett, erzogen und höflich = ja. Er war groß und stark und „hübsch“ = ja. Er hatte eine edle, kämpferische und doch weise Einstellung = ja. Aber dies hieß doch nicht, dass er nun etwas Besseres war als jeder andere Mann?!

Brummelnd rieb Ernestine sich die Augen und erhob sich seufzend um den Abwasch recht fahrig zu erledigen. Sie sollte endlich aufhören über diesen Mann nachzudenken! Er war nicht mehr und nicht weniger als jeder andere Mann………………… oder?
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Alt 29.04.2011, 13:37
#28
Ernestine Remlim
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Ernestine’s Kater Michel lag gemütlich auf dem Rücken auf dem Teppich vor dem Kamin und streckte den weißgrauen Bauch in die Luft. Hierbei erfüllte sein Schnurren den ganzen Raum und er tätigte halb schlafend ein paar Milchtritte in die Luft. „Absolute Zufriedenheit…“ flüsterte Ernestine schmunzelnd und setzte sich in einen der Sessel als sie etwas Holz nachgelegt hat.
Das Buch, das sie gerade las, lag geschlossen auf dem Sessel neben sich. Aber sie fand keine Muße es in jenem Moment zu nehmen um zu lesen…

Nachdenklich ruhte ihr braungrüner Blick auf Michel und konnte ein hilfloses Seufzen nicht unterdrücken. Amalia war auswärts – da konnte man sich ein Seufzen ab und zu erlauben.

Der gestrige Abend war sehr seltsam gewesen. Sehr schön!... aber eben auch sehr seltsam. Nach dem Dienst wollte sie eigentlich nur etwas Brot von Teresa holen… doch kam es anders. Im Tala selbst saß Alessandra mit Frau Belatar und Faran an einem Tisch. Mit Faran…?! Trotz eines unangenehme Ziehens im Bauch konnte sie jede Mimik im Gesicht unterdrücken. Der Hass Faran gegenüber war noch immer nicht erloschen. Vielleicht war es falscher Stolz, der ihr verbot diesem Rüpel zu verzeihen…, aber sie konnte nicht anders.
Sie wollte gerade wieder hinausgehen, wand sich um und da stand er vor ihr. Vardr Eduardsson – ihr persönlicher Held für den Abend.

Sie bat ihn, so unauffällig wie eben möglich, sie an einen Tisch zu bitten. So würde sie erstens den unangenehmen Fragen ausweichen warum sie denn einfach wieder gegangen war und zweitens entgehen, sich an diesen verpesteten Tisch zu setzen. Herr Eduardsson bat sich an, ihr zu helfen… jedoch verlangte er hierfür, dass sie ihn Vardr nennen solle. Also gut.
Ernestine und Vardr setzten sich an einen Tisch und tranken „ein wenig“ Honigwein. Und je länger beide beisammen waren, umso schöner fand Ernestine den Abend. Er weckte eine gewisse Gelassenheit in ihr. Gut… im Nachhinein konnte man die Schuld dieser Gelassenheit auch dem Wein geben, aber hätte nicht Vardr vor ihr gesessen – sondern irgendwer Anderes, dann hätte sie gar nicht erst einen Schluck davon gekostet.

Doch so war es angenehm gewesen… sehr angenehm… erschreckend angenehm!

Abermals seufzte Ernestine leise auf und massierte sanft ihre Schläfen, die ein wenig ziepten. Ihr gefiel der Gedanke ganz und gar nicht, wie es weiterging. Nach einigen Stunden begleitete er sie heim. Schon wieder entglitt ihr ein Seufzen und sie wagte nicht einmal daran zu denken, dass sie das gestrige Gespräch genossen hatte.

Es ging unter Anderem um das Thema werben… wie ein Mann werben könne. Sie gab ihm gar Ratschläge, wie ein Mann eine Frau umwerben könne! Höchst peinlich im Nachhinein. Aber noch viel unangenehmer war die Tatsache, dass sie seine Wange berührt hatte. Die Wangen von Vardr waren so rot… und ihre Hände durch die Winterkälte recht kühl… sie hatte ihm nur helfen wollen… so konnte man diese Tat doch entschuldigen, oder?!

Seufzend sackte Ernestine ein wenig in sich zusammen und schloss die Augen. Höchst unangenehm, peinlich, ungehörig… unbeschreiblich und… doch schön?!

„Mach dir nicht so viele Gedanken…“ murmelte Ernestine ein wenig ungnädig sich selbst gegenüber und versuchte mit aller Kraft das Gedanken Wirr-Warr, was Vardr verursacht hatte, zur Seite zu schieben.

Es gab weitaus Wichtigeres zu tun – ihr Dienst verlangte höchste Aufmerksamkeit – es gab Einiges, das sie noch zu erledigen hatte.
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Alt 12.05.2011, 08:53
#29
Ernestine Remlim
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Nachdenklich betrachtet Ernestine den Kriegspfeil, den sie nun schon seid einigen Momenten in den Händen drehte. Ihre Gedanken waren allerdings nur kurz bei dem Pfeil gewesen… sie waren schon seit einigen Minuten abgeschwiffen.

Sicherlich vermutete keiner, dass ihre Gedanken oftmals bei Faran waren. Sie machte sich Sorgen! Nicht unbedingt um Faran… sondern eher um Alessandra.

Ernestine ist keine „liebeserfahrene“ Frau. Aber nach den Jahren der Freundschaft zu Alessandra würde sie sich als „Alessandra-erfahren“ einschätzen. Und Ernestine wusste zur 100%iger Sicherheit, dass da etwas in Alessandra brodelte. Etwas – dass sie Ernestine nicht sagen wollte. Etwas – das mit Faran zu tun hat. Und genau DAS macht Ernestine Sorgen.
Hegt Alessandra etwa doch noch Gefühle zu diesem Mann? Und wenn ja – warum? Warum gerade nun?!... Fühlte sie sich so allein, dass sie, nun wo Faran frei war, sich ihm hingeben wollte. Das konnte Ernestine natürlich nicht wissen – und Alessandra auch nicht zu einer Auskunft zwingen… aber das Gefühl der Sorge wuchs immer mehr an… also musste da irgendwas im Argen sein. Warum Jonas so wenig da war, war Ernestine ein rätsel. Ernestine liebte Jonas wie einen Bruder und verstand nicht recht… was mit ihm los war. Bekam er nun, kurz vor der Hochzeit, Muffensausen?! Oder gab es ernstere Probleme in der Familie, die er nicht wiedergeben wollte?! Ernestine musste das unbedingt klären!!! Und auch Alessandra würde Ernestine heute noch aufsuchen. Sie musste ihrer Freundin beistehen – ihr eine Stütze sein. Und vor allem verhindern, dass sie falsche Schritte ging! Dieser Faran war… seltsam. Ernestine konnte ihm nicht verzeihen, was er getan hatte. Und Faran konnte Tine auch nicht verzeihen…. Daher würden sie wohl nie mehr Freunde werden können…. Man würde abwarten müssen, wie es weitergeht.

Die Garde hatte einen neuen Kadetten. Ein Südländer. Er heißt Doruba ewe Hewa und hat magisches Blut inne. Und so seltsam die Tatsache auch war, sie konnte sich gut mit diesem Mann unterhalten. Mit den Worten tiefsinnig, weise, sympatisch, aufrichtig, ehrlich und irgendwie auch lustig war er gut beschrieben.
Kurz huschte ein Lächeln auf Ernestines Mund. Doch – aus dem würde schon noch Etwas werden… das wusste sie nun schon.

Innerhalb ihrer Dienstzeit hatte Ernestine etwas erleben müssen, was sie noch einige Stunden danach beschäftigt hatte. Sie hatte Wachdienst bei der Verhandlung der Scheidung von Denos und Victoria Dagisto. Wahrscheinlich hätte sie dieser kleine Rosenkrieg gar nicht gestört, wenn sie Denos nicht kennen würde. Doch die Aussagen von Victoria waren irgendwie… traurig. Was heißt traurig – sie war enttäuscht…. Nein, enttäuscht ist auch das falsche Wort. Ernestine kann sich einfach nicht vorstellen, dass Denos _so_ war. Das er mit Victoria „feurig“ das Bett teilte. Das das der Inhalt der Beziehung war… das er sie nur heiratete, des Kindes wegen, das er Victoria zum Clauben Cunnas brachte – damit sie die Seine wurde und und und. Alles Dinge, die der heutige Denos nicht tun würde… oder?!

Brummelnd legte Ernestine den Pfeil auf den Tisch nieder. Sie sollte sich nicht um das Wohl von Denos – oder dessen Familie sorgen. Es heißt doch so schön – man solle vorerst vor der eigenen Türe kehren – zwar gab es bei Ernestine selbst nichts zu „kehren“ – aber bei ihren Freunden und in ihrer Berufung… und darauf sollte sie sich konzentrieren!
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Geändert von Ernestine Remlim (12.05.2011 um 13:38 Uhr).
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Alt 19.05.2011, 09:21
#30
Ernestine Remlim
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„So… noch ein wenig striegeln mein Schöner…“ wisperte Ernestine ihrem Hengst zu, der brav im Stall stand und nun einige geflochtene Zöpfe in der Mähne hatte. Mit weit ausholenden Bewegungen begann Ernestine das braune Fell des Hengstes zu kehren und kam nicht drum herum ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.

Sie würde ihn fesseln… diese Aussage aus dem Munde Rinels hatte sie doch ein wenig aus der Fassung gebracht. Kurz huschte ein Lächeln über ihre Lippen als sie an den gestrigen Morgen dachte… dabei hatte sie gar nicht mehr mit seinem Besuch gerechnet.

Vor einigen Tagen hatte sie Rinel einen Brief geschrieben. Sie hatte ihm einfach mitteilen müssen, dass sie ihn nicht dafür verurteilt, dass er all das durchmachen musste. Das er besessen war – das er Dinge tat, die ganz sicherlich nicht dem Guten dienen.

Nachdem Ernestine begriffen hatte, dass nicht nur Korporal Enfisar sondern auch Rinel „besessen“ war, wurde ihr ganz flau im Magen. Es ging alles so schnell – und Ernestine selbst kam sich so klein und unwichtig vor. Der Oberst hatte ihr befohlen sich zu rüsten – er hatte ihr befohlen Korporal Enfisar die Waffen abzunehmen und sie musste gar die Waffe auf ihn richten als der Oberst auf ihn einredete. Faran hatte dem Oberst ein Buch gereicht und nach dem Lesen dieses Buches war der Korporal wieder er selbst….

Kurz krauste Ernestine ihre Stirn und begann die andere Seite des Hengstes zu striegeln.

Auch nachdem Faran und der Korporal aufgebrochen waren um andere arme Seelen zu befreien, hatte ihr niemand gesagt, was es mit dem Buch und all dem auf sich hat. Auch heute noch fühlt sie sich wie ein unwissendes Lamm das zwar nicht weggestoßen aber auch nicht mit einbezogen wird.

Ein kurzes Schnaufen entglitt Ernestine und sie begann die Hufe des Hengstes auszukratzen.

Als Ernestine langsam aber sicher registriert hatte, das Rinel nicht er selbst gewesen ist war das drückende Bauchgefühl doch sehr beklemmend. Rinel war von Anfang an ein Mitglied der Garde gewesen, dass sie sehr schätzte. Und er als Mensch war ebenfalls ein Mann gewesen – den sie wirklich sehr schätzte. Und sie war sich ganz sicher – hätte er ein wenig mehr Zeit mit ihr verbracht, hätte sie wohl einige Fehler begannen.
Rinel sah unheimlich bedrückt aus, nachdem er „befreit“ wurde. Er stand dort an der Wand des Raumes und starrte den Boden an. Und genau in jenem Moment stach es Ernestine ein wenig ins Herz. Denn wäre ihr so etwas geschehen- sie würde sich ebenfalls schämen.
Nachdem sie Dienstschluss hatte ist sie, mit der Hoffnung Rinel dort zu finden, zum Schlossgarten gegangen. Und tatsächlich – er saß dort. Geknickt – enttäuscht und in sich gekehrt sah er aus. Er ließ Ernestine kaum die Möglichkeit ihm etwas zu sagen. Er wollte wohl lediglich seine Wort loswerden. Er hatte vor gehabt sie zu benutzen für seine Zwecke – er wollte sie als Deckmittel benutzen und und und. Alles Dinge, die auf Ernestine einprasselten… doch empfand sie keinen Hass oder derlei. Rinel war an diesem Abend gegangen mit den Worten, dass er sich nicht verzeihen kann, was er tat.
Lange hatte Ernestine über Rinel nachgedacht… viele Gedanken hatte sie ihm geschickt. Letztendlich war sie zu dem Entschluss gekommen ihm einen Brief zu schicken:

------------------------------------------------
Glaron zum Gruße Rinel,

ich verzeihe dir, dass du mich gestern hast stehen lassen. Ich verzeihe dir auch, dass du nicht mit Worten um dich geschmissen hast. Ich verzeihe dir ebenfalls, dass du - diese Gedanken mir gegenüber im "berauschten" Zustand inne hattest. Ich vermute, ich würde dir all das verzeihen - was du dir selbst nicht verzeihen kannst.
Doch war nützt das meine Verzeihen - wenn du dir nicht selbst verzeihen kannst?! Herzlich wenig.

Wisse, dass ich die bin, die ich bin. Ich reiche dir meine Hand doch bin ich keine Person die aktiv einer Anderen hinterheläuft - das weißt du! Zeige also ein wenig Initiative um die gereichte Hand anzunehmen.

Ich danke dir für deine gestrigen Worte - und lasse dich hiermit wissen, dass auch ich dich schätze. Vielleicht gerade wegen deiner Offenheit.

Springe über deinen Schatten der dunklen Last und schenke mir für einige Stunden deine Anwesenheit, auf dass wir sprechen können.

Du weißt, wo du mich nach Dienstschluss antreffen kannst.

Ernestine
------------------------------------------------

Tage vergingen in denen sie nichts von Rinel hörte. Und eigentlich hatte sie sich auch damit abgefunden, dass sein Stolz ihm verbot, sich selbst zu verzeihen.

Da klopfte es... und kein Anderer als Rinel stand dort und verbeugte sich, als wäre sie eine Adelsfrau. Natürlich bat Ernestine Rinel herein und natürlich waren die Momente ein auf und ab der Gefühle. Sie kannte jenen gewissenhaften, ehrlichen und ehrvollen Mann schon gut zwei Jahre. Und ein ganzes Jahr dieser zwei Jahre war er nicht er selbst gewesen…. Und doch, war er nicht viel Anders. Wobei doch – eines war anders. Er machte ihr offenkundig den Hof. Er machte ihr Komplimente, sprach sehr offen und ehrlich – versuchte ihr das ein oder andere zu erklären und suchte gar ihre Nähe, indem er ihre Hände hielt. Alles Dinge die Ernestine darin unterstützten, dass sie sich nicht in diesem Mann getäuscht hatte. Sie hatten sich beide gestanden, dass sie sich auf die nächsten Treffen freuten.

Und seit jenem Abend konnte Ernestine gar nicht anders… immer wieder glitten ihre Gedanken zu Rinel – zu seinen Worten. Und jeden Abend dankte Ernestine Glaron dafür, dass er auf sie aufgepasst hatte. Er hatte dafür gesorgt, dass sie _nich_ mit Rinel essen oder ausreiten ging. Er hatte Rinel befreit und er hatte ihr nun erst – nachdem Rinel wieder er selbst war, ein Gefühl in Ernestine’s Brust und Bauch gesetzt, das sie voller Wonne quälte…
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Alt 22.06.2011, 10:10
#31
Ernestine Remlim
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Die Mittagshitze lies die Luft draußen, auf dem minocer Marktplatz ein klein wenig flimmern. Ernestine stand an einem ihrer Wohnraumfenster und schaute ein wenig gedankenverloren hinaus.

Das lange Haar hatte sie, wie eigentlich immer, zu einer strengen Flechtfrisur hochgebunden. Im Großen und Ganzen wirkte sie sehr „hart“. Ihre Haltung war gerade- fast schon steif. Ihre Gesichtszüge absolut emotionslos, ihre Kleidung wirkte sehr adrett – jede einzelne Rockfalte schien dort hinzugehören, wo sie war.

Die letzten Monate hatte Ernestine sich verändert. In eine Richtung, die ihr ganz und gar nicht gefiel.

Oftmals erwischte sie sich dabei, wie sie in einem Sessel saß. Ein Buch lag aufgeschlagen auf ihrem Schoß und sie schaute auch hinab zu den Buchstaben- doch eigentlich sah sie hindurch. Sie erwischte sich dabei, wie sie einfach dasaß und „wartete“. Auf was, das war ihr nicht klar. Aber es schien sie nichts wirklich aufwecken zu können. Alessandra hatte es ein paar Mal versucht – und auch Faran.

„Faran…“ brummelte Ernestine ein wenig erstickt und wand sich vom Fenster ab um sich in ihrer Wohnstube umzusehen. Ganz von allein verschränkte sie in einer unwohlen Geste die Arme unter der Brust und spitzte die Lippen nachdenklich.

Sie hatte ihm in einer dieser „seltsamen Phase“ einen Brief zukommen lassen.

-----
Manches Mal frage ich mich, warum ich dasitze und warte.
Und dann überlege ich, auf was ich überhaubt warte.
Ich sitze da... schaue an die Wand und lausche.
Doch es ist still - und ich warte.

Wisse, du bist kein Mensch der wartet.
Denn du bist ein Mensch, der handelt.
Oftmals aus dem ersten Gedanken heraus - was natürlich ab und zu Probleme mit sich bringt. Denn einige Sachen sollte man lange bedenken.

Doch bringt es nicht nur Probleme mit sich - es bringt auch Leben mit sich. Du sitzt sicherlich nicht oft allein in deinem Sessel und lauschst für Stunden dem Nichts?

Wisse, du bist ein Mensch des Lebens
- und genau darauf solltest du stolz sein.

Niemand ist perfekt - das war von Glaron nie vorgesehen.
Doch man lernt aus seinen Fehlern - aus seinen kleinen Lebenssünden.

Faran.

Wisse, dass ich, wenn ich dasitze und lausche, ab und zu an dich denke. Auf dass du diese Stille durchbrichst und ein wenig Leben in mein Dasein zauberst.
----

Gleich, nachdem sie diesen Brief unter seiner Tür hindurchgeschoben hatte, bereute sie ihn bereits. Und sie hatte sich eigentlich geschworen ihn niemals wissen zu lassen, dass diese Worte von ihr kamen. Wie schwach sie doch war…. – sie hatte es ihm in einer ruhigen Stunde der Zweisamkeit am Bergsee gesagt. Fast schon gestanden.
Er hat erstaunlich ruhig reagiert – er wirkte natürlich verwirrt und dachte, sie seie in ihn verliebt und derlei Unsinn. Aber dem war nicht so – sie bewunderte ihn einfach für seine Lebenslust – und sie sehnte sich nach eben jener.

Rinel hatte sich in all den Monaten kein einziges Mal gemeldet. Er war – wieder einmal – vom Erdboden verschwunden. Ernestine selbst hatte mit ihm abgeschlossen. Was sollte sie mit einem Mann, der mal hier und mal dort war?! So sehr sie ihn auch mochte – so sehr sie ihn auch schätzte- sie wollte das, was mit ihm war brechen. Auch wenn es nur „liebe Worte“ gewesen waren.

Trotzdem…. Die letzten Monate und alles was geschehen war, hatten Ernestine in eine Art „Winterschlaf“ gesetzt und es raubte ihr wirklich sehr viel Kraft auszubrechen. Das Verschwinden von Jonas, der Streit und das Vertragen mit Faran, Alessandra in ihrem ganzen Dasein, der Dienst – der sie das ein oder andere Mal enttäuscht hatte, die Einsamkeit, ihre Erziehung – die ihr so oft ein schlechtes Gewissen wegen Nichtgkeiten einbrockte…. All diese „Kleinigkeiten“ in ihrer geballten Kraft raubten Ernestine irgendwie den Lebensmut.

Sie hatte gar ihren Dienst versäumt… mit Unwohlsein betrachtete sie die Tatsache, dass sie die neuen Kadetten kaum kannte. Oder die Tatsache, dass sie Alessandras Verehrer nicht einmal gesehen hatte zeigte ihr auch sehr deutlich, dass sie nicht mehr am Leben teilnahm. Faran war nun mit Adyanne verlobt. Eine gute Sache – Adyanne ist eine so gute und liebenswerte Frau! Faran hatte richtig gewählt. Und sie selbst verbrachte die Zeit damit – hier in ihrem Haus zu sein.

Alessandra wurde entführt – und der erste Einsatz für Ernestine, nach Monaten der Abwesenheit war, eben jene zu befreien. Es war ein gutes und befreiendes Gefühl, dass sie es geschafft hatten. Alessandra war wohl auf und Ernestine wurde in dem Moment, wo sie Alessandra gefesselt am Höhlenboden sah bewusst, dass sie sich ändern „musste“!

Und den ersten Schritt hatte sie bereits gewagt- dieser Schritt hatte sie wahrlich sehr viel Überwindung gekostet. Sie hatte einen Schmied, einem sehr guten Freund von Alessandra doch relativ klar zu verstehen gegeben, dass er sie „ausführen“ darf. Ernestine verzog kurz ihren Mund bei der Vorstellung wie er nun über sie denken würde. Aber vielleicht hat Alessandra recht - nein, ganz bestimmt hat sie es! Wenn Tine sich weiterhin in ihrem Haus verkriecht und nichts tut- wird sich auch nichts ändern.

Also _wollte_ sie wieder ihrer Berufung nachgehen. Sie _wollte_ Zeit mit ihren Freunden verbringen und sie _wollte_ neue Menschen in ihr Leben lassen. Sie musste es nur _tun_!
Ernestine Remlim ist offline  
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Alt 27.06.2011, 12:11
#32
Ernestine Remlim
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Verschlafen betrachtete Ernestine die Zimmerdecke bereits gut eine Stunde. Sie lag in ihrem langen, weißen Nachthemd auf ihrem Bett. Die Hände hatte sie sittsam auf ihrem Bauch gefaltet, die Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten.
Die Sommerhitze hatte ihr verboten, eine Decke über ihren Körper zu legen. Das Einzige Geräusch, was zu hören war, war das leise Schnurren ihres dicken Katers Michel, der am Fußende zusammengerollt lag und es sich gut gehen ließ.
Sorgenfalten lagen auf Ernestine’s sonst so glatter Stirn. Und diese Sorgen, die ihr die Falten ins Gesicht setzten, würden sie sicherlich noch lange begleiten.

Ernestine wollte gerade zum Dienst reiten und musste zweimal hinsehen um es zu erkennen. Auf dem Waldweg in Richtung Minoc kroch ein eindeutig verletzter und verdreckter Mann. Es war nicht zu übersehen, dass dieser Mann hilfebedrüftig war. Also näherte Ernestine sich diesem Mann – sprach ihn an und fragte, wer er seie. Der Mann wiederum fragte immer wieder ganz verstört, wo er seie.
Faran stieß dazu und behandelte den Verletzten nicht gerade fürsorglich. Er erhob gar die Stimme, als der Mann nicht auf die Frage antwortete, wer er seie. Als Ernestine erkannte, dass Farans laute Stimme den Mann einschüchterte- ihn gar zittern ließ, schickte sie ihn fort. Was auch immer Faran in dem Moment geritten hatte – es war besser, dass er ging.
Ernestine überwand all ihren Ekel. Der Mann stank bestialisch nach altem Schweiß, getrockneten Blut und vor allem Übergebenen. Nicht nur einmal entfachte allein dieser Geruch einen Würgereiz… doch sie half dem Mann auf und schleppte ihn regelrecht zu sich nach Hause. Die Hoffnung, dass ihre Base Amalia daheim sein würde, wurde allerdings enttäuscht – und dieser Mann schien immer näher der Ohnmacht. Also setzte sie ihn in die mit kaltem Wasser gefüllte Wanne. Und es half…
Der Mann konnte sich provisorisch waschen – er sprach gar …. Ja, er sprach.

Ernestine wurde heiß und kalt – sie freute sich und konnte zugleich weinen als sie erkannte WER dort war. Es war Jonas…. !

Ihr bester Freund den sie vor einigen Monaten das letzte Mal gesehen hatte. Sie hatte es immer gewusst…! Er war nicht einfach so fortgegangen – er war nicht vor irgendeiner Verantwortung davongelaufen! Sein Fernbleiben hatte einen Grund!.... einen grausamen Grund…. Dies was offensichtlich.

Jonas – er konnte sich an nichts erinnern. Nicht an seinen Namen – an Alessandras Namen – an seine Familie – seinen Beruf… an nichts! Und er war so… hilflos. Er saß dort, auf dem Sessel und stopfte die Brotscheiben regelrecht in sich hinein. Sein Gesicht war ganz aufgequollen, sein Fuß hing schief… er war übersäht von blauen Flecken, von Schnitten – von Wunden. Ein grausamer Anblick… und doch – sein bloßer Anblick ließ auch viele Gefühle der Freude aufkeimen. Hatte Glaron ihre Gebete also erhört! Er hatte auf Jonas aufgepasst – so gut es eben ging!

Ernestine half Jonas auf ihren Hengst und führte ihn in das Hauptquatier der Garde. Und am jenem Moment…. Wo sie Jonas im Lazarett auf dem Bette liegen sah, quollen die Gefühle der Sorge und Ungewissheit auf.
Natürlich schrieb sie sogleich Alessandra einen Brief!... Denn Jonas ist doch ihr Verlobter…. Oder war? Diese ganze Tatsache – die ganze Geschichte fühlte sich ekelerregend an. Ernestine stand irgendwie schon immer zwischen den beiden! Immer wenn Alessandra und Jonas sich stritten fühlte Ernestine sich wie zwischen den Stühlen und versuchte sich mit aller Kraft herauszuhalten – denn die Gefühle zu Alessandra und Jonas waren gleich! Es waren beide ihre besten Freunde! Und Ernestine hoffte inständig, dass Alessandra dies verstand – dass Alessandra verstand, warum Ernestine sich nun so um Jonas kümmerte. Denn genau das würde Tine auch für Alessandra tun – wäre sie in Jonas’ Situation…. Doch verstand Alessandra scheinbar nicht – und auch Faran verstand es nicht.
Wieso pflegt sie einen Mann, der ihrer besten Freundin so weh getan hatte?! … Jonas ist nun mal nicht „ein Mann“. Er ist Ernestine’s bester Freund gewesen – und Ernestine wird ihm weiterhin eine Freundin sein – wenn er das möchte. Gleichzeitig ist aber auch Alessandra Ernestine’s beste Freundin und es tat ihr so weh… wie Alessandra Kartenhaus zusammenbrach. Sie hatte Jonas so geliebt, sie hatte so gelitten, dass Jonas sie alleine ließ… so viel geweint. Sie hatte nun, nach einigen Monaten wieder einen Mann, den sie aufrichtig liebte. Gut – Ernestine kannte diesen Mann noch nicht…. Aber die Tatsache, dass er für die Kirche Glaron arbeitete, machte ihn sympathisch….
Umso schlimmer muss es für Alessandra sein, dass Jonas nun wieder da war. Zumal er sich nicht einmal an Alessandra erinnerte.

Seufzend legte Ernestine sich ihr Kissen auf das Gesicht und brummte unwohl.
Sie war fest entschlossen, Jonas zur Seite zu stehen – denn das würde er auch für sie tun. Und sie betete zu Glaron… das Alessandra dies nicht als „Verrat“ oder derlei ansah… denn das wäre unrecht.
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Geändert von Ernestine Remlim (27.06.2011 um 12:12 Uhr).
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Alt 15.08.2011, 08:50
#33
Ernestine Remlim
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(Im Jahr 1306, 20 Jahre alt)

Der Sommer war im Fluge vergangen. Den Herbst hatte Ernestine kaum mitbekommen. Je älter man wurde, umso schneller schien die Zeit zu vergehen. Aber so schnell…?

Ernestine saß in ihrer Uniform auf einer Bank, die in der goldenen Ente stand. Eine Taverne, die scheinbar über Jahre hinweg nicht mehr genutzt wurde. Zumindest die vier Jahre nicht, die Ernestine nun in diesem Land lebte. Der Oberst von Britain hatte diese Taverne verpachtet und schien es nun aufzugeben. Zumindest gab er den Befehl heraus, dass man sich darum kümmern solle, die Möbel loszuwerden und das man das Haus verkaufen solle….

Kurz hoben sich Ernestines Mundwinkel und sie sah sich im Schenkraum um. Überall lag Staub. Die Spinnenweben waren ebenfalls mit Staub behangen und wehten leise und leicht ihren Wellentanz.

Natürlich war es eine spontane Idee gewesen – und natürlich war es nicht bedacht oder besprochen worden. Doch hatte Ernestine sofort verlauten lassen, dass sie Interesse an diesem Haus habe. Sie solle alles mit dem Baumeister absprechen, hatte der Oberst abgewunken.

„Nun gut, wertes Haus… wollen wir uns anfreunden, hm?“ murmelte Ernestine in den Raum hinein, erhob sich und stemmte die Hände an ihre Hüfte. Ihr Blick wanderte abermals durch den verdreckten Raum und sie freute sich geradezu auf die Arbeit, die dieses Haus ihr machen wird – bis es endlich wohnlich sein würde.

Ungewollt wanderten ihre Gedanken nach Minoc. Dort, wo ihr Haus stand, wo ihre Möbel ihren Dienst taten und wo einige Menschen lebten, die sie wirklich mochte. Zu aller Erst natürlich Alessandra. Zwar lebte sie nun auch in Minoc, aber Ernestine hatte nicht unbedingt das Gefühl, dass sie ihre Freundin nun öfter sah…

Amalia – sie lebte nun im Heilerhaus, dass sie eröffnet hatte. Und immer wieder schwoll Ernestines Brust vor Stolz, wenn sie Amalia dort sah. Sie wirkte unheimlich gefasst, unheimlich souverän, stolz, gefasst, wissend und … wunderschön. Zwar war Ernestine die Jüngere der beiden Kusinen, doch fühlte sie sich so verantwortlich wie eine große Schwester. Vielleicht, weil Ernestine selbst einige Zeit länger in dieser „wirklichen Welt“ lebte, als Amalia. Amalia war gut zwei Jahre später aus diesem goldenen Käfig geflohen, in welchem die beiden Mädchen aufwuchsen. Und Ernestine wusste, dass es Amalia schwerer fällt, als ihr selbst. Auch – wenn Jene es natürlich nie zugeben würde.

Faran lebte ebenfalls in Minoc – in seinem Haus, an dem Ernestine immer etwas auszusetzen hatte. Es war fast schon ein belustigendes Spiel zwischen den beiden geworden. Immer wieder präsentierte Faran Ernestine die Neuerungen im Haus, die es angeblich „wohnlichter“ machten und immer wieder benickte Ernestine diese Neuerung kritisch… und merkte an, was man noch verbessern könnte. Und beim nächsten Treffen wurde eben jene Neuerung stolz von Faran präsentiert.

Leise brummend schloss Ernestine ihre braungrünen Augen und versuchte, das leichte Drücken im Bauch fortzuatmen. Die letzten Monate waren nicht sehr einfach gewesen. Jonas war nicht er selbst – ganz und gar nicht. Er hatte keinerlei Erinnerung zurück gewonnen und war, der seelischen Heilung wegen, in einem Kloster untergebracht. Rinel berührte immer, wenn er in Ernestines Nähe war ihr Herz – doch war er viel zu oft eben nicht da – und ihr Herz fror. Faran erwärmte ihre Zeit mit seiner unbedachten Art hier und dort – und dafür war Ernestine sehr dankbar. Alessandra schien sich immer mehr zurückzuziehen. Vielleicht hatte sie die Sache mit Jonas doch zu sehr verletzt… Und auch sie selbst hatte viel Zeit allein verbracht. Hatte gar eine längere Reise unternommen, um – allein zu sein.

Doch war sie nun wieder hier – sie war gar beim Dienst gewesen… nach so langer Zeit und hatte sich wohl gefühlt. Hauptmann Salen hatte sie kennen gelernt. Ein blonder, scheinbar lebenslustiger Mann. Sie hatte einen „Zwergen“ kennen gelernt – wobei sie sich unbedingt abgewöhnen musste das Wort „Zwerg“ zu nutzen… selbst in Gedanken. Diese Begegnung war angenehm. Fremdartig aber angenehm. Er wirkte weitaus offener als etwa die Elfen. Bei den Elfen wusste man nie, woran man war und hatte stets das Gefühl, etwas Falsches zu sagen. Dies war bei diesem kleinen Mann nicht der Fall. Er wirkte ehrlich, direkt… gut, etwas plump!... Aber damit konnte Ernestine mittlerweile umgehen.

Nun würde sie sich wohl bald wieder in der Hauptstadt nieder lassen – der nächste Schritt sollte gegangen werden!... Man würde sehen, wohin Glarons Weisung sie noch führen würde…
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