19.10.2008, 08:40 |
|
|||
Reisender
Registriert seit: 01 Oct 2003
Beiträge: 113
|
Verwandlung des Seins ~ verworrene Wege ~ „Und?“ die dunkle und rauchige Stimme erfüllte den Raum, drängte sich durch die Flammen der Kerze und ließ alles flackern und erbeben. „Ist es das, was du dir erträumt hast? Alleine …“ kurz stoppte die Stimme, das Echo hallte an den Wänden wieder, die nur spärlich geschmückt waren, “überfordert … und unglücklich?“ Die Leere breitete sich aus, in dem Zimmer, in ihr und ihren Gedanken. „Du bist eine schlechte Mutter …“ krächzte die Stimme weiter, nagte an ihrem Verstand ,“ eine schlechte Freundin und eine schlechte Frau … wieso glaubst du, will keiner mehr etwas mit dir zu tun haben?“ Ein Lachen erschallte, das Zimmer wurde kalt … schnell und nach Luft ringend stürzte sie aus diesem, ging langsam nach draußen. Hastig ging sie weiter zur Haustür, öffnete diese ungeduldig und strömte der frischen und kühlen Luft entgegen. „Nein …“ keuchte Elayne. „Was kannst du deiner Tochter denn bieten?“ ein höhnisches Lachen erklang, „sie wäre ohne dich besser dran.“ Tränen begannen sich eine Bahn über ihre Wangen zu ebnen, das Gefühl, das es stimmte, beschlich sie. Ihre Tochter war die einzige Person die sie liebte, aber auch die Einzige, die Schmerz erfahren würde, durch sie selbst, durch ihre Unfähigkeit Gefühle zeigen zu können. „Genau …“ umschmeichelte sie die Stimme, “ohne dich … sie kann ein so viel besseres Leben kriegen. Ja selbst sogar durch Valore, der dich verraten hatte … Obwohl er ein Verräter ist, ist er ein besserer Mensch …“ Und das stimmte, dass wusste sie. Er wollte ihr helfen, nachdem er sie verlassen hatte, wollte ihr bei stehen, doch ihr eigener Stolz war ihr Untergang. Ein Entschluss machte sich in ihr breit, eine folgenschwere Entscheidung … ihr Kind war nicht sicher bei ihr, dass wusste sie. Ihre eigenen Unzulänglichkeiten würden sie in Schmerz stürzen, den sie ihre kleinen Caity nicht auszusetzen vermochte. Ihr ersparen wollte, um jeglichen Preis. Selbst wenn das bedeutete, dass sie ihr eigenes Kind im Stich lassen müsste. „Ihr wird es gut gehen .. besser, als mit dir …“ Sie schluckte hart, die Tränen waren nicht versiegt, sondern brachen weiterhin durch. „Geh einfach …“ flüsterte ihr die Stimme zu. Sie tat wie geheißen. Sie würde ihr Kind nicht in Unglück stürzen. Würde verhindern, dass sie selbst, das Übel wurde. Sie ihr Kind mit hinab ziehen würde. Nein, das wollte sie ihrer Kleinen nicht antun. Nicht noch mehr sollte Caity durch Sie zu Schaden kommen. ************** Schon lange nicht mehr konnte sie einen klaren Gedanken fassen, ihre Sinne waren wie vernebelt, ihre Wünsche unterdrückt und übertüncht von fremden Gedanken. Sie hatte schon längst keine Macht mehr über sich, doch sie genoss, keine Verantwortung, keine Rechenschaft … Ihre Knie fühlten sich schwer an, der Boden war kalt und rau. Die Kathedrale war ein verlassener Ort, ein Ort, der gefürchtet wurde, gemieden wurde. Nur bestimmte Leute suchten diesen Ort auf, verehrten ihren Besitzer und erhofften Segen und Beistand. Ihre Kapuze hing ihr über ihre Augen, ihr Blick war auf den Altar gerichtet. Nicht ein Mal schaute sie zur Seite, um die anderen Betenden zu begutachten. Ihr Blick streifte den Priester, der vorne stand und aus tiefster Überzeugung zu Ihm betete. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie sich erhob. Sie war überzeugt, dass nur er sie liebte, sie seine einzige und wahre Anhängerin war. Die Freuden die er ihr bot, konnte mit Sicherheit niemand anderes erlangen. Orte, die verflucht waren oder als solche gelten, schreckten sie schon lange nicht mehr ab. Menschen, die anders dachten waren ihr zuwider und verdienten nur ihre Verachtung. Und wenn auch nur einer daran dachte, sie zu stören, ja sogar wagte, gegen ihren Willen, sie anzufassen, musste ihre Mächte spüren, die durch sein Werk stärker als je zuvor waren. Es war, als ob sie alles sehen könnte, doch alles verschwamm. Der Wald in dem sie sich bewegte war dunkel, nur erleuchtet durch den Mond und durch seine Stimme, die ihr den Weg wiesen. Einige Meter noch und schon sah sie das kleine Dorf, die Kaschemme, die sich am Waldrand befand. Schnell, aber gezielt richtete sich ihr Weg auf die Tür. Der Wirt nickte ihr zu, unmerklich. Ja auch er trug die Weinranke, irgendwo versteckt an seinem Körper. Anstatt sich an einen der Tische zu lassen, ging sie auf den Vorratskeller zu, öffnete die Tür, welche hinter einem Vorhang lag und huschte hinein. Sie bahnte sich einen Weg durch die Kisten und Fässer, stieg dann letztlich eine Treppe hinab und wusste, dass sie hier unten nicht alleine war. Die Wände vom Aufenthaltsraum waren karg und kalt, man sah, wie das Wasser von den Steinen rann und sich zu Pfützen am Boden versammelte. Sie mochte keine Gesellschaft und die Gesellschaft mochte sie nicht, das wusste jeder und jeder ließ sie in Ruhe. Ihre Schritte führten sie zum Ende des Raumes, in dem Tische und Bänke standen. Quietschend öffnete sie die schwere Holztür, zuerst mit einem Schlüssel geöffnet und trat dann hinein. Ihr waren andere Angelegenheiten egal, sollten sie tun was sie sollten. Sie kümmerte es nicht. Sie musste nicht zu Mitteln greifen, um in einen Zustand zu gelangen, den andere durch Alkohol oder Kräuter erlangten. Das Lachen der Gruppe vor ihrer Tür drang unheilverkündend in ihr Zimmer ein. Sollten sie doch ihre kleinen Feste feiern und sich betrinken, sich Übereifern. Doch wollte sie ihre Ruhe haben. Leise öffnete sie ihre Tür, das Quietschen durch einen Spruch unterdrückt. Es kam oft vor, dass Leute im Rausch getötet wurden. Niemand bedauerte es, sonst würde es nicht so oft geschehen, doch was ihre Augen nun erblickten, durchflutete sie, wie kaltes Wasser. Ihr Verstand rebellierte, lehnte sich gegen den Schleier auf und gewann. „Nein!“ schrie sie, mit tiefer Stimme und rannte beinahe auf die Gruppe zu, die ein kleines Mädchen, wie eine Trophäe hin und her schubsten, mit ihr spielten, wie Löwen mit seiner Beute, bevor sie zuschlugen, wie ihre Gesichter diese hässlichen Fratzen annahmen, die sie zu genüge kannte. Schnell griff sie nach ihr, nahm sie auf den Arm und rannte raus. Die Angst im Nacken, denn sie wusste, dass nun der Zorn auf sie immens war. Um kein Aufsehen zu erregen, ging sie langsamer durch die Taverne, sprintete dann jedoch, als sie die Tür erreichte und geöffnet hatte, heraus und lief in den Wald hinein. Das Mädchen hatte sich fest an sie gekrallt und schluchzte. Sie kannte diese Gegend gut, wusste, wohin sie musste, um das Mädchen in Sicherheit zu wissen. Sie wusste, dass nicht weit von hier ein Priester lebte, der sich Glaron unterworfen hatte und wusste, dass er sich um das Mädchen kümmern würde. Eilig und laut klopfte sie an die Tür. Ein Mann, bewaffnet mit einem Schwert, trat hinaus und begutachtete sie mit abfälligem Blick. „Ihr, hier?“ hörte sie ihn sagen. Dann sah er das Mädchen, bemerkte Elaynes gehetzten Ausdruck und schien zu verstehen. „Gebt sie mir!“ befahl er und nahm das Mädchen behutsam, nachdem Elayne ihm das Mädchen überreicht hatte. „Verschwindet, oder wollt ihr, dass sie gefunden wird?“ raunte er. Sie drehte sich um, wollte gerade los rennen, als sie nur noch sein gemurmeltes „Glaron sei mit euch!“ vernahm und darauf hin die Tür geschlossen wurde. Könnte sie sich verstecken? Danach müsste sie jedoch fliehen, denn ihr Gesicht wäre nicht mehr erwünscht. Ihre Überlegungen endeten jedoch abrupt, als sie das schmerzliche Ziehen an ihrer Hüfte bemerkte. Nicht mehr fähig weiter zu laufen, fiel sie hin. Die Weinranke glühte praktisch, versetzte sie in Schmerzen, die sie lange nicht mehr gespürt hatte. Es wurde schlimmer, als sie die Schritte und die knacksenden Äste vernahm, die näher zu kommen schienen. ************* „Nicht bewegen…“ flüsterte ihr eine Stimme zu, die ihr das Gefühl von Sicherheit gab. Doch dieses Gefühl verflog schnell, nachdem sie sich nur Millimeter bewegte. Der Schmerz schoss durch jede Pore ihres Körpers. Sie fühlte, wie die Schwellungen in ihrem Gesicht, dieses zierten Sie konnte beinahe jeden blauen Fleck und jede Wunde spüren, von den Schlägen der Anderen, die sich wie eine Krankheit über ihren Körper erstreckte. Der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen, sie fühlte sich gefangen, selbst ihre Stimme versagte. In ihr Sichtfeld bewegte sich eine Hand, die einen nassen Lappen führte. Vorsichtig tupfte diese über ihre geschundene Haut. Sie entspannte sich, schloss ihre Lider, doch selbst das Schlafen fiel ihr schwer. ********* Stöhnend betastete sie ihr linkes Bein, es schmerzte und war steif. Der Heiler hatte ihr gesagt, dass sie wohl nie wieder normal gehen könnte. Das ihr linkes Bein ihr immer schmerzen würde und sie zum gehen einen Stock benötigen würde. Ein bitteres Lachen entrann ihrer Kehle. „Wir können zwar nicht deinen Körper heilen …“ sprach die Schwester, die sich tag ein um sie gekümmert hatte, „aber wir können dir helfen.“ Ja, Schwester Triana hatte schon seit sie im Kloster angekommen war, versucht, sie zu bekehren. War nicht abgeschreckt durch das Zeichen des Volos und stand ihr die eineinhalb Jahre bei, die ihre Genesung dauerte. Ihr Blick streifte durch ihren Raum. Er war spärlich eingerichtet, doch strahlte eine Freundlichkeit aus, die sie zuletzt bei ihren Eltern empfunden hatte. Der Blick aus dem Fenster erfasste eine weite Landschaft, an deren Ende eine Küste und das Meer zu sehen war. Die Briese, die stets auf dem Innenhof anzufinden war, erinnerte sie an Heimat. An Moonglow. Schnell verdrängte sie den Gedanken, ehe Tränen ausbrechen konnten und ehe Schwester Triana diese bemerkte. Noch wusste sie nicht, welche Verbrechen Elayne begangen hatte und am liebsten würde sie diese für immer vergraben. Wieder einmal stand Triana ihr bei, sie fragte nie nach, nahm Elaynes Schweigen hin und schien geduldig darauf zu warten, bis Elayne selbst von sich Preis geben würde. „Meint ihr, Adoria hat Platz für eine Sünderin?“ erklang ihre Stimme schwach, schien im Raum zu zerbrechen. „Adoria ist eine gütige Göttin und ich bin sicher, dass sie sich eurer erbarmen würde, egal wie eure Vergangenheit ausgesehen haben mag." Elayne hob ihren Blick und begegnete Trianas. Sie konnte nicht länger schweigen, allein schon, weil Triana ihr zur Seite gestanden hatte. Sie schuldete es Triana, sie, die ihr so bedingungslose Unterstützung geboten hatte hatte, sie pflegte. Sie beruhigte, wenn sie Schweiß gebadet aus den Träumen erwachte, sie tröstete, wenn diese Träume um Sie gingen, ihr Halt gab. „Setz dich lieber …“ flüsterte Elayne beinahe und rechnete damit, nach dem Ende dieser Erzählung, die Unterstützung von Triana verloren zu haben. ********* Mit langsamen Schritten betrat sie die große Halle des Klosters, der Stock, den sie führte, klackte im Rhythmus ihrer Schritte. Mit ehrfürchtiger Miene schritt sie voran. Links und Rechts von dem breiten Gang gingen viele Türen ab. Bei einer der letzten wandte sich Elayne nach links und trat hinein. Priester Jakob wartete schon, ein Lächeln auf den Lippen. „Ich dachte schon, ihr kommt nicht …“ scherzte er und bedeutete ihr, sich zu setzten. Mit einem Nicken leistete sie Folge und ließ sich auf den Stuhl nieder. „Wie lange seid ihr nun schon hier?“ Jakob hob fragend seine Brauen und betrachtete sie mit einem intensivem Blick. „Knapp 4 Jahre …“ antwortete sie und seufzte daraufhin. „Obwohl ihr schon so viele Fortschritte gemacht habt, bestraft ihr euch immer noch.“ Sprach er dann langsam, mit ruhiger Stimme. Mit überraschter Miene blickte sie auf. „Ich … bestrafe ..“ doch er unterbrach sie. „Ihr habt eure Sünden bezahlt, habt gebetet, habt gearbeitet, habt gelitten …“ sein Blick wandte sich ihrem linkem Bein zu. „Ihr habt studiert , eure Kraft zu Dingen benutzt, die ihr früher nie in Erwägung gezogen habt und seid so weit gekommen. Und trotzdem lasst ihr eure Erfolge nicht zu. Ihr vernichtigt sie, haltet sie hinter geschlossenen Türen. Ich kann euch sagen, dass ihr nicht glücklich seid, hier nicht. Hier liegt nicht eure Zukunft und das wisst ihr.“ Ihr stockte der Atem, sie war unfähig etwas zu sagen. „Ihr versteckt euch, aus Angst und aus Schuld, doch lastet diese nicht mehr länger auf euren Schultern, denn ihr seid rein. Adoria nahm sich eurer an und akzeptierte euch. Zeigt es euch nicht, dass eure Sünden vergeben wurden?“ „Nicht alle …“ krächzte Elayne, ihr Atem kam stoßweise. „Sie wird mir nie vergeben!“ Sie schluchzte kurz, schien es dann aber unter Kontrolle zu bringen. „Lasst mir noch Zeit!“ ein flehentlicher Ausdruck lag in ihren Augen ,“ich bin noch längst nicht so weit. Ich möchte noch hier bleiben.“ „Nein!“ sagte er bestimmt und setzt eine traurige Miene auf. „Ihr habt das Kloster lange genug als Versteck und Entschuldigung benutzt. Jeder hier vertraut euch, würde sein Leben in Eure Hände legen, soviel Vertrauen wird in euch gesteckt.“ Nachdem sie nichts erwiderte, sprach er weiter „Das Kloster wird eure Reise finanzieren. Egal wohin es euch verschlägt, aber meldet euch, wenn ihr gut angekommen seid.“ Damit schien das Gespräch beendet. Wie vor den Kopf gestoßen erhob sie sich und ging hinaus. ************ Mit wehmütigem Blick betrachtete sie ihr Zimmer, das Regal, das leer stand, ihr Bett, auf dem kein Laken mehr gespannt war, ihr Schreibtisch, auf denen nicht wahllos Schriftrollen verteilt lagen. Hier konnte sie lernen und lehren. Hatte sich auf das Wesentliche konzentriert und gelernt, wie sie ihre Magie einsetzen kann. Der Zorn, der sie seid ihrer Jugend zu erfüllen schien, wurde aus ihr gesaugt, wie das Gift einer Schlange. Noch immer verstand sie sich auf Beschwörung und Wandel, doch hatte sie begriffen, dass Angriff nur Wut erzeugt. Natürlich war es ihr möglich, ihr verletztes Bein kurzfristig wieder zu heilen, indem sie sich verwandelte. Sie braucht die Unterstützung, die ihr das arkane Gewebe zu geben schien. Aber genauso wenig wollte sie vergessen, was sie durchgemacht hatte. Ihr Bein war eine gute Erinnerung an all das, doch konnte sie auch damit leben, wenn dieses in der Zeit der Verwandlung nicht mehr schmerzte. Im Weg der Heilung lag die Wurzelns Macht. Das Kloster hatte eine Bibliothek, die gefüllt mit Wissen um Heilung war. Gefüllt mit dem Nötigen, dass sie brauchte, um diese Kunst zu beherrschen und um sich dieser Herr zu werden. Selbst wenn es nicht viel war, was sie ausrichten konnte, immerhin könnte sie Gutes bewirken. Mit steifen Schritten verließ sie ihren Raum, verließ das Kloster, ihre Freunde. Der Weg, den sie wählte, würde nicht leicht werden. Sie erwartete keine Vergebung, kein Mitleid, keine Liebe. Einzig und allein, sollte Sie wissen, dass es nicht Ihre Schuld war, dass Sie perfekt war und niemals ein Makel sie erreichen könnte. |
|||
|