Terra Mystica
Spendenbarometer
Terra Mystica | Foren

Zurück   Terra Mystica | Foren > Rollenspiel > Chroniken

Antwort
 
Themen-Optionen
Alt 28.12.2010, 09:52
Ehrliches Tagwerk - oder - Kleine Brote Backen
#1
Neroel Faeum
Reisender
 
Registriert seit: 11 Nov 2010
Beiträge: 34
Neroel konnte es nicht fassen, als er endlich den Schlüssel zu seinem eigenen kleinen Reich in den Fingern hielt. Er hätte das nie für möglich gehalten, dass er innerhalb von nur einem halben Jahr das ganze Gold zusammen bekommen würde, um sich eine eigene Backstube zu kaufen.
Aber hinterher stellte sich heraus, dass der Katastrophe doch ein Glücksfall war. Und schmunzelnd dachte er zurück an den Tag, als er unsanft in Britain ankam.


Er erinnerte sich daran, wie ihm die Knochen weh taten, nachdem der erste Maat ihn von Bord des Schiffes geworfen hatte. Die ganze Überfahrt wurde er mehr störend als alles andere behandelt. Und dass bei der Riesen Menge Gold, die diese Seeräuber von ihm, nein, das heißt, seinem Vater, verlangt hatten.
Die Isabella sollte ihn eigentlich von Harbots nach Armes bringen. Aber als sie drei Tage auf See waren, änderte der Kapitän den Kurs. Gegenüber Neroel begründete er dies mit Der Wind steht ungünstig.
Neroel machte sich da noch keine Gedanken, er hatte ja von der Seefahrt keine Ahnung. Aber als er am morgen des fünften Tages merkte, dass sie immer noch in die selbe Richtung segelten, stellte er den Kapitän zur Rede.
Etwas, dass er im nach hinein bereute. Kaum hatte er das getan, wurde er auch schon vor die Wahl gestellt. Schwimmen oder den Mund halten und unter Deck verschwinden. Die Entscheidung viel ihm verständlicher Weise nicht schwer.
Ab und an durfte er noch zum Luft schnappen an Deck, jedoch wurden seine Rationen von Tag zu Tag karger. In den letzten drei Tagen, bevor sie ihr Ziel, dass er damals ja noch nicht kannte, erreichten, gab es nur noch schales Wasser und hartes Brot. Und für einen Bäcker war ein hartes Brot schon schlimm genug. Aber dieses schmeckte wie...
Bei diesem Gedanken schüttelte es Neroel. Kurz betrachtete er noch einmal den Kupferschlüssel, ehe er ihn ins Schloss steckte und die Tür zu seiner Backstube und, was für ihn eigentlich viel wichtiger war, zu seinem neuen Heim, öffnete.
Dann kam die Stadt endlich in Sicht. Es dämmerte bereits und Neroel war gerade wieder einmal kurz an Deck, als der Ausguck im Krähennest den für ihn noch mehr ersehnten Ruf Land in Sicht! erschallen lies.
Etwa drei oder vier Stunden später machten sie im Hafen fest. Mittlerweile war es bereits Stock Finster. Der Hafen war nur spärlich beleuchtet und für Neroel machte er nicht gerade einen einladenden Eindruck.
Er war schon auf dem Weg zurück unter Deck mit der Hoffnung, noch bis zum Morgen an Bord bleiben zu können. Doch kaum auf der Hälfte des Weges kam ihm schon der Maat entgegen, einen Matrosen im Schlepptau und dieser mit seinen paar Habseligkeiten in einem Seemannssack.
Noch bevor Neroel den Mund aufmachen konnte wurde er vom Maat gepackt und zurück Richtung Reling bugsiert. Neroel sah die Öffnung, in die gerade die Laufplanke gelegt wurde. Mit einem Ruck stolperte er die Laufplanke hinab und landete Krachend mit dem Gesicht voran auf der hölzernen Mole.
Lachend warf der Matrose den Sack hinter ihm her. Knapp neben ihm schlug er auf und rollte einige Schritt weiter. Mit den Worten Willkommen in Britain! verabschiedete sich der Maat und verschwand hinter der Reling.
Vor Schmerzen stöhnend rappelte sich Neroel auf. So hatte er sich eine Reise nicht vorgestellt. Man hatte ihm gesagt, eine Schiffsreise sei angenehmer als über Land. Gut, er kannte noch keine Reise über Land, aber wenn die Schiffsreise angenehmer sein sollte, dann wollte er sich keine Landreise ausmalen.
Mit seinem Sack unter dem linken Arm geklemmt machte er sich auf dem schnellsten Weg hinaus aus dem Hafen. Er ging nur auf dem Weg, der seiner Meinung nach am besten Ausgeleuchtet war. Er wollte nun nicht auch noch in die Finger von Straßenräubern geraten.
Vier Straßen weiter den Berg hinauf, hinein in die Stadt traf er einen gerüsteten Mann. Hierbei musste es sich um einen von der Stadtwache handeln. Und mit denen war in seiner Heimat nicht gut Kirschen essen. Also schlug Neroel einen großen Bogen um diese Person.
Drinnen stehend in seinem kahlen, neuen Zuhause überkam ihm erneut ein Schmunzeln. Seine Angst vor der Garde war Naive. Nicht jeder nutze seine Stellung so schamlos aus wie die Stadtwache von Harbot. Er fand die Gardisten sogar richtig nett. Und jetzt würde er sogar die Garde mit frischem Brot versorgen.
Leicht mit dem Kopf schüttelnd schaute er von einer kahlen Wand zur nächsten.
Ja, die Gardisten waren nett. Auch wenn er meist nur junge Frauen kennen gelernt hatte. Frau Remlim, Rodin, Armanth. Das waren einige der ersten, mit denen er zu tun hatte.
Und auch Gardist Fabior kannte er. Ach ja, und der Leutnant. Ein Mann, der einem Respekt einflößte. Aber dazu waren die Gardisten wohl da. Kurz lehnte er sich an die nun geschlossene Tür und überlegte.
Im Großen und Ganzen hatte er fast nur junge Frauen kennen gelernt. Die Männer, mit denen er bisher zu tun hatte, konnte er an einer, vielleicht auch zwei Händen abzählen. Wieder musste er schmunzeln, vor allem über sein verhalten Frauen gegenüber.

Kaum dass er mit Frauen zu tun hatte, schaltete sich sein Kopf ab. Er bekam kaum noch einen Satz heraus, meist nicht einmal mehr ein ganzes Wort. Er wurde hoch rot und schaute meist verlegen weg. Aber was sollte er auch dagegen tun. Seine Mutter hatte ihn zu gut behütet. Und die einzige Frau, mit der er zu tun hatte, war seine Schwester. Na ja, wenn man sie mit fünfzehn schon Frau nennen darf.
Seufzend schloss er die Augen. Seine Familie. Er vermisste sie, war er doch das erste mal weg von zu Hause. Und dann hatte er über zwei Monde vergessen, ihnen eine Botschaft zukommen zu lassen. Sie waren sich in Angst vor Sorge um ihn und mahlten sich das Schlimmste aus, warum sie keine Botschaft von ihm bekamen wie versprochen.
Langsam rutschte er zu Boden und setzte sich an der Tür auf den Boden. Vielleicht hätte er doch schnellst möglich zurück fahren sollen. Aber dann wäre er niemals Meister geworden, wenn er nicht die drei Jahre in einer anderen Stadt als Bäcker gearbeitet hätte.
Wieder seufzend vergrub er die Augen in den Händen. Es war schon gut so, wie es nun war redete er sich ein. Immerhin konnte er hier den Gesetzen nach auch eine Backstube führen, wenn er kein Meister war. Und dass war Ansporn genug für ihn, hart zu Arbeiten. Auch wenn er deswegen in den letzten Tagen öfters beim Abendessen im Tala eingeschlafen war und dann von ein paar seiner Bekannten geweckt
wurde.
Wieder glitt seine Gedanken an seine Bekannten ab. An Jonas Turan, ein junger Mann wie er, der erst vor einigen Tagen hier ankam und sich der Garde verschreiben wollte. Oder der junge Magier Arunalo. Ihm fehlte es etwas an Manieren, aber auch dass konnte man lernen.
Er dachte an Adyanne und Herrn Beckler, wo er seine Rohwaren her bekam. An Herrn Dogrem, den Schwager des Grafen, seine Schwester, die er beim hiesigen Markt kennen gelernt hatte. An Herrn Nerad, ohne sein Angebot wäre er nie darauf gekommen, hier in Cove eine Backstube zu eröffnen.
An die Gardisten Remlim, Rodin, Armanth, Fabior und Kantala, welche zum Teil doch sehr gute Bekannte geworden waren. An Frau Lovonya, die in der Krähe bediente.
Und an Livora Rigory, die Totengräberin. Er wusste nicht, warum ihn diese Frau so faszinierte. Aber er ertappte sich öfters beim Backen dabei, wie er an sie Dachte. Auch, wenn sie einen eigenartigen Humor hat und auf dem Friedhof wohnt, findet er, dass sie doch eine aufrechte und ehrliche Person war. Und unter dem harten Kern, dessen Anschein sie nach Außen wahrte, war bestimmt auch nur eine Frau, die sich nach jemandem sehnt, der die Frau in ihr sah und nicht die Totengräberin.
Schmunzelnd stand Neroel wieder auf und schritt durch sein neues Heim. Es fehlte zwar noch alles, was er brauchte, aber er kannte ja die Leute, bei denen er alles bekommen würde. Aber das Schmunzeln blieb dieses Mal. Er dachte immer noch an Livora.
Wie töricht er Anfangs war, vor ihr Angst zu haben. Gut, ihre Erscheinung ist auch etwas beängstigend. Ihre sehr hellen, vielleicht schon weißen Haare machen sie durch ihr schmales Gesicht doch etwas beängstigend wirkend. Er schätzte sie allerdings nur gering älter ein wie er selbst war.
Aber was ihn wohl am Anfang am meisten einschüchterte, waren ihre grauen Augen, die ihr etwas gespenstisches Verliehen. Mit ihrem Blick konnte sie einen durchbohren und fesseln zugleich. Und wenn er an ihren ersten Besuch bei ihr zurück dachte, im Dunkeln auf dem Friedhof. Jetzt kicherte er darüber.
Sie zeigte ihm Anfangs, dass es hier nicht anders war als in einem Garten oder im Wald. In den Bäumen saßen ein paar Vögel die des Nachts jagten und riefen über den dunklen Garten des Namenlosen hinweg.
Vielleicht waren dort auch noch ein paar Hasen und andere Geschöpfe unterwegs, aber er bemerkte keine. Sie führte ihn herum und zeigte ihm, dass hier des Nachts keine Untoten aus ihren Gräbern stiegen.
Später unterhielten sie sich noch ein bisschen in ihrem kleinen Häuschen direkt neben dem Leichenhaus. Ihm war wohl immer noch anzusehen, dass er sich unwohl fühlte und so erzählte sie ihm einige Schauermärchen über untote Haustiere, die draußen herumlaufen könnte und er acht geben sollte.
So verängstigt schlich er alleine über den Friedhof zurück um ihr seinen Mut zu beweisen. Hinter sich hörte er dann Schritte und ein Rascheln. Noch mehr verängstigt stolperte er dann rückwärts und viel auf seinen Hosenboden.
Lachend kam Livora hinter einem Busch hervor und schallte ihn, sich nicht von seinen Ängsten im Kopf leiten zu lassen. Sonst würden sich nur Trugbilder vor seinen Augen abzeichnen. Etwas beschämt schlich er von dannen. Aber die Lektion hatte er gelernt.
Als er den Raum einmal durchschritten hatte blieb er vor der Tür stehen. Ja, er wusste, dass er sich auf seinen nächsten Besuch freuen würde. Und diesmal würde er auch den versprochenen Kuchen mitbringen.
Neroel Faeum ist offline  
Mit Zitat antworten
Alt 16.02.2011, 16:36
#2
Neroel Faeum
Reisender
 
Registriert seit: 11 Nov 2010
Beiträge: 34
Neroel saß still am Tisch seines Wohnbereiches hinter der Bäckerei. Vor ihm, ein leeres Blatt. Was er damit machen wollte? Es füllen. Aber die Worte kamen einfach nicht aus ihm heraus.
An seinen Beinen merkte er, wie Mele, seine kleine Katze, sich daran rieb. Mele war so in etwa das erste, was hier einzog. Nicht, weil er unbedingt Tierlieb war, aber in eine Bäckerei gehörte eine Katze, um die Mäuse und Ratten zu jagen. Aber dafür war Mele noch viel zu klein. Jedoch würde bestimmt so schnell noch keine Maus kommen, also hatte sie noch Zeit.
Wieder viel sein Blick auf das Pergament vor sich. Das einzige, was ganz oben stand, war Lieber Vater, Liebe Mutter, Liebe Yas. Mehr hatte er in eine halben Stunde nicht zustande gebracht.
Mit einem tiefen Stöhnen wendete er sich von diesem Blatt, dem Blatt der Verhängnis, wie er es selber nannte, ab. Er suchte in seinem kleinen Raum nach etwas, um sich von diesem Gegenstand ablenken zu lassen. Aber hier war noch nicht viel. So sah er zu Mele, die mittlerweile auf einen der anderen Stühle gesprungen war und es sich dort bequem machte. Sie würde er jetzt auch nicht mehr stören wollen, denn junge Katzen brauchen ihren Schlaf. Nun, ältere auch.
Wieder viel sein Blick auf die leere Seite vor sich. Seufzend nahm er seine Feder, tauchte sie in die Tinte und hielt knapp über den Pergament an. Sollte er wirklich?
Aber es war Zeit, dass er wieder einen Brief nach Hause schickte. Den letzten hatte er vor gut einem halben Jahr geschrieben. Damals sprach er noch von Unglück, einer Katastrophe, dass er das Beste aus der Situation machen würde, eine Stelle bei der alten Lakeisha antreten und dort seine drei Jahre in einem fremden Reich ableisten. Und nun?
Hier standen die Dinge anders wie in seiner Heimat. Hier gab es keine alles dominierende Gilde, die jeden Schröpfte und solch komische Erlasse gab, dass nur, wer drei Jahre in einem anderen Reich sein Handwerk ausgeübt hatte, ein Meister werden dürfe und ein eigenes Geschäft haben.
Hier hatte er jetzt schon, mit noch nicht einmal einundzwanzig Jahre seine eigene Backstube. Sein eigenes kleines Reich. Und noch dazu der einzige, der hier im Herzogtum backte, als wäre Tunkali persönlich hinter ihm her.
Und natürlich gab es dort noch eine weitere Seite. Maya. Sie war der eigentliche Grund für seine Entscheidung. Aber diese musste er nun zu Papier bringen und seinem Vater zusenden.
Seine Gesichtszüge nahmen einen gequälten Ausdruck an, als er wieder auf das Blatt sah. Die Tinte an der Federspitze war mittlerweile trocken und er wischte sie an einem Tuch ab. Wieder tauchte er sie in das Tintenfass und setzt die Feder endlich an, um zu schreiben.

Lieber Vater, Liebe Mutter.
Liebe Yas.

Gleich zum Anfang; mir geht es gut. Ich hoffe, euch allen ebenso.
Ich habe die Stelle in der Backstube bei der alten Lakeisha bekommen und ihr tüchtig unter die Arme gegriffen. Das Geschäft lief sehr gut.
Ja, ihr habt richtig gelesen. Es lief. Ich unterstütze Lakeisha immer noch, wenn sie meine Hilfe braucht, doch habe ich mir durch meinen Lohn meine eigene Backstube in einer kleinen Stadt Namens Cove gebaut.
Auch hier hört ihr richtig. Im Herzogtum Britannia gibt es keine Gilden, die nur den ihren in die Taschen scheffeln und das meiste sich selbst. Hier gibt es auch keine korupte Garde, die jeden drangsaliert und nur für sich selbst da ist. Hier zu leben ist ein einziger Glücksfall.

Da ich eben von Glücksfall spach, so gibt es noch einen. Maya. Sie trat in mein Leben und ich danke Glaron dafür, dass es so kam.
Sie ist eine wundervolle Frau, gescheit, freundlich und sieht gut aus. Maya war die erste Frau, die in mein Leben trat und so Glaron will, wird sie auch die letzte sein, abgesehen von Töchtern, die sie mir vielleicht schenkt.
Ja, ich habe vor, sie zur Frau zu nehmen. Und, wie ihr schon aus all den Zeilen entnehmen konntet, gedenke ich nicht, nach Ablauf der drei Jahre zurück zu kommen, um Vaters Bäckerei zu übernehmen.
Es tut mir leid, aber das Schicksal und Glarons Willen haben etwas anderes für mich vorgesehen. Bitte seid nicht all zu böse auf mich. Ich tue es nicht, weil ich euch schaden mag. Ich habe mich aus freien Stücken dazu entschlossen.

Bitte sagt Yas wenigstens, dass es mir gut geht, da ich davon ausgehe, dass sie diesen Brief nie zu Gesicht bekommen wird.

Euer euch liebender Sohn
Neroel


Er falltete schnell den Brief zusammen, damit er nicht noch einmal diese Zeilen laß und es sich anders überlegte, ihn doch nicht abzuschicken.
Aber seine letzte Zeilen machte ihn nachdenklich. Ja, Yas würde diesen Brief nie zu Gesicht bekommen. Würde sie überhaupt erfahren, wie es ihm geht. Oder was er nun vor hatte.
Sicherlich würde Vater nun versuchen, sie mit einem der anderen Bäckerssöhne zu verheiraten, damit er jemanden hatte, der seine Bäckerei weiter führte. Bestimmt einen von den zweitgeborenen, wie den Sohn vom Bäcker Glosa oder Bäcker Trill. Wenn Vater wirklich Zerg Trill wählen würde, so war die Entscheidung von Yas klar; sie würde sich eher einen Strick nehmen als diesen Rüpel zu heiraten.
Er musste ihr auf jeden Fall einen Brief zukommen lassen. Aber wie? Wenn er ihn nach Hause schicken würde, so bekäme seine Mutter ihn in die Finger und den Weg bis zu Yas würde er nie schaffen. Nein, er musste einen anderen Weg finden.
Tilli. Ja, genau, Tilli. Ihre beste Freundin. Wenn er ihr den Brief schicken würde, so würde er auf jeden Fall zu Yas gelangen.
Tilli war eh eine Tratschbase. Und wenn sie ihr nicht den Brief geben würde, so würde sie ihr wenigstens den Inhalt erzählen. Wort für Wort.
Schnell kramte Neroel ein weiteres Stück Pergament hervor und setzte seine Feder an.

Liebe Estill,

bitte gib diesen Brief an Yasmeen weiter. Es ist wichtig, dass sie ihn erhält. Da ich weiß, dass du auch einen zweiten Brief lesen würdest, den ich hier bei legte, schreibe ich es gleich auf das erste Blatt.

Beste Grüße
Neroel

Liebe Yasmeen,

ich lasse dir über Tilli diesen Brief zukommen, da ich vermuten muss, dass Ma oder Pa einen Brief, der direkt zu uns nach Hause für dich kommt, abfangen würde.
Mir geht es soweit gut und ich hoffe, dir auch. Ebenso hoffe ich, Ma und Pa geht es noch gut, denn ich habe Ma und Pa gesagt, dass ich nicht zurück kommen werde. Wahrscheinlich hast du Pas geschrei schon vernommen, bevor du diese Zeilen erhälst. Nun weißt du auch den Grund dafür.
Ich habe hier, im Herzogtum Britannia schon meine eigene Backstube in einer kleinen Stadt Namens Cove. Denn hier gibt es keine Gilde mit abstrusen Gesetzen und keine Garde, die einen knechtet. Es ist einfach schön hier.
Auch habe ich eine Frau gefunden, Maya, die ich zu meiner Ehefrau machen werde. Sie ist der eigentliche Grund, warum ich nach Ablauf der drei Jahre nicht zurück kommen werde.

Eigentlich schreibe ich dir, damit du aufpasst. Pa wird vermutlich versuchen, dir einen Ehemann zu suchen. Und da du ein paar Wochen nach meinem Brief sechzehn wirst, somit volljährig, könnte es schneller geschenen, als dir lieb ist.
Wahrscheinlich wird er einen der zweitgeborenen Bäckerssöhne für dich aussuchen, damit er später Pas Bäckerei weiter führen kann. Zerg Trill und Ses Glosa fallen mir da sofort ein.
Lass es nicht zu bunt mit dir treiben, Pa kann dich zu nichts zwingen.

Ich denke an dich!

Dein dich liebender Bruder
Nereol


Nun war sein Herz leichter. Mehr konnte er von hier nicht tun. Yas war gewarnt, sein Vater kannte seine Entscheidung und er konnte erst einmal so weiter machen, wie bisher.
Und da sein Vater in seinem Alter bestimmt nicht mehr auf Reisen ging, musste er auch nicht mit mehr als einen Brief rechnen. Einem Brief, in dem er ihm alles mögliche an den Hals wünschen würde und ihm mit den Ausgeburten der Unterwelt drohte.
Aber das lies ihn im Moment kalt. Im hier und jetzt gab es nur ihn. Ihn und Maya. Mehr brauchte er im Moment auch nicht.
Neroel Faeum ist offline  
Mit Zitat antworten
Alt 04.03.2011, 14:23
#3
Neroel Faeum
Reisender
 
Registriert seit: 11 Nov 2010
Beiträge: 34
Eigentlich sollte Neroel ja froh und glücklich sein. Er hatte das Schreiben an seinen Vater schon vor 4 Monden abgeschickt. Er sollte es vor 3 Monden erhalten haben. Und bis jetzt kam noch keine Antwort und keine Häscher, die ihn nach Hause holen sollten.
Aber wie gesagt, eigentlich.
Aber er konnte es nicht. Kaum dass drei Monde nach seinem Schreiben vergangen waren, stand Yasmeen plötzlich vor ihm. Und, als könnte er Hellsehen, wollte ihr aller Vater sie mit Ses Glosa zusammen bringen.
Er hatte es mit einem plumpen Versuch probier, hat sie beide in ein Zimmer gesperrt und darauf gehofft, dass sie sich entweder mögen oder Ses über sie herfiele und sie schwanger würde.
Aber Yas wäre nicht sie, wenn sie da keinen Ausweg gewusst hätte. Sie hatte Ses ihren Nachttopf über den Kopf gehauen und aus ihren Bettlaken ein Seil geknüpft und war durch das Fenster entkommen.
Darüber konnte sich Neroel freuen. Yas hatte den Plan ihres Vaters gekonnt durchkreuzt. Aber nun war sie hier. Und Neroels Aufgabe war damit mehr als gewachsen. Jetzt würde er sich um zwei Frauen kümmern müssen. Aber, so Glaron will, wird alles gut gehen.

So Glaron will... wird alles gut gehen. Scheinbar wollte es Glaron nicht. Sonst hätte Neroel jetzt nicht so einen Kummer aus zu stehen.
Seit zwei Tagen verbrachte er den ganzen Tag im Britainer Heilerhaus. Morgens, so um die achte Morgenstunde öffnete Manuel dieses Haus für Besucher. Da wartete er schon fast eine Stunde vor der Tür.
Und abends, so gegen die sechste Abendstunde, war er der letzte, der ging. Naja, eher würde er höflich von Manuel raus geworfen. Aber gesehen hatte er Maya seit dem Tag nicht mehr, als er sie im Wald bewusstlos fand und dort hin, ins Heilerhaus, brachte.
Manuel meinte, sie brauche noch Ruhe. In ein paar Tagen würde er nichts mehr gegen einen kurzen Besuch einwänden. In ein paar Tagen... Das könnte lange Tage werden.
Da er eh keinen Gedanken ans Backen verschwenden konnte, hatte er kurzerhand die Backstube geschlossen. Bestimmt war es den Covanern schon aufgefallen, dass es nicht mehr nach frischen Brot roch, so wie die ganzen Tage zuvor. Aber er konnte nicht.
Statt dessen hatte er jeden Tag seine Strecken im Heilerhaus zurück gelegt. Die gesammte Zeit, die er dort verbringen konnte, hatte er nicht still sitzen können und war vor den Türen zu den Zimmern der Kranken auf und ab gelaufen. Wenn er dass noch ein paar Tage länger machen würde, wären seine Spuren bestimmt in den Dielenboden getreten.
Aber was sollte er auch sonst machen? Er kannte im Moment keinen anderen Gedanken mehr als Maya. Seine Maya. Und ihr ging es im Moment garnicht gut.
Einen Pfeil in der rechten Kniekehle, eine Rippe gebrochen. Das hatte Manuel ihm gesagt. Dass mit dem Pfeil wusste er ja, es war ja nicht zu übersehen. Steil ragte er aus dem Bein heraus.
Es war so ein schrecklicher Anblick, Maya so zu finden. Ausgestreckt lag sie auf dem Waldboden, gleich neben dem Weg zwischen den beiden Mondtoren. Sofort fiel er neben ihr auf die Knie und hatte versucht, ihr Bewusstsein zurück zu holen. Aber es gelang ihm nicht.
Und wenn er diese Frau noch einmal sehen sollte, dann wird er ihr schon die richtigen Worte sagen. Läuft an ihnen einfach vorbei, wo Neroel doch Maya in den Armen hielt. Sagte noch ein paar Grüße und verschwand Richtung Stadt. Selbst Neroels Worte, sie solle ihnen doch bitte helfen, gingen wohl ungehört vorbei oder sie wollte einfach nicht. Ihr war es egal. Aber er würde sie wieder erkennen. Und dann...
Brummelnd drehte er noch ein paar Runden im Heilerhaus. Bald war es wieder so weit, dass Manuel ihn vor die Tür setzte. Und dann?
Er würde wieder die ganze Nacht keine Ruhe finden. Wach im Bett liegend oder am Tisch sitzend würde er die Nacht verbringen. Und auch Mele konnte ihm keinen Trost spenden. Aber die kleine Katze spürte, dass es ihm nicht gut ging und weicht keine Sekunde von seiner Seite, so er zu Hause ist.
Zu Hause... es war so leer darin. Auch wenn Maya bisher nur einmal bei ihm geblieben war, war es doch anders, zu wissen, dass es ihr gut geht. Jetzt ist nichts mehr als eine große Leere darin. Und in ihm. Aber Manuel gab ihm jeden Tag einen Bericht über ihren Zustand. Und er meinte, sie würde sich erholen.
Nun schien es so weit zu sein. Manuel erhob sich von seinem Hocker und ging Richtung Tür. Neroel kannte dies ja schon und änderte seine Richtung und steuerte die Tür an. Er wusste, betteln brachte nichts. Manuel war da rigoros. Aber er hatte ja recht, er hatte noch mehr Patienten, die ebenfalls Ruhe brauchten.
Freundlich verabschiedete er sich von ihm und ging die Straßen durch das im abendlichen Dämmerlicht in große Schatten getauchte Britain gen Mondtor. Er wünschte sich nichts mehr, als dass sie bald wieder gesund sein würde. Und wenn sie auch nie wieder recht laufen konnte, es war ihm egal. Hauptsache, sie lebte.
Neroel Faeum ist offline  
Mit Zitat antworten
Antwort


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist dir erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist dir erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist dir erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist dir erlaubt, deine Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind aus.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 11:17 Uhr.