Ein weiterer Schrieb geht an Karolyn

[Rhodena Lafes]

Meine liebe Karo,

warum hast du nicht auf meinen Brief geantwortet? Ich vermisse dich und Yannick und frage mich, ob du verärgert bist... wo wir beide doch wieder unsere Freundschaft in den Griff bekommen wollten.
In den letzten Monaten war ich sehr alleine - nur Ian und Tharnir, unser kleiner Welpe, waren bei mir, wenn Colin gerade außer Haus war.
Somit hatte ich auch viel Zeit zum Nachdenken... beispielsweise über dich, über mich, über Ian, über meine berufliche Zukunft und über das Gut.
Ich vermisse meine Tiere und gestern ist es das erste Mal seit langer Zeit hochgekommen. Colin hat mich getröstet und ich habe es ihm angemerkt, dass es ihm auch zu schaffen macht.
Der Hof ist tot und ist alleine viel zu groß für mich. Ich leide, das sieht auch Colin. Ich werde bald losziehen und wieder ein paar Tiere zähmen - vielleicht ein Huhn, welches mich morgen aus dem Bett gackert... oder eine Kuh, die morgens für frische Milch sorgt.
Jedoch... wenn ich ehrlich bin, ist das, was mich am meisten stört, dass ich nicht mal eben zu dir rüber gehen kann und mit dir reden kann... wie früher. Ich würde Yannick so gerne sehen, aber immer wenn der Gedanke kommt dich zu besuchen, erinnere ich mich an das letzte Mal.
Es kommt mir so vor, als hätte der Hof dich entrissen - ein Ort, an den ich nicht hingehöre und auch nie vordringen kann.
Ich möchte weiterhin keine Tiere mehr verkaufen, aber ich habe auch schon wieder einen Plan für meine Zukunft: Ich werde Heilerin.
Zwar habe ich Tari schon ein paar Mal geschrieben, doch kam nie eine Antwort. Sie wird wohl zu beschäftigt sein...
Nun versucht Colin es bei ihr - zumal sie uns beide ja unter Libanu trauen soll. Sollte Colin erfolglos sein, bleibt mir noch eine Möglichkeit... ich werde auf das Festland gehen für einige Monate.
Erinnerst du dich noch an meine große Reise nach Gynnaram - die Stadt, wo ich einst den Stoff für dein Hochzeitskleid kaufte?
Damals erzählte mir Marianne von einem sehr erfolgreichen Heilerhaus, und dass ihre Nichte dort eine Ausbildung zur Heilerin folgen würde. Es hätte selbst in fernen Landen einen guten Ruf... und so möchte ich, falls Colin ebenso erfolglos bleibt wie ich, dorthin reisen. Maximal für fünf Monate, so habe ich mit Colin vereinbart, denn auch einen Vater schmerzt es, wenn er seine Frau und seinen Sohn fernab von jeglichem Schutz, den er ihnen bieten kann, weiß.

Soweit von mir und meinen Neuigkeiten. Doch was gibt es bei dir Neues?

Ich wünsche mir, dich bald wieder zu sehen...

In Liebe,

deine Dena

[Karolyn von Britain]

*Die Schrift von Karolyn ist hier und da ein wenig hell. So, als hätte sie die Feder mit nur sehr wenig Kraft über das Papier geführt*

Herzallerliebste Schwester, geliebte Dena,

ich schreibe dir, obwohl mir heute noch davon abgeraten wurde, da ich mich eigentlich erholen soll. Doch zieht es mich heute so sehr nach dir, dass mir immer wieder heiße Tränen in die Augen steigen, wenn ich an dein Gesicht und deinen Geruch… an deine Wärme und an deine Stimme denke.
Um dir die Angst zu nehmen: mir geht es gut. Ich bin schwach und stehe neben mir, aber körperlich ist mir nicht viel geschehen. Ich wurde überfallen – wieder einmal.
Ach meine Dena…. Wie oft muss mein Körper eigentlich noch solch Schändungen mitmachen? Erst der Überfall mit dem Bein, dann diese Dämonsbrut und nun das – abgesehen von den kleinen Überfällen, wo ich glimpflich davon kam?!
Ich mag nicht darüber nachdenken – denn sollte ich nun darüber nachdenken, vergeht mir die Lust am… Dasein.

Wie dem auch sei = ich danke dir für deinen Brief. Auch mein Herz sehnt sich nach Deinem. Aber das weißt du ja…. Denn wir sind doch seelenverwandt.
Ich vermisse dich und Ian unheimlich! Wir… wir vermissen Ian und dich unheimlich. Denn ich weiß, Yannick würde sich sehr über seine Mama 2 und seinen Bruder freuen!

Es beruhigt mein Herz, dass du zu deinen Wurzeln wiederfindest. Du _bist_ eine Frau, die Tiere _braucht_. Nicht, um sie gefangen zu halten und auch nicht, um sie zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen… Nein, sie geben dir Wärme, Liebe, Vertrauen – und genauso gibst du es ihnen! Es ist unfair, dass dir das verboten wurde… denn du tatest mit der Haltung kein Übel. Im Gegenteil… du hast den Tieren ein schönes Leben geschaffen… sie hatten eine Koppel, sie hatten ihre Familie, sie hatten stets frisches Futter und du hast bei ihnen täglich sauber gemach. Sie mussten sich nie über Feine Sorgen machen, denn wir haben ja aufgepasst! Es ging ihnen gut bei dir… bei uns. Und das, meine liebe Freundin, das solltest du dir wirklich nicht nehmen lassen.
Aber du lässt es dir nicht nehmen – und das freut mich wirklich sehr.

Tari… sie hat wohl sehr viel zu tun. Immerhin hat sie auch eine große Familie und benebei ist sie ja auch noch im Tempel aktiv, oder? Es ist eine sehr gute Idee von dir, wenn du dich weiterbilden möchtest. Doch Dena… so lange wirst du dann fort sein? Schon wieder füllen sich meine Augen mit Tränen und ich bin froh, dass mich keiner so sieht. Ich weine dir hinterher, obwohl du nicht einmal fort bist.
Du weißt es ja… Neran starb damals bei einer normalen Überfahrt…vielleicht hämmert mir mein Herz deshalb so stark gegen die Brust und mein Kopf schreit mich an, dass ich dich aufhalten muss.

Dena… wir haben uns auseinander gelebt. Das ist keine Neuigkeit- eher, eine traurige Tatsache. Und um das zu ändern, würde ich durch das Feuer gehen. Auch du würdest das tun… da bin ich mir ganz sicher. Um uns wieder anzunähern brauchen wir Zeit. Wir brauchen Zeit für uns allein. Und diese Zeit würde ich dir gern schenken, indem ich mit auf die Reise komme.

Nein, ich habe mit Bolwen noch nicht darüber gesprochen und nein, du kannst mich nicht davon abhalten. Und ja, es würde uns beiden die Möglichkeit geben für Monate nur… „wie beide“ zu sein. Nur Dena und Karo… und Ian und Yannick. Wir vier – die in dieser Zeit hoffentlich zu einer echten Familie zusammenwachsen.
Ich würde gern über diese Reise mit dir sprechen. Denn wenn es so ist, wie du es beschreibst, würde ich mich dort auch gern behandeln lassen. Vielleicht finden sie ja eine Lösung für mein Bein? Oder haben eine neue Methode Narben verschwinden zu lassen? Selbst wenn nicht – die Zeit mit dir zusammen – das ist mein Hauptgrund, warum ich gern mitkommen mag.

Mein Schatz – bitte komm mich doch ganz bald besuchen! Ich… um ehrlich zu sein: ich traue mich momentan nicht hinaus und ich fühle mich auch nicht wirklich in der Lage. Bringe doch bitte deinen Schatz Ian mit… dann kann er und Yannick gemeinsam spielen während wir beratschlagen.


In ewiger Verbundenheit

Karo