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Alt 01.04.2002, 13:03
Morrogs Reise
#1
Seylarana Ryell
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Weite wiesen erstreckten sich soweit das auge reichte. Freies wildes land, von menschen unberührt. Kein baum und kein strauch unterbrach das bild der scheinbar unendlichen weite der steppe. Der wind bewegte das gras in silbern schimmernden wellen und er fuhr auch in eine feine, schwarze mähne, die auf einem kräftigen, schwarzen nacken wuchs. Ein großer schwarzer hengst stand auf einem hügel und überblickte die landschaft. Einzig ein zaumzeug zeugte davon, dass er einem reiter gedient haben musste. Morrog schüttelte seinen wohlgeformten kopf, dass seine schwarze mähne nur so flog. Seine nüstern blähten sich aufmerksam witternd. Mit einem leisen wiehern warf er den kopf zurück und stieg leicht auf die hinterbeine, ging ein paar schritte rückwärts, nur um seinen schwarzen, glänzenden leib erneut heftig zu schütteln, als seine hufe wieder den boden berührten. Seine gewaltigen muskeln bebten, seine flanken zitterten. Er senkte seinen kopf und blickte hinter sich. In der ferne konnte man eine finstere burg erkennen, dort war der platz, an dem er seine freundin seylarana verlassen hatte. Der schwarze hengst hob ruckartig den kopf, schnaubte und tänzelte stampfend ein paar schitte zur seite. Unwillig schüttelte er kopf und hals. Er war zu tiefst beleidigt worden und das verzieh er nicht so schnell. Seine reiterin, seine freundin und der einzige mensch, von dem er sich berühren ließ, hatte sich von einem krieger zu fuß aus dem sattel schlagen lassen. Morrog stieß ein dunkles fast grollendes wiehern aus und schlug mit dem schweif. Sollte sie doch sehen, wie sie ohne ihn zurecht kam, er hatte keine lust mehr, sie zu verteidigen wenn sie sich aus dem sattel plumpsen ließ und der gegner auf sie einschlug. Sie sollte erst mal wieder zu ihrer alten form zurückfinden, vielleicht würde er dann wieder zu ihr zurückkommen. Er nickte fast bekräftigend mit dem kopf und trabte dann den hügel hinunter. Er wusste nichts von himmelsrichtungen, er wusste nur, dass er dort hin zurückkehren würde, wo er geboren worden war. Er stieß ein lautes, tiefes wiehern aus und fiel in einen geschmeidigen, gestrecketen galopp; fort und zurück in seine heimat.
 
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Alt 01.04.2002, 13:18
#2
Shâgur
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kreischend verließ der Pfeil die Sehne des Bogens, suchte sich seinen Weg und schlug in der Rüstung des Kriegers ein. Die Rüstung stellte kein Hindernis dar und so durchschlug der Pfeil sie und der Krieger sank tödlich getroffen zu bogen noch bevor die Spitze des Pfeiles am Rücken wieder austrat.


Der junge Lairfey der den Pfeil abgefeuert hatte hatte schon wieder einen neuen aufgelegt und zielte mit Bedacht und Sorgfalt und auch der nächste Pfeil verließ singend die Sehne und traf sein Ziel exakt. Doch in dem Moment da der Pfeil die Knochenmaske durchschlug wurde Shâgur bewusst: da liegt, Seylarana, aber Morrog steht nicht über ihr wie noch vor einem Moment.... Erschrocken sah sich der junge Lairfey um wo das Pferd nun war, riss sein Wüstenpferd herum und blickte in alle Richtungen. Da, weit entfernt auf einem Hügel entdeckte er ihn. Seine scharfen Augen verrieten dem Lairfey dass das Pferd zurückblickte, es nickte leicht. Offenbar hatte es den Entschluss gefasst in seine Heimat zurückzukehren. Sein Blick schweifte wieder zu Seylarana, die noch immer bewusstlos am Boden lag, dann wieder zu Morrog der aber bereits davontrabte. Der nächste Pfeil löste sich von der Sehne schlug in der Kehle des Kriegers ein, doch dann.... ein stechender Schmerz im Nacken, das Pferd bäumte sich auf und stob hinter Morrog drein, es jagte ihm nach. Der Krieger stand über Shâgur, hob seinen Streitkolben und lies ihn erneut über den Nacken des Lairfeys jagen, der kauernd auf dem Boden lag.... dann wurde alles dunkel um Shâgur
 
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Alt 03.04.2002, 14:20
#3
Shâgur
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Die Sonnenstrahlen fielen golden durch die Blätter der Bäume, ein leichter Wind bewegte das Gras. Ein großer Yewbaum stand in der Mitte der Lichtung. Groß und wunderschön, majestätisch stand er da. In der Krone des Baumes saß ein junger Lairfey. Er ließ ein Bein hinabbaumeln das andere hatte er an sich gezogen. Angelehnt an den starken Stamm ließ er seine Blicke nicht umherwandern wie sonst, sondern starrte ins Leere. Er dachte angestrengt nach. Morrog, ein für Shâgur unglaubliches Pferd, es war davongelaufen. Shâgur bewunderte dieses Pferd nicht nur aufgrund seiner Schönheit, sondern auch aufgrund seines Mutes. Er hatte dieses Pferd nicht nur einmal kräftig nach einem Krieger austreten sehen, weil dieser Krieger der Reiterin Morrogs, Seylarana Ryell etwas anhaben wollte. Nicht nur einmal hatte er gesehen wie sich das Pferd einfach so vor Seylarana stellte um sie zu schützen weil sie gerade um Heilung durch die Götter bat und daher nicht so sehr auf das Kampfgeschehen achten konnte.......

Shâgur verstand nicht so recht was in diesem Kampf anders war.... Sey war von einem Krieger aus dem Sattel geschlagen worden und war bewusstlos. Auch zu diesem Zeitpunkt stellte sich Morrog über sie um sie zu schützen. Morrog hatte Shâgur angesehen und bat ihn um Hilfe für seine Reiterin; Shâgur schütze sowohl Seylarana als auch Morrog sogut es ging, indem er die anrückenden Krieger mit einem Pfeilhagel eindeckte. Shâgur schoss so schnell er nur konnte, denn er zählte sowohl Seylarana als auch Morrog zu seinen ama, zu seinen Freunden. Die Pfeile flogen kreischend und präzise, doch aufeinmal war Morrog weg gewesen......

Als Shâgur wieder erwachte standen zwei Krieger in seiner Nähe, sie schienen sich zu streiten wer denn nun den Bogen des Lairfey erhalten würde. Diesen Streit nutzte Shâgur um zu fliehen. Er rannte so schnell er konnte in den Wald, außer Sichtweite der Krieger. Schnell fand er auch Seylarana, welche den selben Weg gewählt hatte, sie wusste sie konnte dem bewusstlosen Lairfey nicht helfen ohne selbst zu sterben, so nutzte sie die Zeit um sich selbst zu heilen und die Krieger gut zu beobachten um im rechten Moment, wenn sie ihren Streit nun beilegen würden einzuschreiten und sie von dem bewusstlosen Lairfey abzulenken.
So war der Hergang, aber warum Morrog sich entschlossen hatte genau zu diesem Zeitpunkt in seine Heimat aufzubrechen, das war Shâgur nicht klar. Er dachte nach und versuchte den Grund herauszufinden, doch war es ihm nicht möglich eine Erklärung zu finden...

Die Hand berührte seinen Nacken, den dort liegenden Verband, welcher eine Mixtur aus Heilwurzeln auf die zeitweise noch blutende Wunde presste. Die Wunde würde gut verheilen, aber nicht die Wunde im Geiste.... Die Wunde einen ama verloren zu haben, Morrog.....

Doch Shâgur wusste, Morrog würde wiederkommen.... Nur wann? Half es wenn Shâgur sich auf die Suche nach Morrog machte? Der junge Lairfey verwarf den Gedanken wieder, er wusste ja nichtmal wo er suchen sollte.....

So hieß es abwarten wann Morrog es für richtig erachtete zurückzukehren.........

Shâgur sprang vom Baum, noch im Flug hatte er den starken Bogen aus dem Köcher gezogen und beim Aufsetzen auf dem Boden war er dann auch schon gespannt..... Flink rannte er über die Lichtung in den Wald und seine Konturen verwischten sich... Ein zufällig anwesender Beobachter hätte ihn auf der Lichtung noch entdecken können, aber im Wald entdeckt man keinen Lairfey außer dieser will es so oder man gehört selbst den Lairfey an beziehungsweise wurde von diesen unterrichtet.
 
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Alt 11.04.2002, 12:43
#4
Seylarana Ryell
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Das Meer rauschte. Die Wellen rollten langsam murmelnd an den Strand. Der Strand lag flach und weit ausgedehnt da. Feiner Sand, der sich ein Stück weiter in Dünen auftürmte, auf denen vereinzelt Strandhafer wuchs. Ein paar hohe Kalksteinfelswände rahmten die kleine Bucht ein und leuchteten im Widerschein der Sonne leicht golden. Keine Wolke zeigte sich am azurblauen Sommerhimmel.
Immer wieder schwappte das Meerwasser über seine breite Stirn, spülte ihm die dichte, schwarze Mähne in die Augen. Doch Morrog schwamm tapfer weiter. Unermüdlich traten seine Hufe wie im Trab das Wasser und trieben ihn stetig seinem Ziel entgegen. Er schnaubte das Wasser aus seinen Nüstern und hielt den Kopf höher. Je näher er dem Ufer kam, desto schwerer fiel ihm das Schwimmen, denn der Sog der Wellen zog ihn immer wieder ein Stück aufs Meer hinaus. Er stieß ein kleines, erschöpftes Wiehern aus und warf sich dann mit letzter Kraft gegen die Gewalt des Wassers. Endlich berührten seine Hufe Grund. Rasch, nur noch ein paar Schritte. Der große, schwarze Hengst trat langsam, am ganzen Körper vor Erschöpfung zitternd, aus dem Wasser auf den Strandboden. Schwer atmend ließ er den Kopf sinken. Das Wasser rann in Strömen von seinem seidig schwarzen Körper. Als er wieder zu Atem gekommen war und einigermaßen stehen konnte, schüttelte er sich energisch trocken. Er schnaubte fast verärgert in Richtung Meer, warf den Kopf zurück und trabte die nächste Düne hinauf. Er hatte seine Kräfte eindeutig überschätzt. Seine Glieder wollten nicht so wie er und er brach kläglich in die Knie. Sein Körper rollte auf die Seite und dann lag das Pferd mit weit von sich gestreckten Beinen da. Ein kaum hörbares, dunkles Wiehern entrang sich Morrog, sein Atem ging stoßweise, sein Herz schmerzte. Er hatte keine Vorstellung vom Tod, aber er spürte, dass er langsam immer schwächer wurde. Er schloss ermattet die Augen.
Plötzlicher Hufschlag ließ ihn wenige Momente später die Ohren in die Richtung des Geräuschs drehen. Das Geräusch näherte sich mit hoher Geschwindigkeit. Als es laut und deutlich zu hören war, sich hinter und unter ihm befand, vernahm er den eindeutigen, schnaubenden Atem eines Pferdes. Morrog öffnete langsam die Augen und versuchte den Kopf zu heben, doch er war zu schwach. Ein überraschtes Wiehern erklang, dann wurde der Klang der galoppierenden Hufe langsamer, bist er in ein nervöses Stampfen auf der Stelle überging. Der schwarze Hengst hörte nun ein metallisches Klirren und eine dumpfe Stimme, die beruhigend auf das Pferd einredete. Das Tier stand ruhig. Ein lautes ledernes Knarren und ein dumpfer, knirschender Laut im Sand, dann näherten sich dem Hengst schwere, klirrende Schritte. Er wieherte kaum hörbar beunruhigt, als ihm der Geruch eines Menschen in die Nase drang. Verzweifelt versuchte er aufzustehen, sackte aber immer wieder zusammen. Ein Schatten verdunkelte die Sonne über ihm und Morrog verdrehte die Augen, um zu erkennen, welcher potenzielle Feind sich ihm näherte. Über ihm stand ein Mann in Rüstung. Morrog wieherte dunkel. Ein menschlicher Mann! Etwas, das er zutiefst verabscheute. Er bleckte die Zähne, konnte den Kopf aber nicht bewegen, um zu zubeißen.
„Na, na, wer wird denn gleich zu schnappen wollen?“ kam es blechern unter dem Helm hervor.
Morrog wieherte böse zur Antwort. Der Mann kniete sich in geringem Abstand neben das halbtote Pferd. Eine Weile spürte Morrog den Blick des Mannes über sich streichen, dann hörte er ihn keuchen. Seine Hände hoben sich an seinen Helm, klappten ihn auf und hoben ihn vom Kopf. Hellblondes Haar floss über seine Schultern. Er legte den Vollhelm zur Seite und beugte sich über Morrogs Kopf. Der Hengst blickte in dunkelblaue Augen in einem ebenmäßigen, glatten Gesicht.
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie warm es unter so einem Ding werden kann.“ Ein freundliches Lächeln.
Der Hengst schnaubte verwirrt und blickte den Fremden an. Es war das erste Mal, dass er nichts böses in einem Menschen sah, seit Seylarana seine Freundin geworden war. Eine Hand im Lederhandschuh legte sich behutsam auf seinen zitternden Hals.
„Still,“ sagte der Mann mit ruhiger, sanfter Stimme, als der Hengst wieder unruhig wurde. „Du bist über das Meer bis hier her geschwommen und nun bist du dem Tod sehr nahe.“ Die Hand streichelte beruhigend weiter. „Komm, steh auf, wenn du leben willst!“ Der Mann stand behände auf, griff dabei Morrogs Kopfstück und zerrte mit unvermuteter Kraft den Kopf des Hengstes hoch. Dieser wieherte dunkel und heiser und zog das linke Vorderbein unter den Körper. „Steh auf!“ rief der Mann und zerrte ihn weiter hoch. Das rechte Vorderbein folgte und Morrog hievte sich müde wiehernd auf die Knie. „Komm! Weiter!“ Die Hinterbeine wurden unter den Körper gezogen. Der schwarze Hengst stemmte die Vorderhufe in den Sand, während der Mann versuchte ihm aufzuhelfen. Morrog stieß ein lautes Wiehern aus, der Mann stemmte sich gegen ihn, dann stand der schwarze Hengst zitternd, mit bebenden Flanken auf seinen Beinen. Er schnaubte verwirrt und schwankte etwas, aber er stand.
„Gut gemacht,“ lobte der Fremde und tätschelte den Hals des Tieres. Seine behandschuhten Fingerspitzen strichen über eine Reihe zierlicher Elfenrunen am Backenstück des Zaumzeugs. Er runzelte die Stirn. „Morrog heißt du?“ Der Hengst drehte ihm beim Klang seines Namens kurz den Kopf zu. Der Fremde schmunzelte leicht und strich sich Strähnen seines langen Haars aus dem Gesicht, die ihm die Sicht zu nehmen drohten. „Was für ein Zufall. Da lese ich überall an den Bäumen in der Nähe Britannias das Gesuch deiner Herrin und finde dich ausgerechnet hier.“ Er hob seinen Helm auf und klopfte den Sand ab. „Na dann. Wir haben einen weiten Rückweg vor uns.“ Er schlidderte die Düne hinunter. „Das wird meine Reise ziemlich verzögern,“ seufzte er. „Aber bei meiner Ehre, ich bringe dieser Lady ihr Pferd zurück!“ Er nahm einen Zipfel seines petrolgrünen Umhangs und wischte ein paar Sandkörner von den ebenso petrolgrünen Teilen seiner Rüstung.
Morrog sah ihm eine Weile dabei zu, dann drehte er sich um und trottete langsam die Düne hinunter auf den grünen Ritter zu. Dieser drehte sich nun zu ihm um und lächelte. Dann ging er langsam auf sein Pferd, ein kräftiges Tier mit goldgelbem Fell, zu und schwang sich behäbig in den Sattel. Der schwarze Hengst zögerte. Er hatte sehr wohl verstanden, was der Mann nun mit ihm vor hatte, aber wollte er wirklich zurück? Sey war in letzter Zeit so anders gewesen als sonst, so stur und verbittert. Er hatte gefühlt, dass sie ihr Selbstvertrauen verloren und sich deshalb immer wieder bewusst in aussichtslose Kämpfe gestürzt hatte. So mochte er sie nicht... Andererseits... war er nicht zu streng mit ihr gewesen? Er wusste ja, wie sehr sie an ihm hing und hatte sie bestraft, indem er weggelaufen war. Je länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hatte sie in ihrer schwierigen Situation im Stich gelassen, weil er sich gedemütigt gefühlt hatte.
Der grüne Ritter blickte ihn geduldig von oben her an, er schien zu wissen, dass Morrog kein gewöhnliches Pferd war. Er lächelte erneut. „Was zögerst du noch? Sie wartet auf dich.“
Der Hengst wieherte leise und hob den Kopf. Dann trottete er in einem erträglichen Tempo am Ritter vorbei Richtung Britain. Dieser schmunzelte, schnalzte mit der Zunge und trabte dann voraus...
 
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Alt 11.04.2002, 12:44
#5
Seylarana Ryell
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„Die Goldene Ente“ war so gut besucht wie an jedem Abend. Das ganze Haus war erfüllt von Lachen und dem Raunen geführter Gespräche. Am lautesten war wie üblich der Tisch, an dem Eric saß. Mit weit ausholenden Gesten gab er eines seiner vielen Abenteuer zum Besten und während die Leute, denen er die Geschichte noch nicht erzählt hatte, gebannt lauschten, musste der große, blonde Barbar mit den Sticheleinen seines Freundes Abrydox, dem Magier, zurechtkommen, der jede seiner Geschichten mitrezitieren konnte. Eric ließ sich dadurch kaum beirren, er war ein rechter Spaßvogel und steckte so gut ein, wie er austeilte. Statt seine Prahlereien zu beenden oder zumindest leiser zu sprechen, wurde er lauter und schmückte die Geschichten immer weiter aus. Da half auch Visaris’ strenger Blick nichts. Die Besitzerin der „Ente“ wirkte schon jetzt überlastet, denn die Taverne war voll und der Lärm unerträglich. Ihr müder Blick schweifte durch den Schankraum und blieb in einer dunklen Ecke hängen, am einzigen Tisch, auf dem die Kerzen nicht brannten und an dem nur eine einzige Person saß. Sie hob eine Braue. Natürlich war es Sey, die dort saß. Sie war in letzter Zeit seltsam geworden. Verständlich war es, wenn man wusste, warum sie sich so verhielt. Seit Tagen saß sie jeden Abend allein an jenem Tisch und brütete vor sich hin. Jede freundliche Einladung von Eric, ihn und seine Freunde zu begleiten, hatte sie abgelehnt. Sie müsse ihr Haus einrichten oder auf jemanden warten, war die Ausrede gewesen. Eric war ein Mensch, der die Antworten so hinnahm und nicht weiter nachfragte, Visaris war da jedoch anders. Manchmal war ihre Sorge unbegründet gewesen, aber sie hatte auch dann gemerkt, dass Sey sich freute, wenn sich jemand für sie interessierte. In letzter Zeit war einfach zu viel passiert. Sicher, einiges hatte Sey bereits verwunden, doch zwei Dinge belasteten sie mit Sicherheit die ganze Zeit schon. Ihr Liebster, für dessen Schutz sie ihren gesamten Lebensstil umgekrämpelt und den Weg der Kriegerin eingeschlagen hatte, war im Krieg. Die Sorge um sein Befinden machte ihr zu schaffen und auch, dass sie es nicht zeigen durfte. Dann der Verlust ihres geliebten Pferdes, von dem sie ebenfalls nicht wusste, ob es überhaupt noch lebte. Visaris schüttelte den Kopf. Von allein erzählte Sey nie, was sie belastete, sie fraß es immer in sich hinein. Die Wirtin stellte ihr Tablett auf die Theke, gab einem der Schankmädchen ein Zeichen und ging dann an Seys Tisch. Die in schwarz gekleidete junge Frau blickte einfach nur starr auf die Tischplatte und schien in Gedanken versunken.
Visaris schmunzelte kurz, sie wusste schon, wie sie ihre Aufmerksamkeit gewinnen konnte. „Seylarana Ryell!“ rief sie mit ungewohnt lauter und strenger Stimme.
Sey sprang sofort hoch, stolperte fast rückwärts über die Bank und stand dann stramm wie ein Soldat. „Jawohl!“ Sie blinzelte verdutzt.
Visaris lächelte. „Endlich rührst du dich, ich dachte schon, du bist zur Statue geworden.“ Sie stieg über die Bank, glättete ihr Kleid und setzte sich.
Seylarana nahm ebenfalls wieder Platz und blickte ihr Gegenüber aus dunkelgrünen Augen an. „Was kann ich für dich tun?“ kam es fast automatisch.
„Für mich tun?“ Visaris blinzelte verwirrt, dann begriff sie und schmunzelte. „Nein, nein... du musst mir nichts nach Hause tragen... ich will nur mit dir reden.“
Sey nickte nur und sah sie undeutbar an.
Visaris betrachtete sie genauer. „Du bist dünn geworden,“ sagte sie leise mit besorgtem Tonfall.
„Unsinn...“ Sey winkte ab.
Die Schneiderin legte den Kopf leicht schief und ließ ihren Blick über Seys Kleider schweifen, die ungewohnt locker saßen. „Du bist dünn geworden,“ wiederholte sie fest. Sey seufzte und Visaris ebenfalls. „Was ist los?“ fragte sie mit sanftem Tonfall.
„Du weißt es...“ Es war heiser geflüstert.
„Der Herzog...“
„Psssst!“ machte Sey sogleich und sah sich hastig nach allen Seiten um.
Visaris seufzte erneut. „Der Herzog kommt sicher gesund zurück,“ flüsterte sie nun.
„Ich hoffe es,“ murmelte Seylarana und drehte an einem Ring an ihrem Finger. „Ich hoffe es.“
„Aber?“
„Ich kann es nicht verhindern, dass ich mich sorge... ich habe Angst... was... wenn er nicht...“ Die Stimme brach erstickt ab und dann sah Visaris ein paar Minuten zu, wie Sey krampfhaft ein Weinen unterdrückte.
Sie legte ihr eine Hand auf den Arm. „Er kommt zurück, ich habe das im Gefühl.“ Sie lächelte sanftmütig.
Sey nickte eine Weile später und beruhigte sich wieder einigermaßen. „Es hat sich noch niemand auf meine Aushänge gemeldet,“ sagte sie schwermütig.
„Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut, Sey.“ Visaris streichelte ihre Hand.
Dann wurde die Tür hinter Sey geöffnet. Die Kriegerin war in den letzten Wochen misstrauisch geworden und so drehte sie sich mit der Hand am Schwertgriff um. In der Tür stand Mann. Gänzlich in petrolgrün gekleidet, mit einem ebenso gefärbten Umhang und einem gepflegten Äußeren, machte er den vollendeten Eindruck eines Edelmannes von hohem Rang. Sey betrachtete ihn bewundernd. Von der Größe und Statur glich er Eric, er musste also ein Krieger sein. Er sah sich in der Taverne um und als er den Kopf bewegte, rutschte ihm sein hellblondes Haar über die Schultern.
Visaris seufzte und stand dann rasch auf, um ihn anzusprechen. „Seid mir gegrüßt, kann ich Euch etwas bringen?“ Sie machte einen halbherzigen Knicks, der ihre Müdigkeit deutlich machte.
Er betrachtete sie aus dunkelblauen Augen und lächelte dann milde. „Seid mir ebenfalls gegrüßt, Mylady.“ Er verneigte sich galant und gab ihr einen Handkuss. Dann lächelte er wieder. „Bemüht Euch nicht meinetwegen. Ihr wirkt erschöpft, so bleibt doch sitzen.“ Er deutete auf den Platz, auf dem sie zuvor gesessen hatte.
„Danke Euch,“ sagte Visaris und setzte sich erleichtert.
Der Mann betrachtete nun Sey. Diese erwiderte den Blick gelassen. Er war zwar der Typ Mann, der ihr üblicher Weise zusagte, ihr Herz war jedoch bereits vergeben und blieb bei seinen Blicken kalt. Er schaute ruhig und abschätzend, leicht misstrauisch. Das war sie gewohnt. Die meisten Leute waren unterbewusst beunruhigt, wenn jemand völlig in schwarz gekleidet war und wer konnte ihnen das verübeln?
Dann nickte er ihr höflich zu. „Auch Ihr sollt mir gegrüßt sein, Madame.“
„Glaron zum Gruße.“ Sey imitierte das unverbindliche Nicken.
Er sah sich rasch erneut in der Taverne um. Es war ein prüfender Blick. Dann sah er wieder zu den beiden Frauen. „Wenn es Euch genehm ist, würde ich es bevorzugen, mich an Euren Tisch zu setzen.“
„Tut Euch keinen Zwang an.“ Seys Stimme klang kühl.
„Es sei Euch gedankt.“ Er stieg über die Bank und setzte sich neben Visaris an den Tisch.
„Ihr seid neu in der Stadt? Ich sah Euch noch nie zuvor,“ begann Sey ein lockeres Gespräch.
Er schien nichts gegen eine Unterhaltung zu haben. Er nickte leicht. „Ich bin auf Durchreise,“ erklärte er. „Eigentlich sollte ich längst angekommen sein, doch gewisse Umstände trieben mich nach Britain und verzögerten meine Reise um viele Tage, wenn nicht Wochen.“
„Gewisse Umstände?“ Sey witterte schon wieder Probleme, gegen die sie nichts ausrichten konnte.
Er nickte erneut. Sein höfliches, zurückhaltendes Verhalten war eindeutig höfisch. „So ist es, ich suche jemanden...“ Er beugte sich zu seinem Rucksack hinunter und holte ein Papier heraus, das er vor sich auf dem Tisch entrollte. „Jene Lady, die dieses Gesuch aufgab.“ Er schob Sey das Papier zu. „Vielleicht kennt Ihr sie und könnt mir weiter helfen.“
Sey nahm das Papier und erkannte ihre eigene Schrift wieder. Sie blickte den Fremden an. „Ich bin diejenige, die Ihr sucht...“
Er lächelte erfreut und erhob sich. „Dann hat meine Suche ein Ende und ihr seid Lady Ryell.“
Sey errötete leicht. Es war ihr nicht genehm, wenn ein Adliger sie Lady nannte, sie war nur eine bürgerliche, wie alle anderen hier auch und vermutlich würde das auch noch lange so bleiben. „Ich bin Seylarana Ryell, ja.“
Er verneigte sich erneut. „Mein Name ist Vail de Griffon, Der Grüne Ritter, stets zu Euren Diensten, Mylady.“
Seylarana machte große Augen. Ein echter Ritter! Rasch erhob sie sich und deutete eine Verbeugung an. „Es ist mir eine Ehre, Sir De Griffon.“
Er lächelte. „Ich denke, Ihr werdet hoch erfreut sein, zu sehen, was ich Euch zu zeigen habe.“ Er stieg wieder über die Bank, ging zur Tür und verließ die Taverne.
„Geh ihm lieber nach, bevor er weg ist, Sey,“ sagte Visaris amüsiert. „Du weißt doch, wie seltsam Adlige sind.“
Sey nickte abwesend und hastete dem Ritter nach. Kaum war sie aus der Tür, blieb sie wie angewurzelt stehen. Morrog nickte heftig mit dem Kopf, schnaubte und scharrte mit den Hufen.
„Morrog,“ hauchte sie. Tränen der Erleichterung stiegen ihr in die Augen.
Der Ritter lehnte an der Mauer der Bank und lächelte versonnen.
Der schwarze Hengst wieherte eindeutig freudig, dann trabte er auf Sey zu und rieb zärtlich seinen großen, schwarzen Kopf an ihrer Schulter. Sey legte ihm die Arme um den Hals und drückte ihr Gesicht in sein seidiges Fell. Der Hengst stieß ein zufriedenes Brummen aus und stand ganz still.
„Ich danke Euch vielmals, Sir De...“ Der Ritter war verschwunden. Sey löste sich von Morrog und sah sich um. Ohne eine Belohnung angenommen zu haben, war er auf und davon...

De Griffon überquerte die westliche Brücke. Er hatte nur kurz Rast gemacht, um seine Rüstung wieder anzulegen. Er setzte seinen Helm auf. „Nun aber keine Verzögerungen mehr,“ murmelte er, dann gab er seinem Pferd die Sporen und preschte davon, seinem Ziel entgegen...
 
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